Kapital & Märkte: Ausgabe Juni 2013
Die aktuelle Ausgabe widmet sich dem Schwerpunktthema „Abenomics in Japan: Strohfeuer oder Trendwende?“
Japan: Zwischen Boom und Krise
Anhaltende Stagnation: Eine Ursachenforschung
Abenomics: Wie viele Pfeile sind noch im Köcher?
1. Kapital & Märkte
Ausgabe Juni 2013
ELLWANGER GEIGER
PRIVATBANKIERS SEIT 1912
„Abenomics" in Japan: Strohfeuer oder Trendwende?
Vom Boom zur Krise
Die heutige Misere Japans hat ihre Ursprünge in den achtziger Jahren. Die starke Aufwertung des
US-Dollar in der ersten Hälfte des Jahrzehnts und die daraus resultierenden Probleme für die
Exportindustrie der USA hatten zum Plaza-Abkommen geführt, das eine Abwertung des US-Dollar
gegenüber dem Yen und der D-Mark vorsah. Daraus ergaben sich für Japan zwei Probleme, die
sich gegenseitig verstärkten. Die erwartete Yen-Aufwertung führte zu einem spekulativen Zufluss
von Kapital nach Japan, das neben Geldmarktanlagen in Aktien und Immobilien investiert wurde
und so die Vermögenspreise nach oben trieb. Gleichzeitig belastete die schnelle und starke Auf-
wertung des Yen die japanische Exportindustrie stark. Dies veranlasste die Notenbank, die Zinsen
innerhalb eines Jahres auf 2,5 Prozent zu halbieren, was zu einem deutlichen Zuwachs der Kredit-
und Geldmengen führte und den Anstieg der Immobilienpreise und Aktienkurse weiter befeuerte.
Der Boom blieb jedoch nicht auf die Aktien-und Immobilienmärkte begrenzt, sondern ergriff auch
die Realwirtschaft: Der private Konsum stieg von 1987 bis 1990 um fast sechs Prozent pro Jahr und
die Nettoinvestitionen der Unternehmen nahmen um über zehn Prozent pro Jahr zu. Dies führte
zu einer steigenden Verschuldung der Konsumenten und Unternehmen, zum Aufbau von
industriellen Überkapazitäten und - nach dem Platzen der Blase - zu einer großen Zahl fauler
Kredite in den Bankbilanzen.
ABBILDUNG 1: NIKKEI INDEX UND NOTENBANKZINSEN
10
45.000
40.000
35.000
2. 30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
Diskontsatz Japan in Prozent (linke Skala)
1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005
2007 2009 2011 2013
0
Quelle: Bloomberg
Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein zuverlässiger Indikator für zukünftige
Entwicklungen.
Finanzinstrumente oder Indizes können in Fremdwährungen notiert sein. Deren Renditen können
daher auch aufgrund von Währungsschwankungen steigen oder fallen.
9
8
7
6
5
4
3
2
Kapital & Märkte erhalten Sie sehr gerne auch per E-Mail.
Wenn Sie hiervon Gebrauch machen möchten, senden Sie uns bitte eine kurze E-Mail an:
KapitalundMaerkte@privatbank.de
3. IABBILDUNG 2: LANDPREISE UND NOTENBANKZINSEN
10
9
1.000
900
800
700
600
500
400
300
200
100 0
Diskontsatz Japan in Prozent (linke Skala)
Landpreise für Gewerbeimmobilien (rechte Skala)
1
0
1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003
2005 2007 2009 2011 2013
Quelle: Bloomberg, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Wertentwicklungen in der
Vergangenheit sind kein
zuverlässiger Indikator für zukünftige Entwicklungen.
8
7
4
3
2
Die Krise begann 1989 mit aggressiven Zinserhöhungen durch die japanische Notenbank.
Der Anstieg der Zinsen von 2,5 Prozent auf sechs Prozent innerhalb von 15 Monaten setzte
4. dem kreditgetriebenen Boom ein Ende. Der Nikkei-Index brach von fast 40.000 Punkten
binnen weniger Monate um 40 Prozent ein und sank bis 1992 unter 15.000 Punkte, was
einem Rückgang von über 60 Prozent entspricht. Ähnlich entwickelten sich die Landpreise,
welche von ihren Höchstständen im Jahr 1990 innerhalb von zwei Jahren um knapp 30
Prozent und bis zum Tief im Jahr 2005 um 66 Prozent (Wohnen) beziehungsweise 87 Pro-
zent (Gewerbe) gefallen sind.
Die japanische Regierung und die Notenbank reagierten mit staatlichen
Ausgabenprogrammen und Zinssenkungen. Anfang 1993 lag der Notenbankzinssatz wieder
bei 2,5 Prozent und wurde von der Bank of Japan bis 1995 schrittweise auf 0,5 Prozent
gesenkt. Insgesamt verabschiedeten die japanischen Regierungen in den zehn Jahren nach
Ausbruch der Krise zehn Fiskalpakete zur Stimulierung der Wirtschaft mit einem
Gesamtvolumen von über 100 Billionen Yen, was pro Jahr knapp 2,5 Prozent des BIP
entsprach. Übertragen auf Deutschland in der Gegenwart würde dies in den kommenden
zehn Jahren jährlichen Mehrausgaben von 65 Milliarden Euro entsprechen. I
Anhaltende Stagnation: Die Gründe
Von den starken Einbrüchen der Aktienkurse, den Immobilienwerten und der
Wirtschaftsaktivität konnte sich die japanische Wirtschaft in den Folgejahren nicht
nachhaltig erholen. Auf kurze Lichtblicke folgten regelmäßig erneute Rückschläge. Die
anhaltende Krise Japans hat mehrere Ursachen, wobei die Bedeutung der einzelnen
Faktoren und deren Wirkungszusammenhänge unter Ökonomen umstritten sind. Die fol-
genden Faktoren haben jedoch alle zur aktuellen Situation beigetragen:
• Die sehr laxe Kreditvergabe während des Booms, die hohe Bedeutung der
Bankenfinanzierung in der japanischen Wirtschaft und der deutliche Wertrückgang von
Kreditsicherheiten wie Land und Immobilien nach dem Platzen der Blase, haben zu einem
massiven Anstieg der faulen Kredite in den Bankbilanzen geführt. Da deren Abbau nur
schrittweise und mit staatlichen Finanzhilfen möglich war, wurde die Fähigkeit der Banken
zur Finanzierung neuer Investitionen stark eingeschränkt.
• Während der Krise getätigte Fehlinvestitionen in Produktionskapazitäten und
Firmenübernahmen haben die Unternehmen gezwungen, einen bedeutenden Teil ihrer
Unternehmensgewinne zum Schuldenabbau zu nutzen. Dadurch gingen die Investitionen in
Forschung und Entwicklung sowie in neue Maschinen deutlich zurück, was wiederum das
Wirtschaftswachstum dämpfte.
• Das Platzen der Blase hat die Arbeitslosigkeit von gut zwei Prozent schrittweise auf einen
für japanische Verhältnisse hohen Wert von fünf Prozent ansteigen lassen. Zusammen mit
den negativen Vermögenseffekten durch die gefallenen Aktien- und Immobilienpreise hat
dies zu einem Rückgang des in Japan ohnehin schwachen Konsums geführt.
5. IABBILDUNG 3: MASCHINENBAUAUFTRÄGE UND ANLAGEINVESTITIONEN IN JAPAN
(1987=100)
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
"Maschinenbauaufträge des privaten Sektors
Anlageinvestitionen japanischer Unternehmen
1973 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2001 2003 2005
2007 2009 2011 2013 Quelle Bloomberg
• Die staatlichen Investitionsprogramme haben zwar schon aufgrund ihrer Größe einen
noch schlimmeren unmittelbaren Wirtschaftseinbruch verhindert. Doch abgesehen von
diesen kurzfristigen Nachfrageeffekten leisteten die Konjunkturpakete auf mittlere Sicht nur
geringe Beiträge zum Wirtschaftswachstum. Neben der Tatsache, dass Infrastruk-
turinvestitionen in einem Land mit einer bereits sehr gut ausgebauten Infrastruktur in der
Regel nur geringe Multiplikatoreffekte haben, lagen den Investitionsentscheidungen oft
politische oder regionale Kriterien zugrunde, so dass auch fragwürdige Projekte mit
negativem Nutzen-KostenFaktor realisiert wurden. Auch bei einer weiteren wichtigen
Komponente der japanischen Konjunkturpakete - den Kreditprogrammen für Unternehmen
- kam es zu Fehlallokationen, da die Mittel oft bevorzugt an die traditionellen Unterstützer
der in Japan regierenden LDP gegangen sind.
• Der Preis für die Versuche, die Wirtschaft durch fiskalpolitische Maßnahmen zu beleben,
war ein massiver Anstieg der Staatsverschuldung und große jährliche Haushaltsdefizite, die
den Schuldenstand immer weiter ansteigen ließen und den staatlichen Handlungsspielraum
zunehmend einschränkten. Der Schuldenstand in Prozent des Bruttoinland-produkts lag im
6. Jahr 1991 bei 66 Prozent und stieg bis Ende der neunziger Jahre auf 132 Prozent an. Im Jahr
2012 lag er bei 238 Prozent. Die jährliche Neuverschuldung stieg von etwa 0,5 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes im Jahr 1991 auf über fünf Prozent Ende der neunziger Jahre und
liegt aktuell bei etwa neun Prozent. I
Die drei Pfeile von „Abenomics"
Die seit Dezember 2012 amtierende japanische Regierung unter Premierminister Abe hat
sich zum Ziel gesetzt, die seit 20 Jahren anhaltende Stagnation durch ein konzertiertes Paket
wirtschaftspolitischer Maßnahmen - auch „Abenomics" genannt - zu überwinden. Dieses
Paket setzt sich aus fiskal-und geldpolitischen Maßnahmen sowie Strukturreformen -den
sogenannten „drei Pfeilen" - zusammen.
Der erste der drei sogenannten „Pfeile", die Fiskalpolitik, kann wegen der bereits hohen
Staatsverschuldung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Sie beschränkt sich auf ein Kon-
junkturpaket von 10,3 Billionen Yen (das entspricht etwa 80 Milliarden Euro
beziehungsweise 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Japans) über zwei Jahre und
möglicherweise der Senkung der Unternehmenssteuer sowie der Verschiebung der für 2014
und 2015 geplanten Erhöhungen der Mehrwertsteuer von fünf auf acht beziehungsweise
zehn Prozent. Die Effekte des Investitionsprogramms dürften angesichts der schon hohen
Staatsquote und vieler ähnlicher Programme in den vergangenen Jahren gering sein.
Vielmehr geht es darum, die belebenden Effekte der anderen beiden „Pfeile" nicht durch
eine restriktive Fiskalpolitik zu konterkarieren. Für die Erhöhung der Mehrwertsteuer um
einen Prozentpunkt wird mit dem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Folgejahr um 0,3
Prozent gerechnet. Vor dem Hintergrund der Erfahrung aus der Mehrwertsteuererhöhung
1997, die die damalige wirtschaftliche Erholung abgewürgt hat, ist eine Verschiebung der
Mehrwertsteuererhöhung wahrscheinlich.
7. .4 J— -
198 3 1984 1986 1988 1989 1991 1993 1994 1996 1998 1999 2001 2003
2004 2006 2008 2009 2011 2013
Quelle: Bloomberg
Die größten Neuerungen in der Geldpolitik („zweiter Pfeil") sind die Nennung eines klaren
Inflationsziels in Höhe von zwei Prozent durch die Bank of Japan und die Ankündigung, alle
geldpolitischen Mittel einzusetzen, um dieses zu erreichen. Ziel ist es, die Realzinsen, welche
aufgrund der Deflation trotz des niedrigen Nominalzinsniveaus noch relativ hoch sind, zu
drücken und die internationale Wettbewerbsfähigkeit durch eine Abwertung des Yen zu
erhöhen. Die Geldpolitik wird mit der erwarteten Verdoppelung der Zentralbankgeldmenge
innerhalb von zwei Jahren deutlich aggressiver sein als bei früheren vergeblichen
Versuchen, die Stagnation zu überwinden. Neu sind die quantitativen
Lockerungsmaßnahmen in Japan jedoch nicht. Was kann diesmal anders laufen? Zum einen
wird die Bank of Japan sicher nicht den früheren Fehler wiederholen, ihre expansive
Geldpolitik zu früh zurückzufahren. Zum anderen sind die Unternehmen und Haushalte nach
20 Jahren der Entschuldung in einem weit besseren Zustand, womit sie in der Lage sind, ihre
Investitions- beziehungsweise Konsumausgaben zu erhöhen. Gleiches gilt für das Ban-
kensystem, das seine faulen Kredite inzwischen weitgehend abgebaut hat. Entscheidend
dafür ist aber, ob es der Bank of Japan durch ihr entschiedenes Auftreten gelingt, bei den
Unternehmen und Haushalten Inflationserwartungen zu wecken, so dass diese ihre
abwartende Haltung aufgeben. Hier kann die Politik erste Erfolge verbuchen. Die
Inflationserwartungen sind in den vergangenen Monaten von knapp über Null auf zwei
Prozent für 2014 und 1,6 Prozent für 2015 gestiegen.
ABBILDUNG 5: ENTWICKLUNG DER INFLATIONSERWARTUNGEN IN JAPAN
0,5
Inflationserwartung für 2013 Inflationserwartung für 2014
Inflationserwartung für 2015
8. v —■—
L— -™-n J-.-:-:--
—-1—■—i— —i— -1—■ •—i—
Jan 12 Feb 12 Mrz 12 Apr 12 Mai 12 Jun 12 Jul 12 Aug 12 Sep 12 Okt 12 Nov 12 Dez
12 Jan 13 Feb 13 Mrz 13 Apr 13 Mai 13 Jun 13
Quelle Bloomberg
9. Über den mittelfristigen Erfolg von „Abenomics" entscheidet der „dritte Pfeil" - die
Strukturreformen. Zum einen kann die expansive Fiskalpolitik aufgrund des bereits sehr
hohen Schuldenstandes nicht auf Dauer aufrechterhalten werden, weshalb in absehbarer
Zeit zumindest eine Rückführung der jährlichen Haushaltsdefizite zu erwarten ist. Zum
anderen ist die aktuelle Situation Japans im Wesentlichen nicht konjunkturell bedingt,
sondern hat seine Ursachen in strukturellen Problemen, die das langfristige
Wachstumspotential niedrig halten. Betrachtet man die Produktionslücke - sie stellt die
prozentuale Abweichung des aktuellen Bruttoinlandsprodukts von der potentiellen
Wirtschaftsleistung bei Vollauslastung aller Produktionsfaktoren dar - dann zeigt sich, dass
der Raum für konjunkturelles Wirtschaftswachstum begrenzt ist. Anders als etwa im Jahr
2009, als die Konjunktur in Folge der Finanzkrise am Boden lag und die Produktionslücke auf
-6,8 Prozent anstieg, liegt die Produktionslücke 2013 bei nur -1,2 Prozent. Die aktuelle
Wirtschaftsleistung befindet sich damit nahe an ihrem potentiellen Wert. Deshalb können
konjunkturpolitische Maßnahmen nur einen kurzfristigen Effekt haben. In Verbindung mit
dem geringen jährlichen Potentialwachstum Japans, das die OECD für 2013 auf 0,8 Prozent
schätzt, wird ersichtlich, dass das schwache Wirtschaftswachstum Japans struktureller Art
ist und nur durch Strukturreformen gelöst werden kann.
ABBILDUNG 7: FRAUENERWERBSQUOTEN IN DEN OECD-STAATEN 80%
Quelle: OECD G<
"
1 Summe der teil- und vollzeitbeschäftigten sowie arbeitslos gemeldeten Frauen im
erwerbsfähigen Alter geteilt durch die Anzahl aller Frauen im erwerbsfähigen Alter.
10. Zu den wichtigsten Reformpunkten gehören die Liberalisierung des Arbeitsmarktes und der
Landwirtschaft, die Zunahme der arbeitenden Bevölkerung sowie eine Reform des Unter-
nehmensrechts.
Der Arbeitsmarkt in Japan ist sehr stark reguliert. Deshalb ist es nur sehr schwer möglich,
Arbeitnehmer zu entlassen, was die Kosten in die Höhe treibt. Dadurch werden
Unternehmen abgeschreckt, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen oder Löhne zu erhöhen.
Dies hat in den vergangenen Jahren zur deflationären Entwicklung beigetragen. Die
Landwirtschaft leidet durch die starke Regulierung an fehlender Wettbewerbsfähigkeit. So
dürfen Unternehmen beispielsweise kein Ackerland erwerben, sondern nur pachten, so dass
viele kleinteilige Flächen von Einzelpersonen auf Teilzeitbasis bewirtschaftet werden. Die
alternde Bevölkerung und der Rückgang der erwerbstätigen Personen tragen ebenfalls zur
Wachstumsschwäche bei. Eine verstärkte Einwanderung, die Erhöhung der
Frauenerwerbsquote, die in Japan mit 63 Prozent zu den niedrigsten in der OECD gehört und
mittelfristig eine Erhöhung der Geburtenrate wären mögliche Ansatzpunkte. I
Zwischenfazit und Ausblick: Dritter Pfeil entscheidend
Während die ersten beiden „Pfeile" ihre kurzfristigen Ziele weitgehend erreicht haben - die
Inflationserwartungen sind gestiegen, der Yen hat abgewertet, die Stimmung der Kon-
sumenten und in der Wirtschaft hat sich aufgehellt und die Wirtschaft sowie die
Maschinenbauaufträge sind im ersten Quartal überraschend stark angestiegen - sind die
Strukturreformen bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Beschlossene
Einzelmaßnahmen wie die Einrichtung regulatorisch und steuerlich begünstigter
Sonderwirtschaftszonen und die Zulassung von Medikamentenverkäufen über das Internet
gehen zwar in die richtige Richtung. Doch sind die Reformen in den Kernpunkten bislang nur
kosmetischer Natur. Statt einer grundlegenden Liberalisierung des Arbeitsmarktes wurde
nur eine zusätzliche Kategorie von Beschäftigungsverhältnissen eingeführt. Im Agrarsektor
soll eine öffentlichrechtliche Institution als Intermediär-Ackerflächen an Unternehmen
verpachten, anstatt dass diese die Flächen direkt erwerben dürfen.
Der Grund für die zurückhaltenden Reformmaßnahmen sind die Oberhauswahlen in Japan
am 21. Juli. Trotz der aktuell guten Umfragewerte war die Angst der LDP zu groß, ihre
Stammwählerschaft durch zu einschneidende Reformen zu verschrecken. Die Ankündigung,
dass das erste Reformpaket nur ein Wegpunkt war und nach den Wahlen weitere Maß-
nahmen folgen werden, lässt einen Erfolg des dritten und entscheidenden „Pfeils" noch
möglich erscheinen.
Folge der erfolgreichen Abwertung des Yen und der gestiegenen Inflationserwartungen war
der unerwartete Anstieg der Nominalzinsen. Dies konterkariert das Ziel der niedrigeren
Realzinsen. Als Reaktion darauf hat die Bank of Japan über weitere Lockerungsmaßnahmen
nachgedacht. Nachdem die bereits beschlossenen Maßnahmen den Ankauf von bis zu 70
Prozent der neu ausgegebenen Staatsanleihen beinhalten, würde ein erweitertes
Ankaufprogramm wohl ausreichen, um die Zinsen vorübergehend auf einem niedrigen
Niveau zu halten. Dies käme auch dem Ziel entgegen, wonach sich die staatlichen
Pensionsfonds weniger in Staatsanleihen und dafür verstärkt in Aktien engagieren sollen,
um Finanzmittel in produktivere Wirtschaftsbereiche zu lenken. Das daraus resultierende
Risiko ist, dass die Bank of Japan für längere Zeit faktisch die Staatsfinanzierung
übernehmen muss.
Die größte Gefahr ist allerdings, dass sich die kurzfristigen Erfolge nicht in ein langfristiges
Wirtschaftswachstum mit moderat positiven Inflationsraten übertragen lassen, da dann die
Grundlage für den Abbau des Haushaltsdefizits und der Staatsverschuldung fehlen würde.
11. Ein weiteres Risiko besteht in einer zu hohen Inflationsrate, die eine Kapitalflucht auslösen
könnte, wodurch der Yen weiter abwerten würde. Dies würde wiederum die Inflation durch
teurere Energieimporte weiter erhöhen. Zudem hätten steigende Inflationsraten einen An-
stieg des Zinsniveaus zur Folge, was den Staatshaushalt stark belasten würde.
Wenn der erste Schritt - die Überwindung von Deflation und Stagnation - erfolgreich sein
sollte, stellt sich immer noch das Problem der hohen Staatsverschuldung und der jährlichen
Haushaltsdefizite. Aktuell müssen etwa 38 Prozent des japanischen Staatshaushaltes durch
neue Schulden gedeckt werden. Dieses Defizit durch wachstumsinduzierte
Steuermehreinnahmen, Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen abzubauen, ist bereits
sehr anspruchsvoll. Daher ist es sehr fraglich, ob Haushaltsüberschüsse zum Abbau der
Staatsverschuldung erzielt werden können. Auch dadurch könnte die Bank of Japan
gezwungen sein, ihr Aufkaufprogramm für Staatsanleihen so lange aufrecht zu erhalten, bis
die reale Schuldenlast durch Inflation ausreichend gesenkt ist.
Nach den Anfangserfolgen der Abwertung - der Yen wurde seit der Wahl Abes zum
Parteichef 20 Prozent abgewertet - und den gestiegenen Inflationserwartungen sowie den
Rückschlägen
12. Idurch gestiegene Zinsen nach Bekanntgabe des Inflationsziels von zwei Prozent durch die
Bank of Japan und enttäuschenden Strukturmaßnahmen sind die Erfolgschancen von
Abenomics schwer zu beurteilen. Diese Unsicherheit spiegelt auch die aktuell hohe
Volatilität an den japanischen Aktienmärkten wider.
Trotz des starken Kursanstiegs von 25 Prozent seit Jahresbeginn sind die Aktien nach der
Kurskorrektur - Mitte Mai lagen die Unternehmenstitel noch 50 Prozent über ihrem
Jahresanfangsniveau - relativ zu ihrer Historie günstig bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis
(KGV) liegt etwa 40 Prozent und das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) gut 30 Prozent unter
dem langfristigen Durchschnitt. Die KGV-Schätzung für Ende 2013 liegt bei 13. Im Vergleich
zu den USA sind die japanischen Aktien auf Basis des KGV leicht und auf Basis des KBV
deutlich günstiger bewertet. Ähnlich sieht es bei japanischen Immobilien aus, deren
Mietrendite deutlich über der Rendite bei japanischen Staatsanleihen liegt. Die
Mietrenditen für Apartments liegen zwischen fünf Prozent und 6,5 Prozent sowie zwischen
3,5 Prozent und vier Prozent für Büroimmobilien.
Für den japanischen Yen sind wir kurzfristig neutral und langfristig - wegen der massiven
Ausweitung der monetären Basis - negativ eingestellt. I
ABBILDUNG 8: ENTWICKLUNG VON YEN, NIKKEI UND ANLEIHERENDITEN
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
"Rendite 10-jähriger Staatsanleihen (linke Achse) " Nikkei Index (rechte Achse)
190
170
150
130
110
90
Wechselkurs Yen zu US-Dollar (rechte Achse)
13. Aug 12 Sep 12 Okt 12 Nov 12 Dez 12 Dez 12 Jan 13 Feb 13 Mrz 13 Apr
13 Mai 13 Mai 13 Jun 13
Quelle: Bloomberg
Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein zuverlässiger Indikator für zukünftige
Entwicklungen.
Finanzinstrumente oder Indizes können in Fremdwährungen notiert sein. Deren Renditen
können daher auch aufgrund von Währungsschwankungen steigen oder fallen.
BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart
Amtsgericht Stuttgart HRA 738
Persönlich haftende Gesellschafter:
Dr. Volker Gerstenmaier, Mario Caroli
Ihr Ansprechpartner: Michael Beck
Leiter Portfolio Management
Telefon 0711/2148-242, Telefax 0711/2148-250
Michael.Beck@privatbank.de
Redaktion:
Patrick Nass
Fondsmanager bei ELLWANGER & GEIGER Privatbankiers www.privatbank.de/kapitalmarkt
Die Darstellungen geben die aktuellen Meinungen und Einschätzungen zum Zeitpunkt der
Erstellung dieses Dokuments wieder. Sie können ohne Vorankündigung angepasst oder
geändert werden. Die enthaltenen Informationen wurden sorgfältig geprüft und
zusammengestellt. Eine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit kann nicht übernommen
werden. Die Informationen sind keine Anlageberatung, Empfehlung oder Finanzanalyse. Für
individuelle Anlageempfehlungen und umfassende Beratungen stehen Ihnen die Berater
unseres Hauses gerne zur Verfügung. Die Urheberrechte für die gesamte inhaltliche und
graphische Gestaltung liegen beim Herausgeber und dürfen gerne, jedoch nur mit
schriftlicher Genehmigung, verwendet werden.
Ergänzende Hinweise:
(1) Angaben zur steuerlichen Situation sind nur allgemeiner Art. Für eine individuelle
Beurteilung der für Sie steuerlich relevanten Aspekte und ggf. abweichende Bewertungen
sollten Sie Ihren Steuerberater hinzuziehen.
(2) Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein zuverlässiger Indikator für zukünftige
Entwicklungen.
(3) Finanzinstrumente oder Indizes können in Fremdwährungen notiert sein. Deren
Renditen können daher auch aufgrund von Währungsschwankungen steigen oder fallen.
14. DIE BESTE STRATEGIE. MASSGESCHNEIDERTE FINANZIERUNGEN.
Konditionen sind bei Finanzierungen wichtig, doch entscheidend ist das richtige Konzept.
Tilgungsvarianten, Sondertilgungsoptionen, Berücksichtigung von staatlichen
Förderprogrammen - all dies macht eine gute und maßgeschneiderte Finanzierung aus.
Sprechen Sie mit unseren Beratern. Wir unterbreiten Ihnen gerne ein unverbindliches
Angebot.
. « Sie an
BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart www.privatbank.de
ELLWANGER C^&GEIGER
P R I V A T E B A N K I N G