Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Almstedt, Schröder: Rechtsformen öffentlicher Theater – Teil 2
1. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
Rechtsformen öffentlicher Theater –
Teil 2
Privatisierungsblendwerk oder Effizienzkriterium
Dr. Matthias Almstedt
Diplom-Kaufmann, Kaufmännischer Direktor und Geschäftsführer der Saarländi-
sches Staatstheater GmbH, Saarbrücken
C
Michael Schröder 1.4
Rechtsanwalt, Stellvertreter des Geschäftsführenden Direktors des Deutschen
S. 1
Bühnenvereins – Bundesverband der Theater und Orchester, Köln
Inhalt Seite
4. Gestaltung des Rechnungswesens 2
4.1 Die Kameralistik – Rechnungsform der Regiebetriebe 2
4.2 Die Anwendung der Doppik beim Eigenbetrieb und bei der GmbH 5
4.3 Buchführungssystem und Kostenrechnung 8
5. Steuerrechtliche Aspekte 9
5.1 Steuerpflicht und Steuerbefreiung für Theater am Beispiel der
Körperschaftsteuer 9
5.2 Gemeinnützigkeit des Theaters als Grund für die Steuerbefreiung 10
5.3 Die Unterscheidung von steuerbefreitem Zweckbetrieb und
steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb 11
5.4 Hinweis auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der Gewerbesteuer 13
5.5 Die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht für Theater 13
6. Zusammenfassung 14
Der vorhergehende Beitrag über Rechtsformen öffentlicher Theater wird an die-
ser Stelle fortgesetzt u. a. mit Erläuterungen zur Gestaltung des Rechnungswesen
und steuerrechtlichen Aspekten. Er schließt mit einem Überblick über die einzel-
nen Rechtsformen und ihren Merkmalen.
43 Kultur & Recht Dezember 2008
2. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
4. Gestaltung des Rechnungswesens
Die Wahl der Rechtsform determiniert den im Theater anzuwendenden Rech-
nungsstil: die Kameralistik oder die Doppik (die im allgemeinen Sprachgebrauch
auch als doppelte oder kaufmännische Buchführung bezeichnet wird).
4.1 Die Kameralistik – Rechnungsform der Regiebetriebe
Für den Regiebetrieb gilt das kommunale Haushaltsrecht, das auf der Kamera-
listik beruht. Mit dem Einsatz der Kameralistik wird vorrangig das Ziel der Re-
C chenschaftslegung verfolgt: Als Haushaltsrechnung ist sie die Ist-Rechnung zu
1.4 den Sollvorgaben des Haushaltsplans und informiert darüber, inwieweit die zur
Verfügung stehenden Mittel für die vorgesehenen Zwecke tatsächlich ausgegeben
S. 2
und die Vorgaben der Planung, die Planansätze, eingehalten worden sind. Dieser
Nachweis der korrekten, also dem Haushaltsansatz entsprechenden Verwendung
der Geldmittel ist der Hauptzweck der Kameralistik.
Regiebetriebe werden haushaltstechnisch als so genannte Bruttobetriebe be-
zeichnet. Sie verfügen über keine eigenständige Haushaltsführung. Damit findet
jede einzelne Einnahme und Ausgabe des Betriebs, hier des Theaters, Eingang in
die Gesamtrechnung des Trägers, also beispielsweise einer Kommune.
Grundsätzlich gilt im kameralen System das Prinzip der fachlichen Bindung,
das zu einer Einschränkung der Haushaltsführung führen kann. Denn Einnahmen
sind an den fixierten Entstehungsgrund gebunden, und Ausgaben dürfen nur für
den einmal festgelegten Zweck verwendet werden. So bedeutet dies für ein als
Regiebetrieb geführtes Theater, dass Finanzmittel, die beispielsweise für Perso-
nalkosten im Verwaltungsbereich eingestellt sind, im Rahmen des Haushaltsplans
nicht einfach für den Einkauf von Materialien für ein weiteres Bühnenbild ver-
wendet werden dürfen – auch dann nicht, wenn das Geld übrig ist, weil eine
Planstelle in der Verwaltung z. B. für ein halbes Jahr nicht besetzt war.
Weiterhin einengend kann das Prinzip der Gesamtdeckung wirken. Dies besagt,
dass Einnahmen, die von einer Einrichtung des Trägers, hier dem Theater, erwirt-
schaftet werden, nicht dem Theater selbst zugute kommen, sondern zurück in den
Gesamthaushalt des Trägers fließen. Mit anderen Worten: Erwirtschaftete „Über-
schüsse“ oder – exakter formuliert – positive finanzielle Abweichungen vom Haus-
haltsplan verbleiben nicht im Theater, sondern müssen an den Träger abgeführt
werden. Ein Umstand, der die Verantwortlichen im Theater nicht gerade zum wirt-
schaftlichen Handeln anreizt und deren Folgen in der Praxis auch als „Dezember-
fieber“ bekannt sind: Möglichst noch die (erwirtschafteten) überschüssigen Mittel
vor Abschluss des Haushaltsjahres ausgeben, bevor sie in den Gesamthaushalt
zurückgeführt werden müssen. So kommen beispielsweise erhöhte Betriebsein-
nahmen aufgrund einer höheren als der geplanten Zuschauerresonanz im Zweifel
nicht dem Theater selbst, sondern dem Träger(haushalt) zugute.
43 Kultur & Recht Dezember 2008
3. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
Das kamerale System beschränkt sich aufgrund der haushaltsrechtlichen Bestim-
mungen auf die Darstellung von Zahlungsvorgängen. Es findet regelmäßig erst
dann eine Verbuchung statt, wenn tatsächlich Geld in Form eines Zahlungsein-
gangs bzw. -ausgangs fließt. Diese Geldbewegungen werden auf entsprechenden
Konten gebucht und können somit dem Planansatz dieses Kontos gegenüberge-
stellt werden.
Wenn beispielsweise eine Rechnung für geliefertes Holz bezahlt wird, so
wird (erst zu diesem Zeitpunkt) der Rechnungsbetrag auf dem Konto
„Material“ gebucht und erhöht somit den Bestand dieses Kontos.
Durch Gegenüberstellung mit dem Ansatz im Haushaltsplan kann (auch erst zu C
diesem Zeitpunkt) überprüft werden, wie viel Geld (Budget) noch für Material- 1.4
ausgaben zur Verfügung steht. S. 3
Durchgängig kann so jedoch nicht das Ziel verfolgt werden, zu jedem Zeitpunkt
eine möglichst aktuelle und genaue Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des
Betriebes zu erhalten. Denn Geschäftsvorgänge, die zwar schon „begonnen“
haben, bei denen aber bislang kein Zahlungsfluss stattgefunden hat, sind noch
nicht berücksichtigt. So sind durch die Vereinbarung zur Lieferung von Materia-
lien bereits Forderungen entstanden, die jedoch buchhalterisch noch nicht ausge-
wiesen sind, da die Rechnung hierfür noch nicht eingegangen bzw. noch nicht
überwiesen worden ist.
Die dargestellten Hemmnisse für eine effiziente Wirtschaftsführung beziehen sich
auf die „Reinform“ des Regiebetriebs. Mittlerweile wurden in vielen Kommunen
und Ländern diese Probleme erkannt und Regelungen entsprechend gelockert
(z. B. Wegfall der Prinzipien der fachlichen Bindung und der Gesamtdeckung), so
dass auch als Regiebetriebe geführte Theater über ein hinreichendes Ausmaß an
Flexibilität verfügen können. Diese Bestrebungen sind ganz allgemein unter dem
Schlagwort „Globalhaushalt“ zusammengefasst.
Am weitesten ist man diesbezüglich beim so genannten optimierten Regiebe-
trieb gegangen, einem Regiebetrieb, der nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten
geführt wird. Für Nordrhein-Westfalen ist die einschlägige Regelung in § 107
Abs. 2 Satz 2. u. 3 GO zu finden.
Beim optimierten Regiebetrieb handelt es sich rechtlich gesehen nicht um eine
eigenständige Rechtsform, sondern um einen Regiebetrieb, bei dem der für diese
Rechtsform mögliche Gestaltungsspielraum zur Anwendung gebracht wurde. Die
im Rahmen der kameralen Haushaltsführung existierenden Möglichkeiten einer
wirtschaftlichen und flexiblen Haushaltsführung wurden genutzt, also optimiert.
43 Kultur & Recht Dezember 2008
4. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
So ist ein Abweichen vom im reinen Regiebetrieb praktizierten Prinzip der fach-
lichen Bindung hier möglich. Erhöhte Einnahmen aus Eintrittskartenverkäufen
können so z. B. dazu genutzt werden, ein Bühnenbild opulenter als geplant zu
gestalten oder ein zusätzliches Konzert des Theaterorchesters anzubieten.
Des Weiteren kann die Aufhebung des Prinzips der Gesamtdeckung vereinbart
werden. So hat ein Theater die Chance, finanzielle Mittel aus nicht getätigten
Ausgaben zeitlich in das folgende Haushaltsjahr zu übertragen und so Kapital für
ein geplantes großes künstlerisches Projekt der kommenden Spielzeit(en) zu
kumulieren. In der Praxis werden dadurch Projekte wie die Inszenierung von
Richard Wagners vierteiligem Opernzyklus‘ „Der Ring des Nibelungen“ regel-
C mäßig erst möglich.
1.4
S. 4 Darüber hinaus kann der optimierte Regiebetrieb teilweise von der restlichen
Verwaltung abgetrennt werden, was im Theater unter anderem dazu genutzt wer-
den kann, das Haushaltsjahr der Spielzeit anzupassen.
Gleichzeitig ist dem optimierten Regiebetrieb jedoch aufgrund seines Status‘ als
Regiebetrieb im Gegensatz zum Eigenbetrieb und zur GmbH (siehe Kap. 4.2)
auch weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit den Querschnittsämtern des Trä-
gers möglich. So kann die zentrale Personalstelle die Vergütungsabrechnung
übernehmen oder das Rechtsamt bei rechtlichen Problemen zu Rate gezogen
werden.
Neben dem Regiebetrieb unterliegt auch der Zweckverband dem kommunalen
Haushaltsrecht. Für ihn gelten somit ebenfalls grundsätzlich die Vorgaben der
Kameralistik. Nur für wirtschaftliche Zweckverbände kann in der Verbandssat-
zung festgelegt werden, dass die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen
analog zu den Eigenbetrieben nach kaufmännischen Grundsätzen (Doppik, Wirt-
schaftsplan etc.) erfolgen. Für Nordrhein-Westfalen ist dies in § 18 Abs. 3 GkG
(Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit) geregelt. Da als Zweckverband
organisierte Theater jedoch zu den nichtwirtschaftlichen Einrichtungen zählen,
bleibt ihnen diese Möglichkeit vorenthalten.
Ebenso wenden auch die beiden als Anstalten des öffentlichen Rechts geführten
Landesbühnen in Baden-Württemberg die Kameralistik als Rechnungsstil an.
Maßgeblich sind hierfür das Errichtungsgesetz bzw. der Errichtungsbeschluss
sowie die Satzung der jeweiligen Anstalt (zu den Kommunalunternehmen als
besondere Form der öffentlich-rechtlichen Anstalt siehe diesbezüglich Kap. 4.2).
43 Kultur & Recht Dezember 2008