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Karriereverläufe
These 1: Frauen haben es selbst bei gleichen Ausgangsbedingungen immer noch
viel schwerer als Männer Karriere zu machen.

Eine Frau muss ein Mann sein um Karriere zu machen:
Untersuchung der Wirtschaftsuniversität Wien über die Gehälter von 250 AbsolventInnen,
Dauer der Studie 1992 bis 2001

Von den Befragten wurden aus je einem Mann und einer Frau Zwillingspaare gebildet, die
bei ihrer sozialer Herkunft, Bildung der Eltern, Ausbildungsweg, Studienerfolg,
Abschlussjahr identisch waren. Dadurch konnten externe Einflussfaktoren ausgeschlossen
werden. Anschließend wurde 10 Jahre lang ihre berufliche Entwicklung und ihre
Einkommenssituation beobachtet. Das Fazit lautet: Die Frauen verdienten im
Durchschnitt in diesen 10 Jahren um 71.321 Euro brutto weniger als die
Männer, obwohl alle mit fast gleichen Anfangsgehältern ins Berufsleben gestartet waren.
Selbst bei Ausschluss von Personen mit Karenzzeiten ergibt sich eine Differenz von circa
61.000 Euro. Bei Frauen mit Elternkarenzzeiten betrug der Unterschied circa 96.000
Euro.

Die gleiche Studie wird derzeit wiederholt. Start war 2002 und die Zwischenergebnisse
lassen darauf hinweisen, dass die Unterschiede diesmal noch viel höher ausfallen werden.

Quelle: Strunk, Anett und Praschak: Eine Frau muss ein Mann sein um Karriere zu
machen. 2005

                       Nikkei, Dax, Dow Jones und Co-
                         Frauenquoten machen froh!

These 2: Durch Freiwilligkeit wird sich an der Dominanz von Männern in
Führungspositionen nichts ändern. Es braucht gesetzliche Quoten.

Es sind leider keine umfassenden Statistiken über die Anzahl weiblicher Führungskräfte in
Österreich vorhanden. Einzig die AK erhebt diese für die Top200 bzw. die ATX gelisteten
Unternehmen. Wichtig ist aber trotzdem auch die Führungspositionen im Mittleren
Management mitzudenken, auch wenn hier kaum Zahlen und Fakten vorhanden sind.
Dennoch: gäbe es hier ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis wäre die Situation an
der Spitze nicht so einseitig!
Die gläserne Decke eines Unternehmens kann relativ leicht in jedem Einkommensbericht
lokalisiert werden. Ziel ist es diese zu durchbrechen, die Debatte bzw. Einführung von
Quotenregelungen ist dafür ein gutes Instrument. Gerade das Beispiel Norwegen zeigt
eindrucksvoll welche Fortschritte möglich sind und wie schnell Frauen in hohen Positionen
zum Alltag werden (und somit zum lebenden Vorbild für junge Mädchen!).

1) Situation Österreich (Quelle AK Studie 2011):

1a) Die AK erhebt jedes Jahr die Anzahl von Frauen               in   Aufsichtsräten   und
Geschäftsführung der Top 200 Unternehmen in Österreich:

- Geschäftsführung: 4,4 Prozent Frauen (2010: 5,3%), in absoluten Zahlen: von 637
GeschäftsführerInnen sind 28 weiblich (2010: 33 Frauen),

- Aufsichtsrat: 10,3 % Frauen (2010: 9,7%), in absoluten Zahlen: von 1.404
AufsichtsrätInnen sind 145 Frauen



         Unterlagen zur GPA-djp SekretärInnen- Tagung 7./8.05.2012 Wagrain               1
                         Autorin: Barbara Marx, Stand April 2012
Sowohl mindestens eine Frau in Geschäftsführung und Aufsichtsrat haben nur 13 der Top
200 Unternehmen.

1b) ATX Unternehmen – noch schlechter als Top 200

Im Jänner 2011 waren das 20 Unternehmen: 3,9 Prozent Frauen in der
Geschäftsführung/ Aufsichtsrat: 8,5 Prozent (auch hier wurden von den insgesamt 19
weiblichen Aufsichtsrätinnen 8 vom Betriebsrat delegiert)


These 2: Die ArbeitnehmerInnenvertretung „rettet“              die Frauenquote der
Aufsichträte und geht mit gutem Beispiel voran!

Von diesen 145 Frauen in Aufsichtsräten wurden 73 vom Betriebsrat entsandt, das sind
50,3 Prozent ! Das ist besonders interessant, da ja nur 1/3 der Mandate vom BR
entsendet      wird!    Grundsätzlich     beträgt     die Frauenquote    bei     der
ArbeitnehmerInnenvertretung in Aufsichträten 16,6 Prozent, auf der Seite der
KapitalvertreterInnen sind es nur 7,5 Prozent Frauen.


These 3: Es gibt tolle Best- Practise Beispiele in anderen Ländern, die sich
Österreich als Vorbild nehmen sollte.

2) Internationaler Vergleich
2a) Erfolgsmodell Norwegen
2003 wurde eine gesetzliche Regelung für die Zusammensetzung von Aufsichtsräten
beschlossen: Bei Gremien mit mehr als 9 Mitgliedern müssen mindestens jeweils 40
Prozent Frauen und Männer vertreten sein (bei zwei oder drei Mitgliedern müssen jeweils
mindestens eine Frauen und ein Mann vertreten sein; bei fünf Mitgliedern mindestens
jeweils zwei, usw.).

Das gilt sowohl für Unternehmen in Staatsbesitz (ab 2004) als auch börsennotierte
Aktiengesellschaften (seit 2006). Es gab eine Übergangsfrist von 2 Jahren (bis 2008) für
alle bereits bestehenden Unternehmen, gleichzeitig wurde eine Datenbank mit
qualifizierten Frauen, die bereit waren eine solche Position zu übernehmen, von der
norwegischen Wirtschaftskammer aufgebaut. Neu gegründete Unternehmen mussten die
Quote aber gleich erfüllen. (Aktiengesellschaften in Privatbesitz, meist Klein- und
Mittelbetriebe sind davon ausgenommen).

Bis 2006 gab es eine „freiwillige“ Frauenquote. Der Frauenanteil stieg von 7 Prozent im
Jahr 2003 auf 16 Prozent 2006. Den Rest auf die 40 Prozent erledigten aber die
Sanktionen: bei Nichteinhaltung gab es eine Verwarnung und dann die Liquidierung des
Unternehmens. 2008, als die Sanktionen in Kraft getreten wären, wurden die
Geschlechterquoten aber erreicht und bis heute war es nicht notwendig ein Unternehmen
tatsächlich   aufzulösen       (Die   Zwangsauflösung     ist  seit   30   Jahren    als
Sanktionsmechanismus gegen Aktiengesellschaften in Norwegen verankert- passiert auch
wenn Unternehmen z.B. keine WirtschaftsprüferIn bestellen oder keinen Jahresabschluss
vorlegen, es wurde also kein neues Instrument für die Frauenquote erfunden).

Befürchtungen bezüglich der fehlenden fachlichen Expertise der “Quotenfrauen“ erfüllten
sich nicht.
Eine Studie der Friedrich Ebert Stiftung 2010 belegt: 36 Prozent der Frauen in
norwegischen Aufsichtsräten haben ein Universitätsstudium, aber nur 22 Prozent der
Männer. Während 29 Prozent der männlichen Aufsichtsräte älter als 60 Jahre sind, gilt
das nur für 6 Prozent der Frauen.


         Unterlagen zur GPA-djp SekretärInnen- Tagung 7./8.05.2012 Wagrain            2
                         Autorin: Barbara Marx, Stand April 2012
Aber: die Anzahl der weiblichen Aufsichtsratsvorsitzenden ist noch immer sehr gering:
nur 3,7 Prozent der Vorsitzenden sind weiblich.


2b) Frankreich
Im Jänner 2011 beschlossen: bis 2017 müssen jeweils 40 Prozent Frauen in den
Aufsichts- und Verwaltungsräten börsennotierter und öffentlicher Unternehmen sowie
Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, die einen Umsatz von mindestens 50 Mio
Euro erwirtschaften, sitzen (Etappenziel: bis 2014 müssen 20 Prozent erreicht sein).
Sanktion bei Nichterfüllung: alle Ernennungen, außer jene von Frauen, sind ungültig und
die Ausbezahlung von Sitzungsgeldern kann gestoppt werden.

Der Anteil der Frauen ist schon im Vorfeld der Diskussion stark gestiegen: von 10 auf
15,3 Prozent.

2c) EU- Ebene
EU-Justizkommissarin Viviane Reding will im Sommer konkrete Vorschläge für eine EU-
weite Frauenquote machen. Bis jetzt hat sie auf Freiwilligkeit gesetzt, da das aber kaum
etwas gebracht hat, werden nun verpflichtende Bestimmungen eingeführt.




Instrumente zur Entschärfung von schleppendem Karriereverlauf:

   1. Vorbilder schaffen, sprich Frauen tatsächlich befördern, nicht nur immer davon
      reden!

   2. Mentoringprogramme durchführen. (mehr Infos bei GPA-djp Frauen)

   3. Freiwillige Quotenverpflichtung: Betriebsvereinbarung verhandeln, dass bei
      gleicher Qualifikation jenes Geschlecht zu bevorzugen ist, das mit weniger als 40
      % in Führungspositionen dieser Hierarchieebene vertreten ist.

   4. Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis als wichtiges Ziel bei Personalentwicklung
      berücksichtigen,    dies    auch     als     persönliches    Leistungsziel    für
      Personalverantwortliche formulieren und bei Erfolg entsprechend belohnen.

   5. Sensible Formulierung von Stellenausschreibungen – Frauen sollen sich nicht
      gleich ausgeschlossen sondern angesprochen fühlen!

   6. Längerfristige Personalplanung: Erhebung welche Personen als zukünftige
      Führungskräfte in Betracht kommen, entsprechende Ausbildungen und Trainings-
      on-the-job (z.B. als befristete StellvertreterInnen, für Projekte, etc.)

   7. Unausgesprochene Erwartungen im Unternehmen kritisch beleuchten und
      eventuell korrigieren- z.B. eine Führungsposition und Zeit für die Familie ist ein
      Widerspruch; Viel leistet der, der am längsten im Haus ist etc. Das schreckt nicht
      nur talentierte Frauen ab!

   8. In Bereichen, in denen besonders viele Frauen arbeiten und in denen es kaum
      Entwicklungspotential und Aufstiegsmöglichkeiten gibt, solches finden! z.B.
      Schreibkräfte zu SachbearbeiterInnen etc.




         Unterlagen zur GPA-djp SekretärInnen- Tagung 7./8.05.2012 Wagrain            3
                         Autorin: Barbara Marx, Stand April 2012

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  • 1. Karriereverläufe These 1: Frauen haben es selbst bei gleichen Ausgangsbedingungen immer noch viel schwerer als Männer Karriere zu machen. Eine Frau muss ein Mann sein um Karriere zu machen: Untersuchung der Wirtschaftsuniversität Wien über die Gehälter von 250 AbsolventInnen, Dauer der Studie 1992 bis 2001 Von den Befragten wurden aus je einem Mann und einer Frau Zwillingspaare gebildet, die bei ihrer sozialer Herkunft, Bildung der Eltern, Ausbildungsweg, Studienerfolg, Abschlussjahr identisch waren. Dadurch konnten externe Einflussfaktoren ausgeschlossen werden. Anschließend wurde 10 Jahre lang ihre berufliche Entwicklung und ihre Einkommenssituation beobachtet. Das Fazit lautet: Die Frauen verdienten im Durchschnitt in diesen 10 Jahren um 71.321 Euro brutto weniger als die Männer, obwohl alle mit fast gleichen Anfangsgehältern ins Berufsleben gestartet waren. Selbst bei Ausschluss von Personen mit Karenzzeiten ergibt sich eine Differenz von circa 61.000 Euro. Bei Frauen mit Elternkarenzzeiten betrug der Unterschied circa 96.000 Euro. Die gleiche Studie wird derzeit wiederholt. Start war 2002 und die Zwischenergebnisse lassen darauf hinweisen, dass die Unterschiede diesmal noch viel höher ausfallen werden. Quelle: Strunk, Anett und Praschak: Eine Frau muss ein Mann sein um Karriere zu machen. 2005 Nikkei, Dax, Dow Jones und Co- Frauenquoten machen froh! These 2: Durch Freiwilligkeit wird sich an der Dominanz von Männern in Führungspositionen nichts ändern. Es braucht gesetzliche Quoten. Es sind leider keine umfassenden Statistiken über die Anzahl weiblicher Führungskräfte in Österreich vorhanden. Einzig die AK erhebt diese für die Top200 bzw. die ATX gelisteten Unternehmen. Wichtig ist aber trotzdem auch die Führungspositionen im Mittleren Management mitzudenken, auch wenn hier kaum Zahlen und Fakten vorhanden sind. Dennoch: gäbe es hier ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis wäre die Situation an der Spitze nicht so einseitig! Die gläserne Decke eines Unternehmens kann relativ leicht in jedem Einkommensbericht lokalisiert werden. Ziel ist es diese zu durchbrechen, die Debatte bzw. Einführung von Quotenregelungen ist dafür ein gutes Instrument. Gerade das Beispiel Norwegen zeigt eindrucksvoll welche Fortschritte möglich sind und wie schnell Frauen in hohen Positionen zum Alltag werden (und somit zum lebenden Vorbild für junge Mädchen!). 1) Situation Österreich (Quelle AK Studie 2011): 1a) Die AK erhebt jedes Jahr die Anzahl von Frauen in Aufsichtsräten und Geschäftsführung der Top 200 Unternehmen in Österreich: - Geschäftsführung: 4,4 Prozent Frauen (2010: 5,3%), in absoluten Zahlen: von 637 GeschäftsführerInnen sind 28 weiblich (2010: 33 Frauen), - Aufsichtsrat: 10,3 % Frauen (2010: 9,7%), in absoluten Zahlen: von 1.404 AufsichtsrätInnen sind 145 Frauen Unterlagen zur GPA-djp SekretärInnen- Tagung 7./8.05.2012 Wagrain 1 Autorin: Barbara Marx, Stand April 2012
  • 2. Sowohl mindestens eine Frau in Geschäftsführung und Aufsichtsrat haben nur 13 der Top 200 Unternehmen. 1b) ATX Unternehmen – noch schlechter als Top 200 Im Jänner 2011 waren das 20 Unternehmen: 3,9 Prozent Frauen in der Geschäftsführung/ Aufsichtsrat: 8,5 Prozent (auch hier wurden von den insgesamt 19 weiblichen Aufsichtsrätinnen 8 vom Betriebsrat delegiert) These 2: Die ArbeitnehmerInnenvertretung „rettet“ die Frauenquote der Aufsichträte und geht mit gutem Beispiel voran! Von diesen 145 Frauen in Aufsichtsräten wurden 73 vom Betriebsrat entsandt, das sind 50,3 Prozent ! Das ist besonders interessant, da ja nur 1/3 der Mandate vom BR entsendet wird! Grundsätzlich beträgt die Frauenquote bei der ArbeitnehmerInnenvertretung in Aufsichträten 16,6 Prozent, auf der Seite der KapitalvertreterInnen sind es nur 7,5 Prozent Frauen. These 3: Es gibt tolle Best- Practise Beispiele in anderen Ländern, die sich Österreich als Vorbild nehmen sollte. 2) Internationaler Vergleich 2a) Erfolgsmodell Norwegen 2003 wurde eine gesetzliche Regelung für die Zusammensetzung von Aufsichtsräten beschlossen: Bei Gremien mit mehr als 9 Mitgliedern müssen mindestens jeweils 40 Prozent Frauen und Männer vertreten sein (bei zwei oder drei Mitgliedern müssen jeweils mindestens eine Frauen und ein Mann vertreten sein; bei fünf Mitgliedern mindestens jeweils zwei, usw.). Das gilt sowohl für Unternehmen in Staatsbesitz (ab 2004) als auch börsennotierte Aktiengesellschaften (seit 2006). Es gab eine Übergangsfrist von 2 Jahren (bis 2008) für alle bereits bestehenden Unternehmen, gleichzeitig wurde eine Datenbank mit qualifizierten Frauen, die bereit waren eine solche Position zu übernehmen, von der norwegischen Wirtschaftskammer aufgebaut. Neu gegründete Unternehmen mussten die Quote aber gleich erfüllen. (Aktiengesellschaften in Privatbesitz, meist Klein- und Mittelbetriebe sind davon ausgenommen). Bis 2006 gab es eine „freiwillige“ Frauenquote. Der Frauenanteil stieg von 7 Prozent im Jahr 2003 auf 16 Prozent 2006. Den Rest auf die 40 Prozent erledigten aber die Sanktionen: bei Nichteinhaltung gab es eine Verwarnung und dann die Liquidierung des Unternehmens. 2008, als die Sanktionen in Kraft getreten wären, wurden die Geschlechterquoten aber erreicht und bis heute war es nicht notwendig ein Unternehmen tatsächlich aufzulösen (Die Zwangsauflösung ist seit 30 Jahren als Sanktionsmechanismus gegen Aktiengesellschaften in Norwegen verankert- passiert auch wenn Unternehmen z.B. keine WirtschaftsprüferIn bestellen oder keinen Jahresabschluss vorlegen, es wurde also kein neues Instrument für die Frauenquote erfunden). Befürchtungen bezüglich der fehlenden fachlichen Expertise der “Quotenfrauen“ erfüllten sich nicht. Eine Studie der Friedrich Ebert Stiftung 2010 belegt: 36 Prozent der Frauen in norwegischen Aufsichtsräten haben ein Universitätsstudium, aber nur 22 Prozent der Männer. Während 29 Prozent der männlichen Aufsichtsräte älter als 60 Jahre sind, gilt das nur für 6 Prozent der Frauen. Unterlagen zur GPA-djp SekretärInnen- Tagung 7./8.05.2012 Wagrain 2 Autorin: Barbara Marx, Stand April 2012
  • 3. Aber: die Anzahl der weiblichen Aufsichtsratsvorsitzenden ist noch immer sehr gering: nur 3,7 Prozent der Vorsitzenden sind weiblich. 2b) Frankreich Im Jänner 2011 beschlossen: bis 2017 müssen jeweils 40 Prozent Frauen in den Aufsichts- und Verwaltungsräten börsennotierter und öffentlicher Unternehmen sowie Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, die einen Umsatz von mindestens 50 Mio Euro erwirtschaften, sitzen (Etappenziel: bis 2014 müssen 20 Prozent erreicht sein). Sanktion bei Nichterfüllung: alle Ernennungen, außer jene von Frauen, sind ungültig und die Ausbezahlung von Sitzungsgeldern kann gestoppt werden. Der Anteil der Frauen ist schon im Vorfeld der Diskussion stark gestiegen: von 10 auf 15,3 Prozent. 2c) EU- Ebene EU-Justizkommissarin Viviane Reding will im Sommer konkrete Vorschläge für eine EU- weite Frauenquote machen. Bis jetzt hat sie auf Freiwilligkeit gesetzt, da das aber kaum etwas gebracht hat, werden nun verpflichtende Bestimmungen eingeführt. Instrumente zur Entschärfung von schleppendem Karriereverlauf: 1. Vorbilder schaffen, sprich Frauen tatsächlich befördern, nicht nur immer davon reden! 2. Mentoringprogramme durchführen. (mehr Infos bei GPA-djp Frauen) 3. Freiwillige Quotenverpflichtung: Betriebsvereinbarung verhandeln, dass bei gleicher Qualifikation jenes Geschlecht zu bevorzugen ist, das mit weniger als 40 % in Führungspositionen dieser Hierarchieebene vertreten ist. 4. Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis als wichtiges Ziel bei Personalentwicklung berücksichtigen, dies auch als persönliches Leistungsziel für Personalverantwortliche formulieren und bei Erfolg entsprechend belohnen. 5. Sensible Formulierung von Stellenausschreibungen – Frauen sollen sich nicht gleich ausgeschlossen sondern angesprochen fühlen! 6. Längerfristige Personalplanung: Erhebung welche Personen als zukünftige Führungskräfte in Betracht kommen, entsprechende Ausbildungen und Trainings- on-the-job (z.B. als befristete StellvertreterInnen, für Projekte, etc.) 7. Unausgesprochene Erwartungen im Unternehmen kritisch beleuchten und eventuell korrigieren- z.B. eine Führungsposition und Zeit für die Familie ist ein Widerspruch; Viel leistet der, der am längsten im Haus ist etc. Das schreckt nicht nur talentierte Frauen ab! 8. In Bereichen, in denen besonders viele Frauen arbeiten und in denen es kaum Entwicklungspotential und Aufstiegsmöglichkeiten gibt, solches finden! z.B. Schreibkräfte zu SachbearbeiterInnen etc. Unterlagen zur GPA-djp SekretärInnen- Tagung 7./8.05.2012 Wagrain 3 Autorin: Barbara Marx, Stand April 2012