Bis zu fünf Kilometer tiefe Löcher bohren und die radioaktiven Abfälle dort in Granit versenken – über diese Methode diskutierte das Technische Forum Sicherheit in seiner 21. Sitzung in Brugg. Bohrlöcher kommen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Schweiz indes nicht in Frage.
2. ENSIENSI
In Schweden (J. Swahn am 13. März am Atommüllkongress der
SES) und in den USA (Nature, 6. März 2014) wird seit einiger
Zeit geprüft, ob der atomare Abfall in «boreholes» versenkt
werden kann.
a) Gibt es in der Schweiz dazu auch Forschungsarbeiten und
Pläne?
b) Welche Chancen bzw. welche Risiken sind aufgrund der jetzt
bekannten Forschungsresultate vorhanden?
2Antwort zu TFS-Frage 123 | 21. TFS-Sitzung | E. Frank
TFS-Frage 123
von A. Weber und G. Winkler FG Si NL
3. ENSIENSI
Allgemeine Bemerkungen
• Das Konzept der möglichen Entsorgung radioaktiver
Abfälle (HAA/BE) in tiefen Bohrlöchern (5-6 km) in
Granit wird seit den 50’iger Jahren diskutiert (z. B. US
National Academy of Science Report 1957, VSE/Nagra Konzept für
die nukleare Entsorgung in der Schweiz 1978, siehe Figur rechts).
• In verschiedenen Ländern wurden dazu Studien
durchgeführt (z. B. NTB 80-04, SKB TR 89-39, SKB TR 98-05,
Gibb et al 1999, 2008, 2012, Anderson MIT 2004, MKG Report
2006, Sandia National Laboratories Report 2009)
• Nach dem Stop des Yucca Mountain Endlager-
Projektes gibt es in den USA unter der Leitung der
Sandia National Laboratories neue Forschungspläne
für ein Tiefbohrexperiment DBD «Deep Borehole
Disposal» (Blue Ribbon Commission Report 2012, Nature 2014).
3Antwort zu TFS-Frage 123 | 21. TFS-Sitzung | E. Frank
Antwort zur Frage 123
4. ENSIENSI
Auszug aus dem Bericht:
“The Disposal Subcommittee further concludes that geologic disposal in a
mined repository is the most promising and technically accepted option
available for safely isolating high-level nuclear wastes for very long
periods of time. This view is supported by decades of expert judgment and
by a broad international consensus. All other countries with spent fuel and
high-level waste disposal programs are pursuing geologic disposal. The
United States has many geologic media that are technically suitable for a
repository. Other concepts for geologic disposal have been proposed; these
options may hold promise but will require further investigation.
For the disposal of certain forms of waste, the Subcommittee identified
disposal in deep boreholes (DBD) as a potential promising technology, but
it requires further exploration and research.”
4Antwort zu TFS-Frage 123 | 21. TFS-Sitzung | E. Frank
Blue Ribbon Commision Report 2012
5. ENSIENSI
Zur Entsorgung des US-Abfallinventars an HAA/BE würden
nach dem DBD-Konzept (3 – 5 km tief im Granit) benötigt :
• 1000 Bohrlöcher (Bohrlochdurchmesser für Einlagerung = 45 cm)
• Abstand der Bohrungen = 200m (wegen Wärmeproduktion)
• Flächenbedarf für alle Bohrungen = 40 km2
5Antwort zu TFS-Frage 123 | 21. TFS-Sitzung | E. Frank
Resultate der Sandia Studie 2009
6. ENSIENSI
Chancen:
• Bohrtechnik ist heute weit fortgeschritten
• DBD weit weg vom Lebensraum des
Menschen und damit potentiell lange
Fliesspfade für allfällig freigesetzte RN
• Grosse Tiefen schützen besser vor Erosion
• Granit weist in diesem Tiefenbereich eine
hohe mechanische Gesteinsfestigkeit, meist
eine Abnahme der Klufthäufigkeit und damit
verbunden sehr geringe Permeabiltäten auf
• Granit-Tiefenwässer zeigen in dieser Tiefe
meist eine hohe Salinität (stagnierende Wässer)
• Ressourcenkonflikt klein
Konzeptvorstellungen zur oberen
Kruste in Schweden aus SKB TR 98-05
6Antwort zu TFS-Frage 123 | 20. TFS-Sitzung | E. Frank
Antwort zur Frage 123 b : Chancen / Risiken
7. ENSIENSI
Klufthäufigkeit / Wasserführung
Wasserchemismus
und Fliesssysteme
(blau = saline Tiefenwässer)
7Antwort zu TFS-Frage 123 | 21. TFS-Sitzung | E. Frank
Befunde und Modell (SKB TR-98-05) für das
kristalline Grundgebirge Schwedens (1-5 km)
8. ENSIENSI
• Geologische Kenntnisse über diesen Tiefenbereich sind sehr gering
• Exploration eines geringdurchlässigen homogenen Granitkörpers schwierig
(praktisch kein seismisches Abbild möglich)
• Eine Bohrung liefert nur punktuelle lokale Information (Nadelstich), damit besteht
Gefahr von unentdeckten wasserführenden Diskontinuitäten in unmittelbarer Nähe
des Bohrlochs
• Grosse Tiefen bedeuten stark erhöhte Felstemperaturen (in 6 km bis 200 Grad C)
und Gebirgsdrücke. Zusammen mit dem Wärmeeintrag der Abfälle führt dies in den
ersten 1000 Jahren zu einer hohen thermischen Belastung und zu komplexen T-H-
M-C-Prozessen im Bohrloch und umgebenden Gebirge.
• Qualität und Langzeitverhalten der Verrohrung, der Zementationen und der
Bohrlochsiegel unbekannt: potenzielle Fliesspfade entlang Auflockerungszone oder
entlang der Verrohrung
• Einschluss beruht einzig auf der Barrierenwirkung der Geosphäre, kein gestaffeltes
Mehrfachbarrierensystem möglich wie im KEG gefordert
• Überwachung und Kontrolle des Einschlusses schwierig
• Behälterintegrität und Rückholbarkeit nicht gegeben
8Antwort zu TFS-Frage 123 | 21. TFS-Sitzung | E. Frank
Risiken des DBD-Konzeptes