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WISSENSCHAFT & AUSBILDUNG
           Theorie & Praxis




      IDENTITÄTSORIENTIERTES
         KOMMUNIKATIONS-
           MANAGEMENT

     TEXT: Markus Niederhäuser und Nicole Rosenberger *



                                                            Vorstandsvorsitzender der Bahn, spricht          Wer das auf eine „verzerrte Wahrneh-
       1
             Einleitung                                     in der Broschüre von einer „verzerrten       mung“ reduziert, postuliert aber nichts
                                                            Wahrnehmung“. Einerseits gehöre die DB       anderes, als dass über eine bessere Kom-
         „Das Auto fährt preiswerter als die                in vielen Bereichen weltweit zu den er-      munikation die Images und damit die
     Bahn.“ Im November 2009 publizierte                    folgreichsten ihrer Branche, andererseits    Reputation in den gewünschten Bereich
     die Deutsche Bahn (DB) eine Informati-                 würden immer wieder Negativthemen die        zu steuern wären. Leider ist die Realität
     onsbroschüre mit dem vielsagenden Titel                Wahrnehmung des Unternehmens ver-            in der Regel komplizierter: Das Ausein-
     „Fakten. Informationen für Journalisten“.              fälschen. Wer die Position der Deutschen     anderklaffen von Fremdbild (Images,
     Darin werden 20 der „beliebtesten Vor-                 Bahn in den Reputationsrankings der          Reputation) und Selbstbild (Identität) ist
     urteile über die Bahn“ mit „Fakten“ kon-               vergangenen Jahre betrachtet, stellt fest,   selten nur das Ergebnis ungenügender
     trastiert. Rüdiger Grube, seit Mai 2009                dass das Unternehmen in der Tat kritisch     Kommunikation. Images bilden sich
                                                            wahrgenommen wird. So rangierte der          nämlich nicht nur über Kommunikation,
                                                            Konzern im Jahr 2008 auf den Heimat-         sondern auch über andere Manifestatio-
                                                            markt bezogen mit einem Reputations-         nen der Identität – an erster Stelle über
     * Markus Niederhäuser ist Dozent und Berater für Or-   wert von 32,44 Punkten auf dem 32. Platz     das Leistungsangebot des Unternehmens
       ganisationskommunikation. Er leitet den Executive-   und im Jahr 2009 nur leicht verbessert       und das Verhalten der Mitarbeiter.
       Master-Studiengang Communication Management
       and Leadership des IAM Instituts für Angewandte      auf dem 31. (37,93 Punkte).1) Offenbar           Wer den Weg der Deutschen Bahn
       Medienwissenschaft der ZHAW Zürcher Hochschule       existieren bei verschiedenen Stakehol-       vom trägen Staatsbetrieb zum unterneh-
       für Angewandte Wissenschaften.                       dergruppen negative Vorstellungsbilder       merisch geführten, börsentauglichen Mo-
      Nicole Rosenberger ist Dozentin und Beraterin für     (Images) von der DB, die in entsprechen-     bilitäts- und Logistikkonzern verfolgt hat,
      Organisationskommunikation. Sie leitet die Weiter-
      bildung des IAM Instituts für Angewandte Medien-      den Untersuchungen zu einem niedrigen        erkennt rasch, dass hier ein Unterneh-
      wissenschaft der ZHAW.                                Reputationswert führen.                      men seine Identität zuerst neu finden



58   prmagazin 01/2011
muss. Dass die sich wandelnden Iden-           des identitätsorientierten Kommunika-          Zusammenhang zwischen Unternehmens-
titäten Inkonsistenzen aufweisen und in        tionsmanagements. Es vereinigt und in-         politik und Identität lässt sich dem-
der Übergangsphase Irritationen bei den        tegriert bestehende Konzepte aus PR,           nach folgendermaßen beschreiben: Un-
Stakeholdern auslösen können, liegt auf        Marketing und Branding sowie die Er-           ternehmen konstituieren sich über die
der Hand. Eine unklare Identität aber          fahrungen von praxiserprobten Kommu-           Definition der zu erfüllenden Aufgabe
führt regelmäßig zu Image- und Reputati-       nikationsmanagern. Das Modell dient            und damit über unternehmenspolitische
onswerten, welche die Wettbewerbsfähig-        gleichzeitig als Analyseinstrument und         Entscheidungen. Die Unternehmenspoli-
keit der betroffenen Unternehmen beein-        Handlungsanleitung, wie Kommunika-             tik schafft dementsprechend die Basis für
trächtigen können.                             tionsmanagement als Teil des Identitäts-       die Identität. Der Aufbau einer Identität
                                               managements zu verstehen und zu betrei-        und damit deren Manifest- und Erlebbar-
                                               ben ist. Im Folgenden wird es schrittweise     Werden geschieht allerdings erst durch
      Didaktisches Modell                      entwickelt und beschrieben.2)                  die Austauschbeziehungen zwischen dem
 2
      entwickelt                                                                              Unternehmen und den internen und ex-
                                                                                              ternen Bezugsgruppen – und zwar über
     Die Abhängigkeiten und Wechselwir-              Identität konstituiert sich              die oben genannten Dimensionen.
                                                3
kungen von Unternehmensidentität und                 in vier Dimensionen                           Dem Kommunikationsmanagement,
-images – beziehungsweise von Selbst- und                                                     verstanden als Steuerung der kommuni-
Fremdbild – sind seit Jahrzehnten Thema            Aus systemtheoretischer Sicht erzeu-       kativen Beziehungen zwischen dem Un-
der Organisations- und Kommunikations-         gen Unternehmen ihre Identität durch           ternehmen und seinen relevanten Be-
forschung. Das bislang bekannteste und am      das Setzen einer Systemgrenze, durch die       zugsgruppen, kommt dabei eine doppelte
meisten zitierte ist das Corporate-Identity-   sie sich von ihrer Umwelt abheben und          Rolle zu. Unternehmenskommunikation
Modell von Birkigt et al. (2002). Sie defi-    zu etwas von der Umwelt Unterscheidba-         ist zum einen selbst Ausdruck und damit
nieren Corporate Identity als „strategisch     rem werden. Die Abgrenzung von ande-           Träger spezifischer Identitätsmerkmale,
geplante und operativ eingesetzte Selbst-      ren Systemen geschieht zum einen über          zum anderen hat sie eine unterstützende
darstellung und Verhaltensweise eines Un-      die Definition und die spezifische Lösung      Funktion bei der Entwicklung, Umset-
ternehmens nach innen und außen auf            der Aufgabe, zu deren Erfüllung sich das       zung und Vermittlung der Identität nach
Basis einer festgelegten Unternehmens-         System konstituiert, zum anderen über          innen und außen. Die Kommunikation
philosophie, einer langfristigen Unterneh-     die Gestaltung der Austauschbeziehun-          des Selbstverständnisses nach innen stif-
menszielsetzung und eines definierten          gen mit der Umwelt. Denn die Umwelt ist        tet Orientierung und Sinn, die Vermitt-
Soll-Images“ (Birkigt et al. 2002, S. 59).     Abnehmerin der Produkte, die bei der           lung nach außen schafft Transparenz,
     Im Kern der Corporate Identity steht      Aufgabenerfüllung entstehen (Output)           Akzeptanz und Vertrauen.
die Unternehmenspersönlichkeit, die sich       und zugleich Lieferantin von Ressourcen             Da die Kommunikation mit den ver-
einerseits aus Zweck und Zielsetzungen des     (Input), die im internen Transformations-      schiedenen Stakeholdern in regelmäßigem
Unternehmens, andererseits aus der Rolle       prozess zur Aufgabenerfüllung führen.          Austausch steht, ist es ihre Aufgabe zu
in Markt und Gesellschaft ergibt. Diese Per-       Unternehmen definieren ihre Aufgabe        überprüfen, ob die Stakeholder die Iden-
sönlichkeit kann sich mittels der Instru-      und deren Gestaltung relativ abstrakt auf      tität akzeptieren und ob definierte und
mente Verhalten (Corporate Behaviour),         der Ebene der Unternehmenspolitik mit-         reale Identitätsmanifestation übereinstim-
Kommunikation (Corporate Communica-            tels Vision, Zweck, Strategie und Werten.      men. Damit leistet das identitätsorientierte
tions) und Erscheinungsbild (Corporate         Die Umsetzung dieser Politik ist auf Men-      Kommunikationsmanagement einen we-
Design) verwirklichen. Der „Identitäts-Mix“    schen angewiesen, die unter einem Unter-       sentlichen Beitrag zur Wertschöpfung: In-
ist „Medium und Kanal für die Vermittlung      nehmensnamen bestimmte Produkte her-           tern optimiert es den Ressourceneinsatz
der Unternehmenspersönlichkeit“ gegen-         stellen und vertreiben. Die Identität wird     und stärkt die Identifikation und damit
über internen und externen Zielgruppen.        damit erst in der Umsetzung der unter-         die Motivation der Mitarbeiter, extern ver-
Die Vermittlung führt zum Corporate            nehmenspolitischen Vorgaben manifest.          schafft es dem Unternehmen ein klares
Image als „Spiegelbild der Corporate           Unternehmensidentität konstituiert sich        Profil und leistet damit einen Beitrag zur
Identity“ (Birkigt et al. 2002, S. 19-23).     im Modell des identitätsorientierten Kom-      Stärkung der Reputation.
     Wie nun Kommunikation die Iden-           munikationsmanagements über die Reali-
titätsbildung und -pflege beeinflusst und      sierung der Unternehmenspolitik in den
unterstützt, kam bei diesem Ansatz und         folgenden vier Identitätsdimensionen:                Identität wird in Steuerungs-
                                                                                               4
dessen Ableitungen bislang zu wenig zum            Leistungsangebot,                                instrumenten konkretisiert
Tragen. Die Autoren des vorliegenden               Verhalten der Mitarbeiter,
Beitrags orientierten sich an diesem Be-           multisensorische Symbole,                      Im Modell des identitätsorientierten
dürfnis und entwickelten während ihrer             Unternehmenskommunikation.                 Kommunikationsmanagements wird die
Dozenten-, Beratungs- und Forschungs-                                                         Unternehmensidentität abgeleitet aus der
tätigkeit an der Zürcher Hochschule für            Die Kombination der verschiedenen          Unternehmenspolitik (Vision, Mission,
Angewandte Wissenschaften (ZHAW)               Merkmale dieser Identitätsdimensionen          Werte, Strategie) und manifestiert sich
ein eigenes Modell, das als didaktisches       macht schließlich die spezifische, im Ideal-   in einem spezifischen Leistungsangebot,
Instrument zu verstehen ist: das Modell        fall unverwechselbare Identität aus. Der       im Verhalten der einzelnen Organisa-



                                                                                                                   01/2011 prmagazin         59
WISSENSCHAFT & AUSBILDUNG
                   Theorie & Praxis




        tionsmitglieder, in einem bestimmten                    Die aus der Unternehmenspolitik                        Realisierung der Unternehmenspolitik in
        Auftritt – vermittelt über multisenso-              abgeleitete Identität wird in verschiede-                  den vier Identitätsdimensionen.
        rische Symbole – und in einer spezi-                nen Steuerungsinstrumenten konkreti-                           Die gezielte gegenseitige Abstimmung
        fischen Kommunikation. Über diese                   siert:                                                     der vier Identitätsdimensionen respek-
        Dimensionen vermitteln Unternehmen,                     Marketingkonzept,                                      tive ihrer Manifestationen führt zu einer
        sobald sie als Handelnde auftreten, ihre                Verhaltensrichtlinien,                                 konsistenten und kongruenten Identität,
        Identität.                                              Symbolhandbuch,                                        die mittels eindeutiger Merkmale wahr-
            Die Identitätsmanifestationen wer-                  Kommunikationskonzept.                                 nehmbar ist. Identitätsmanagement zielt
        den über Steuerungsinstrumente geführt                                                                         auf eine unverwechselbare und kohärente
        und definiert. Da die Ergebnisse der Um-                Diese Instrumente steuern die Um-                      Kombination der Identitätsdimensionen
        setzung der Steuerungsinstrumente teil-             setzung der Unternehmenspolitik in die                     ab, die auch mit der Unternehmenspolitik
        weise von der Planung abweichen, wird               Identitätsmanifestationen und besitzen                     übereinstimmt.
        im Modell zwischen definierten und                  damit eine Scharnierfunktion. Unterneh-
        realen Manifestationen unterschieden.               mensidentität umfasst im vorliegenden
        Mit definierten Manifestationen wird die            Modell sowohl die Steuerungsinstru-                              Identität als Ergebnis von
                                                                                                                        5
        angestrebte, ideale Realisierung der Un-            mente als auch die definierten und realen                        Ableitungs-, Abstimmungs-
        ternehmenspolitik in den vier Identitäts-           Manifestationen in den vier Identitäts-                          und Umsetzungsprozessen
        dimensionen bezeichnet. Dabei können                dimensionen Leistungsangebot, Verhal-
        einzelne Identitätsdimensionen oder die             ten, Symbole und Kommunikation. Von                            Die Umsetzung von Unternehmens-
        Identität als Ganzes explizit definiert             definierter Identität hingegen wird ge-                    politik in Identität verläuft über verschie-
        sein, oder sie ergeben sich implizit aus            sprochen, wenn lediglich die Steuerungs-                   dene Prozesse. Als Ableitungsprozesse
        der Unternehmenspolitik. Reale Mani-                instrumente und die definierten Mani-                      werden im Modell die Übersetzung der
        festationen hingegen bezeichnen die tat-            festationen gemeint sind. Sie bezeichnet                   Unternehmenspolitik in die Steuerungs-
        sächliche Umsetzung der Unternehmens-               damit die autorisierte und meist explizit                  instrumente bezeichnet. Abstimmungs-
        politik in den Identitätsdimensionen.               kommunizierte Vorstellung der idealen                      prozesse hingegen haben die Aufgabe,
                                                                                                                       die Identitätsdimensionen untereinander
     Abbildung 1
                                                                                                                       zu koordinieren, während die Realisie-
                                                                                                                       rung der Steuerungsinstrumente mittels
        DEFINIERTE IDENTITÄT UND                                                                                       Umsetzungsprozessen geführt wird (siehe
        DEREN PROZESSE                                                                                                 Abbildung 1).
                                                                                                                           Die Austauschbarkeit von Produkten
                    Elemente                 Steuerungsinstrumente Definierte Manifestationen                          und Dienstleistungen und die Flut von
                                                                                                                       Informationen, mit denen die Stakehol-
                     Mission                   Marketingkonzept            Leistungsangebot                            der heute konfrontiert sind, führen dazu,
                                 Identität
         Politik




                      Vision                  Verhaltensrichtlinien           Verhalten                                dass das alleinige Kommunizieren des
                                                                                                                       Leistungsangebots nicht mehr ausreicht,
                      Werte                     Symbolhandbuch                 Symbole                                 um sich im Aufmerksamkeitswettbewerb
                                               Kommunikations-                                                         durchzusetzen. Die Vermittlung der spe-
                     Strategie                                             Kommunikation
                                                                                                  Eigene Darstellung




                                                  konzept                                                              zifischen Identität stellt sicher, dass sich
                                                                                                                       das Unternehmen von anderen diffe-
                                                                                                                       renziert und damit überhaupt wahrge-
          Ableitungsprozesse                 Abstimmungsprozesse         Umsetzungsprozesse


60      prmagazin 01/2011
nommen und akzeptiert werden kann.             tungen von Absatz-, Kapital- und Personal-
Während Identitätskommunikation die            markt sowie über den politischen Mei-                                KOMMUNI-
spezifische Umsetzung von Produkt-,
Kommunikations-, Verhaltens- und Sym-
                                               nungsmarkt (vgl. Szyszka 2008, S. 252). Die
                                               gesamtgesellschaftliche Arena ist der wich-
                                                                                                                    KATIONSARENA
bolpolitik nach innen und außen trägt,         tigste Meinungsraum, denn sie beobachtet
verdichtet und spitzt die Marke diese          die Meinungsbildungen in den anderen                                            Reputation
Identität als kommunikatives Verspre-          Arenen und prägt diese wesentlich mit. Aus                                          Images
chen zu. Die Marke entspricht damit der        diesem Grund fokussiert das vorliegende
angestrebten Positionierung.                   Modell des identitätsorientierten Kommu-                                          Kapitalgeber
     Wie Differenzierung über Identität        nikationsmanagements auf die gesamtge-                                              Kunden
und eine entsprechende Identitätskom-          sellschaftliche Kommunikationsarena.




                                                                                                                     Medien
                                                                                                                                 Mitarbeiter
munikation gelingen kann, zeigt Apple              Akteure der gesamtgesellschaftlichen
exemplarisch. Das Leistungsangebot ist         Kommunikationsarena sind neben den                                             Öffentlichkeit/NPO
zweifellos innovativ, das Verhalten der        Medien die verschiedenen Bezugsgrup-                                                 Staat
Mitarbeiter jugendlich cool, die Symbolik      pen, beispielsweise Kunden, Kapitalgeber
(zum Beispiel das Design) stringent ge-        und Mitarbeiter. Interaktionen zwischen                                           Lieferanten




                                                                                               Eigene Darstellung
führt und ästhetisch überzeugend. Auf          Unternehmen und Bezugsgruppen fin-                                                Konkurrenz
dieser Basis hat Apple eine Kommunika-         den auf vielfältige Weise statt und können
tionsstrategie entwickelt, die zurzeit welt-   als Austauschprozesse bezeichnet wer-
weit einzigartig ist. Klassische PR in Form    den: über Transaktionen von Ressourcen                                                           Abbildung 2
von Pressemitteilungen oder Messeauf-          und Produkten, mittels institutionalisier-
tritten wird kaum betrieben, dafür wird        ter Unternehmenskommunikation und
um die Innovationen herum ein gezielter,       via interpersonaler Kommunikation zwi-          Vertrauenswürdigkeit“ (Eisenegger 2005,
nervöser Erwartungsdruck aufgebaut, der        schen einzelnen Organisationsmitgliedern        S. 24). Dabei werden die verschiedenen
sich regelmäßig in den Medien entlädt.         und konkreten Akteuren.                         Images zu einem Gesamtwert des An-
     Gearbeitet wird dabei mit verschie-           Die Bezugsgruppen bilden meist stark        sehens aggregiert. Die Konstrukte Image
denen Mitteln: Personalisierungsstrategie      vereinfachte, typisierte und stabile Vorstel-   und Reputation und die in der Kommuni-
mit CEO Steve Jobs als Mischung von            lungsbilder von Unternehmen aus (vgl.           kationsarena kondensierten Meinungen
Messias und Popstar, Geheimniskrämerei         Bergler 2008, S. 328ff.). Diese Images wer-     zu relevanten Themen beeinflussen auf
um die Innovationen gepaart mit geziel-        den geprägt durch direkte Erfahrungen           je spezifischen Ebenen und unter unter-
ten „Leakages“, Aufbau und Pflege einer        mit konkreten Produkten und Organisa-           schiedlichen Perspektiven die Außen-
Fankultur. Solange Apple die Innovations-      tionsmitgliedern, durch öffentliche und         wahrnehmungen von Unternehmen. Diese
führerschaft innehat, kann auch diese          nicht öffentliche Kommunikation über das        wirken zudem gegenseitig aufeinander
Kommunikationsstrategie funktionieren.         Unternehmen sowie durch institutionelle         ein.
Apple gelingt es derzeit wie keiner ande-      Unternehmenskommunikation.
ren Firma, die vier Dimensionen ihrer              Medien sind eine Bezugsgruppe neben
Identität stringent aufeinander abzustim-      anderen, sie beeinflussen in ihrer Funk-                             Vertrauen entsteht
                                                                                                              7
men und nach außen hin über professio-         tion als Gestalter der öffentlichen Kommu-                           durch klare Identität
nell geführte Identitäts- und Markenkom-       nikation und damit als Mittler auch die
munikation sichtbar zu machen.                 Images der anderen Bezugsgruppen. Ima-              Die Stakeholder erwarten zunächst,
                                               ges prägen Einstellungen und haben damit        dass sich ein Unternehmen so verhält,
                                               eine verhaltenssteuernde Wirkung. Ent-          wie es die definierte Identität suggeriert.
      Images bilden sich                       sprechend zielt die Unternehmenskom-            Diese Erwartungshaltung ist die Voraus-
 6
      über Austauschprozesse                   munikation darauf ab, diese aktiv mitzuge-      setzung dafür, dass die Stakeholder das
                                               stalten. Aufgrund der stark gewachsenen         Unternehmen als berechenbar und da-
    Durch die Kommunikation von und            Bedeutung der digitalen Medien und der          mit als vertrauenswürdig einstufen. Ver-
über Unternehmen konstituiert sich Öffent-     Individualisierung der Massenkommuni-           trauenswürdig kann letztlich nur sein,
lichkeit im Sinne eines Beobachtungs-          kation gelingt dies allerdings nur noch         wer zum einen fassbar ist, das heißt
raums. Dieser wird im Modell als „Kom-         bedingt. Weisen die von den verschiede-         sich durch eine klar definierte Identi-
munikationsarena“ (Zerfaß 2010, S. 195ff.)     nen Bezugsgruppen entwickelten Images           tät differenziert. Zum anderen müssen
bezeichnet. In der Arena tauschen verschie-    eine substanzielle inhaltliche Überschnei-      die Erwartungen der Stakeholder erfüllt
dene Akteure Informationen, Ansichten          dung auf und stimmen die Images im              werden.
und Bewertungen aus. Dabei können sich         Kern mit der definierten Identität überein,         Diese Erwartungen beziehen sich so-
öffentliche Meinungen ausbilden. Es gibt       dann ist die Unternehmensidentität kon-         wohl auf die Kompetenz einer Organisa-
verschiedene Kommunikationsarenen, die         zis vermittelt worden (siehe Abbildung 2).      tion, ihren Leistungsauftrag möglichst op-
sich hinsichtlich Akteur, Funktion und The-        Auch die Reputation von Unterneh-           timal zu erfüllen, als auch auf die Integrität
menfokus unterscheiden. Sie konstituieren      men bildet sich in der Kommunikations-          bezüglich des Einhaltens bestimmter Nor-
sich über die Beobachtungen und Bewer-         arena heraus, verstanden als „Ruf der           men und Werte. Denn Normen und



                                                                                                                                   01/2011 prmagazin      61
WISSENSCHAFT & AUSBILDUNG
                                     Theorie & Praxis




                          Werte prägen die Anliegen und Interessen              Sachen Qualität führende Automobilher-      sind in negativem Sinn reputationswirk-
                          der Stakeholder, die nicht immer mit den              steller Toyota jüngst eine der größten      sam, da in diesem Fall die Erwartungen
                          Zielen des Unternehmens vereinbar sind.               Rückrufaktionen seiner Geschichte star-     der Bezugsgruppen nicht erfüllt werden.
                          Kompetenz und Integrität sind zwei zen-               ten musste, so kollidieren hier der defi-   Größere Verschiebungen zwischen den
                          trale Kriterien für die Reputationsbildung            nierte und kommunizierte Qualitätsan-       beiden Ebenen müssen denn auch mittels
                          (vgl. Eisenegger 2005, S. 37-44).                     spruch mit den realen Leistungen.           Change Management angegangen wer-
                              Ein Unternehmen wird nicht nur an                     Zentraler Treiber der erfolgreichen     den. Der Kommunikation kommt dabei
                          der Adäquatheit seiner definierten Iden-              Umsetzung der definierten Identität ist     eine den Wandel unterstützende Funk-
                          tität gemessen, sondern auch daran, ob                die Unternehmenskultur. Sie umfasst die     tion zu.
                          diese im effektiven Agieren umgesetzt                 unbewussten, kollektiven Annahmen und           Die Austauschprozesse zwischen Un-
                          wird, das heißt ob definierte und reale               Wertvorstellungen der Organisationsmit-     ternehmen und ihren Bezugsgruppen
                          Identitätsmanifestationen kongruent sind.             glieder.3) Da diese Muster die Haltung      werden grundsätzlich über alle vier Iden-
                          Eine größere Diskrepanz zwischen defi-                und das Verhalten der Mitarbeiter stark     titätsdimensionen geführt. Das physische
                          nierten und realen Manifestationen führt              prägen, begrenzt die Unternehmenskultur     Produkt in der Hand des Kunden, das
                          zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit (cre-             den möglichen Gestaltungsraum von Un-       Verhalten der Mitarbeiter am Point of
                          dibility gap) und an Reputation.                      ternehmenspolitik und Identität. Die Im-    Sale, die Architektur des Firmengebäu-
                              Zwei Beispiele: Da der britische Erdöl-           plementierung und Realisierung der in der   des, die Medienmitteilung zum Rücktritt
                          konzern BP sich in den vergangenen Jah-               Unternehmenspolitik festgelegten Werte      des CEO: Sie alle sind Teil der Austausch-
                          ren als nachhaltige, ökologisch sensible              und Zielsetzungen kann nur gelingen,        prozesse und damit image- und reputa-
                          Firma definierte, musste die Ölkatas-                 wenn sie diesen kollektiven Einstellungen   tionswirksam. Die spezifische Rolle der
                          trophe im Golf von Mexiko für die Re-                 nicht zuwiderlaufen (siehe Abbildung 3).    Identitätsdimension Kommunikation für
                          putation von BP besonders dramatische                     Gravierende Diskrepanzen zwischen       die Schaffung der immateriellen Werte
                          Auswirkungen haben. Und wenn der in                   definierten und realen Manifestationen      Image und Reputation besteht primär
                                                                                                                            darin, die Konkretisierung der Unter-
                                                                                                                            nehmenspolitik in eine definierte Iden-
     Abbildung 3                                                                                                            tität kommunikativ zu begleiten und
                                                                                                                            diese nach innen und außen sichtbar zu
                                                                                                                            machen.
                          DEFINIERTE UND REALE                                                                                  Neben einer eindeutigen Positionie-
                          IDENTITÄTSMANIFESTATIONEN                                                                         rung des Unternehmens über die Marke
                                                                                                                            kommt der Kommunikation dann aber
                                                                  Unternehmen              Reale Manifestationen            auch die Aufgabe zu, mittels Dialog
                                     Elemente                 Steuerungsinstrumente Definierte Manifestationen
                                                                                                                            mit den Stakeholdern und mittels Issues
                                                                                                                            Management die von außen an das
                                      Mission                   Marketingkonzept           Leistungsangebot                 Unternehmen gestellten Erwartungen in
                                                  Identität




                                                                                                                            Bezug auf Kompetenz und Integrität zu
                           Politik




                                       Vision                  Verhaltensrichtlinien           Verhalten                    erheben und in die Unternehmensleitung
                                       Werte                     Symbolhandbuch                Symbole                      hineinzuspielen. Diese hat anschließend
     Eigene Darstellung




                                                                                                                            zu entscheiden, ob und, wenn ja, auf
                                      Strategie                 Kommunikations-            Kommunikation                    welcher Ebene (Unternehmenspolitik,
                                                                   konzept
                                                                                                                            definierte Identität, reale Manifestatio-
                                                                      Kultur


62                        prmagazin 01/2011
DAS MODELL DES IDENTITÄTSORIENTIERTEN
                     KOMMUNIKATIONSMANAGEMENTS
                                                                                                                    Umfeld

                                                            Unternehmen                                                          Kommunikationsarena

                                                                                       Reale Manifestationen
                                                                                                                                           Reputation

                                Elemente                Steuerungsinstrumente Definierte Manifestationen                                       Images

                                                                                                                                             Kapitalgeber
                                Mission                   Marketingkonzept             Leistungsangebot
                                                                                                                                               Kunden
                                            Identität
                      Politik




                                 Vision                  Verhaltensrichtlinien             Verhalten




                                                                                                                                 Medien
                                                                                                                                             Mitarbeiter
                                                                                                                                          Öffentlichkeit/NPO
                                 Werte                     Symbolhandbuch                  Symbole
                                                                                                                                                Staat
                                Strategie                 Kommunikations-              Kommunikation
                                                             konzept                                                                         Lieferanten
                                                                                                                                             Konkurrenz
                                                                Kultur
Eigene Darstellung




                     Ableitungsprozesse                 Abstimmungsprozesse          Umsetzungsprozesse               Austauschprozesse
                                                                                                                                                           Abbildung 4


nen) gehandelt werden muss (siehe Ab-                                                                               Birkigt, Klaus/Stadler, Marinus M./Funck,
bildung 4).                                                                Fußnoten                                     Hans Joachim (2002): Corporate
    Ein identitätsorientiertes Kommuni-                                                                                 Identity. Grundlagen. Funktionen.
kationsmanagement behält stets den im-                               1
                                                                       ) „Global Pulse Study“ 2008 und 2009             Fallbeispiele. 11., überarbeitete und
materiellen Kern einer Organisation im                                   des Reputation Institute. Auf der Skala        aktualisierte Auflage. München.
Blick und bearbeitet Inkonsistenzen im                                   0 bis 100 wird die Reputation in die-      Eisenegger, Mark (2005): Reputation in
Gesamteindruck, den sie in ihren Mani-                                   sem Ranking wie folgt eingestuft: < 40         der Mediengesellschaft: Konstitution
festationen nach innen und außen weckt.                                  Poor/Lowest Tier; 40-59 Weak/Vulne-            – Issues Monitoring – Issues Manage-
Das Ziel heißt: ein nachhaltig klares und                                rable; 60-69 Average/Moderate; 70-79           ment. Wiesbaden.
selbstbewusstes Profil. Dieses ist gleich-                               Strong/Robust; > 80 Excellent/Top Tier.    Niederhäuser, Markus/Rosenberger, Ni-
bedeutend mit einem langfristigen Leis-                                  Die Studienergebnisse können beim              cole (2011): Unternehmenspolitik,
tungsversprechen, auf das die Stakehol-                                  Reputation Institute (www.reputatio-           Identität und Kommunikation. Mo-
der vertrauen – daraus letztlich erwächst                                ninstitute.com) bestellt werden.               dell – Prozesse – Fallbeispiele. Wies-
Reputation.                                                          2
                                                                       ) Die Darstellung des Modells basiert            baden.
    Schlagen wir zum Schluss den Bogen                                   auf Niederhäuser/Rosenberger 2011,         Schein, Edgar H. (2004): Organizational
zurück zur Deutschen Bahn: Wenn es                                       S. 23-29.                                      Culture and Leadership. 3. Auflage.
ihr gelingt, ihre Unternehmenspolitik in                             3
                                                                       ) Dieses Verständnis entspricht der un-          New York.
eine klare und konsistente Identität zu                                  tersten Ebene in Scheins Modell der        Szyszka, Peter (2008): PR-Verständnis
überführen, wenn es ihr zudem gelingt,                                   verschiedenen Ebenen der Unterneh-             im Marketing. In: Bentele, Günter/
die Identität über alle vier Dimensionen                                 menskultur (vgl. Schein 2004, S. 25ff.).       Fröhlich, Romy/Szyszka, Peter (Hrsg):
nach innen und außen zu tragen, und                                                                                     Handbuch der Public Relations.
wenn es ihr insbesondere gelingt, über                                                                                  Wissenschaftliche Grundlagen und
ein strategisch ausgerichtetes Kommuni-                                    Literatur                                    berufliches Handeln. 2., korrigierte
kationsmanagement diese Identität bei                                                                                   und erweiterte Auflage. Wiesbaden,
den Stakeholdern zu verankern, dann                                  Bergler, Reinhold (2008): Identität und            S. 241-253.
werden die Images und die Reputation                                    Image. In: Bentele, Günter/Fröhlich,        Zerfaß, Ansgar (2010): Unternehmens-
in Zukunft näher am Selbstbild liegen.                                  Romy/Szyszka, Peter (Hrsg): Handbuch            führung und Öffentlichkeitsarbeit.
Dann braucht es auch keine Broschüre                                    der Public Relations. Wissenschaftliche         Grundlegung einer Theorie der Unter-
mehr, die den Kunden mit „Fakten“ von                                   Grundlagen und berufliches Handeln.             nehmenskommunikation und Public
der idealen Welt zu überzeugen ver-                                     2., korrigierte und erweiterte Auflage.         Relations. 3., aktualisierte Auflage.
sucht.                                                                  Wiesbaden, S. 321-334.                          Wiesbaden.



                                                                                                                                             01/2011 prmagazin       63

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Identitätsorientiertes Kommunikationsmanagement, prmagazin 2011

  • 1. WISSENSCHAFT & AUSBILDUNG Theorie & Praxis IDENTITÄTSORIENTIERTES KOMMUNIKATIONS- MANAGEMENT TEXT: Markus Niederhäuser und Nicole Rosenberger * Vorstandsvorsitzender der Bahn, spricht Wer das auf eine „verzerrte Wahrneh- 1 Einleitung in der Broschüre von einer „verzerrten mung“ reduziert, postuliert aber nichts Wahrnehmung“. Einerseits gehöre die DB anderes, als dass über eine bessere Kom- „Das Auto fährt preiswerter als die in vielen Bereichen weltweit zu den er- munikation die Images und damit die Bahn.“ Im November 2009 publizierte folgreichsten ihrer Branche, andererseits Reputation in den gewünschten Bereich die Deutsche Bahn (DB) eine Informati- würden immer wieder Negativthemen die zu steuern wären. Leider ist die Realität onsbroschüre mit dem vielsagenden Titel Wahrnehmung des Unternehmens ver- in der Regel komplizierter: Das Ausein- „Fakten. Informationen für Journalisten“. fälschen. Wer die Position der Deutschen anderklaffen von Fremdbild (Images, Darin werden 20 der „beliebtesten Vor- Bahn in den Reputationsrankings der Reputation) und Selbstbild (Identität) ist urteile über die Bahn“ mit „Fakten“ kon- vergangenen Jahre betrachtet, stellt fest, selten nur das Ergebnis ungenügender trastiert. Rüdiger Grube, seit Mai 2009 dass das Unternehmen in der Tat kritisch Kommunikation. Images bilden sich wahrgenommen wird. So rangierte der nämlich nicht nur über Kommunikation, Konzern im Jahr 2008 auf den Heimat- sondern auch über andere Manifestatio- markt bezogen mit einem Reputations- nen der Identität – an erster Stelle über * Markus Niederhäuser ist Dozent und Berater für Or- wert von 32,44 Punkten auf dem 32. Platz das Leistungsangebot des Unternehmens ganisationskommunikation. Er leitet den Executive- und im Jahr 2009 nur leicht verbessert und das Verhalten der Mitarbeiter. Master-Studiengang Communication Management and Leadership des IAM Instituts für Angewandte auf dem 31. (37,93 Punkte).1) Offenbar Wer den Weg der Deutschen Bahn Medienwissenschaft der ZHAW Zürcher Hochschule existieren bei verschiedenen Stakehol- vom trägen Staatsbetrieb zum unterneh- für Angewandte Wissenschaften. dergruppen negative Vorstellungsbilder merisch geführten, börsentauglichen Mo- Nicole Rosenberger ist Dozentin und Beraterin für (Images) von der DB, die in entsprechen- bilitäts- und Logistikkonzern verfolgt hat, Organisationskommunikation. Sie leitet die Weiter- bildung des IAM Instituts für Angewandte Medien- den Untersuchungen zu einem niedrigen erkennt rasch, dass hier ein Unterneh- wissenschaft der ZHAW. Reputationswert führen. men seine Identität zuerst neu finden 58 prmagazin 01/2011
  • 2. muss. Dass die sich wandelnden Iden- des identitätsorientierten Kommunika- Zusammenhang zwischen Unternehmens- titäten Inkonsistenzen aufweisen und in tionsmanagements. Es vereinigt und in- politik und Identität lässt sich dem- der Übergangsphase Irritationen bei den tegriert bestehende Konzepte aus PR, nach folgendermaßen beschreiben: Un- Stakeholdern auslösen können, liegt auf Marketing und Branding sowie die Er- ternehmen konstituieren sich über die der Hand. Eine unklare Identität aber fahrungen von praxiserprobten Kommu- Definition der zu erfüllenden Aufgabe führt regelmäßig zu Image- und Reputati- nikationsmanagern. Das Modell dient und damit über unternehmenspolitische onswerten, welche die Wettbewerbsfähig- gleichzeitig als Analyseinstrument und Entscheidungen. Die Unternehmenspoli- keit der betroffenen Unternehmen beein- Handlungsanleitung, wie Kommunika- tik schafft dementsprechend die Basis für trächtigen können. tionsmanagement als Teil des Identitäts- die Identität. Der Aufbau einer Identität managements zu verstehen und zu betrei- und damit deren Manifest- und Erlebbar- ben ist. Im Folgenden wird es schrittweise Werden geschieht allerdings erst durch Didaktisches Modell entwickelt und beschrieben.2) die Austauschbeziehungen zwischen dem 2 entwickelt Unternehmen und den internen und ex- ternen Bezugsgruppen – und zwar über Die Abhängigkeiten und Wechselwir- Identität konstituiert sich die oben genannten Dimensionen. 3 kungen von Unternehmensidentität und in vier Dimensionen Dem Kommunikationsmanagement, -images – beziehungsweise von Selbst- und verstanden als Steuerung der kommuni- Fremdbild – sind seit Jahrzehnten Thema Aus systemtheoretischer Sicht erzeu- kativen Beziehungen zwischen dem Un- der Organisations- und Kommunikations- gen Unternehmen ihre Identität durch ternehmen und seinen relevanten Be- forschung. Das bislang bekannteste und am das Setzen einer Systemgrenze, durch die zugsgruppen, kommt dabei eine doppelte meisten zitierte ist das Corporate-Identity- sie sich von ihrer Umwelt abheben und Rolle zu. Unternehmenskommunikation Modell von Birkigt et al. (2002). Sie defi- zu etwas von der Umwelt Unterscheidba- ist zum einen selbst Ausdruck und damit nieren Corporate Identity als „strategisch rem werden. Die Abgrenzung von ande- Träger spezifischer Identitätsmerkmale, geplante und operativ eingesetzte Selbst- ren Systemen geschieht zum einen über zum anderen hat sie eine unterstützende darstellung und Verhaltensweise eines Un- die Definition und die spezifische Lösung Funktion bei der Entwicklung, Umset- ternehmens nach innen und außen auf der Aufgabe, zu deren Erfüllung sich das zung und Vermittlung der Identität nach Basis einer festgelegten Unternehmens- System konstituiert, zum anderen über innen und außen. Die Kommunikation philosophie, einer langfristigen Unterneh- die Gestaltung der Austauschbeziehun- des Selbstverständnisses nach innen stif- menszielsetzung und eines definierten gen mit der Umwelt. Denn die Umwelt ist tet Orientierung und Sinn, die Vermitt- Soll-Images“ (Birkigt et al. 2002, S. 59). Abnehmerin der Produkte, die bei der lung nach außen schafft Transparenz, Im Kern der Corporate Identity steht Aufgabenerfüllung entstehen (Output) Akzeptanz und Vertrauen. die Unternehmenspersönlichkeit, die sich und zugleich Lieferantin von Ressourcen Da die Kommunikation mit den ver- einerseits aus Zweck und Zielsetzungen des (Input), die im internen Transformations- schiedenen Stakeholdern in regelmäßigem Unternehmens, andererseits aus der Rolle prozess zur Aufgabenerfüllung führen. Austausch steht, ist es ihre Aufgabe zu in Markt und Gesellschaft ergibt. Diese Per- Unternehmen definieren ihre Aufgabe überprüfen, ob die Stakeholder die Iden- sönlichkeit kann sich mittels der Instru- und deren Gestaltung relativ abstrakt auf tität akzeptieren und ob definierte und mente Verhalten (Corporate Behaviour), der Ebene der Unternehmenspolitik mit- reale Identitätsmanifestation übereinstim- Kommunikation (Corporate Communica- tels Vision, Zweck, Strategie und Werten. men. Damit leistet das identitätsorientierte tions) und Erscheinungsbild (Corporate Die Umsetzung dieser Politik ist auf Men- Kommunikationsmanagement einen we- Design) verwirklichen. Der „Identitäts-Mix“ schen angewiesen, die unter einem Unter- sentlichen Beitrag zur Wertschöpfung: In- ist „Medium und Kanal für die Vermittlung nehmensnamen bestimmte Produkte her- tern optimiert es den Ressourceneinsatz der Unternehmenspersönlichkeit“ gegen- stellen und vertreiben. Die Identität wird und stärkt die Identifikation und damit über internen und externen Zielgruppen. damit erst in der Umsetzung der unter- die Motivation der Mitarbeiter, extern ver- Die Vermittlung führt zum Corporate nehmenspolitischen Vorgaben manifest. schafft es dem Unternehmen ein klares Image als „Spiegelbild der Corporate Unternehmensidentität konstituiert sich Profil und leistet damit einen Beitrag zur Identity“ (Birkigt et al. 2002, S. 19-23). im Modell des identitätsorientierten Kom- Stärkung der Reputation. Wie nun Kommunikation die Iden- munikationsmanagements über die Reali- titätsbildung und -pflege beeinflusst und sierung der Unternehmenspolitik in den unterstützt, kam bei diesem Ansatz und folgenden vier Identitätsdimensionen: Identität wird in Steuerungs- 4 dessen Ableitungen bislang zu wenig zum Leistungsangebot, instrumenten konkretisiert Tragen. Die Autoren des vorliegenden Verhalten der Mitarbeiter, Beitrags orientierten sich an diesem Be- multisensorische Symbole, Im Modell des identitätsorientierten dürfnis und entwickelten während ihrer Unternehmenskommunikation. Kommunikationsmanagements wird die Dozenten-, Beratungs- und Forschungs- Unternehmensidentität abgeleitet aus der tätigkeit an der Zürcher Hochschule für Die Kombination der verschiedenen Unternehmenspolitik (Vision, Mission, Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Merkmale dieser Identitätsdimensionen Werte, Strategie) und manifestiert sich ein eigenes Modell, das als didaktisches macht schließlich die spezifische, im Ideal- in einem spezifischen Leistungsangebot, Instrument zu verstehen ist: das Modell fall unverwechselbare Identität aus. Der im Verhalten der einzelnen Organisa- 01/2011 prmagazin 59
  • 3. WISSENSCHAFT & AUSBILDUNG Theorie & Praxis tionsmitglieder, in einem bestimmten Die aus der Unternehmenspolitik Realisierung der Unternehmenspolitik in Auftritt – vermittelt über multisenso- abgeleitete Identität wird in verschiede- den vier Identitätsdimensionen. rische Symbole – und in einer spezi- nen Steuerungsinstrumenten konkreti- Die gezielte gegenseitige Abstimmung fischen Kommunikation. Über diese siert: der vier Identitätsdimensionen respek- Dimensionen vermitteln Unternehmen, Marketingkonzept, tive ihrer Manifestationen führt zu einer sobald sie als Handelnde auftreten, ihre Verhaltensrichtlinien, konsistenten und kongruenten Identität, Identität. Symbolhandbuch, die mittels eindeutiger Merkmale wahr- Die Identitätsmanifestationen wer- Kommunikationskonzept. nehmbar ist. Identitätsmanagement zielt den über Steuerungsinstrumente geführt auf eine unverwechselbare und kohärente und definiert. Da die Ergebnisse der Um- Diese Instrumente steuern die Um- Kombination der Identitätsdimensionen setzung der Steuerungsinstrumente teil- setzung der Unternehmenspolitik in die ab, die auch mit der Unternehmenspolitik weise von der Planung abweichen, wird Identitätsmanifestationen und besitzen übereinstimmt. im Modell zwischen definierten und damit eine Scharnierfunktion. Unterneh- realen Manifestationen unterschieden. mensidentität umfasst im vorliegenden Mit definierten Manifestationen wird die Modell sowohl die Steuerungsinstru- Identität als Ergebnis von 5 angestrebte, ideale Realisierung der Un- mente als auch die definierten und realen Ableitungs-, Abstimmungs- ternehmenspolitik in den vier Identitäts- Manifestationen in den vier Identitäts- und Umsetzungsprozessen dimensionen bezeichnet. Dabei können dimensionen Leistungsangebot, Verhal- einzelne Identitätsdimensionen oder die ten, Symbole und Kommunikation. Von Die Umsetzung von Unternehmens- Identität als Ganzes explizit definiert definierter Identität hingegen wird ge- politik in Identität verläuft über verschie- sein, oder sie ergeben sich implizit aus sprochen, wenn lediglich die Steuerungs- dene Prozesse. Als Ableitungsprozesse der Unternehmenspolitik. Reale Mani- instrumente und die definierten Mani- werden im Modell die Übersetzung der festationen hingegen bezeichnen die tat- festationen gemeint sind. Sie bezeichnet Unternehmenspolitik in die Steuerungs- sächliche Umsetzung der Unternehmens- damit die autorisierte und meist explizit instrumente bezeichnet. Abstimmungs- politik in den Identitätsdimensionen. kommunizierte Vorstellung der idealen prozesse hingegen haben die Aufgabe, die Identitätsdimensionen untereinander Abbildung 1 zu koordinieren, während die Realisie- rung der Steuerungsinstrumente mittels DEFINIERTE IDENTITÄT UND Umsetzungsprozessen geführt wird (siehe DEREN PROZESSE Abbildung 1). Die Austauschbarkeit von Produkten Elemente Steuerungsinstrumente Definierte Manifestationen und Dienstleistungen und die Flut von Informationen, mit denen die Stakehol- Mission Marketingkonzept Leistungsangebot der heute konfrontiert sind, führen dazu, Identität Politik Vision Verhaltensrichtlinien Verhalten dass das alleinige Kommunizieren des Leistungsangebots nicht mehr ausreicht, Werte Symbolhandbuch Symbole um sich im Aufmerksamkeitswettbewerb Kommunikations- durchzusetzen. Die Vermittlung der spe- Strategie Kommunikation Eigene Darstellung konzept zifischen Identität stellt sicher, dass sich das Unternehmen von anderen diffe- renziert und damit überhaupt wahrge- Ableitungsprozesse Abstimmungsprozesse Umsetzungsprozesse 60 prmagazin 01/2011
  • 4. nommen und akzeptiert werden kann. tungen von Absatz-, Kapital- und Personal- Während Identitätskommunikation die markt sowie über den politischen Mei- KOMMUNI- spezifische Umsetzung von Produkt-, Kommunikations-, Verhaltens- und Sym- nungsmarkt (vgl. Szyszka 2008, S. 252). Die gesamtgesellschaftliche Arena ist der wich- KATIONSARENA bolpolitik nach innen und außen trägt, tigste Meinungsraum, denn sie beobachtet verdichtet und spitzt die Marke diese die Meinungsbildungen in den anderen Reputation Identität als kommunikatives Verspre- Arenen und prägt diese wesentlich mit. Aus Images chen zu. Die Marke entspricht damit der diesem Grund fokussiert das vorliegende angestrebten Positionierung. Modell des identitätsorientierten Kommu- Kapitalgeber Wie Differenzierung über Identität nikationsmanagements auf die gesamtge- Kunden und eine entsprechende Identitätskom- sellschaftliche Kommunikationsarena. Medien Mitarbeiter munikation gelingen kann, zeigt Apple Akteure der gesamtgesellschaftlichen exemplarisch. Das Leistungsangebot ist Kommunikationsarena sind neben den Öffentlichkeit/NPO zweifellos innovativ, das Verhalten der Medien die verschiedenen Bezugsgrup- Staat Mitarbeiter jugendlich cool, die Symbolik pen, beispielsweise Kunden, Kapitalgeber (zum Beispiel das Design) stringent ge- und Mitarbeiter. Interaktionen zwischen Lieferanten Eigene Darstellung führt und ästhetisch überzeugend. Auf Unternehmen und Bezugsgruppen fin- Konkurrenz dieser Basis hat Apple eine Kommunika- den auf vielfältige Weise statt und können tionsstrategie entwickelt, die zurzeit welt- als Austauschprozesse bezeichnet wer- weit einzigartig ist. Klassische PR in Form den: über Transaktionen von Ressourcen Abbildung 2 von Pressemitteilungen oder Messeauf- und Produkten, mittels institutionalisier- tritten wird kaum betrieben, dafür wird ter Unternehmenskommunikation und um die Innovationen herum ein gezielter, via interpersonaler Kommunikation zwi- Vertrauenswürdigkeit“ (Eisenegger 2005, nervöser Erwartungsdruck aufgebaut, der schen einzelnen Organisationsmitgliedern S. 24). Dabei werden die verschiedenen sich regelmäßig in den Medien entlädt. und konkreten Akteuren. Images zu einem Gesamtwert des An- Gearbeitet wird dabei mit verschie- Die Bezugsgruppen bilden meist stark sehens aggregiert. Die Konstrukte Image denen Mitteln: Personalisierungsstrategie vereinfachte, typisierte und stabile Vorstel- und Reputation und die in der Kommuni- mit CEO Steve Jobs als Mischung von lungsbilder von Unternehmen aus (vgl. kationsarena kondensierten Meinungen Messias und Popstar, Geheimniskrämerei Bergler 2008, S. 328ff.). Diese Images wer- zu relevanten Themen beeinflussen auf um die Innovationen gepaart mit geziel- den geprägt durch direkte Erfahrungen je spezifischen Ebenen und unter unter- ten „Leakages“, Aufbau und Pflege einer mit konkreten Produkten und Organisa- schiedlichen Perspektiven die Außen- Fankultur. Solange Apple die Innovations- tionsmitgliedern, durch öffentliche und wahrnehmungen von Unternehmen. Diese führerschaft innehat, kann auch diese nicht öffentliche Kommunikation über das wirken zudem gegenseitig aufeinander Kommunikationsstrategie funktionieren. Unternehmen sowie durch institutionelle ein. Apple gelingt es derzeit wie keiner ande- Unternehmenskommunikation. ren Firma, die vier Dimensionen ihrer Medien sind eine Bezugsgruppe neben Identität stringent aufeinander abzustim- anderen, sie beeinflussen in ihrer Funk- Vertrauen entsteht 7 men und nach außen hin über professio- tion als Gestalter der öffentlichen Kommu- durch klare Identität nell geführte Identitäts- und Markenkom- nikation und damit als Mittler auch die munikation sichtbar zu machen. Images der anderen Bezugsgruppen. Ima- Die Stakeholder erwarten zunächst, ges prägen Einstellungen und haben damit dass sich ein Unternehmen so verhält, eine verhaltenssteuernde Wirkung. Ent- wie es die definierte Identität suggeriert. Images bilden sich sprechend zielt die Unternehmenskom- Diese Erwartungshaltung ist die Voraus- 6 über Austauschprozesse munikation darauf ab, diese aktiv mitzuge- setzung dafür, dass die Stakeholder das stalten. Aufgrund der stark gewachsenen Unternehmen als berechenbar und da- Durch die Kommunikation von und Bedeutung der digitalen Medien und der mit als vertrauenswürdig einstufen. Ver- über Unternehmen konstituiert sich Öffent- Individualisierung der Massenkommuni- trauenswürdig kann letztlich nur sein, lichkeit im Sinne eines Beobachtungs- kation gelingt dies allerdings nur noch wer zum einen fassbar ist, das heißt raums. Dieser wird im Modell als „Kom- bedingt. Weisen die von den verschiede- sich durch eine klar definierte Identi- munikationsarena“ (Zerfaß 2010, S. 195ff.) nen Bezugsgruppen entwickelten Images tät differenziert. Zum anderen müssen bezeichnet. In der Arena tauschen verschie- eine substanzielle inhaltliche Überschnei- die Erwartungen der Stakeholder erfüllt dene Akteure Informationen, Ansichten dung auf und stimmen die Images im werden. und Bewertungen aus. Dabei können sich Kern mit der definierten Identität überein, Diese Erwartungen beziehen sich so- öffentliche Meinungen ausbilden. Es gibt dann ist die Unternehmensidentität kon- wohl auf die Kompetenz einer Organisa- verschiedene Kommunikationsarenen, die zis vermittelt worden (siehe Abbildung 2). tion, ihren Leistungsauftrag möglichst op- sich hinsichtlich Akteur, Funktion und The- Auch die Reputation von Unterneh- timal zu erfüllen, als auch auf die Integrität menfokus unterscheiden. Sie konstituieren men bildet sich in der Kommunikations- bezüglich des Einhaltens bestimmter Nor- sich über die Beobachtungen und Bewer- arena heraus, verstanden als „Ruf der men und Werte. Denn Normen und 01/2011 prmagazin 61
  • 5. WISSENSCHAFT & AUSBILDUNG Theorie & Praxis Werte prägen die Anliegen und Interessen Sachen Qualität führende Automobilher- sind in negativem Sinn reputationswirk- der Stakeholder, die nicht immer mit den steller Toyota jüngst eine der größten sam, da in diesem Fall die Erwartungen Zielen des Unternehmens vereinbar sind. Rückrufaktionen seiner Geschichte star- der Bezugsgruppen nicht erfüllt werden. Kompetenz und Integrität sind zwei zen- ten musste, so kollidieren hier der defi- Größere Verschiebungen zwischen den trale Kriterien für die Reputationsbildung nierte und kommunizierte Qualitätsan- beiden Ebenen müssen denn auch mittels (vgl. Eisenegger 2005, S. 37-44). spruch mit den realen Leistungen. Change Management angegangen wer- Ein Unternehmen wird nicht nur an Zentraler Treiber der erfolgreichen den. Der Kommunikation kommt dabei der Adäquatheit seiner definierten Iden- Umsetzung der definierten Identität ist eine den Wandel unterstützende Funk- tität gemessen, sondern auch daran, ob die Unternehmenskultur. Sie umfasst die tion zu. diese im effektiven Agieren umgesetzt unbewussten, kollektiven Annahmen und Die Austauschprozesse zwischen Un- wird, das heißt ob definierte und reale Wertvorstellungen der Organisationsmit- ternehmen und ihren Bezugsgruppen Identitätsmanifestationen kongruent sind. glieder.3) Da diese Muster die Haltung werden grundsätzlich über alle vier Iden- Eine größere Diskrepanz zwischen defi- und das Verhalten der Mitarbeiter stark titätsdimensionen geführt. Das physische nierten und realen Manifestationen führt prägen, begrenzt die Unternehmenskultur Produkt in der Hand des Kunden, das zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit (cre- den möglichen Gestaltungsraum von Un- Verhalten der Mitarbeiter am Point of dibility gap) und an Reputation. ternehmenspolitik und Identität. Die Im- Sale, die Architektur des Firmengebäu- Zwei Beispiele: Da der britische Erdöl- plementierung und Realisierung der in der des, die Medienmitteilung zum Rücktritt konzern BP sich in den vergangenen Jah- Unternehmenspolitik festgelegten Werte des CEO: Sie alle sind Teil der Austausch- ren als nachhaltige, ökologisch sensible und Zielsetzungen kann nur gelingen, prozesse und damit image- und reputa- Firma definierte, musste die Ölkatas- wenn sie diesen kollektiven Einstellungen tionswirksam. Die spezifische Rolle der trophe im Golf von Mexiko für die Re- nicht zuwiderlaufen (siehe Abbildung 3). Identitätsdimension Kommunikation für putation von BP besonders dramatische Gravierende Diskrepanzen zwischen die Schaffung der immateriellen Werte Auswirkungen haben. Und wenn der in definierten und realen Manifestationen Image und Reputation besteht primär darin, die Konkretisierung der Unter- nehmenspolitik in eine definierte Iden- Abbildung 3 tität kommunikativ zu begleiten und diese nach innen und außen sichtbar zu machen. DEFINIERTE UND REALE Neben einer eindeutigen Positionie- IDENTITÄTSMANIFESTATIONEN rung des Unternehmens über die Marke kommt der Kommunikation dann aber Unternehmen Reale Manifestationen auch die Aufgabe zu, mittels Dialog Elemente Steuerungsinstrumente Definierte Manifestationen mit den Stakeholdern und mittels Issues Management die von außen an das Mission Marketingkonzept Leistungsangebot Unternehmen gestellten Erwartungen in Identität Bezug auf Kompetenz und Integrität zu Politik Vision Verhaltensrichtlinien Verhalten erheben und in die Unternehmensleitung Werte Symbolhandbuch Symbole hineinzuspielen. Diese hat anschließend Eigene Darstellung zu entscheiden, ob und, wenn ja, auf Strategie Kommunikations- Kommunikation welcher Ebene (Unternehmenspolitik, konzept definierte Identität, reale Manifestatio- Kultur 62 prmagazin 01/2011
  • 6. DAS MODELL DES IDENTITÄTSORIENTIERTEN KOMMUNIKATIONSMANAGEMENTS Umfeld Unternehmen Kommunikationsarena Reale Manifestationen Reputation Elemente Steuerungsinstrumente Definierte Manifestationen Images Kapitalgeber Mission Marketingkonzept Leistungsangebot Kunden Identität Politik Vision Verhaltensrichtlinien Verhalten Medien Mitarbeiter Öffentlichkeit/NPO Werte Symbolhandbuch Symbole Staat Strategie Kommunikations- Kommunikation konzept Lieferanten Konkurrenz Kultur Eigene Darstellung Ableitungsprozesse Abstimmungsprozesse Umsetzungsprozesse Austauschprozesse Abbildung 4 nen) gehandelt werden muss (siehe Ab- Birkigt, Klaus/Stadler, Marinus M./Funck, bildung 4). Fußnoten Hans Joachim (2002): Corporate Ein identitätsorientiertes Kommuni- Identity. Grundlagen. Funktionen. kationsmanagement behält stets den im- 1 ) „Global Pulse Study“ 2008 und 2009 Fallbeispiele. 11., überarbeitete und materiellen Kern einer Organisation im des Reputation Institute. Auf der Skala aktualisierte Auflage. München. Blick und bearbeitet Inkonsistenzen im 0 bis 100 wird die Reputation in die- Eisenegger, Mark (2005): Reputation in Gesamteindruck, den sie in ihren Mani- sem Ranking wie folgt eingestuft: < 40 der Mediengesellschaft: Konstitution festationen nach innen und außen weckt. Poor/Lowest Tier; 40-59 Weak/Vulne- – Issues Monitoring – Issues Manage- Das Ziel heißt: ein nachhaltig klares und rable; 60-69 Average/Moderate; 70-79 ment. Wiesbaden. selbstbewusstes Profil. Dieses ist gleich- Strong/Robust; > 80 Excellent/Top Tier. Niederhäuser, Markus/Rosenberger, Ni- bedeutend mit einem langfristigen Leis- Die Studienergebnisse können beim cole (2011): Unternehmenspolitik, tungsversprechen, auf das die Stakehol- Reputation Institute (www.reputatio- Identität und Kommunikation. Mo- der vertrauen – daraus letztlich erwächst ninstitute.com) bestellt werden. dell – Prozesse – Fallbeispiele. Wies- Reputation. 2 ) Die Darstellung des Modells basiert baden. Schlagen wir zum Schluss den Bogen auf Niederhäuser/Rosenberger 2011, Schein, Edgar H. (2004): Organizational zurück zur Deutschen Bahn: Wenn es S. 23-29. Culture and Leadership. 3. Auflage. ihr gelingt, ihre Unternehmenspolitik in 3 ) Dieses Verständnis entspricht der un- New York. eine klare und konsistente Identität zu tersten Ebene in Scheins Modell der Szyszka, Peter (2008): PR-Verständnis überführen, wenn es ihr zudem gelingt, verschiedenen Ebenen der Unterneh- im Marketing. In: Bentele, Günter/ die Identität über alle vier Dimensionen menskultur (vgl. Schein 2004, S. 25ff.). Fröhlich, Romy/Szyszka, Peter (Hrsg): nach innen und außen zu tragen, und Handbuch der Public Relations. wenn es ihr insbesondere gelingt, über Wissenschaftliche Grundlagen und ein strategisch ausgerichtetes Kommuni- Literatur berufliches Handeln. 2., korrigierte kationsmanagement diese Identität bei und erweiterte Auflage. Wiesbaden, den Stakeholdern zu verankern, dann Bergler, Reinhold (2008): Identität und S. 241-253. werden die Images und die Reputation Image. In: Bentele, Günter/Fröhlich, Zerfaß, Ansgar (2010): Unternehmens- in Zukunft näher am Selbstbild liegen. Romy/Szyszka, Peter (Hrsg): Handbuch führung und Öffentlichkeitsarbeit. Dann braucht es auch keine Broschüre der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlegung einer Theorie der Unter- mehr, die den Kunden mit „Fakten“ von Grundlagen und berufliches Handeln. nehmenskommunikation und Public der idealen Welt zu überzeugen ver- 2., korrigierte und erweiterte Auflage. Relations. 3., aktualisierte Auflage. sucht. Wiesbaden, S. 321-334. Wiesbaden. 01/2011 prmagazin 63