Die Gesprächsrhetorik ist das Mittel, um die Gesprächs- und Verhandlungspartner für unsere Argumente zu öffnen. Denn mit der Sprache beeinflussen wir die innere Einstellung unseres Gegenübers und zugleich auch sein und unser eigenes Denken und Handeln. Ein bewusster Einsatz der Gesprächsrhetorik erweitert dabei den eigenen Horizont und beseitigt störende Voreingenommenheiten. Rhetorische Kompetenz beinhaltet auch, aufmerksam auf die Signale der Gesprächs- und Verhandlungspartner zu achten, damit eine wirkungsvolle Kommunikation überhaupt stattfinden kann. Erfolgreich wird unsere Kommunikation durch flexibles Denken, einer partnerorientierten Haltung und durch aufmerksames Zuhören. In diesem Rahmen lassen sich Gesprächsinhalte präzise und wirkungsvoll übertragen und Botschaften unserer Partner richtig interpretieren. Ein nachhaltiger Erfolg von Gesprächen und Verhandlungen ergibt sich dabei insbesondere durch eine faire Rhetorik, die unsaubere Methoden und Strategien ausklammert.
Das Buch Gesprächsrhetorik von Stéphane Etrillard ist die Essenz des rhetorischen Praxiswissens – Sie erfahren hier, wie Sie sich die Macht der Sprache wirkungsvoll zu Nutze machen, um Gespräche und Verhandlungen effektiv zu führen. Dabei wird auch gezeigt, wie Sie innere und äußere Störfaktoren einer gelungenen Kommunikation eingrenzen können und wie Sie am besten mit unfairen Partnern umgehen. Das Ziel sind effektive Gespräche und Verhandlungen – auch in schwierigen Fällen und mit unbequemen Partnern.
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Verlag für die Wirtschaft
5. Inhaltsverzeichnis 1
Über den Autor ................................................................................................................. 3
Einleitung ........................................................................................................................... 5
1. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik............................................. 11
Das Sender-Empfänger-Prinzip ...................................................................................... 12
Verbale und nonverbale Kommunikation ........................................................................ 14
Vermeidung von Kommunikationsstörungen .................................................................. 17
Rückmeldung und Feedback .......................................................................................... 22
Partnerzentrierte Haltung................................................................................................ 24
2. Die sechs Gesprächstypen ................................................................................. 31
Gespräch (es geht um den Partner) ............................................................................... 31
Diskussion (es geht um die Sache) ................................................................................ 32
Debatte (es geht um den Sieg) ....................................................................................... 34
Rede (es geht ums Überzeugen).................................................................................... 36
Interview (es geht um Sie) .............................................................................................. 37
Verhandlung (es geht um Sie und den Partner) ............................................................. 38
3. Fünf Stufen:
Strukturen für effektive Gespräche und Verhandlungen ....................... 41
Stufe 1: Planung ............................................................................................................. 43
Stufe 2: Vorbereitung/innere Einstellung ........................................................................ 45
Stufe 3: Eröffnung/Einstieg ............................................................................................. 49
Stufe 4: Durchführung..................................................................................................... 51
Stufe 5: Abschluss/Verabschiedung/Nachbearbeitung ................................................... 55
4. Erfolgsfaktor Souveränität und Einstellung ................................................ 57
Umgang mit Angst und Lampenfieber ............................................................................ 58
Umgang mit Stress ......................................................................................................... 64
Der eigene innere Dialog ................................................................................................ 69
Die zehn Erfolgsfaktoren in Gesprächen und Verhandlungen ....................................... 72
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6. 2 Inhaltsverzeichnis
5. Die acht Methoden für eine gelungene Gesprächsführung.................. 93
1. Visualisierung .............................................................................................................93
2. Fragetechniken ........................................................................................................... 96
3. Echosignale .............................................................................................................. 100
4. Empathie................................................................................................................... 101
5. Aktives Zuhören ........................................................................................................ 103
6. Partnerorientierte Argumentation .............................................................................. 104
7. Spiegeln .................................................................................................................... 106
8. Ich-/Du-Botschaften .................................................................................................. 108
6. Gesprächsführung in Grenzsituationen ...................................................... 111
Acht Klippen, an denen Gespräche scheitern .............................................................. 112
Die zwölf Kommunikationssperren nach Gordon.......................................................... 130
7. Die zehn Regeln für gelungene Verhandlungen ...................................... 135
Rahmenbedingungen erfolgreicher Verhandlungen ..................................................... 138
Psychologie der Verhandlung ....................................................................................... 140
Ziele von Verhandlungen .............................................................................................. 141
Verhandlungsmethoden ................................................................................................ 144
Verlauf einer Verhandlung ............................................................................................ 145
Das Harvard-Konzept: Hart in der Sache, weich gegenüber den Menschen ............... 148
Argumente in Verhandlungen ....................................................................................... 151
Faire Verhandlungsmethoden....................................................................................... 153
Unfaire Verhandlungsmethoden ................................................................................... 153
Gewinner-Gewinner-Verhandlung ................................................................................ 156
Schlusswort .................................................................................................................. 159
Vertiefende und weiterführende Literatur ........................................................ 161
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7. Über den Autor 3
Über den Autor
Stéphane Etrillard cellent Speakers aufgenommen. Seine Bü-
zählt zu den in- cher und Audio-Coachingprogramme zählen
novativen Wirt- zu den Business-Topsellern.
schaftstrainern der
neuen Generation. Seinen kostenlosen Newsletter können Sie
Als Coach, Trainer unter www.managementbrief.de oder
und Buchautor hat www.rhetorikbrief.de abonnieren.
er sich einen her-
vorragenden Namen gemacht. Firmenintern Kontaktadresse:
ist sein Schwerpunkt die Konzeption und Management Institute S E C S
Durchführung anspruchsvoller und effek- Stéphane Etrillard Communication & Sales
tiver Führungs- und Vertriebsseminare. Schloss Elbroich
Er vermittelt Kompetenz aus der Praxis Am Falder 4
für die Praxis. Sein bewährtes Know-how D-40589 Düsseldorf
ist in den letzten neun Jahren in der Beglei-
tung von mehreren Tausend Führungskräf- Telefon +49 (0)2 11 7 57 07 40
ten und Verkäufern aus unterschiedlichsten Telefax +49 (0)2 11 75 00 53
Branchen entstanden. Auch mit seinen be- www.etrillard.com
gehrten offenen Seminaren im Bereich Rhe- info@etrillard.com
torik und Dialektik sowie Selbst-PR, in
denen er seinen Teilnehmern zu mehr Sou-
veränität in allen Lebenslagen verhilft, ist
er branchenübergreifend erfolgreich. Seine
Coachings und Seminare führte er bis jetzt
in Deutschland, Österreich, der Schweiz,
Belgien, Luxemburg, Frankreich, Italien,
Ungarn sowie in Russland durch. Zu seinen
Privatklienten zählen Manager aus Top-Un-
ternehmen, mittelständische Unternehmer
und Politiker sowie viele Menschen, die sich
bei ihm neue Impulse holen, um ihre Kom-
munikation zielführend zu gestalten. Durch
zahlreiche Publikationen und Vorträge ist er
einem breiten Publikum bekannt geworden.
Er wurde 2004/2005 unter die Top 100 Ex-
BusinessVillage – Update your Knowledge!
8. 4 Über den Autor
BusinessVillage – Update your Knowledge!
9. Einleitung 5
Einleitung
Rhetorik, die Theorie und Praxis des ber nachdenken, wie sie eigentlich kommu-
menschlichen Sprachgebrauchs, gehörte bis nizieren. Ein erstaunlicher Umstand, wenn
zum Ende des 19. Jahrhunderts zum Aus- man nur bedenkt, dass unser gesamtes Leben
bildungskanon aller abendländischen Kul- ganz erheblich von der eigenen und fremden
turen. Jeder gebildete Europäer war mit den Kommunikation geprägt ist. Aus dem man-
rhetorischen Fähigkeiten der alten Griechen gelnden Kommunikationsbewusstsein ergibt
vertraut und verfügte wenigstens über ein sich eine unerfreuliche Folgewirkung, denn
diesbezügliches Grundwissen. Rhetorische zahlreiche Konflikte sind in erster Linie auf
Gewandtheit war nicht nur eine zwingende eine schlechte Kommunikation zurückzu-
Voraussetzung, um höhere Positionen zu führen. Das heißt aber auch, viele Konflikte
bekleiden, mit rhetorischen Kenntnissen lassen sich durch einen bewussten und ef-
sollte vor allem auch das eigene Denken ge- fektiven Umgang mit Sprache aus dem Weg
schult und optimiert werden. Inzwischen ist räumen. Und mit einer guten Kommunikati-
wissenschaftlich bewiesen, dass sprachliche on, die Störfaktoren weitestgehend reduziert,
Fähigkeiten eine wichtige Voraussetzung für sind Zielsetzungen nahezu jeder Art schnel-
die intellektuelle Entwicklung eines jeden ler und mit weniger Mühe erreichbar.
Menschen sind. Dennoch ist die Rhetorik
aus den Lehrplänen und damit auch aus den Die Sprache dient primär dem Zweck, Infor-
Köpfen der Allgemeinheit zunächst ver- mationen auszutauschen. Oder besser: Die
schwunden. Was nun über lange Zeit nur für Sprache sollte dazu dienen, Informationen
wenige Spezialisten von Interesse war, wur- auszutauschen und bestimmte Sachverhalte
de vor einigen Jahrzehnten auch von einer den anderen verständlich zu vermitteln. Hört
breiteren Öffentlichkeit wieder aufgegriffen. man jedoch mal genau hin, was und wie
Einen entscheidenden Beitrag für das neue gesprochen wird, zeigt sich, dass vermutlich
Interesse an der Rhetorik leistete die Wirt- der Großteil des Wortausstoßes der Mensch-
schafts- und Geschäftswelt. Denn mit der heit aus informationsfreiem Geplauder und
zunehmenden Komplexität der unternehme- leerem Gerede besteht. Jedenfalls sind wir
rischen Kommunikationsprozesse wurde zu- oft weit davon entfernt, die eigene Sprache
gleich auch die Bedeutung der Rhetorik neu zielgerichtet einzusetzen. Wenn es schon
entdeckt. Es wurde erkannt, dass Sprache – an Achtsamkeit hinsichtlich der Wortwahl
und dabei nicht nur das gesprochene Wort – fehlt, liegt nahe, dass ein bewusster Einsatz
bei allen geschäftlichen Beziehungen und nonverbaler Sprachelemente zumeist völlig
Aktionen eine entscheidende Rolle spielt. vernachlässigt bleibt. Was nun in bestimm-
Parallel dazu musste festgestellt werden, ten Momenten vielleicht auch nicht weiter
dass nur wenige Menschen überhaupt darü- tragisch ist, verhindert im Berufsleben (aber
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10. 6 Einleitung
nicht nur da) häufig einen erfolgreichen – Sie erkennen sofort, in welcher Stimmung
Verlauf von wichtigen Gesprächen und er sich gerade befindet, ohne dass nur ein
Verhandlungen. Gesprochen wird zwar viel, Wort gewechselt wurde. Die nonverbalen
doch von tatsächlich effektiver Kommuni- Elemente verstärken und lenken das Ver-
kation sind wir allzu oft sehr weit entfernt. ständnis der gesprochenen Worte, das Verba-
Oder denken Sie regelmäßig darüber nach, le kann aber auch im heftigen Kontrast zum
wie es um Ihren Wortschatz bestellt ist, wie Nonverbalen stehen. Wer beispielsweise mit
Sie Worte zu Argumenten zusammensetzen, versteinerter Miene „Ich freue mich wirklich
wann Ihre Stimme wie klingt, welche Ges- sehr“ sagt, ruft unweigerlich Irritationen her-
tik und Mimik Sie an den Tag legen – und vor. Die Aussage der gesprochenen Worte
inwiefern das alles mit Ihrer eigenen Person widerspricht hier ganz deutlich den parallel
und Ihrem Selbstbild korrespondiert? Und audgesandten nonverbalen Signalen. Der
denken Sie auch noch daran, welches Bild Empfänger einer solchen Botschaft, die auf
sich wohl Ihre Mitmenschen von alledem zwei gegensätzlichen Ebenen kommuniziert
machen? Das individuelle Sprachverhalten wird, ist also gezwungen, die gemeinte Aus-
(das, wie hier schon angedeutet wurde, aus sage richtig zu interpretieren. Missverständ-
weitaus mehr Elementen besteht als nur aus nisse bleiben dabei oft nicht aus.
den Worten selbst) bestimmt dabei nicht nur
die eigene Persönlichkeit – mit der Art und Unser komplexes und überaus vielfältiges
Weise des Kommunizierens wirken wir im- Sprachsystem scheint manchmal geradezu
mer auch auf andere. Die Sprache vermittelt darauf angelegt, Missverständnisse zu pro-
also nicht nur Sachverhalte, sie ist zugleich duzieren. Denn unsere Sprache ist nicht im-
die Visitenkarte eines jeden Menschen. mer wirklich logisch, sie gehorcht vielmehr
eigentümlichen Gesetzen: Während einer
Ganz unabhängig von etwaigen Fremdspra- Arbeitspause machen Sie Pause von der Ar-
chenkenntnissen sprechen wir alle mehrere beit, während einer Zigarettenpause machen
Sprachen. Und diese auch noch gleichzeitig. Sie aber keine Pause von den Zigaretten
Neben den Worten selbst steht uns ein ganzes – das Gegenteil ist der Fall. Und wie steht es
Arsenal nonverbaler Kommunikationsmittel bei einer Denkpause? Wie auch immer, viele
zur Verfügung. Die nonverbalen Elemente Worte verstehen und gebrauchen wir intuitiv
sind dabei, was oft vergessen wird, nicht richtig, nur ist das längst nicht immer der
weniger aussagekräftig als die gesprochenen Fall. Obwohl das unverdächtig erscheinende
Worte. Selbst unscheinbare Signale dieser Wort „Brücke“ tatsächlich mit mindestens
Art, die wir kaum bewusst wahrnehmen und 16 unterschiedlichen Bedeutungen aufwar-
noch seltener bewusst einsetzen, können ten kann, wissen wir doch meistens, welche
mitunter umfangreiche Botschaften ver- gerade gemeint ist (das Bauwerk, der Zahn-
mitteln. Oft wissen Sie den Blick eines gut ersatz, die Kommandobrücke eines Schiffes,
vertrauten Menschen auf der Stelle zu deuten die Turnübung usw.). Sehr oft sind es dabei
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11. Einleitung 7
überaus subtile Randbedingungen, die das dass der Wirtschaft tatsächlich Unsummen
tatsächlich Gemeinte von falschen Interpre- verloren gehen, allein weil mit der Sprache
tationen unterscheiden. unbesonnen umgegangen wird. Und gerade
in Zeiten einer schlechten wirtschaftlichen
Gesamtsituation wäre es nur vernünftig, sich
In einer Anekdote wird von einem zum auf die ungenutzten Potenziale zu konzen-
Tode verurteilen Mann berichtet, der bis trieren. Manchmal verstärkt die Angst um
zuletzt seine Unschuld beteuerte. Vor der den Arbeitsplatz aber nur den Unwillen zur
Vollstreckung des Urteils trifft ein Tele-
gramm des zuständigen Richters ein, nur Kommunikation. „Schreib nie etwas auf,
hat der Richter vergessen, das Komma sag nichts, gib keine Informationen weiter
zu setzen. Auf dem Zettel steht: „Wartet
– mach alles selbst!“ Dieser „Trick“ soll
nicht hängen!“ Je nachdem, welchen
Ausgang der Geschichte Sie bevorzugen, tatsächlich helfen, die eigene Position im
können Sie selbst entscheiden, ob die Unternehmen zu festigen. Schlechte Kom-
Anweisung „Wartet, nicht hängen!“ oder
„Wartet nicht, hängen!“ heißen soll. munikation resultiert also nicht nur aus
reiner Unachtsamkeit, sie kann geradezu
vorsätzlich ins Spiel kommen – insbesonde-
Nun geht es im Berufsleben selten um re in Verhandlungen ist dies fast schon zur
Leben und Tod, doch Missverständnisse Methode geworden.
treten gerade dort auf, wo viel (und in Eile)
kommuniziert wird. Kommt es zu Fehlin- Man kann Worte manipulieren und mit Wor-
terpretationen, kosten sie schließlich Zeit, ten andere manipulieren. Beides ist mit rhe-
Arbeit und letztendlich auch Geld. In nahezu torischen Kenntnissen möglich. Ein wirklich
jedem Unternehmen heißt es früher oder guter Rhetoriker will jedoch präzise Infor-
später: „Der Kommunikationsprozess muss mationen austauschen und mit Argumenten
verbessert werden.“ Und nicht selten wer- überzeugen und eben keine manipulierenden
den Fehler auf ähnliche Weise entschuldigt: „Tricks“ einsetzen. Dies ist nicht nur eine
„Offensichtlich gab es Kommunikationsstö- Frage des guten Stils, sondern hat auch einen
rungen …“. Manchmal ist es eher die Regel ganz pragmatischen Grund, den der frühere
als eine Ausnahme, dass die Abteilung A amerikanische Präsident (und glänzende
nicht weiß, was die Abteilung B macht, und Rhetoriker) Abraham Lincoln überaus tref-
ein Mitarbeiter keine Ahnung hat, über wel- fend formulierte:
chen Informationsstand ein anderer verfügt.
Solche bedauernswerten Umstände resultie- Sie können die Menschen eine Zeit lang täu-
ren aus einer ineffektiven Kommunikation schen; Sie können sogar einige Menschen die
von Informationen. Nimmt man derartige ganze Zeit täuschen; Sie können aber nicht
Missstände und zählt nun noch den Schaden alle Menschen die ganze Zeit täuschen.
hinzu, der durch falsch geführte Gespräche
und Verhandlungen entsteht, wird klar,
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12. 8 Einleitung
Dieser weise Satz trifft den Kern einer nach- te) ist der wohl wichtigste Faktor für unsere
haltig wirkungsvollen Rhetorik. Genau da- persönliche Ausstrahlung. Nackt, mit gebun-
rum geht es. Das vorliegende Buch will Sie denen Händen und sprachlos – das ist nichts
dazu ermuntern, rhetorische Mittel bewusst weniger als ein echtes Alptraumszenario.
und im Sinne einer fairen und partnerori- Der Kleidung (ein nicht zu unterschätzendes
entierten Kommunikation einzusetzen. Sie Mittel der nonverbalen Sprache), der Gesten
werden sehen, dass Sie hiermit nachhaltige und der Worte beraubt, steht jeder Mensch
Gesprächs- und Verhandlungserfolge er- absolut hilflos da. Bereits wenn uns in be-
zielen können – und zwar auch in wirklich stimmten Situationen einfach nur die Worte
brenzligen Situationen oder dann, wenn Ihr fehlen, sehen wir unsere eigene Souveränität
Gesprächspartner Sie überrumpeln will. erschüttert. Wir kommen ins Wanken und
Denn mit einer Vergegenwärtigung der rhe- befürchten, dass andere die Oberhand ge-
torischen Prinzipien sind Sie gleichfalls in winnen, nur weil uns für einen Moment die
der Lage, jede Strategie Ihres Gegenübers zu Fähigkeit der Artikulation abhanden gekom-
entlarven. Hierbei geht es nicht etwa darum, men ist. Mit den rhetorischen Fähigkeiten
den anderen rhetorisch zu besiegen – das eines Menschen steht und fällt seine ganze
Ziel ist eine partnerschaftliche Gesprächs- Ausstrahlung. Wer es versteht, sympathisch
führung, die die Interessen beider Seiten und zugleich souverän aufzutreten, hat in
berücksichtigt. Dabei ist es, wie Sie noch fast allen Bereichen des Lebens die größten
sehen werden, absolut kein Widerspruch, Erfolgschancen. – Längst wissen wir, dass
die eigenen Zielsetzungen konsequent zu die Entscheidung für oder gegen einen Be-
verdeutlichen und auch zu erreichen. werber um eine Position nicht nur von seinen
fachlichen Qualitäten abhängt. Das gesamte
Der Vorteil einer partnerorientierten Kom- Erscheinungsbild, das auf uns positiv oder
munikation ist, dass Sie frei von Rei- negativ wirkt, ist hier nicht minder wichtig.
bungsverlusten die eigenen Ziele effektiv Oder der Erfolg und die Beliebtheit von Po-
erreichen, ohne es dabei nötig zu haben, auf litikern – beides resultiert längst nicht allein
Kosten des Gesprächspartners zu agieren. aus den jeweiligen politischen Ansichten,
Eine partnerorientierte Kommunikation wichtiger ist noch, wie gut oder schlecht sie
bedingt grundsätzlich einen bewussten es verstehen, sich selbst in Szene zu setzen.
Umgang mit Sprache. Und wenn man genau Und das Mittel hierfür ist natürlich die Spra-
hinschaut, ergeben sich daraus direkt noch che.
weitere Effekte von nicht minder großer
Tragweite. Denn so, wie sich die Sprache Ob es nun ein Bewerber um eine Position,
auf unser eigenes Denken auswirkt, wirken ein Politiker auf Stimmenfang oder auch
wir mit der Sprache auf andere Menschen. ein Verhandlungspartner ist, der seine Ziele
Die Sprache (in ihrer Gesamtheit betrachtet, durchsetzen will – in allen Fällen entscheiden
also einschließlich der nonverbalen Elemen- gerade die jeweiligen rhetorischen Fähigkei-
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13. Einleitung 9
ten darüber, inwieweit wir uns für bestimmte mit der Hürden aufgebaut oder aber genom-
Botschaften öffnen oder verschließen. Nicht men werden. Wir wissen, dass insbesondere
selten kommt es gar nicht mal so sehr da- vorgefertigte Meinungen dazu führen, dass
rauf an, was genau eine Aussage beinhaltet Aussagen und Argumente zurückgewiesen
– am wichtigsten ist immer, wie der Zuhö- werden oder einfach nicht beim Gesprächs-
rer die Aussage wertet. Es gilt also, triftige partner ankommen. Die Rhetorik ist das
Argumente zu finden, die beim Gegenüber Mittel, um die Gesprächs- und Verhand-
wirklich ankommen und hier auf offene Oh- lungspartner für unsere Argumente zu öff-
ren stoßen. Das Hauptargument ist dabei die nen. Denn mit der Sprache beeinflussen wir
eigene Person: Ein Mensch, der insgesamt die innere Einstellung unseres Gegenübers
einen guten Eindruck auf Sie macht und und zugleich auch sein und unser eigenes
Ihnen sympathisch ist, wird viel eher Ihre Denken und Handeln. Ein bewusster Einsatz
Zustimmung erhalten als ein anderer, der der Rhetorik erweitert dabei den eigenen
Ihnen unsympathisch ist – dieser kann sich Horizont und beseitigt störende Voreinge-
noch so sehr ins Zeug legen, seine Argumen- nommenheiten. Rhetorische Kompetenz
te werden kaum zu Ihnen durchdringen. Und beinhaltet auch, aufmerksam auf die Signale
genau dies macht die Rhetorik so bedeutend: der Gesprächs- und Verhandlungspartner zu
Es bestehen unmittelbare Wechselwirkungen achten, damit eine wirkungsvolle Kommuni-
zwischen den rhetorischen Fähigkeiten eines kation überhaupt stattfinden kann.
Menschen und seiner persönlichen Aus-
strahlung. Das eine bedingt zweifellos das Erfolgreich wird unsere Kommunikation
andere. Wer sich der Macht der (verbalen durch flexibles Denken, durch eine partner-
und nonverbalen) Sprache bewusst ist und orientierte Haltung und durch aufmerksames
es versteht, mit dem Instrument Sprache Zuhören. In diesem Rahmen lassen sich
virtuos umzugehen, stärkt damit immer Gesprächsinhalte präzise und wirkungsvoll
auch das eigene Selbstbewusstsein. Und die übertragen und Botschaften unserer Part-
eigene Souveränität stärkt die persönliche ner richtig interpretieren. Ein nachhaltiger
Ausstrahlungskraft außerordentlich. Der Erfolg von Gesprächen und Verhandlungen
Erfolgsfaktor für gelungene Gespräche und ergibt sich dabei insbesondere durch eine
Verhandlungen ist ein selbstbewusster und faire Rhetorik, die unsaubere Methoden und
kontrollierter Einsatz der eigenen Persön- Strategien ausklammert.
lichkeit!
Die folgenden Seiten sind die Essenz des
Die sprachliche Kommunikation ist die wich- rhetorischen Praxiswissens – Sie erfahren
tigste Form der menschlichen Interaktion. hier, wie Sie sich die Macht der Sprache wir-
Wenn wir miteinander in Beziehung treten, kungsvoll zu Nutze machen, um Gespräche
geschieht dies in erster Linie mittels Spra- und Verhandlungen effektiv zu führen. Dabei
che. Deshalb ist es immer auch die Sprache, wird auch gezeigt, wie Sie innere und äußere
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14. 10 Einleitung
Störfaktoren einer gelungenen Kommuni-
kation eingrenzen können und wie Sie am
besten mit unfairen Partnern umgehen. Das
Ziel sind effektive Gespräche und Verhand-
lungen – auch in schwierigen Fällen und mit
unbequemen Partnern.
Stéphane Etrillard
Düsseldorf, September 2005
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15. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 11
1. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
Die Rhetorik ist die Lehre von der wirkungs- täten. In allen Lebensbereichen, die in ei-
vollen Gestaltung der Rede. Gesprächs- nem sozialen Kontext stehen oder die einen
rhetorik behandelt demnach die effektive solchen Kontext herstellen, ist es immer von
Gestaltung von Gesprächen. Und diese wie- großer Bedeutung, dass und wie wir kom-
derum finden statt zwischen Menschen, sind munizieren. Und dementsprechend spielt
also Teil zwischenmenschlicher Kommuni- die Gestaltung unserer Kommunikation eine
kation. kaum zu unterschätzende Rolle in unserem
Leben.
Eine wirkungsvolle Gestaltung von Ge-
sprächen zielt nun in erster Linie darauf Für die Auseinandersetzung mit und die
ab, mit einem Gesprächspartner (oder auch erfolgreiche Aneignung von Gesprächsrhe-
mit mehreren Gesprächspartnern) eine ge- torik ist es deshalb unerlässlich, sich mit den
lungene Verständigung zu erreichen. Ob Grundlagen von Kommunikation auch auf
ein Gespräch in diesem Sinne funktioniert, theoretischem Gebiet vertraut zu machen.
unterliegt vielen verschiedenen Einflüssen, Sie lernen daher nun die fünf zentralen Be-
auf die Sie selbst zum Teil entscheidend griffe und Prinzipien für eine erfolgreiche
einwirken können. Das setzt jedoch voraus, Gesprächsrhetorik kennen. Diese sind:
dass Sie elementare Funktionsweisen der
Kommunikation erkennen und verstehen, Die fünf Säulen effektiver
damit Sie sehen, an welchen Punkten Sie Gesprächsrhetorik
ansetzen können, um die gewünschten Re- • Das Sender-Empfänger-Prinzip
sultate zu erzielen. • Verbale versus nonverbale
Kommunikation
Wie wichtig eine Beschäftigung mit Kom- • Vermeiden von
munikation ist, liegt schon deshalb auf der Kommunikationsstörungen
Hand, weil sie einen wesentlichen Teil un- • Rückmeldung und Feedback
seres Alltags- und Berufslebens ausmacht.
• Partnerzentrierte Haltung
Die bereits zum geflügelten Wort avancierte
Aussage Man kann nicht nicht kommunizie-
ren bringt sehr deutlich zum Ausdruck, in Die fünf hier behandelten Säulen effektiver
welch hohem Maße Kommunikation unser Gesprächsrhetorik sind die theoretische Ba-
Leben bestimmt. Das bedeutet also: Wir sis, auf der die Erkenntnisse für die Praxis
kommunizieren immer. Denn in zwischen- aufbauen. Mit deren Kenntnis können Sie
menschlichen Zusammenhängen lässt sich besser verstehen, wie Sie kommunizieren,
Kommunikation nicht einfach abschalten, und Ansatzpunkte für den Ausbau Ihrer rhe-
auch wenn wir dies hin und wieder gern torischen Fähigkeiten erkennen.
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16. 12 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
Das Sender-Empfänger-Prinzip gängen, die sich unter anderem auch im
Der einfachste und überschaubarste Fall Inneren der einzelnen Personen abspielen.
von zwischenmenschlicher Kommunikation Der Sender muss beispielsweise erst einmal
ist die Gesprächssituation zwischen zwei die Kommunikationsinhalte kreieren und
Menschen. Das Sender-Empfänger-Modell auswählen, dann die Nachricht kodieren und
betrachtet diesen Fall und beschreibt anhand sich für einen geeigneten Übertragungsweg
dessen die ganz grundsätzliche Funktions- entscheiden. Seitens des Empfängers betrifft
weise von Kommunikation: Kommunikation das entsprechend die Wahrnehmung des
wird hier definiert als die Übertragung einer Signals (das sowohl verbaler als auch nicht
Nachricht von einem Sender zu einem Emp- verbaler Natur sein kann), dessen Dekodie-
fänger. rung und anschließend das Verstehen und
Interpretieren der Nachricht.
Der Sender verschlüsselt dazu die Informa-
tion der Nachricht in ein bestimmtes Signal Daraus ist ersichtlich, dass Kommunikation
(zum Beispiel mithilfe des Sprechapparats in eben nicht nur eine direkte und eindeutige
ein hörbares Signal aus gesprochenen Wör- Vermittlung von klaren Botschaften ist, son-
tern), das Signal wird übertragen und dann dern oft mit dem Deuten und Interpretieren
vom Empfänger entgegengenommen (zum der empfangenen Signale einhergeht. Häufig
Beispiel über das Ohr als wahrnehmendes sind in diesem Umstand die Ursachen für
Organ). Missverständnisse und das Misslingen von
Kommunikation zu finden, denn Interpreta-
Der Empfänger entschlüsselt das Signal tionen bergen großes Potenzial für Fehler,
wieder und erhält mit der Nachricht schließ- Abweichungen und Unsicherheiten.
lich eine Information, die im allerbesten
Falle die gleiche ist wie die, die der Sender Merke
verschickt hat. Dass dies jedoch nicht der Kommunikation ist nicht immer eindeu-
Regelfall ist, zeigt bereits der Umstand, dass tig. Denn das Deuten und Interpretieren
als Grundbaustein dieses Modells eine Stö- von Signalen führt oft zu Missverständ-
rungsquelle mitgedacht wird, die die Signal- nissen.
übertragung in unterschiedlichem Maße be-
hindern kann. Bei der Betrachtung von Kommunikations-
vorgängen werden im Sender-Empfänger-
Dieses Schema des Sender-Empfänger- Modell, wie bereits erwähnt, auch mögliche
Prinzips ist sehr vereinfacht und stellt nur Störungsquellen und ihre Auswirkungen
die Grundkomponenten des eigentlich sehr auf die Signalübertragung berücksichtigt.
komplexen Prozesses von Kommunikation Störungsquellen beeinträchtigen zum Bei-
dar. Der genaue Ablauf umfasst im Detail spiel direkt das Signal auf seinem Weg zum
eine Vielzahl von unterschiedlichsten Vor- Empfänger – wie eine laute Geräuschkulisse,
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17. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 13
die die normale Lautstärke eines Gesprächs Zur Vereinfachung der Darstellung wurde
überlagert. Doch auch durch schlechte Arti- das Sender-Empfänger-Prinzip bisher als ein
kulation auf Seiten des Senders können Stö- Vorgang betrachtet, der nur in eine Richtung
rungen hervorgerufen werden. Dabei wird – nämlich vom Sender zum Empfänger –
das Signal dann bereits undeutlich oder gar verläuft.
unvollständig versendet. Störungen können
jedoch beispielsweise auch darauf zurück- Diese Darstellung ist natürlich zutreffend,
zuführen sein, dass der Empfänger durch ir- beschreibt in ihrer Einfachheit jedoch nur ei-
gendetwas abgelenkt wird. Die verminderte nen kleinen Teil des hochkomplexen Prozes-
Aufmerksamkeit führt dann dazu, dass Teile ses der Kommunikation in einem Gespräch.
des Signals bei ihm gar nicht erst ankom- Denn tatsächlich ist es so, dass die an der
men. Derartige Be- oder gar Verhinderungen Kommunikation beteiligten Partner immer
des Kommunikationsvorganges sind eigent- zur selben Zeit sowohl Sender als auch Emp-
lich während jedes einzelnen Schrittes der fänger sind.
Übermittlung einer Botschaft möglich.
Das heißt: Auch derjenige, der spricht,
Derartige Be- oder gar Verhinderungen des nimmt gleichzeitig den Gesprächspartner
Kommunikationsvorganges sind eigentlich und dessen nicht gesprochene Signale wahr.
während jedes einzelnen Schrittes des Ge-
sprächs möglich. Beispiel:
Wenn Sie zum Beispiel Ihrem Gegenüber
Das betrifft: eine spannende Begebenheit erzählen und
n die Entscheidung darüber, was mitgeteilt dieser dabei gelangweilt auf seinem Notiz-
werden soll; block herumkritzelt, signalisiert er Ihnen
n die Verschlüsselung der Nachricht in ein recht eindeutig, dass er diese Begebenheit
Signal; weit weniger interessant findet als Sie.
n die Signalübermittlung;
n die Wahrnehmung des Signals; Während Sie also reden, empfangen Sie
n die Entschlüsselung und Interpretation auch die Signale Ihres Gesprächspartners,
der Nachricht. interpretieren sie als Desinteresse und
werden sicher darauf in irgendeiner Form
(Weiterführende Erläuterungen zum Pro- reagieren. Für Ihr Gegenüber heißt das, dass
blem der Kommunikationsstörungen finden er Ihnen einerseits als Empfänger zuhört,
Sie im Abschnitt „Vermeidung von Kommu- währenddessen auf der anderen Seite nicht-
nikationsstörungen“ dieses Kapitels.) sprachliche Mitteilungen an Sie verschickt
und eben auch als Sender fungiert. (Auf
diese Weise wird sogar eine Rede zu einem
echten Dialog zwischen dem Redner und
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18. 14 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
dem Publikum, da der Redner immer auch Die nonverbale Kommunikation ist vielfäl-
die Reaktionen und das Verhalten der Zuhö- tig. Natürlich besteht sie in erster Linie aus
rer als Teil der Kommunikation wahrnimmt mimischen und gestischen Signalen, die
und interpretiert.) das Gesagte begleiten oder auf Gesagtes
reagieren. Aber auch Körperhaltung und
Das bedeutet, dass sich das im Grunde sehr Körpersprache, Laute wie ein Räuspern,
überschaubare Prinzip des Sender-Empfän- Blicke oder zum Beispiel demonstratives
ger-Modells in tatsächlich stattfindenden Schweigen sind Formen von nonverbaler
Gesprächen überaus komplex gestaltet. Kommunikation.
Sämtliche Vorgänge wie Kodierung/De-
kodierung, die Signalübertragung und Verbale Kommunikation
Aussenden/Empfangen laufen eben nicht Verbale Kommunikation ist, wie bereits ge-
übersichtlich geordnet nacheinander ab, son- sagt, eine Form der zwischenmenschlichen
dern finden gleichzeitig statt. Verständigung, die mithilfe von gespro-
chener Sprache funktioniert. Informationen
werden in Wörter verschlüsselt, die dann
Verbale und nonverbale als gesprochenes Signal verschickt und an-
Kommunikation schließend vom Empfänger wahrgenommen
In der Darstellung des Sender-Empfän- werden. Dieser entschlüsselt und interpre-
ger-Prinzips wurde schon deutlich, dass tiert das Signal und erhält auf diesem Wege
Kommunikation keineswegs nur über ge- wieder eine Information.
sprochene Sprache stattfindet. Die Signale,
die übermittelt werden, können sowohl ver- Aufgrund ihrer besonderen Möglichkeiten
baler als auch nonverbaler Art sein. hat die Sprache – und mit ihr die verbale
Kommunikation – eine ausgesprochen gro-
Definition ße Bedeutung für die zwischenmenschliche
Verbale Mitteilungen sind all jene,
Verständigung. Nur mit ihrer Hilfe ist es
die zum einen mithilfe der Stimme uns möglich, unsere Kommunikation derart
übermittelt werden und zum anderen differenziert und vielfältig zu gestalten, wie
sprachlichen Charakter haben – also wir es alltäglich tun. Die Sprache liefert dem
gesprochene Sprache sind.
Menschen einzigartige Möglichkeiten für
Unter nonverbaler Kommunikation den Ausdruck und die Übermittlung von
werden hingegen diejenigen Mitteilungen
verstanden, die nicht unter Verwendung
Informationen, die weit über den Austausch
von gesprochener Sprache übertragen konkreter Sachverhalte hinausgehen. Sie
werden, jedoch Teil des Gesprächs sind. befähigt nämlich auch zur Verständigung
über abstrakte und sehr komplexe Inhalte
– und das ist allein mit der Sprache möglich.
Denn Sprache stellt Begriffe zur Verfügung,
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19. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 15
mit denen beispielsweise auch nicht gegen- weniger drastisch, sodass die Kommunika-
ständliche Inhalte, Eigenschaften, Zusam- tion recht reibungslos verläuft. Außerdem
menhänge, Bewertungen etc. bezeichnet hilft hin und wieder schon das Wissen um
werden können. Mithilfe der Begriffe lässt die potenzielle Uneindeutigkeit von Begrif-
sich dann über diese abstrakten Inhalte kom- fen, um Verständigungsprobleme im Vorfeld
munizieren. zu vermeiden.
So hilfreich die Verwendung von Begriffen Nonverbale Kommunikation
ist, so problematisch ist sie auch. Denn um Wenn Sie jetzt ein Gespräch zwischen zwei
mit abstrakten Begriffen erfolgreich kom- Personen – also eine verbale Kommunika-
munizieren zu können, müssen alle Betei- tionssituation – in seiner Gesamtheit be-
ligten den Begriffen die gleiche Bedeutung schreiben sollten, was wäre der Inhalt Ihrer
zuschreiben. Ansonsten entstehen beim Beschreibung? Würden Sie beschreiben,
Dekodieren der Nachrichten ganz einfach worüber sich die beiden unterhalten? Sicher.
falsche Informationen, weil beim Empfänger Wäre das jedoch auch schon alles, was Sie
nicht das angekommen ist, was vom Sender in die Beschreibung aufnehmen würden?
ursprünglich beabsichtigt war. Und da es sich Sicher nicht.
bei abstrakten Sachverhalten auch oft um
komplexe Inhalte handelt, sind gerade hier Sie würden vermutlich erzählen, ob die
die Begrifflichkeiten nicht immer eindeutig Personen stehen oder sitzen, ob sie sich
– sie können damit zu schwerwiegenden berühren oder weit voneinander entfernt
Unstimmigkeiten und Missverständnissen sind, ob sie laut oder leise reden, schnell
führen, sofern keine klare Übereinkunft über oder langsam, ob sie sich ansehen, welchen
ihre Bedeutung besteht. Gesichtsausdruck sie haben, ob sie auffällige
Gesten machen und dergleichen Dinge mehr.
Beispiel: Sie würden also jenseits des verhandelten In-
Haben Sie schon mal Philosophen über halts des Gesprächs eine Vielzahl von wahr-
Begriffe wie „Wahrheit“ oder „Vernunft“ nehmbaren Komponenten zur Beschreibung
streiten hören? Danach ist jedem einsichtig, hinzuziehen, um ein Gesamtbild zu erhalten.
dass die Bedeutung von ein und demselben – Und nichts anderes passiert im Prinzip
Begriff unter Umständen so stark differieren während eines Kommunikationsvorganges
kann, dass eine Verständigung kaum mehr auch. Beide Gesprächspartner nehmen ver-
erreichbar scheint. schiedenartigste Phänomene wahr, die ihr
jeweiliges Gegenüber – bewusst oder unbe-
Abgesehen von solchen Sonderfällen funkti- wusst, absichtlich oder unabsichtlich – als
oniert die Verständigung über Begriffe meis- Signal aussendet. Und dazu zählt weit mehr
tens sehr gut. Und die Abweichungen in den als nur das gesprochene Wort.
jeweiligen Begriffsbedeutungen sind weit
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20. 16 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
Die ganze Palette nonverbaler Ausdrucks- Beispiel:
möglichkeiten – wie Mimik, Gestik, Sprech- Sage ich euphorisch und mit einem offenen
tempo, Betonung, Lautstärke, Körperhaltung Lachen im Gesicht: „Ich freue mich für
und -bewegungen, Blickrichtungen und dich.“, wird dies höchstwahrscheinlich auch
vieles andere mehr – kommt hier zum Ein- als Freude aufgefasst. Schaue ich allerdings
satz und begleitet die verbale Kommunikati- griesgrämig zu Boden und brumme undeut-
on. Die Gesprächspartner interpretieren auch lich: „Ich freue mich für dich.“, wird meine
diese Signale und verhalten sich entspre- Aussage kaum als wirkliche Freude ausge-
chend, sodass demnach auch die nonverba- legt werden.
len Elemente zur Kommunikation gehören.
Im Extremfall kann der Inhalt einer Aussage
Merke durch entsprechende nonverbale Signale
unter Umständen sogar komplett konterka-
Verbale Kommunikation geht immer mit
riert werden. Diese Tatsache zeigt, dass die
nonverbaler Kommunikation einher.
nonverbale Kommunikation entscheidenden
Einfluss auf die gesamte Gesprächssituation
Schon die Art, wie Wörter gesprochen hat, da sie maßgeblich auf die Interpretation
werden, ist ein nonverbales Signal an den und das Verständnis der Kommunikationsin-
Gesprächspartner, das er wahrnimmt und halte einwirkt.
interpretiert, auch ohne dass er sich dessen
bewusst ist. Ganz zu schweigen davon, dass Was angesichts der beeinflussenden Fak-
Sie als Empfänger bereits beim Zuhören toren ebenfalls ins Auge springt, ist der
zwangsläufig ständig nonverbale Signale Umstand, dass es offensichtlich nicht
erzeugen, die allein in Ihrem Blick liegen möglich ist, eine Situation zwischen zwei
können. So ist festzuhalten, dass verbale oder mehreren Personen zu denken, in der
Kommunikation immer durch Elemente von überhaupt keine Kommunikation stattfindet.
nonverbaler Kommunikation begleitet wird. Denn in dem hier zugrunde gelegten Sinne
ist alles Verhalten, das zwischen Menschen
Die verbalen Aussagen bleiben natürlich stattfindet, als Kommunikation zu verstehen,
nicht unbeeinflusst von den nonverbalen denn es produziert Signale, die von einem
Signalen. Im Gegenteil: Die nonverbale Gegenüber wahrgenommen und interpretiert
Kommunikation ist in ganz erheblichem werden. Verhalten in zwischenmenschlichen
Maße daran beteiligt, wie ein sprachlich ver- Situationen teilt also immer etwas mit. Be-
mittelter Inhalt aufgenommen und verstan- sonders interessant ist in diesem Zusammen-
den wird. So kann ein und dieselbe Aussage hang, dass überhaupt alles, was Personen in
durchaus eine ganz andere Bedeutung erhal- solchen Situationen tun können, Verhalten
ten, je nachdem, wie sie gemacht wird. ist. Also auch Nichthandeln oder Nichtre-
agieren oder Schweigen sind Formen von
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21. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 17
Verhalten und damit Kommunikation. Der Bei nonverbaler Kommunikation werden
Kommunikationstheoretiker Paul Watzla- demnach Analogien übertragen und nicht
wick hat dazu weiter festgehalten, dass Ver- – wie bei der verbalen Kommunikation –
halten prinzipiell kein Gegenteil hat. Man Begriffe ausgetauscht. Auch wenn kompli-
kann sich also nicht nicht verhalten. Und da zierte abstrakte Zusammenhänge so nicht
Verhalten immer auch Kommunikation ist, vermittelt werden können, hilft der allge-
sind wir bei Watzlawicks berühmt geworde- mein gültige und ursprünglichere Charakter
ner Schlussfolgerung angelangt: nonverbaler Kommunikationsform oft über
Hindernisse der verbalen Kommunikation
hinweg.
Man kann nicht nicht kommunizieren. Beispiel:
Paul Watzlawick
Es ist Ihnen unmöglich, sich mit Hilfe von
Worten mit einem Ausländer zu verständi-
Das bedeutet also, dass es unmöglich ist, gen, wenn Sie seine Sprache nicht verstehen.
sich in Gesprächssituationen der Kommuni- Doch „mit Händen und Füßen“ können Sie
kation zu entziehen. Jedes Schweigen, jeder ganze Gespräche führen, da Sie mit univer-
nichts sagende Blick, jede noch so neutrale sell gültigen Gesten und Gebärden Informa-
Geste vermittelt Informationen, die vom Ge- tionen vermitteln können.
sprächspartner wahrgenommen und gedeutet
werden.
Vermeidung von
Nonverbale Kommunikation funktioniert, Kommunikationsstörungen
weil ein nonverbaler Ausdruck – also bei- Die alltägliche Kommunikation verläuft in
spielsweise eine Geste oder ein Gesichts- der Regel recht unproblematisch, sodass
ausdruck – universell als Entsprechung die Verständigung mit dem Kommunikati-
für eine bestimmte Gemütsbewegung oder onspartner in den überwiegenden Fällen gut
dergleichen erkannt wird. Er steht in einem gelingt. Es gibt jedoch natürlich auch Fälle,
grundsätzlichen Ähnlichkeitsverhältnis zum in denen das nicht so ist. Hier misslingt die
Sachverhalt, den er vermitteln soll. So wie Verständigung, und es scheint, als würden
die Zeichnung zweier Bäume „zwei Bäume“ die Interessen der Gesprächspartner sich
ausdrückt, drückt das Hin- und Herwiegen derartig widersprechen, dass eine Einigung
des Kopfes (möglicherweise) Bedenken nicht möglich ist, oder als hätte einer der
aus, so als müsste man die verschiedenen Beteiligten überhaupt kein Interesse am Ge-
Aspekte des Problems noch gegeneinander lingen des Gesprächs. In der Folge entstehen
abwägen. dann Missverständnisse oder Konflikte, die
nur schwer wieder zu lösen sind.
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22. 18 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
Merke falschen Kodierung der Informationen oder
auch in der fehlerhaften Aussendung des
Gespräche scheitern eher an Missver-
ständnissen als an unterschiedlichen Signals.
Interessenslagen.
Falsche Kodierung bedeutet, dass der Spre-
Häufiger, als man annimmt, liegen die cher für die Information, die er vermitteln
Gründe für einen ungünstigen Verlauf von will, einfach einen falschen oder einen nicht
Gesprächen gar nicht in den entgegengesetz- eindeutigen Begriff gewählt hat, sodass der
ten Interessenlagen der Beteiligten, sondern Empfänger beim Dekodieren wahrscheinlich
vielmehr in der Störung des Kommunika- eine andere Information daraus interpretiert
tionsvorganges selbst. Oft verhindert eine als die ursprünglich beabsichtigte. Das kann
nicht störungsfrei verlaufende Kommuni- auch passieren, wenn die Bedeutung der
kation die Verständigung, weil die Infor- gewählten Wörter von den Beteiligten unter-
mationen anders beim Gesprächspartner schiedlich aufgefasst wird, was besonders in
ankommen, als es ursprünglich beabsichtigt komplizierten abstrakten Zusammenhängen
war. Und das führt dann zu folgenschweren schnell der Fall sein kann. Im Bereich der
Missverständnissen. nonverbalen Kommunikation gibt es die-
se Störungsquelle natürlich ebenso. Wird
Der Grund dafür liegt darin, dass diese po- hier vom Sender beispielsweise eine Geste
tenziellen Störungen der Informationsver- ausgewählt, die nicht klar zu deuten ist, ent-
mittlung den Beteiligten zumeist gar nicht stehen schnell Missverständnisse über den
bewusst sind und sie deshalb keine Möglich- Inhalt der Nachricht.
keit haben, sie zu vermeiden beziehungswei-
se darin die Ursachen für eine misslungene Fehler beim Aussenden, die die Artikulation
Kommunikation zu sehen. des Signals ungünstig beeinflussen, können
zum Beispiel im undeutlichen Sprechen des
Häufige Quellen für Senders begründet sein. Auch zu leises Spre-
Kommunikationsstörungen chen, unübliche Betonungen, Dialekte oder
• Falsche Kodierung/Wortwahl starke Akzente können sich negativ auf die
• Falsche Betonung/Aussprache Deutlichkeit des Signals auswirken.
• Nicht-Verstehen der Aussage
Der nächste Schritt im Kommunikations-
• Lärm, Ablenkung, Störgeräusche
prozess ist die Signalübertragung. Dass hier
• Falsche Interpretation beim Zuhörer vielfältige Störungen möglich sind, liegt auf
der Hand. Das Signal wird dabei direkt auf
Schon zu Beginn des Prozesses, nämlich seinem Weg vom Sender zum Empfänger
noch beim Sender selbst, können Störungen gestört, zum Beispiel durch eine laute Ge-
auftreten. Diese liegen in der möglichen räuschkulisse, die die normale Lautstärke
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23. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 19
eines Gesprächs überlagert. Die Signale sie doch im Gespräch berücksichtigt oder
– also die gesprochenen Wörter – kommen entsprechende Maßnahmen eingeleitet wer-
in diesem Fall nur unvollständig oder auch den. Lauteres Sprechen, Wiederholen des
gar nicht beim Empfänger an. Das hat dann Gesagten und Ähnliches sind nahe liegende
zur Folge, dass auch die eigentliche Infor- Reaktionen darauf.
mation nicht vollständig übertragen wird. Beim Empfänger lassen sich nun analog zum
– Wie eine gestörte Funkverbindung beim Sender Störungsquellen finden, die einerseits
mobilen Telefonieren, deren Auswirkungen die Wahrnehmung des Signals, andererseits
auf das Gesprächsverständnis jedem nur zu die Interpretation der Nachricht betreffen.
geläufig sind.
Durch Beeinträchtigungen des Hörvorgan-
Gleiches gilt auch für alle nicht sprachlichen ges (oder bei nonverbalen Signalen der ver-
Signale, die durch diverse Umstände negativ schiedenen Sinneswahrnehmungen) können
beeinflusst werden können. So kann Ihnen ganz erhebliche Fehler in der Aufnahme des
vielleicht eine vor Sie tretende Person für eigentlichen Signals entstehen, sodass das
einen Moment die Sicht auf Ihren Gespräch- Signal entweder unvollständig oder verän-
partner nehmen und Ihnen entgeht dadurch dert vom Empfänger rezipiert wird.
ein Lächeln, das Sie möglicherweise ermu-
tigt hätte, Ihrem Anliegen mehr Nachdruck Beispiel:
zu verleihen. Da Sie es jedoch nicht gesehen Das beliebte Kinderspiel „Stille Post“ ver-
haben, interpretieren Sie nur die Signale, die anschaulicht sehr nachdrücklich, was mit
bei Ihnen angekommen sind, und deuten Nachrichten, die – wie im Fall der „Stillen
diese als Zurückweisung, und das Gespräch Post“ – mehrere Empfänger durchlaufen, so
nimmt einen völlig anderen Verlauf, als es alles passieren kann. Da ist es keine Selten-
mit dem wahrgenommenen Lächeln hätte heit, dass aus dem Satz „Heute morgen hat
nehmen können. es geschneit“ am Ende entsteht „Die Leute
borgen sich ein Kleid“.
Wahrscheinlich kann nahezu jeder aus sei-
nen persönlichen Erfahrungen sofort etliche Doch selbst wenn das Signal störungsfrei
alltägliche Situationen aufrufen, in denen beim Empfänger angekommen ist, steht
die Übertragung von Nachrichten durch der entscheidende Schritt noch bevor: die
Faktoren wie Lärm oder Nebengeräusche Entschlüsselung des Signals. Die Interpre-
überhaupt, Ablenkungen diverser Art, Sicht- tation der Nachricht birgt noch einmal ein
behinderungen (bei nonverbaler Kommuni- großes Potenzial an Störanfälligkeiten, die
kation), Signalunterbrechungen etc. gestört weit schwieriger zu handhaben sind als bei-
wurde. Derartige Störungen sind noch recht spielsweise lästige Nebengeräusche. Wenn
leicht zu erkennen – und auch wenn sie sich der Empfänger aus den wahrgenommenen
dann nicht sofort beheben lassen, so können Wörtern eine andere Bedeutung interpre-
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24. 20 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
tiert als die, die der Sender hineingelegt hat, All das sind Faktoren, die eine erfolgreiche
entsteht zwangsläufig eine Information, die Verständigung in der Sache unter Umstän-
etwas anderes ausdrückt als das, was der den stark behindern. So können aufgrund
Sender eigentlich gemeint hat. Solche Stö- von Widersprüchlichkeiten in den ausgesen-
rungen lassen sich nun nicht mehr allein mit deten Signalen Gespräche sogar vollständig
dem Bewusstsein ihres möglichen Vorhan- scheitern, obwohl die Beteiligten in der Tat
denseins in Angriff nehmen, dafür müssen das gleiche inhaltliche Ziel verfolgen.
Sie sich Methoden der Kommunikation
aneignen, die derartige Missverständnisse Beispiel Gespräch zwischen Arzt und
zu überwinden helfen. In dem Abschnitt zur Patient:
partnerzentrierten Haltung werden Ihnen in Der Arzt legt seinem übergewichtigen Pa-
diesem Kapitel (Seite 24 ff.) solche Metho- tienten nachdrücklich ans Herz, er möge
den vorgestellt. seine Lebensweise umgehend ändern, sich
gesund ernähren, sich mehr bewegen und
Eine weitere und durchaus schwerwiegende vor allen Dingen das Rauchen aufgeben, um
Gelegenheit für Störungen in der Kommuni- sein Herzinfarktrisiko zu senken. Der Arzt
kation liegt in der Möglichkeit, dass verbale erklärt alle körperlichen und medizinischen
und nonverbale Mitteilungen einander wi- Zusammenhänge und betont, dass es schon
dersprechen oder zumindest gegenseitig die so vielen Menschen gelungen ist, ein gesün-
Eindeutigkeit beeinträchtigen können. Wie deres Leben zu beginnen, dass es also auch
bereits erwähnt, ist es leicht vorstellbar, dass für den Patienten möglich sein sollte, dies zu
bestimmte nonverbale Signale den Inhalt ei- schaffen.
ner sprachlichen Aussage vollständig negie-
ren. Selbst in weniger starken Ausprägungen Das Gesagte versteht der Patient gut und ist
können solche Uneindeutigkeiten in den Sig- auch einsichtig hinsichtlich der Gefahren
nalen doch zu Irritationen oder Fehlinterpre- und Probleme, die seine Lebensweise ihm
tationen führen, deren Ursache dann oft nur bereitet. Doch kann er am Atem des Arztes
schwer zu erkennen und dementsprechend eindeutig riechen, dass dieser vor kurzem
nicht so ohne Weiteres aufzulösen ist. Eine selbst geraucht haben muss. Außerdem fällt
Diskrepanz in den Signalen hat auch oftmals ihm die ebenfalls starke Übergewichtigkeit
zur Folge, dass Unsicherheiten bezüglich der des Arztes auf und er fragt sich:
Beziehung zwischen den Gesprächspartnern
entstehen. Wenn der Empfänger zum Bei- n Gelten für den Arzt diese Risikofaktoren
spiel die Ursachen für diese Diskrepanzen etwa nicht?
in unehrlichen Absichten des Gegenübers n Wenn es so leicht ist, sein Leben gesund
oder in dessen Unentschlossenheit vermutet, zu führen, warum tut er es nicht selbst?
kann das die Beziehungsebene erheblich be- n Ist das Rauchen für ihn etwa ungefähr-
einträchtigen. lich?
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25. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 21
n Oder hält er es in Wirklichkeit gar nicht Zweck, sich ausdrücklich (und ausschließ-
für so gefährlich, wie er behauptet? lich!) zum gegenwärtigen oder zurücklie-
n Warum ist er nicht ehrlich zu mir? genden Kommunikationsprozess zu äußern,
n Will er mich für dumm verkaufen? um eventuellen Störungsquellen und Miss-
verständnissen auf die Spur zu kommen. Das
Die Abweichungen zwischen dem Gesag- Ziel ist es dann natürlich, derlei Störungen
ten und den nonverbalen Signalen, die der zu beheben und zukünftig zu vermeiden.
Arzt aussendet, sind in diesem Beispiel
frappierend und verunsichern den Patienten Doch nicht nur die ungünstig verlaufenen
sehr. Überdies erschüttern sie die Glaub- Aspekte des Gesprächs sollen Gegenstand
würdigkeit des Arztes und schmälern das der Metakommunikation sein, sondern auch
Vertrauen, das der Patient dem Arzt eigent- die positiven Seiten. Wenn sich die Betei-
lich entgegengebracht hat. Die Beziehung ligten diese bewusst machen, können sie in
ist erheblich beschädigt und der Patient ist weiteren Gesprächen die erfolgreichen Vor-
kaum überzeugt von dem, was der Arzt ihm gänge noch verstärken und den Kommunika-
gesagt hat, und wird die Ratschläge vermut- tionsprozess bewusst positiver gestalten.
lich nicht befolgen. Sowohl in der Sache als
auch auf der Beziehungsebene konnte hier Die Metakommunikation kann helfen,
keine Verständigung erzielt werden, weil die verschiedene Probleme in Gesprächen auf-
verbalen und nonverbalen Signale einander zudecken und zu lösen. Dazu zählen unter
wesentlich widersprochen und die Überzeu- anderem:
gungskraft der inhaltlichen Aussage damit
sabotiert haben. n die negative Beeinflussung der Beziehung
zwischen den Gesprächspartnern aufgrund
Störungen aufdecken mit von widersprüchlichen Signalen (wie im
Metakommunikation oben genannten Beispiel beschrieben);
Eine gute Möglichkeit, solchen Entwick- n unentdeckte (und im besten Falle unnöti-
lungen zu begegnen, liegt darin, die Wider- ge) Hemmnisse oder Vorbehalte auf Seiten
sprüchlichkeit der Signale ausdrücklich zu eines Beteiligten;
benennen und damit den Kommunikations- n unterschwellige Verdachtsmomente oder
prozess selbst in das Blickfeld zu rücken, Unterstellungen hinsichtlich der Interessen
sich also auf eine Metaebene bezüglich der des Gesprächspartners;
Kommunikation zu begeben. n Stillstände in der Entwicklung des Ge-
Ist ein Gespräch für eine oder beide Sei- sprächs;
ten unbefriedigend verlaufen oder beendet n das Einschleichen und Manifestieren von
worden, bietet es sich an, über den Verlauf ungünstigen Kommunikationsweisen, die
der misslungenen Kommunikation zu re- das Gespräch behindern;
den. Diese Metakommunikation dient dem n und andere mehr
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26. 22 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
Für die Anwendung der Metakommunika- Rückmeldung und Feedback
tion sind einige Regeln zu beachten. Die
wichtigste ist wohl, dass wirklich über
den Kommunikationsprozess gesprochen
Erst wenn ich die Antwort höre, weiß ich,
und nicht mehr weiter über den Inhalt des was ich wirklich gesagt habe.
Gesprächs verhandelt wird. Es darf also
Norbert Wiener
keine inhaltlichen Auswertungen oder Be-
merkungen geben, sondern nur solche, die
tatsächlich auf den Gesprächsverlauf zielen. Dieser prägnante Satz wird dem amerikani-
Des Weiteren gilt es, Schuldzuweisungen zu schen Mathematiker Norbert Wiener zuge-
vermeiden, denn sie helfen in so einer Phase schrieben und beschreibt eine grundlegende
der Auseinandersetzung niemandem weiter. Schwierigkeit in der Kommunikation: Woher
kann ich wissen, was mein Gesprächspartner
Die Metakommunikation selbst vollzieht von meinen Aussagen wahrgenommen hat
sich in zwei Schritten. Der erste Schritt um- und wie er sie versteht? Da von der Beant-
fasst die Analyse des Kommunikationsvor- wortung dieser Frage eine ganze Menge an
ganges und fragt nach dem genauen Ablauf, Folgeentscheidungen über die weitere Ge-
den positiven und negativen Bestandteilen, staltung des Gesprächs abhängt, ist es drin-
störenden und auch befriedigenden As- gend notwendig, eine sinnvolle und so weit
pekten. Im zweiten Schritt werden dann wie möglich zutreffende Antwort zu finden.
Übereinkünfte hinsichtlich zukünftiger Ge-
spräche getroffen. Dabei werden die Dinge Doch kein Mensch kann Gedanken lesen
festgelegt, die vermieden werden sollen, und oder in sein Gegenüber hineinsehen. Deshalb
ebenfalls diejenigen, die sich bewährt haben sind Sie angewiesen auf Rückmeldungen
und weiterhin Bestandteil des Gesprächs von Ihrem Gesprächspartner darüber, wie
sein sollen. er Ihre Kommunikationsinhalte (sowohl die
verbalen als auch die nonverbalen) rezipiert
Die Metakommunikation kommt also ins und interpretiert hat und in welcher Weise
Spiel, wenn bereits Probleme in der Kom- sie auf ihn wirken. Diese Rückmeldungen in
munikation aufgetreten sind. Erstrebenswert der Kommunikation werden auch Feedback
ist es natürlich, schon im Vorfeld Störungen genannt. Ein Feedback kann sowohl auf der
und Probleme zu vermeiden. Der Umgang Inhalts- als auch auf der Beziehungsebene
mit Feedback und die partnerzentrierte Hal- gegeben werden. Mithilfe von Feedback
tung geben Ihnen dafür entsprechende Mittel können Sie sich vergewissern, dass Ihr
an die Hand. Gegenüber auch das versteht, was Sie mei-
nen. Fehler in der Kodierung/Dekodierung
von Nachrichten und in deren Übertragung
können so rechtzeitig entdeckt und behoben
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27. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 23
werden. So können Sie in der Konsequenz Einen Schritt weiter geht explizites Feed-
Ihr Verhalten und Ihr Sprechen angemessen back, das also ausdrückliche Rückmeldun-
korrigieren, fehlende inhaltliche Aspekte gen darüber gibt, wie das Verhalten und
ergänzen, Unstimmigkeiten aufklären und die Informationen angekommen sind. Der
Störungen minimieren. Empfänger äußert sich dabei also über seine
Wahrnehmungen und Deutungen.
Durch Feedback haben Sie überdies die
Chance, Dinge über Ihre Kommunikations- Für den Feedbackgeber gilt es dabei sehr
weise zu erfahren, die Sie selbst kaum rea- sensibel vorzugehen, da Feedback ja oftmals
listisch einschätzen könnten. Es gibt Ihnen problematische Kommunikationssituationen
besondere Einblicke in die Qualitäten Ihrer betrifft, die einer Klärung bedürfen und die
Kommunikation und in deren Schwach- die Beziehung zwischen den Gesprächs-
stellen. Feedback ist auch immer eine gute partnern sowieso schon in gewisser Weise
Gelegenheit, sein eigenes Kommunikations- belasten. Feedback muss deshalb vom Cha-
verhalten kritisch zu betrachten. rakter her immer konstruktiv – also auf ein
Miteinander angelegt – sein.
Feedback findet oft gar nicht ausdrücklich
und in Form sprachlicher Aussagen statt, Für konstruktives Feedback gibt es klare
sondern bewegt sich häufig auf der Ebene Regeln:
der nonverbalen Kommunikation. Schon ein
zustimmendes Nicken Ihres Gesprächspart- 12 Regeln für konstruktives Feed-
ners signalisiert Ihnen, dass er Ihre Nach- back
richten verstanden hat, oder ein fragender • Zwingen Sie als Feedbackgeber Ihrem
Blick eben das Gegenteil. Mit derartigen Gesprächspartner das explizite Feed-
back nicht auf. Geben Sie Feedback
einfachen Formen von Feedback lässt sich nur, wenn es auch erwünscht ist.
ein Großteil der alltäglichen Kommunika- • Das Anliegen sollte immer die Verge-
tionsprozesse schon erfolgreich bestreiten. wisserung sein, sich gegenseitig richtig
verstanden zu haben.
Obwohl selbstverständlich auch hier Miss-
• Feedback soll die Vorgänge beschrei-
verständnisse möglich sind, die zum Bei- ben, nicht bewerten.
spiel in Fehlinterpretationen auf Seiten des • Sie sollten sich immer auf konkrete Zu-
Feedbackempfängers liegen können oder in sammenhänge und Verhaltensweisen
beziehen, nicht generalisierend das
der falschen Zuordnung der Reaktion, falls Verhalten oder die Kommunikations-
nicht eindeutig ist, auf welchen Punkt im fähigkeiten Ihres Gesprächspartners
Gespräch sich das Feedback bezieht. Da kritisieren.
gelangt das „einfache“ Feedback dann an
seine Grenzen.
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28. 24 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
• Der Feedbackempfänger muss Partnerzentrierte Haltung
tatsächlich die Möglichkeit haben,
den angesprochenen Aspekt auch zu
verändern. Es nützt gar nichts, eine un-
veränderliche Tatsache anzuführen, auf
die er keinen Einfluss nehmen kann. Haben Sie manchmal in Gesprächen auch
das Gefühl, dass Ihr Gegenüber, während
• Das Feedback muss offen und ehrlich
Sie sprechen, nur darauf wartet, selbst
sein. Beschönigungen helfen nicht
weiter. wieder zu Wort zu kommen?
• Desgleichen darf Feedback nicht miss-
braucht werden, um sich selbst in ein Und was vermittelt Ihnen dieses Gefühl? Für
besseres Licht zu stellen oder um sein
Gegenüber zu diskreditieren. mich bedeutet derartiges „Zuhören“, dass es
• Benennen Sie auch die positiven Dinge meinen Gesprächspartner anscheinend nicht
des Kommunikationsablaufes. interessiert:
• Sprechen Sie nur von Ihren Eindrücken
und Wahrnehmungen.
n was ich sage;
• Als Feedbackempfänger ist es wichtig,
erst einmal nur zuzuhören. Dann kön- n ob er versteht, was ich meine;
nen Sie fragen und Unklares aufklären. n dass wir gemeinsam ein gutes Gespräch
• Begeben Sie sich nicht in Verteidi- führen;
gungshaltung. Es geht nur um das
Erfahren der Eindrücke des Ge- n ob die Kommunikation zwischen uns
sprächspartners. Nicht darum, sich funktioniert oder nicht;
darüber mit Argumenten auseinander
n dass wir in der Sache gemeinsam agie-
zu setzen und zu rechtfertigen, warum
Sie sich so oder so verhalten haben. ren.
• Starten Sie keinen Gegenangriff. „Kein
Feedback auf Feedback!“ Sollten diese Vermutungen zutreffen, scheint
es wohl das Beste, das Gespräch einfach zu
Feedback kann also wie eine Art „Frühwarn- beenden, denn unter solchen Voraussetzun-
system“ für Kommunikationsprobleme funk- gen kann Kommunikation, die auf Verständ-
tionieren. Wenn Sie auf die Rückmeldung nis abzielt, nicht funktionieren. Doch geht es
Ihres Gesprächspartners achten und selbst hier ja darum, Kommunikationsprobleme zu
konstruktives Feedback geben, können Sie lösen, und nicht darum, vor ihnen zu kapi-
sich anbahnende Störungen oder Probleme tulieren.
schnell erkennen und entsprechend reagie-
ren. Wie kommt es, dass es Menschen manch-
mal so schwer fällt, wirklich aufmerksam
Eine andere und sehr komplexe Methode, zuzuhören? Eine Erklärung dafür könnte
um Kommunikationsstörungen frühzeitig darin zu finden sein, dass beim Zuhören
zu vermeiden, ist die partnerzentrierte Hal- unsere Gehirnkapazität rein rechnerisch nur
tung. zu etwa 50 Prozent ausgelastet ist. Diese
Zahl ergibt sich daraus, dass theoretisch das
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29. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 25
Gehirn eines Erwachsenen durchschnittlich Gutes Zuhören erfordert nun eine bestimmte
400 Wörter pro Minute verarbeiten kann. Einstellung zum Gespräch und zum Ge-
Normales Sprechen umfasst jedoch nur etwa sprächspartner. Diese liegt in dem Bemühen,
200 Wörter in der Minute. Das ist insofern die geäußerten Ansichten des Partners so gut
eigentlich sehr vorteilhaft, als so genug wie möglich zu erfassen und es dem Gegen-
Leistungsvermögen verfügbar bleibt, um über gleichzeitig zu erleichtern, sich ver-
das Gehörte zu verarbeiten und schon einmal ständlich auszudrücken. Diese Einstellung
eigene Gedanken dazu zu entwickeln und die wird partnerzentrierte Haltung genannt.
Antwort vorzubereiten. Allerdings entfalten
diese Prozesse schnell eine Eigendynamik, Es geht also neben der inhaltlichen Verstän-
indem sie die eigenen Gedankengänge im- digung auch um gegenseitiges Unterstützen
mer weiter ausbauen und weiterentwickeln. innerhalb des Kommunikationsprozesses.
Und so erfordern sie dann mehr als die zur Das Gelingen von Kommunikation setzt
Verfügung stehenden 50 Prozent der Leis- demnach voraus, dass beide Gesprächs-
tung des Gehirns. Die Folge ist, dass dem partner nicht nur ihr eigenes Anliegen ver-
Zuhören immer weniger Aufmerksamkeit ständlich kommunizieren können, sondern
gewidmet werden kann und das Verstehen ebenfalls sehr gute Zuhörer sind und auch
des Gehörten dramatisch in den Hintergrund die Anliegen des Gegenübers verstehen wol-
tritt. len und können.
So kann Kommunikation zweifellos nicht
gelingen, denn Ziel von Kommunikation
Das bedeutet: Kommunikation ist Part-
ist es ja, Verständigung zu erreichen, und nerschaft, kein Kampf zwischen Geg-
die wiederum basiert auf gegenseitigem nern um den argumentativen Sieg. Es
gibt keinen Verlierer und keinen Sieger.
Verstehen. Und verstehen können Sie nur, In Gesprächen und Verhandlungen ist
wenn Sie dem Gesprächspartner ernsthaft gelungene Kommunikation immer ein
und aufmerksam zuhören. Gewinn für beide Seiten.
Merke Da die partnerzentrierte Haltung auf ein
konstruktives Miteinander und gegenseitiges
Nur wenn Sie auch ein guter Zuhörer sind,
kommunizieren Sie erfolgreich. Verstehen zielt, ist sie überaus geeignet, po-
tenzielle Störungen in der Kommunikation
von vornherein zu vermeiden.
Denn Kommunikation ist mehr als Infor-
mationen senden. Mit dem Zuhören und der Das verstehende Zuhören ist das grundle-
Hinwendung zum Gesprächspartner wird sie gende Element der partnerzentrierten Hal-
erst vollständig. tung. Dabei sind zwei Formen des Zuhörens
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30. 26 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
zu unterscheiden: das aufnehmende und das sich mitzuteilen, zurückzuhalten. Das heißt
aktive Zuhören. eben auch, zum Beispiel ganz einfach ein-
mal nichts zu sagen, wenn es angebracht ist.
Zwei Formen des Zuhörens Denn gerade durch Schweigen verdeutlichen
a) Aufnehmendes Zuhören wir, dass wir das Gesagte wertschätzen und
ihm aufmerksam folgen. Auch oder gerade,
b) Aktives Zuhören
wenn Ihr Gesprächs- oder Verhandlungs-
partner einmal eine Sprechpause macht, um
Das aufnehmende Zuhören seine Gedanken zu ordnen und einen neuen
Der Begriff des aufnehmenden Zuhörens Gedanken zu erwägen, sollten Sie in der
beschreibt in erster Linie ein konzentrier- Lage sein, diese Pause schweigend zu be-
tes und aufmerksames Wahrnehmen der gleiten. Sie drücken damit ganz deutlich aus,
Ausführungen des Gesprächspartners, das dass Sie an dem Fortgang der Ausführungen
einhergeht mit nonverbalen Signalen des Ihres Gegenübers interessiert sind und ihm
Zuhörers, die dem Sprecher deutlich zeigen selbstverständlich ein erforderliches Nach-
sollen, dass ihm interessiert zugehört wird. oder Überdenken zugestehen. Mit einer un-
Der Sprecher soll sich der uneingeschränk- nötigen Bemerkung, die bloß das akustische
ten Aufmerksamkeit des Zuhörers sicher Loch füllen und ein vermeintlich peinliches
sein können und das Gefühl vermittelt be- Schweigen überbrücken soll, würden Sie
kommen, dass seinen Äußerungen Gehör seinen Gedankengang nur unterbrechen und
geschenkt wird, verbunden mit dem Ziel zu den Verlauf des Gesprächs stören.
verstehen, was er sagen will.
Betraf das aufnehmende Zuhören erst einmal
Der Zuhörer hat die Möglichkeit, dies zum nur den Vorgang, dem Sprecher zu zeigen,
Beispiel durch eine sehr deutliche kör- dass Sie interessiert und aufmerksam zuhö-
perliche Zugewandtheit zum Sprecher zu ren, geht das aktive Zuhören einen Schritt
signalisieren, die auch einen beständigen weiter.
Blickkontakt beinhaltet. Aber auch gestische
oder mimische Reaktionen, die zum Beispiel Das aktive Zuhören
Einverständnis oder Bedenken ausdrücken, Mit dem aktiven Zuhören will der Zuhörer
sind Zeichen von Aufmerksamkeit. Ein kur- nun nicht mehr nur Aufmerksamkeit sig-
zes Kopfnicken oder ein leicht zweifelnder nalisieren, sondern vor allen Dingen selbst
Blick sind dafür schon völlig ausreichend. nachprüfen, ob er die Ausführungen des
Gesprächspartners auch so verstanden hat,
Für den Zuhörenden ist es dabei wichtig, zum wie sie gemeint waren. Mittels eigener Aus-
Ausdruck zu bringen, dass er im Interesse sagen über das Wahrgenommene verifiziert
einer guten Kommunikation bereit ist, ernst- der Zuhörer sein eigenes Verständnis. Dieses
haft zuzuhören und seinen eigenen Drang, Überprüfen umfasst sowohl die expliziten
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31. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 27
Ausführungen des Sprechers als auch das, Ziel dieser Vorgehensweise ist es, mögliche
was „zwischen den Zeilen“ kommuniziert inhaltliche Missverständnisse oder offene
wird. Fragen frühzeitig aufzudecken und zu be-
heben. Damit räumen Sie pozentielle Pro-
Entsprechend ergeben sich zwei methodische bleme, die unter Umständen den gesamten
Aspekte: zum einen das Paraphrasieren, das Kommunikationsprozess gefährden könn-
das Verständnis des explizit Gesagten über- ten, von vornherein aus dem Weg. Wenn das
prüft, und zum anderen das Verbalisieren, richtige Verstehen weitestgehend gesichert
das auch nach dem fragt, was nicht explizit ist, kann die Kommunikation ungehindert
ausgedrückt wurde, jedoch als Teil der Bot- fortgeführt werden.
schaft aufgefasst wird.
Außerdem wirkt sich solches Verhalten von
Das Paraphrasieren dient also dem Ver- Seiten des Zuhörers sehr positiv auf das
ständnis dessen, was gesagt wurde. Mit Gespräch und auf das Verhältnis zum Spre-
eigenen Worten umschreibt der Zuhörer, was cher aus. Denn es ist ein deutliches Signal
er von den Aussagen des Sprechers verstan- dafür, dass er sehr aufmerksam zugehört und
den hat. Dabei geht es ausschließlich um das großes Interesse am weiteren Verlauf des
inhaltliche Verständnis des Gesagten, um die Gesprächs hat. Darüber hinaus gibt es dem
Frage nach dem, was der Gesprächspartner Sprecher ein Gefühl von Sicherheit, wenn
ausdrücken will. Keinesfalls sollen Sie hier er sich verstanden sieht, und er wird das
Ihre Meinung zum Gesagten vortragen oder Gespräch beziehungsweise die Verhandlung
mit einer Bewertung beginnen. Eine Stel- sicher zuversichtlich fortsetzen.
lungnahme zum Inhalt ist hier nicht ange-
zeigt, im Gegenteil: Ihre Ansichten, Schlüsse Das Verbalisieren geht nun über die Prü-
oder Vorschläge sind hier fehl am Platze. Es fung des Verstehens der expliziten Äuße-
geht nur um das Verstehen. rungen hinaus. Es geht hier nicht mehr nur
darum, was gesagt wurde, sondern vor allen
Paraphrasierungen dieser Art könnten zum Dingen auch um das, was nicht gesagt wur-
Beispiel folgendermaßen eingeleitet wer- de, nämlich um das, was „zwischen den Zei-
den: len“ steht. Solche impliziten oder indirekten
n „Wenn ich Sie richtig verstehe, dann Aussagen sind in der Regel nicht so leicht zu
heißt das…“ erfassen und zutreffend zu deuten. Das Ver-
n „Sie meinen also, dass…“ balisieren dieser mitschwingenden Inhalte
n „Anders ausgedrückt…“ ist deshalb auch keine ganz leichte Übung
n „Ich verstehe Sie so, dass Sie…“ und muss mit viel Umsicht und Sensibilität
n „Was Sie gesagt haben, verstehe ich…“ durchgeführt werden.
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32. 28 Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik
Ziel ist es, das eigene Verstehen von im- n „Das klingt, als wären Sie unsicher, ob
pliziten Andeutungen oder unterschwelligen unser Gespräch …“
Aussagen ebenso in Worte zu fassen wie das n „Sie sind verärgert über …“
der expliziten Ausführungen, damit Ent-
schlüsselung und Interpretation auch hier Wie Sie sehen, lassen sich mit einem derar-
überprüft werden können. Inhalte dieser in- tigen Vorgehen viele wichtige Aspekte, die
direkten Botschaften können vielfältiger Art zum Gelingen von Kommunikation beitra-
sein. Sie betreffen zum Beispiel: gen, klären. Einige davon – blieben sie un-
ausgesprochen – würden vielleicht niemals
n Hoffnungen oder Befürchtungen, die der erhellt werden.
Sprecher mit diesem Gespräch verbindet;
n Erwartungen, die er an Sie oder an das Das Verbalisieren bietet Ihnen die Mög-
Gespräch/die Verhandlung stellt; lichkeit herauszufinden, ob unterschwellige
n Emotionen, die das Gespräch in ihm Bewertungen, (Vor-)Urteile, Erwartungen
auslösen; etc. Einfluss nehmen auf den aktuellen Ge-
n Bedeutungen, die der Sprecher seinen sprächsprozess und in welchem Maße sie
Äußerungen gibt; dies tun. Wichtige Entscheidungen können
n Interessen, die er verfolgt; davon ebenso betroffen sein wie grundsätz-
n Wünsche, die er hat; liche inhaltliche Fragen und eben auch das
n das Verhältnis zwischen den Beteiligten; Verhältnis zwischen den Gesprächspartnern.
n Vorbehalte, die er gegen Sie oder gegen Deshalb dürfen Sie implizite Botschaften
das Gespräch überhaupt hegt; nicht ignorieren.
n Verunsicherungen, Verärgerungen, die im
Gesprächsverlauf aufgetreten sind; Wichtig ist jedoch, dass Sie in der Lage sind,
n und vieles andere mehr Ihre Verbalisierungen einfühlsam zu entwi-
ckeln und vorzubringen und auch Fehlinter-
Entsprechend könnten verbalisierende Sätze pretationen Ihrerseits zuzugestehen. Wenn
zum Beispiel beginnen mit: das der Fall ist, wird Ihr Gesprächspartner
n „Sie haben die Hoffnung/Befürchtung, sicher bemerken und honorieren, dass Sie
dass …“ bemüht sind, sich in seine Situationen hinzu-
n „Sie erwarten also …“ denken und ihn zu verstehen.
n „Diese Frage scheint Sie zu irritieren …“
n „Dieser Punkt ist Ihnen offensichtlich Außerdem gelingt es Ihnen auf diesem Wege
sehr wichtig …“ vielleicht auch, in Erfahrung zu bringen,
n „Ihr Interesse betrifft …“ wie offen Sie mit dem Gesprächs- oder Ver-
n „Ihr Wunsch wäre es, dass …“ handlungspartner kommunizieren können.
n „Einige Unstimmigkeiten zwischen uns Wenn die Verbalisierung Ihnen gut gelingt,
lassen Sie daran zweifeln, ob …“ schaffen Sie sich möglicherweise Spielraum,
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33. Die fünf Säulen effektiver Gesprächsrhetorik 29
um auch schwierige oder heikle Themen zu
kommunizieren.
Diese drei Komponenten der partnerzen-
trierten Haltung – das aufnehmende Zu-
hören, das Paraphrasieren und das Verba-
lisieren – sind notwendige Elemente einer
effektiven Gesprächsrhetorik, um ein guter
und die Kommunikation unterstützender
Zuhörer zu sein. Und nur, wer ein wirklich
guter Zuhörer ist, kann gut kommunizieren.
Darin liegt die Basis für gelungene Gesprä-
che und Verhandlungen.
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