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Im internationalen Vergleich ist in Deutschland die
Gesamtzahl der Ärzte relativ hoch. Doch die Ärztedichte
in den Regionen entspricht nicht überall dem regionalen
Bedarf. Die neu gestaltete Bedarfsplanung gemäß dem
„Landärztegesetz“ verbessert diese Situation nur bei
der hausärztlichen Versorgung. Hier stimmen künftig
die regionalen Unterschiede bei Bedarf und geplanter
Ärztedichte besser überein.
Bei Fachärzten, die ähnlich wie Hausärzte wohnortnah
verfügbar sein sollten – Kinder-, Frauen- und Augenärzte
– ändert sich an der ungleichen regionalen Verteilung
zwischen Stadt und Land hingegen nichts Wesentliches.
Bei diesen Gruppen orientiert sich die geplante Ärzte-
dichte in vielen Regionen auch nach der neuen Planung
nicht stärker an den regionalen Bedarfsunterschieden.
Regionale Verteilung zwischen Stadt und Land
unverändert
Knapp ein Drittel der Kinderarztpraxen und ein gutes Drittel
der Frauen- und Augenarztpraxen befinden sich aktuell in
Großstädten, obwohl nur ein Viertel der Bevölkerung dort
lebt. Diese ungleiche Verteilung bleibt auch nach der verän-
derten Planung bestehen. Der Grund: Es wird davon ausge-
gangen, dass Städte das Umland auch bei diesen Fachärzten,
die wohnortnah verfügbar sein sollten, mitversorgen (vgl.
Abb. 1).
Bei der Planung der Kinder-, Frauen- und Augenarztsitze
werden daher für die verschiedenen Regionstypen (z. B. Stadt
oder ländliches Umland) sehr unterschiedliche Vorgaben
hinsichtlich der Ärztedichte gemacht: Die Verhältniszahlen
zwischen Arzt und Einwohner sind nach Regionstyp ver-
schieden. So werden regionale Ungleichheiten – unabhängig
vom Versorgungsbedarf – fortgeschrieben.
Bei Fachärzten keine stärkere Bedarfsorientierung
Setzt man die bisherige und neue Planung der Kinder-,
Frauen-, Augen- und Hausarztsitze ins Verhältnis zu rele­
vanten Bedarfsindikatoren (Alter, Geschlecht, Arbeitslosen-
quote, Einkommen, Pflegebedürftigkeit und Sterblichkeit),
ergeben sich die folgenden Ergebnisse.
Ärztedichte
Abbildung 1: Ärzteverteilung nach Regionstypen
Quelle: Faktencheck Gesundheit 2014.
Angaben in Prozent
32,9 11,1 10,1 16,3 23,6 5,9
6,1
6,3
6,1
6,1
5,9
16,8 23,5
23,3
24,6
22,8
22,8
15,9
16,3
15,5
15,6
9,9
9,2
8,9
9,3
9,3
11,0
9,8
10,1
10,1
10,2
32,8
35,8
34,2
36,0
36,0
Großstadtzentrum
nahes Nebenzentrum
nahe Umgebung einer Großstadt
weitere Umgebung einer Großstadt
außerhalb der Umgebung einer Großstadt
Ruhrgebiet
Ärztedichte:
Bedarfsplanung plant am Bedarf vorbei
Nur Verteilung der Hausärzte wird bedarfsgerechter
Abbildung 2: Kinderärztedichte
Quelle: Faktencheck Gesundheit 2014, Daten und Berechnung IGES Institut.
Mecklenburg-Vorpommern hat die jeweiligen Daten nicht zur Verfügung gestellt.
deutlich niedriger (14)
niedriger (111)
höher (112)
deutlich höher (15)
ausgewogen (106) deutlich niedriger (38)
niedriger (81)
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deutlich höher (23)
ausgewogen (89)
Aktuelle Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf
Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung
Geplante Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf
Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung
Kinderärzte
Unterschiede in der regionalen
Verteilung, insbesondere zwischen West- und
Ostdeutschland, werden verschärft.
	Bundesweit steigt durch die neue Planung der Anteil
der Regionen, in denen die Kinderärztedichte nicht den
regionalen Bedarfsunterschieden entspricht, von aktuell
70,4 auf 75,1 Prozent. Vor allem in Ostdeutschland wird
die geplante Ärzteverteilung sogar noch weniger den
regionalen Bedarfsunterschieden entsprechen.
	Darüber hinaus wird die Verhältniszahl in der neuen
Bedarfsplanung so angepasst, dass die geplante Gesamt-
zahl der Kinderärzte im bundesweiten Durchschnitt um
Abbildung 2: Kinderärztedichte
Quelle: Faktencheck Gesundheit 2014, Daten und Berechnung IGES Institut.
Mecklenburg-Vorpommern hat die jeweiligen Daten nicht zur Verfügung gestellt.
deutlich niedriger (14)
niedriger (111)
höher (112)
deutlich höher (15)
ausgewogen (106) deutlich niedriger (38)
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ausgewogen (89)
Aktuelle Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf
Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung
Geplante Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf
Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung
Derzeit weicht in 72,9 Prozent aller Regionen die Augen-
ärztedichte vom relativen Bedarf ab. Durch die veränderte
Planung sinkt dieser Anteil auf 66,5 Prozent. Das heißt,
die neue Planung führt zu einer leichten Verbesserung der
bedarfsorientierten regionalen Verteilung der Augenärzte.
	 Das dürfte vor allem daran liegen, dass der Anteil der über
65-Jährigen, deren augenärztlicher Versorgungs­bedarf
besonders hoch ist, in der neuen Planung deutlich stärker
berücksichtigt wird.
Hausärzte
Die regionale Verteilung der Hausärzte wird stärker
bedarfsorientiert.
	Bei der aktuellen Hausärzteverteilung lässt sich gemessen
an den regionalen Bedarfsunterschieden ein deutliches
West-Ost-Gefälle feststellen. In den alten Bundesländern
ist insbesondere im Süden die Ärztedichte gemessen am
relativen Bedarf überproportional hoch.
	Durch die veränderte Planung steigt der Anteil der
Regionen, deren Hausärztedichte dem relativen Versor-
gungsbedarf entspricht, von aktuell 18,7 auf 46,4 Prozent.
Diese positive Entwicklung wird für die Patienten aber
nur dann spürbar, wenn es gelingt, freie Arztsitze in unter-
versorgten Regionen tatsächlich zu besetzen und Über­
versorgung abzubauen.
24,3 Prozent gegenüber heute zurückgeht. Für einige
Regionen, deren Ärztedichte aktuell noch ihrem relativen
Versorgungsbedarf entspricht, sinkt damit die Zahl der
Kinderarztsitze.
Methodischer Hinweis: Die veränderte Planung der
Kinderarztsitze berücksichtigt nur die Bevölkerung unter
18 Jahren. Zwischen unterschiedlichen Altersgruppen
der Kinder wird dabei allerdings nicht unterschieden.
Frauenärzte
Vorhandene Versorgungsunterschiede werden fort-
geschrieben.
	Derzeit entspricht in 81 Prozent aller Regionen die Frau-
enärztedichte nicht den regionalen Bedarfsunterschieden.
Die veränderte Planung ändert daran nichts: Hier liegt
der Anteil mit knapp 82 Prozent sogar leicht höher.
	In vielen ostdeutschen Regionen ist die Versorgung gemes-
sen am relativen Bedarf unterdurchschnittlich, in vielen
westdeutschen Regionen dagegen überdurchschnittlich.
Methodischer Hinweis: Die veränderte Planung der Frauen-
ärzte berücksichtigt nur die weibliche Bevölkerung. Dabei
wird der Versorgungsbedarf der über 65-Jährigen geringer
gewichtet.
Augenärzte
Bedarfsorientierung kann leicht
verbessert werden.
	Die Augenärztedichte ist aktuell für die Mehrheit der
ostdeutschen Regionen gemessen an ihrem relativen
Versorgungsbedarf zu gering.
MEHR PRIVAT VERSICHERTE = MEHR ÄRZTE?
Eine Studie der Universität München zeigt: Ein Prozent mehr
PKV-Versicherte erhöht die Ärztedichte um rund zwei Prozent,
insbesondere bei Fachärzten. Mehr dazu unter:
› faktencheck-krankenversicherung.de
Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Straße 256 | 33311 Gütersloh | Tel.: +49 5241 81-81226 | Fax: +49 5241 81-681226
Gestaltung:www.markusdiekmann.de|Fotos:bluedesignFotolia/IlikeFotolia/h_lunkeFotolia
Für die Bedarfsplanung auf Bundesebene (Gesetzgeber
und Gemeinsamer Bundesausschuss) und Landesebene
(Kassenärztliche Vereinigungen und Landesverbände der
Krankenkassen) ergeben sich folgende Forderungen:
Verringerung des Stadt-Land-Gefälles
	Festsetzung einer bundesweit einheitlichen Verhältnis-
zahl („Arzt-zu-Einwohner“) für Kinder-, Frauen- und
Augen­ärzte (analog zu Hausärzten) oder zumindest einer
deutlich geringeren Spreizung zwischen den Regionstypen.
	Kleinräumigerer Zuschnitt der jeweiligen Zulassungs­
regionen für Kinder-, Frauen- und Augenärzte (analog zu
Hausärzten).
Stärkere Bedarfsorientierung der Bedarfsplanung
	Berücksichtigung morbiditätsbezogener Faktoren der
regionalen Bevölkerung, z. B. Sterblichkeit und Pflege­
bedürftigkeit, bei der Verteilung von Haus-, Kinder-, Frau-
en- und Augenärzten.
	Einbeziehung sozioökonomischer Faktoren der regiona-
len Bevölkerung, z. B. Arbeitslosigkeit und Einkommens­
situation, bei der Verteilung von Haus-, Kinder-, Frauen-
und Augenärzten.
Entwicklungs- und zielorientierte Bedarfsplanung
	Planung auf Basis der zukünftigen demografischen
Bevölkerungsentwicklung der Regionen.
	Konkrete Planungsziele für unterschiedliche, klar definier-
te Zeiträume, z. B. für die kommenden fünf, zehn, fünfzehn
und zwanzig Jahre.
	Sanktionen bei Nichteinhaltung von Planzielen.
Von der Planung zur Versorgungsrealität
Um Planungsziele wie den Abbau von Überkapazitäten auf
der einen und Unterversorgung auf der anderen Seite zu
verwirklichen, bedarf es eines Bündels von Maßnahmen.
Hierzu gehören u. a.:
	Verbesserung der Umfeldfaktoren, wie z. B. Mieten,
Kinderbetreuung, Arbeitsangebot für Lebenspartner,
in versorgungsschwachen Regionen.
	Ermöglichung einer ausgewogenen Work-Life-Balance
durch kooperative Anbieterstrukturen (z. B. Medizinische
Versorgungszentren) und Teilzeitangebote.
	Finanzielle Anreize, wie z. B. Zu- und Abschläge bei
der ärztlichen Vergütung je nach Versorgungsbedarf.
	Systematischer regelbasierter Aufkauf von Arztsitzen
in überversorgten Regionen durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen.
Verbesserungsansätze und Handlungsempfehlungen
INFORMATIONEN ZUM FAKTENCHECK GESUNDHEIT – ÄRZTEDICHTE
Interaktive Deutschlandkarte
Der Faktencheck Gesundheit – Ärztedichte – zeigt anhand interaktiver Karten für alle Regionen, ob die geplante Vertei-
lung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenarztsitzen den regionalen Bedarfsunterschieden entspricht oder wie stark
sie davon abweicht. Interessierte Bürger, Ärzte und Politiker können die Ergebnisse für ihre Region direkt ablesen und
mit anderen Regionen vergleichen.
Faktencheck-Report
Im Auftrag von Faktencheck Gesundheit analysierte das IGES Institut sowohl die aktuelle als auch
die geplante Verteilung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenarztsitzen auf regionaler Ebene.
Beide Planungen werden mit dem relativen Versorgungsbedarf in diesen Regionen (regionale
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Weitere Informationen auf › faktencheck-ärztedichte.de und › faktencheck-gesundheit.de

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Ärztedichte: Bedarfsplanung plant am Bedarf vorbei (Themenblatt)

  • 1. Im internationalen Vergleich ist in Deutschland die Gesamtzahl der Ärzte relativ hoch. Doch die Ärztedichte in den Regionen entspricht nicht überall dem regionalen Bedarf. Die neu gestaltete Bedarfsplanung gemäß dem „Landärztegesetz“ verbessert diese Situation nur bei der hausärztlichen Versorgung. Hier stimmen künftig die regionalen Unterschiede bei Bedarf und geplanter Ärztedichte besser überein. Bei Fachärzten, die ähnlich wie Hausärzte wohnortnah verfügbar sein sollten – Kinder-, Frauen- und Augenärzte – ändert sich an der ungleichen regionalen Verteilung zwischen Stadt und Land hingegen nichts Wesentliches. Bei diesen Gruppen orientiert sich die geplante Ärzte- dichte in vielen Regionen auch nach der neuen Planung nicht stärker an den regionalen Bedarfsunterschieden. Regionale Verteilung zwischen Stadt und Land unverändert Knapp ein Drittel der Kinderarztpraxen und ein gutes Drittel der Frauen- und Augenarztpraxen befinden sich aktuell in Großstädten, obwohl nur ein Viertel der Bevölkerung dort lebt. Diese ungleiche Verteilung bleibt auch nach der verän- derten Planung bestehen. Der Grund: Es wird davon ausge- gangen, dass Städte das Umland auch bei diesen Fachärzten, die wohnortnah verfügbar sein sollten, mitversorgen (vgl. Abb. 1). Bei der Planung der Kinder-, Frauen- und Augenarztsitze werden daher für die verschiedenen Regionstypen (z. B. Stadt oder ländliches Umland) sehr unterschiedliche Vorgaben hinsichtlich der Ärztedichte gemacht: Die Verhältniszahlen zwischen Arzt und Einwohner sind nach Regionstyp ver- schieden. So werden regionale Ungleichheiten – unabhängig vom Versorgungsbedarf – fortgeschrieben. Bei Fachärzten keine stärkere Bedarfsorientierung Setzt man die bisherige und neue Planung der Kinder-, Frauen-, Augen- und Hausarztsitze ins Verhältnis zu rele­ vanten Bedarfsindikatoren (Alter, Geschlecht, Arbeitslosen- quote, Einkommen, Pflegebedürftigkeit und Sterblichkeit), ergeben sich die folgenden Ergebnisse. Ärztedichte Abbildung 1: Ärzteverteilung nach Regionstypen Quelle: Faktencheck Gesundheit 2014. Angaben in Prozent 32,9 11,1 10,1 16,3 23,6 5,9 6,1 6,3 6,1 6,1 5,9 16,8 23,5 23,3 24,6 22,8 22,8 15,9 16,3 15,5 15,6 9,9 9,2 8,9 9,3 9,3 11,0 9,8 10,1 10,1 10,2 32,8 35,8 34,2 36,0 36,0 Großstadtzentrum nahes Nebenzentrum nahe Umgebung einer Großstadt weitere Umgebung einer Großstadt außerhalb der Umgebung einer Großstadt Ruhrgebiet Ärztedichte: Bedarfsplanung plant am Bedarf vorbei Nur Verteilung der Hausärzte wird bedarfsgerechter
  • 2. Abbildung 2: Kinderärztedichte Quelle: Faktencheck Gesundheit 2014, Daten und Berechnung IGES Institut. Mecklenburg-Vorpommern hat die jeweiligen Daten nicht zur Verfügung gestellt. deutlich niedriger (14) niedriger (111) höher (112) deutlich höher (15) ausgewogen (106) deutlich niedriger (38) niedriger (81) höher (127) deutlich höher (23) ausgewogen (89) Aktuelle Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung Geplante Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung Kinderärzte Unterschiede in der regionalen Verteilung, insbesondere zwischen West- und Ostdeutschland, werden verschärft. Bundesweit steigt durch die neue Planung der Anteil der Regionen, in denen die Kinderärztedichte nicht den regionalen Bedarfsunterschieden entspricht, von aktuell 70,4 auf 75,1 Prozent. Vor allem in Ostdeutschland wird die geplante Ärzteverteilung sogar noch weniger den regionalen Bedarfsunterschieden entsprechen. Darüber hinaus wird die Verhältniszahl in der neuen Bedarfsplanung so angepasst, dass die geplante Gesamt- zahl der Kinderärzte im bundesweiten Durchschnitt um Abbildung 2: Kinderärztedichte Quelle: Faktencheck Gesundheit 2014, Daten und Berechnung IGES Institut. Mecklenburg-Vorpommern hat die jeweiligen Daten nicht zur Verfügung gestellt. deutlich niedriger (14) niedriger (111) höher (112) deutlich höher (15) ausgewogen (106) deutlich niedriger (38) niedriger (81) höher (127) deutlich höher (23) ausgewogen (89) Aktuelle Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung Geplante Ärztedichte gegenüber relativem Bedarf Plankreise, Klasseneinteilung nach Grad der Abweichung
  • 3. Derzeit weicht in 72,9 Prozent aller Regionen die Augen- ärztedichte vom relativen Bedarf ab. Durch die veränderte Planung sinkt dieser Anteil auf 66,5 Prozent. Das heißt, die neue Planung führt zu einer leichten Verbesserung der bedarfsorientierten regionalen Verteilung der Augenärzte. Das dürfte vor allem daran liegen, dass der Anteil der über 65-Jährigen, deren augenärztlicher Versorgungs­bedarf besonders hoch ist, in der neuen Planung deutlich stärker berücksichtigt wird. Hausärzte Die regionale Verteilung der Hausärzte wird stärker bedarfsorientiert. Bei der aktuellen Hausärzteverteilung lässt sich gemessen an den regionalen Bedarfsunterschieden ein deutliches West-Ost-Gefälle feststellen. In den alten Bundesländern ist insbesondere im Süden die Ärztedichte gemessen am relativen Bedarf überproportional hoch. Durch die veränderte Planung steigt der Anteil der Regionen, deren Hausärztedichte dem relativen Versor- gungsbedarf entspricht, von aktuell 18,7 auf 46,4 Prozent. Diese positive Entwicklung wird für die Patienten aber nur dann spürbar, wenn es gelingt, freie Arztsitze in unter- versorgten Regionen tatsächlich zu besetzen und Über­ versorgung abzubauen. 24,3 Prozent gegenüber heute zurückgeht. Für einige Regionen, deren Ärztedichte aktuell noch ihrem relativen Versorgungsbedarf entspricht, sinkt damit die Zahl der Kinderarztsitze. Methodischer Hinweis: Die veränderte Planung der Kinderarztsitze berücksichtigt nur die Bevölkerung unter 18 Jahren. Zwischen unterschiedlichen Altersgruppen der Kinder wird dabei allerdings nicht unterschieden. Frauenärzte Vorhandene Versorgungsunterschiede werden fort- geschrieben. Derzeit entspricht in 81 Prozent aller Regionen die Frau- enärztedichte nicht den regionalen Bedarfsunterschieden. Die veränderte Planung ändert daran nichts: Hier liegt der Anteil mit knapp 82 Prozent sogar leicht höher. In vielen ostdeutschen Regionen ist die Versorgung gemes- sen am relativen Bedarf unterdurchschnittlich, in vielen westdeutschen Regionen dagegen überdurchschnittlich. Methodischer Hinweis: Die veränderte Planung der Frauen- ärzte berücksichtigt nur die weibliche Bevölkerung. Dabei wird der Versorgungsbedarf der über 65-Jährigen geringer gewichtet. Augenärzte Bedarfsorientierung kann leicht verbessert werden. Die Augenärztedichte ist aktuell für die Mehrheit der ostdeutschen Regionen gemessen an ihrem relativen Versorgungsbedarf zu gering. MEHR PRIVAT VERSICHERTE = MEHR ÄRZTE? Eine Studie der Universität München zeigt: Ein Prozent mehr PKV-Versicherte erhöht die Ärztedichte um rund zwei Prozent, insbesondere bei Fachärzten. Mehr dazu unter: › faktencheck-krankenversicherung.de
  • 4. Bertelsmann Stiftung Carl-Bertelsmann-Straße 256 | 33311 Gütersloh | Tel.: +49 5241 81-81226 | Fax: +49 5241 81-681226 Gestaltung:www.markusdiekmann.de|Fotos:bluedesignFotolia/IlikeFotolia/h_lunkeFotolia Für die Bedarfsplanung auf Bundesebene (Gesetzgeber und Gemeinsamer Bundesausschuss) und Landesebene (Kassenärztliche Vereinigungen und Landesverbände der Krankenkassen) ergeben sich folgende Forderungen: Verringerung des Stadt-Land-Gefälles Festsetzung einer bundesweit einheitlichen Verhältnis- zahl („Arzt-zu-Einwohner“) für Kinder-, Frauen- und Augen­ärzte (analog zu Hausärzten) oder zumindest einer deutlich geringeren Spreizung zwischen den Regionstypen. Kleinräumigerer Zuschnitt der jeweiligen Zulassungs­ regionen für Kinder-, Frauen- und Augenärzte (analog zu Hausärzten). Stärkere Bedarfsorientierung der Bedarfsplanung Berücksichtigung morbiditätsbezogener Faktoren der regionalen Bevölkerung, z. B. Sterblichkeit und Pflege­ bedürftigkeit, bei der Verteilung von Haus-, Kinder-, Frau- en- und Augenärzten. Einbeziehung sozioökonomischer Faktoren der regiona- len Bevölkerung, z. B. Arbeitslosigkeit und Einkommens­ situation, bei der Verteilung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenärzten. Entwicklungs- und zielorientierte Bedarfsplanung Planung auf Basis der zukünftigen demografischen Bevölkerungsentwicklung der Regionen. Konkrete Planungsziele für unterschiedliche, klar definier- te Zeiträume, z. B. für die kommenden fünf, zehn, fünfzehn und zwanzig Jahre. Sanktionen bei Nichteinhaltung von Planzielen. Von der Planung zur Versorgungsrealität Um Planungsziele wie den Abbau von Überkapazitäten auf der einen und Unterversorgung auf der anderen Seite zu verwirklichen, bedarf es eines Bündels von Maßnahmen. Hierzu gehören u. a.: Verbesserung der Umfeldfaktoren, wie z. B. Mieten, Kinderbetreuung, Arbeitsangebot für Lebenspartner, in versorgungsschwachen Regionen. Ermöglichung einer ausgewogenen Work-Life-Balance durch kooperative Anbieterstrukturen (z. B. Medizinische Versorgungszentren) und Teilzeitangebote. Finanzielle Anreize, wie z. B. Zu- und Abschläge bei der ärztlichen Vergütung je nach Versorgungsbedarf. Systematischer regelbasierter Aufkauf von Arztsitzen in überversorgten Regionen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Verbesserungsansätze und Handlungsempfehlungen INFORMATIONEN ZUM FAKTENCHECK GESUNDHEIT – ÄRZTEDICHTE Interaktive Deutschlandkarte Der Faktencheck Gesundheit – Ärztedichte – zeigt anhand interaktiver Karten für alle Regionen, ob die geplante Vertei- lung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenarztsitzen den regionalen Bedarfsunterschieden entspricht oder wie stark sie davon abweicht. Interessierte Bürger, Ärzte und Politiker können die Ergebnisse für ihre Region direkt ablesen und mit anderen Regionen vergleichen. Faktencheck-Report Im Auftrag von Faktencheck Gesundheit analysierte das IGES Institut sowohl die aktuelle als auch die geplante Verteilung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenarztsitzen auf regionaler Ebene. Beide Planungen werden mit dem relativen Versorgungsbedarf in diesen Regionen (regionale Abweichung vom Bundesdurchschnitt) verglichen. Weitere Informationen auf › faktencheck-ärztedichte.de und › faktencheck-gesundheit.de