Seit vielen Jahrzehnten wird Polyamid 6 in kontinuierlichen Polymerisationsanlagen hergestellt.
Die anfänglich eingesetzten Granuliersysteme mit Strangkühlbad und Trockenschnitt sind auch heute noch teilweise im Einsatz. Später haben sich dann Systeme mit automatischer Strangzuführung und Nassschnitt durchgesetzt. Seit mehr als zehn Jahren sind nun Unterwasser-Granulier-Systeme in PA6-Polymerisationsanlagen im Einsatz. Ein ausführlicher Systemvergleich zwischen der Unterwassergranulierung (UWG) und den verschiedenen Versionen von Stranggranulierungen zeigt, wo der Trend hingeht.
Algumas Palavras aos meus Jovens Irmãos da Rússia - Mikhail Bakunin
Web Fachaufsatz KVI Weber UWG in der Polymerisation
1. Unterwassergranulierungen (UWG) in der Polyamid 6-Herstellung
Seit vielen Jahrzehnten wird Polyamid 6 in kontinuierlichen Polymerisationsanlagen hergestellt.
Die anfänglich eingesetzten Granuliersysteme mit Strangkühlbad und Trockenschnitt sind auch
heute noch teilweise im Einsatz. Später haben sich dann Systeme mit automatischer
Strangzuführung und Nassschnitt durchgesetzt. Seit mehr als zehn Jahren sind nun
Unterwasser-Granulier-Systeme in PA6-Polymerisationsanlagen im Einsatz. Ein ausführlicher
Systemvergleich zwischen der Unterwassergranulierung (UWG) und den verschiedenen
Versionen von Stranggranulierungen zeigt, wo der Trend hingeht.
Bild 1: Komplette Unterwassergranulierung
Klassische Stranggranulierungen mit Kühlbad erfordern einen hohen personellen
Überwachungsaufwand. Sie sind praktisch nicht automatisiert und haben deshalb eine
vergleichbar geringe Verfügbarkeit. Daher werden immer mehrere redundante Systeme
benötigt, was die Instandhaltungskosten in die Höhe treibt. Durch die Verteilung der
Gesamtkapazität auf viele Einzelmaschinen ist das Ausfallrisiko der Gesamtanlage jedoch
minimiert und Anlagenverfügbarkeiten von über 99% sind so realisierbar. Das hohe Alter dieser
Art von Maschinen bedingt jedoch eine zunehmend eingeschränkte Verfügbarkeit von
Ersatzteilen und birgt damit erhebliche Risiken.
Beim Einsatz eines Granuliersystems mit einer automatischen Strangzuführung wird meist auf
redundante Maschinen verzichtet. Nur bei höheren Anlagendurchsätzen erscheint der Einsatz
von parallel arbeitenden Systemen sinnvoll, da diese Systeme in der Investition und Erhaltung
deutlich kostenintensiver sind. Das Ausfallrisiko der Gesamtanlage ist bei Einzelmaschinen
deshalb im Vergleich am höchsten. Ebenfalls hoch ist der Platzbedarf für Strang-
Granuliermaschinen. Zur Sicherung eines zuverlässigen Betriebs und einer guten
Granulatqualität erfordern Stranggranulierungen eine häufige Reinigung, Inspektion und
Wartung der Schneidwerkzeuge. Üblicherweise werden diese Arbeiten während einer geplanten
Produktionsunterbrechung ein bis zwei Mal wöchentlich durchgeführt. Das für diese
Wartungsarbeiten erforderliche, besonders geschulte Fachpersonal, sowie weiteres Personal für
die Reinigungsarbeiten muss beim Betreiber auch für spontane Maschinenausfälle ständig
vorgehalten werden. Insgesamt erreichen solche Anlagen in der Regel Verfügbarkeiten von
maximal 96%. Für Maschinenbaureihen vor 1990 sind inzwischen einige Verschleiß- und
Ersatzteile nicht mehr beschaffbar und es muss auf Gebrauchtmaschinen als Ersatzteilspender
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2. oder auf teure Nachbauten zurückgegriffen werden. Die Schneidrotore sind regelmäßig
nachzuschleifen. Zu diesem Zweck müssen sie ausgebaut und an spezialisierte
Reparaturwerkstätten eingeschickt werden. Diese Reparaturen sind teils langwierig und teuer,
so dass teure Ersatz-Rotore beim Betreiber vorgehalten werden müssen.
Bild 2: Inline-Schleifvorrichtung für Lochplatten
An Unterwassergranulierungen entfallen Reinigungs- und Einstellarbeiten fast vollständig.
Beispielsweise erfolgt die Anpressung der Schneidmesser kontinuierlich während laufender
Produktion. Erzwungene Produktionsunterbrechungen wie bei Strang-Granulierungen sind
hierfür nicht erforderlich. So werden in der Praxis unterbrechungsfreie Maschinenlaufzeiten von
mehreren Wochen und Monaten erreicht. Bei Ausfall einer Maschine genügt in der Regel ein
erfahrener Bediener zur Beseitigung der Störung und schnellen Inbetriebnahme. Für das
Nachschleifen der Lochplatten sind Werkzeuge verfügbar, welche direkt auf den Granulator
gespannt werden können und das Nachschleifen innerhalb weniger Minuten innerhalb der Linie
und ohne aufwändige Demontagearbeiten erledigen. In größeren Polymerisationsanlagen
werden auch bei Unter-Wasser-Granuliersystemen gern redundante Maschinen eingesetzt, in
der Regel je Reaktorlinie zwei Stück parallel. So kann mindestens 50% der Anlagenkapazität bei
Ausfall einer Maschine abgesichert werden. Auf Grund des hohen Automatisierungsgrades
erreichen Unterwassergranulierungen Verfügbarkeiten von über 98%, was bei mehreren
redundanten Maschinen Gesamtanlagenverfügbarkeiten von mehr als 99% ermöglicht. In
kleineren Anlagen wird wegen der hohen Verfügbarkeit aber oft auf eine redundante Maschine
verzichtet und stattdessen lediglich ein Stand-By-Granulator, welcher innerhalb weniger Minuten
in Betrieb genommen werden kann, eingesetzt.
Systemaufbau von Unterwassergranulierungen
Je nach Aufgabenstellung bieten sich unterschiedliche Konzepte zum Austrag der Schmelze aus
einem oder mehreren Reaktoren und die anschließende Verteilung auf ein oder mehrere
Granulierungen an. Dabei muss der Schmelzestrom aus jedem Polymerisationsreaktor mit
einem totraumfreien Absperrschieber unterbrochen werden können. Beim Einsatz von mehreren
Granulierungen wird der Schmelzestrom mit totraumfreien Verteilarmaturen aufgeteilt.
Zahnradpumpen übernehmen den Schmelzeaustrag und die Druckerhöhung. Zum Ausfiltern von
Inhomogenitäten kommen Bolzen-Siebwechsler in diskontinuierlich oder kontinuierlich
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3. arbeitender Ausführung zum Einsatz. Vor jeder einzelnen Unterwassergranulierung wird ein
Anfahrventil angeordnet. Daran schließt sich die Lochplatte mit der sogenannten Wasserbox, in
der das Polymer geschnitten wird, und dem Granulator an. Ein unverzichtbarer Anfahrbypass
dient dem schnellen, sicheren und reproduzierbaren An- und Abfahren des Granulierprozesses.
Die Abtrennung des Granulats vom Prozesswasser erfolgt in einem speziellen
Zentrifugaltrockner. Eventuell entstandene Agglomerate werden zuvor über einen
Agglomeratabscheider aus dem Prozess ausgeschleust. Eine Vorentwässerung zur Entlastung
des Granulattrockners sollte sinnvoller Weise verwendet werden. Empfehlenswert ist auch der
Einsatz eines Klassiersiebes, um Über- und Unterkorn abzutrennen.
Bild 3: Anfahrventil mit Lochplatte und Wasserbox
Zur kontinuierlichen Aufbereitung und Kreislauffahrweise des Prozesswassers dient ein
besonderes Wassersystem mit Filtration und Heizung bzw. Kühlung. Beim Einsatz mehrerer
Granulierungen wird gern auf ein gemeinsames Wassersystem zurückgegriffen.
Wichtige Nebenaggregate für diesen Anlagenaufbau sind die Hydraulikaggregate für den Betrieb
hydraulischer Schmelzeschieber, Siebwechsler und Anfahrventile, sowie Temperiergeräte für
die hydraulische Beheizung von Komponenten, wie etwa der Schmelzepumpe, dem
Schmelzeschieber und dem Siebwechsler. Alternativ sind elektrische oder dampfbeheizte
Aggregate möglich. Bei größeren Granulierungen wird auch eine hydraulische Beheizung der
Lochplatten erforderlich. Eine gute Isolierung der beheizten Komponenten reduziert dabei den
Energiebedarf und die Wärmeverluste.
Die gesamte Granulieranlage wird von einer komfortablen Steuerung als Package-Unit
überwacht und gesteuert. Über eine Koppelung der Steuerung an übergeordnete
Prozessleitsysteme kann die Visualisierung und ein Datenaustausch realisiert werden.
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4. Investitionskostenvergleich
Auf den ersten Blick erscheint eine Unterwassergranulierung nur geringfügig günstiger als eine
Stranggranulierung mit automatischer Strangzuführung. Betrachtet man jedoch das Gesamtbild,
so ist die UWG klar im Vorteil. Auf Grund der deutlich geringeren Aufstellfläche und des
geringeren Aufwandes für Reserveaggregate ist eine Unterwassergranulierung in der Investition
deutlich preiswerter. Auch in Altbauten bietet die Unterwassergranulierung wegen einer
wesentlich flexibleren Aufstellung klare Vorteile: Es können wertvolle Baufläche und Baukosten
gespart werden. Eine Absaugung und Aufbereitung von Monomerhaltiger Abluft ist bei der
Unterwassergranulierung nicht erforderlich. Dies bietet auch genehmigungsrechtliche Vorzüge.
Bei der Anordnung der Komponenten müssen viele Aspekte berücksichtigt werden und es
Bedarf großer Erfahrung bei Konzept, Planung und Auslegung. Beispielsweise bedeutet eine
hängende Anordnung des Granulators, dass dieser nur sehr aufwändig gewechselt werden
kann. Hierfür sind dann auch spezielle Vorrichtungen erforderlich. Die Hängekonstruktion selbst
stellt eine zusätzliche, sonst nicht erforderliche Stahlkonstruktion dar und treibt die Baukosten
nach oben.
Energiekostenvergleich
Auch energetisch bietet die Unterwassergranulierung klare Vorteile gegenüber der
Stranggranulierung. Auf Grund der geringeren erforderlichen Antriebsleistungen, deutlich
geringerer Heizleistungen und eines günstigeren Trocknerprinzips ergeben sich deutliche
Energieeinsparungen. Das Haupteinsparungspotential liegt bei der Prozesskühlung.
Stranggranulierungen müssen in der Polyamid 6-Herstellung mit Kaltwasser zum Teil deutlich
unterhalb 20° betrieben werden, während die Unterwassergranulierung mit normalem
C
Kühlwasser auskommt und bei höheren Temperaturen arbeitet. Da das Granulat den Trockner
dadurch auch deutlich wärmer verlässt, muss demzufolge weniger Energie für die erneute
Aufheizung in der Extraktion aufgewandt werden. Die Unterwassergranulierung kommt
außerdem mit etwa der Hälfte des zirkulierenden Granulierwassers wie bei einer
Stranggranulierung aus. Dadurch können auch Pumpen kleiner dimensioniert werden und sind
geringere Antriebsleistungen hierfür erforderlich.
Verfahrenstechnische Vorteile
Wegen des geschlossenen Systems bei der Unterwassergranulierung entweichen keinerlei
Monomerdämpfe. Stattdessen wird das Monomer im Prozesswasser gelöst. Dabei werden
Extrakt-Konzentrationen von mehr als 10% erreicht, die eine Aufbereitung des Prozesswassers
zur Rückgewinnung des Monomers wirtschaftlich sinnvoll machen. Dadurch ist eine UWG
praktisch abwasserfrei und es wird zusätzlich Geld für Rohstoffe eingespart.
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5. Bild 4: Granulattrockner mit Wassersystem
Deutliche Vorteile ergeben sich auch aus der Granulatform selbst. Durch die Kugelform wird bei
der anschließenden Extraktion und Trocknung des Granulates bei der Herstellung eine
Kapazitätsreserve geschaffen. Diese kann bei bestehenden Anlagen je nach Anlagendesign bei
über 10% liegen, ohne dass wesentliche Ausrüstungen getauscht werden müssen. Bei
Neuanlagen können diese Apparate kleiner dimensioniert werden. Der Grund hierfür liegt in der
Begünstigung der physikalischen Vorgänge bei der diffusions-getriebenen Extraktion. Auch bei
der Trocknung, deren Triebkraft die Differenz der Wasserdampf-Partialdrücke im Granulat und
Trocknungsgas ist, wirkt sich die kugelige Granulatform positiv aus. Wegen der in allen
Richtungen gleichen Wege für die extrahierbaren Bestandteile bzw. Restfeuchte aus dem
kugelförmigen Granulatkorn erfolgt die Extraktion und Trocknung wesentlich homogener und
schneller. Außerdem sind die Kontaktflächen zwischen den kugelförmigen Granulatkörnern in
der Schüttung auf Punktflächen begrenzt, wodurch sich dem Extraktionswasser bzw.
Trocknungsgas deutlich größere Oberflächen bieten und gleichzeitig die Druckverluste durch die
Granulatschüttung hindurch reduziert werden.
Aber auch bei der Verarbeitung von kugelförmigem Granulat ergeben sich praktische Vorteile.
Es kann festgestellt werden, dass sich ein besseres Dosierverhalten auf Grund einer
verbesserten Fließfähigkeit des Kugel-Granulates ergibt. Der Einzug des Granulates in den
Extruder und das Aufschmelzverhalten werden hierdurch ebenfalls begünstigt. Deshalb werden
geringere Antriebsleistungen benötigt, was wiederum deutliche Energieeinsparungen zur Folge
hat.
Marketing-Handicap – Granulatform?
In den vergangenen Jahren haben marktführende Hersteller nahezu ihre gesamte Kapazität auf
Unterwassergranulierungen umgestellt und so den Markt mit kugelförmigem Granulat beliefern
zu können. Mittlerweile hat diese Technologie im Bereich der Polyamid 6-Herstellung einen
Marktanteil von über 20% an der weltweiten Gesamtkapazität erreicht und den
Stranggranulierungen den Rang abgelaufen. Dieser Trend setzt sich eindeutig weiter fort. Bei
Neuanlagen wird nahezu ausschließlich Unterwasser-Granuliertechnik eingesetzt. Da sich auch
bei der Verarbeitung des kugelförmigen Granulates Vorteile ergeben, setzen Verarbeiter
zunehmend auf dieses Material. Insbesondere bei Spinnanwendungen in Fernost, aber auch
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6. zunehmend im Compoundbereich hat sich die Granulatform durchgesetzt und es wird in den
nächsten Jahren ein weiterer deutlicher Zuwachs erwartet.
Bild 5: Kugelförmige Unterwassergranulate
Fazit
In den letzten elf Jahren hat sich die Unterwasser-Granuliertechnik in der Polyamid 6-
Polymerisation durchgesetzt und die klassische Stranggranulierung verdrängt. Namhafte
Hersteller haben nahezu Ihre gesamte Produktion auf Unterwassergranulierungen umgestellt.
Neuanlagen werden fast ausnahmslos mit dieser Technologie ausgerüstet. Dieser Trend wird
durch die Vorzüge der Unterwassergranulierung bei den Investitions- und Betriebskosten, kurze
Amortisationszeiten aber auch durch die sich ergebenden verfahrentechnischen Vorteile
begründet. Kugelförmiges Polyamid 6-Granulat ist auf Grund seiner guten Verfügbarkeit und
Vorteile bei der Verarbeitung inzwischen im Markt bevorzugt. Bei der Planung, Auslegung und
dem Aufbau einer Unterwassergranulierung sind vielfältige Einflussfaktoren zu berücksichtigen.
Die BKG Bruckmann & Kreyenborg Granuliertechnik GmbH aus Münster ist Marktführer und
Vorreiter bei der Einführung der Unterwassergranulierung in Polymerisationsanlagen.
Der Autor
Maik Weber studierte chemische Technologie an der Fachhochschule Magdeburg. Seit 1990
war er zunächst bei der BASF und später bei DOMO tätig. Als Produktionsleiter und Projektleiter
kann er auf umfangreiche praktische Erfahrung und Fachwissen zurückgreifen. Seit 2007
betreibt er ein Beratungs- und Vertriebsbüro mit Schwerpunkt Polymertechnologie. Er ist
Mitglied im VDI sowie im POLYKUM e.V. und WIP e.V.
KVI Weber, Schleswiger Str. 6, 06749 Bitterfeld, www.kvi-weber.de, Tel. 03493 360279
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