1. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
Affektive
Unterrichtsgestaltung
Acht technologisch orientierte Thesen
2. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(A) Intention der Affektiven
Unterrichtsgestaltung
„Das Affektive-System energetisiert und steuert kognitive
Prozesse und ist für Lernen und Leisten unabdingbar.“
Neokortex Kognition
Affektives-System
Limbisches
System Emotion
Stammhirn Affekt
Theoretische Ableitungen: Ciompi (1997); Hüther (2004, 2005, 2006); Porges
(2008, 2003); Porges und Barry (2001), Wimmer (2004) u.a.
3. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
Emotionen
Freude
Ärger
Traurigkeit
Liebe
Angst
Shaver et al. (1987)
7. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
Lern- und Leistungsrelevante
Kategorien des Affektiven-Systems
Sozial Positive Negative
Valenz Valenz
Keine zeitliche
Differenzierung
Keine zeitliche
Liebe, Freude Ärger
Bewunderung, Sympathie, Eifersucht, Ärger,
Differenzierung
Liebe, Dankbarkeit, Empathie, Missachtung, Neid,
Keine zeitliche Sicherheit, Geborgenheit Abneigung, Hass
Differenzierung
Strukturmodell lern- und leistungsbezogener Komponenten des
Affektiven-Systems (adaptiert und erweitert nach Goetz et al.,
2003; Götz, 2004)
8. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(B) Lehrperson und (Integrations-
level von) Lehrkompetenzen
Sozial und individuell Kompetenzbezogene
wirksame Elemente Subkategorien der
der Unterrichtsgestaltung
Unterrichtsgestaltung
Leistungsdiagnostik,
Aufgabendar- Bezugsnorm,
bietung, Bedeutsamkeit,
Instruktionales Motivierungs- Anspruch, Klarheit,
Vorgehen qualität, soziale Diagnostik,
Förderung von Fürsorge,
Wohlbefinden Beziehung,
Stimmung der
Lehrperson
Autonomie und „Die Lehrperson und der Inte-
Autonomieförderung
Selbstkontrolle, grationsgrad ihrer professi-
Kompetenz-
unterstützung
onellen Kenntnisse, Fähigkeiten
und Kompetenzen sowie damit
Ziele, Erfolg &
verbundenen Grundhaltungen
Rückmeldung
sind für das affektive Erleben
Wertevermittlung Lernender von zentraler
Bedeutung.“
9. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(C) Humanistischer Ausgangspunkt
Umfeld (Globe)
Grundlage für individuelle
und soziale Reflexion
(gemäß einem
Balanceprinzip i.S. der TZI)
„Affektives Erleben (Primär-Affekt, Emotion, Stimmung) steht
in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Beziehungs-
bedingungen und Sachaspekten.“
10. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(D) Entwicklungsbezogene
Determinanten
Balance zwischen:
Schutz (Fürsorge)
versus Autonomie
(Freiheit)
„Das Zusammenwirken von Kognition und Affekt unterliegt,
insbesondere in den frühen Lebensjahren, intensiven
qualitativen Veränderungen und einer erst allmählich
wachsenden affektiven Verarbeitungsfähigkeit.“
11. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
Ontogenese der Emotionen
Alter Emotion Gefühl Funktion Motiv
Liebe, Sicherheit, Exploration/
0–1 Freude, Trennungsangst, Erregung, Neugier,
Jahr Ärger, Furcht, Vorsicht Gefühlsan- Interesse,
Traurigkeit, Überdruss steckung, rudimentäre
Angst Autonomie Funktionslust
weitere Aus- Bedauern, Funktions-
2–6 formung des Mitleid, Stolz, Empathie, lust, Kompe-
Emotions- Triumph, Perspektiven- tenz,
Jahre
erlebens Verlegenheit, übernahme, Leistungs-
Scham motivation
ambivalente Ge-
fühle, selbstbe-
wertende Emoti-
7 – 12 Hoffnung, Soziale
onen, affektive
Jahre Befürchtung Motive,
Perspektiven- Wunsch
übernahme,
Zeitverständnis,
Selbstkontrolle
12. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(E) Priorisierungsprimat
Angst
Ärger
Liebe
Traurigkeit
Freude
„Emotionen haben im Sinne ihres qualitativen Spektrums
interventionsbezogen unterschiedliche Bedeutung und
Dringlichkeiten, in einer (i.d.R.) abfallenden Linie von negativen
zu positiven Valenzen.“
13. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(F) Relativierungsprimat
Ärger
Angst
Liebe
Freude
Traurigkeit
„Die energetische Ladung eines emotionalen oder allgemein
affektiven Ereignisses kann die qualitative Priorisierungsreihe
aufheben.“
14. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(G) Adaptive didaktische Designs
Beispiele:
VAKE
Offenes
Lernen
Komplementäre
Lernziele Innere
Differenzierung
„Adaptiv orientierte didaktische Designs, Lehrkompetenzen und
die Gestaltung der Lernumgebung
können affektiv relevant ausgewählt und eingesetzt werden.
15. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
(H) Einsatz affektiver
Lehrgrundlagen
Primär-
Stimmung Emotion
Affekt
Gregory & Perry (2006)
Prävention Strategien der
Stimmungsregulation Astleitner (2000)
Gläser-Zikuda et al. (2005)
Krisenintervention
Eisner (2010) Vail (1994)
>>>>>>>>>>> Designrelevanz >>>>>>>>>>
„Affektives Befinden kann lern- und leistungsrelevant beeinflusst
werden, indem parallel und integrativ zu kognitiven didaktischen
Ansätzen affektive Lehrgrundsätze sowie Lehrstrategien
Anwendung finden.“
16. Mag. Dr. Josef Eisner, 2011
Mögl. nächste Schritte …
Qualitative Analyse von
Unterrichtssituationen und damit
gekoppelter Ereignisse die dem Affektiven-
System zuzuordnen sind; nach Maßgabe
der 8 Thesen (A-H) – Ziel: Anreicherung
und Prüfung der bestehenden Aussagen
Dekonstruktion von bestehenden Ansätzen
und deren Neuintegration gemäß der 8
Thesen (A-H) – generieren von um/zu-
Aussagen die wiederum der empirischen
Prüfung zugeführt werden sollen
Hinweis der Redaktion
Affektive Unterrichtsgestaltung organisiert über methodische Ansätze die Ereignisse des Affektiven-Systems so, dass Lernen und Leisten damit geplant und absichtsvoll gefördert werden. Dabei wird Kognition und Affekt (i.S.v. Affektives-System) als Einheit komplementärer funktionaler Systeme betrachtet. (Eisner, 2010, S. 273f)
Die Lehrperson und ihre Lehrkompetenzen sind Dreh- und Angelpunkt der affektiven Unterrichtsgestaltung. Der Integrationsgrad professionsbezogener psychologischer, didaktischer und fachlicher Kompetenzen ist für die Gestaltung von Bedingungen, die für das affektive Erleben relevant sind, bedeutsam. Die affektiv wirksamen didaktischen Kompetenzbereiche beziehen sich auf das instruktionale Vorgehen, die Erfolgserwartung, die Zielstrukturen, die Rückmeldung und Leistungskonsequenzen sowie auf die Autonomieförderung und Wertevermittlung. (Eisner, 2010, S. 274)
In Anlehnung an die TZI (Themenzentrierte Interaktion) ist der Affektiven Unterrichtsgestaltung das Respektieren eigener und der Grenzen anderer voranzustellen. Dazu gehört auch das wechselseitige Ernstnehmen von Bedürfnissen auf Beziehungs- und Sachebene. (Eisner, 2010, S. 274)
Die Affektive Unterrichtsgestaltung erfordert die Beachtung entwicklungspsychologischer Fundamenta. Diese betreffen die gehirnorganische Entwicklung hinsichtlich der kognitiven und affektiven Verarbeitungs- und Integrationskapazitäten. Weiters sind neben anderen Punkten besonders die variierenden Autonomie- und Bindungsbedürfnisse als grundlegend anzusehen. Die Bedeutung dieser Bedingungen liegt im Bereich adaptiver Prozesse des Affektiven-Systems, welche auch für Lernen und Leisten ausschlaggebend sind. (Eisner, 2010, S. 274f)
Grundsätzlich sind im Hinblick auf die Beachtung und Bearbeitung von Emotionen Prioritäten zu setzen, wobei der Angst Vorrang vor der Traurigkeit und dem Ärger eingeräumt wird. Erst nach Bearbeitung dieser drei negativen Emotionen können Interventionen in Betracht gezogen werden, die auf positive Emotionen abzielen. (Eisner, 2010, S. 275)
Die grundsätzliche Vorgehensweise, welche gemäß (E) postuliert wird, ist unter folgender Maßgabe aufzuheben. Rückt eine Emotion auf Grund ihrer energetischen Dominanz in den Vordergrund, insbesondere aus dem negativen Valenzbereich, dann ist sich zuerst diesem situationsbezogenen Ereignis zuzuwenden. (Eisner, 2010, S. 275)
Adaptive didaktische Designs, wie z.B. Offenes Lernen, die Innere Differenzierung, Unterricht auf Basis komplementärer Lernziele oder der präferierte Einsatz affektiv relevanter Lehrkompetenzen, schaffen für die Affektive Unterrichtsgestaltung günstige Voraussetzungen. (Eisner, 2010, S. 275)
Die differenzierte und systematische Nutzung von affektiven Lehrgrundlagen, welche den Primär-Affekt, die Emotionen und Stimmungen betreffen, bilden den speziellen methodischen Bezugspunkt. Neben den drei neurologischen Prozessbereichen, die durch unterschiedliche Verhalten aktivierende Schemata gekennzeichnet sind, beziehen sich diese methodischen Ansätze auf zukunftbezogenes, prozessbezogenes und retrospektives affektives Gewahrsein. (Eisner, 2010, S. 275f)