Bitcoins und Geldwäsche, Dr. Severin Glaser, WU Wien
1. Virtuelle Währungen und Geldwäsche
Dr. Severin Glaser
BITCOIN Symposium
3.3.2015
Juridicum, Wien
Wesen und Eigenschaften
virtueller Währungssysteme
EZB, Virtual Currency Schemes (2012) 13: “a virtual currency is a type of
unregulated, digital money, which is issued and usually controlled by its
developers, and used and accepted among the members of a specific virtual
community”
Wie erlangt man virtuelle Währungseinheiten: 2 Möglichkeiten
Kauf durch „echtes“ Geld
Mitmachen bei bestimmten Aktivitäten (zB „Schürfen“)
Verbindung zu „echter“ Wirtschaft: 3 Kategorien
Keine Verbindung: Theoretisch können die virtuellen Währungseinheiten nur
zum Kauf virtueller Güter benützt werden; virtuelle Währungseinheiten
können in der „echten“ Welt nicht gekauft oder verkauft werden (zB World of
Warcraft Gold)
Einseitige Verbindung: Virtuelle Währungseinheiten können zwar mit
„echtem“ Geld zu einem bestimmten Preis gekauft werden, sind dann aber
(meistens) nur zum Kauf virtueller Güter geeignet; ein Verkauf der virtuellen
Währungseinheiten gegen „echtes“ Geld ist nicht möglich (zB Facebook
Credits, Vielfliegerprogramme)
Beidseitiges Austauschverhältnis: Virtuelle Währungseinheiten sind
wirtschaftlich jeder anderen konvertiblen Währung vergleichbar (zB Bitcoins)
FUßZEILESEITE 2
2. Einige besondere
Eigenschaften von Bitcoins
Bitcoin = nur Kette digitaler Signaturen
Keine physische Existenz
Speicherung in einer digitalen Brieftasche in einem physischen
Speichermedium
Speicherung anonym
Accounts nicht registriert
Bitcoinübertragung erfolgt direkt von Computer zu Computer
Peer-to-peer Netzwerk, keine zentrale Verwahrsstelle oä (clearing
house)
Transaktionen zwischen 2 Usern werden zwar an das Netzwerk
gesendet (Vermeidung der mehrfachen Verwendung desselben
Bitcoins), aber:
Keinerlei Informationen über die involvierten Parteien
Netzwerk (dh andere Computer) kann Transaktion verifizieren
(Bitcoin X wird von digitaler Brieftasche A an Brieftasche B
übertragen)
FUßZEILESEITE 3
Wie funktioniert Geldwäsche?
Ziel: Illegale Herkunft des Geldes soll verschleiert und dadurch
vor staatlichem Zugriff gesichert werden. Schwarzgeld soll
verwendbar werden.
Vortat erwirtschaftet Geld
1)Platzierung (placement): physische Einschleusung von Bargeld
ins Finanzsystem, Bargeld soll zu Buchgeld werden
2)Schichtung (layering): Unkenntlichmachung der Herkunft durch
komplexe Finanzgeschäfte zwischen verschiedenen Staaten
sollen Verfolgung des Geldes schwieriger machen
3)Reintegration (reintegration): gewaschene Gelder werden in
nach Außen hin sichtbares Vermögen umgewandelt
3. Geldwäscheeignung virtueller
Währungen
Die Anonymität der Transaktionen mit virtuellen
Währungen (insb. Bitcoins) macht die Nachverfolgbarkeit
des paper trails fast unmöglich: Hervorragende Eignung
für Schichtungsphase
Fehlen geeigneter Sorgfaltspflichten bzw
Kundenüberwachung: Hervorragende Eignung für
Einbringungsphase
Optimalerweise können die Gewinne aus der kriminellen
Vortat direkt in Form digitaler Währungen lukriert werden
(zB Bestechungsgelder)
FUßZEILESEITE 5
Geldwäschebekämpfung und
virtuelle Währungen
Geldwäscheprävention: Bestimmte Wirtschaftsteilnehmer (zB Banken, WT, RA)
werden und Androhung von Verwaltungsstrafen (va) zu bestimmten Sorgfalts- und
Meldepflichten in Bezug auf ihre Kunden/Klienten gezwungen
3. Geldwäsche-RL erfasst „andere natürliche oder juristische Personen, die mit
Gütern handeln, soweit Zahlungen in bar in Höhe von € 15.000,- oder mehr
erfolgen“ (Art 2 Abs 1 lit e)
Vorschlag zur 4. Geldwäsche-RL enthält nur Regeln für „andere natürliche oder
juristische Personen, die gewerblich mit Gütern handeln“ (Art 2 Abs 1 Z 3 lit e)
Endgültige Fassung der 4. Geldwäsche-RL nicht auf Gewerblichkeit beschränkt und
insoweit fast identisch mit 3. Geldwäsche-RL (Art 2 Abs 1 Z 3 lit e)
Ö: Bislang keine geeigneten Regelungen (nur für Gewerbetreibende)
FATF Empfehlung 14: ”Countries should take measures to ensure that natural or
legal persons that provide money or value transfer services (MVTS) are licensed or
registered, and subject to effective systems for monitoring and ensuring
compliance with the relevant measures called for in the FATF Recommendations.”
FATF Empfehlung 15: Prüfung der Geldwäscherisiken neuer Technologien oder
Produkte und ggf Ergreifung von Maßnahmen
Geldwäscherepression: § 165 StGB
FUßZEILESEITE 6
4. Vermögensbestandteile
Bezugspunkt jeder Geldwäscherei (objektbezogen und
subjektbezogen)
Keine Legaldefinition im ö Strafrecht
Art 3 Abs 3 3. Geldwäsche-RL bzw Art 3 Abs 3 4. Geldwäsche-RL
definieren „Vermögensgegenstand“: „Vermögenswerte aller Art, ob
körperlich oder nichtkörperlich, beweglich oder unbeweglich,
materiell oder immateriell, und Rechtstitel oder Urkunden in jeder,
einschließlich elektronischer oder digitaler Form, die das
Eigentumsrecht oder Rechte an solchen Vermögenswerten belegen“
Entsprechendes strafrechtliches Verständnis: Nicht nur körperliche
Sachen, sondern auch Forderungen und andere Rechte mit
Vermögenswert
Wesentliches Merkmal: Übertragbarkeit
Bitcoins:
Übertragbar
Vermögenswert
Rechte?
FUßZEILESEITE 7
Objektbezogene Geldwäscherei
(§ 165 Abs 1 und 2 StGB)
Geldwäscherei begründende Vortat
Vermögensbestandteile, die aus Vortat
herrühren (§ 165 Abs 5 StGB)
entweder Verbergen, Herkunft verschleiern
-> Eigengeldwäsche möglich
oder – wissentlich (bei Bitcoins unwahrscheinlich!)
– an sich bringen, Verwahren, Anlegen,
Verwalten, Umwandeln, Verwerten, an
Dritten übertragen
-> Eigengeldwäsche nicht möglich
5. Eigengeldwäsche
Vortäter als Geldwäscher
bis Juni 2010: nicht tatbestandsmäßig
Rüge durch FATF
nunmehr Unterscheidung:
- Verbergen/Verschleiern der Herkunft: strafbar
- Handlungen nach Abs 2: nicht strafbar
Subjektbezogene Geldwäscherei
(§ 165 Abs 3 StGB)
Vermögensbestandteile
unter Verfügungsmacht von
entweder einer kriminellen Organisation
(§ 278a StGB)
oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB)
in deren Interesse
wissentlich (bei Bitcoins unwahrscheinlich!) an sich
bringen, Verwahren, Anlegen, Verwalten,
Umwandeln, Verwerten, an Dritten übertragen
6. Strafanwendungsrecht bei
Geldwäscherei
Hauptfall: Territorialitätsprinzip (§ 62 StGB)
Basiert auf Einheitstheorie zur Tatortbestimmung (§ 67 Abs 2 StGB)
Ort, an dem der (unmittelbare, Bestimmungs- oder Beitrags-)Täter
gehandelt hat oder handeln hätte sollen (Unterlassung, Versuch):
Handlungsort
Ort, an dem der tatbildmäßige Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist
oder eintreten hätte sollen: Erfolgsort
Nur bei Erfolgsdelikten gibt es einen Erfolgsort iSd Einheitstheorie
Geldwäscherei ist kein Erfolgsdelikt, sondern ein schlichtes
Tätigkeitsdelikt
Nur der Handlungsort zählt daher, wo ggf eine Bereicherung oä eintritt
ist irrelevant
Wichtige Sonderregel: Vortat der Geldwäscherei wurde im Inland
begangen (§ 64 Abs 1 Z 8 StGB)
Dann spielt der Tatort keine Rolle
Weitere Anknüpfungsprinzipien nach Flaggenprinzip, aktivem
Personalitätsprinzip (Täter Österreicher) und stellvertretender
Strafrechtspflege
FUßZEILESEITE 11
Fazit
Faktisch bieten Bitcoins gute Möglichkeiten,
Geldwäsche zu betreiben
Geldwäschepräventionsmaßnahmen bestehen
bislang kaum, dringender Aufholbedarf
Strafbarkeit nach § 165 StGB hängt von
Qualifizierung als Recht ab, mE aber zu bejahen
Wissentlichkeitskriterium wird bei Geschäften unter
Fremden Geldwäschestrafbarkeit nach § 165 Abs 2
und 3 StGB im Normalfall verhindern
Bedingter Vorsatz genügt nur bei „Verbergen“ und
„Verschleiern der Herkunft“ nach § 165 Abs 1 StGB
Große Relevanz va für Eigengeldwäsche
Wie bei jeder Geldwäsche ggf schwierige Prüfung
der Anwendbarkeit der österreichischen Strafgesetze
FUßZEILESEITE 12
7. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Fragen & Anmerkungen?
severin.glaser@wu.ac.at