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Brelle: Werberecht in der Kulturmanagement-Praxis. Verhaltensrichtlinien des Deutschen Werberats
1. G Presse-, Persönlichkeits- und PR-Recht
G3 PR-Recht
Werberecht
in der Kulturmanagement-Praxis
Verhaltensrichtlinien des Deutschen Werberats
Jens O. Brelle
Rechtsanwalt in Hamburg, Kanzlei für Urheber- und Medienrecht; Rechtsdozent
an der Akademie Medien & Design GmbH und Institut für Kultur- und Medien-
management der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg
Inhalt Seite
1. Herabwürdigende und diskriminierende Werbung 2
1.1 Verhaltensregeln 2
1.2 Beispielsfälle 3
2. Werbung mit und vor Kindern 4
2.1 Verhaltensregeln 4
2.2 Beispielsfälle 5
3. Werbung mit unfallriskanten Bildmotiven & Verkehrsgeräuschen 6
Checkliste: Herabwürdigende/diskriminierende Werbung 2 G
Checkliste: Werbung mit und vor Kindern 4 3.1
S. 1
Auch die Kulturmanagement-Praxis muss sich mit werberechtlichen Vorschriften
auseinandersetzen. Insbesondere gelten hier die wettbewerbsrechtlichen Vor-
schriften (s. Kapitel F 4.1), die Vorschriften zum Recht am eigenen Bild (s. Ka-
pitel G 2.2) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (s. Kapitel. G 2.1).
Daneben hat der Deutsche Werberat in einigen Bereichen freiwillige Verhaltens-
regeln aufgestellt, die den lauteren und leistungsgerechten Wettbewerb in beson-
ders gesellschaftsrelevanten Bereichen wie der Kultur und den Medien unterstüt-
zen sollen.
Der 1972 gegründete Deutsche Werberat ist das selbstdisziplinäre Organ der
Kommunikationswirtschaft und arbeitet als Konfliktregler zwischen Beschwerde-
führern aus der Bevölkerung und werbetreibenden Unternehmen. Der Deutsche
Werberat wurde nach dem Vorbild des amerikanischen Advertising Review Board
(ARB) und der britischen Advertising Standards Authority (ASA) gegründet.
28 Kultur & Recht Mai 2005
2. G Presse-, Persönlichkeits- und PR-Recht
G3 PR-Recht
1. Herabwürdigende und diskriminierende
Werbung
1.1 Verhaltensregeln
Die Grundsätze des Deutschen Werberats zur Herabwürdigung und Diskriminie-
rung von Personen (Fassung von 2004):
In der kommerziellen Werbung dürfen Bilder und Texte nicht die Menschenwürde
und das allgemeine Anstandsgefühl verletzen. Insbesondere darf Werbung - gera-
de gegenüber Kindern und Jugendlichen - nicht den Eindruck erwecken, dass
bestimmte Personen minderwertig seien oder in Gesellschaft, Beruf und Familie
willkürlich behandelt werden können.
Checkliste: Herabwürdigende/diskriminierende Werbung
Vor allem dürfen keine Aussagen oder Darstellungen verwendet werden:
die Personen wegen ihres Geschlechts, ihrer Abstammung, ihrer Rasse, ihrer
Sprache, ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer politischen Anschauung, ihres
Alters oder ihres Aussehens diskriminieren;
die Gewalt oder die Verharmlosung von Gewalt gegenüber Personen enthal-
ten;
G
3.1 die den Eindruck erwecken, Personen seien käuflich zu erwerben,
S. 2 die den herrschenden allgemeinen Grundüberzeugungen widersprechen (zum
Beispiel durch übertriebene Nacktheit);
die Personen auf ihre rein sexuelle Funktion reduzieren und/oder deren stän-
dige sexuelle Verfügbarkeit nahe legen;
die pornografischen Charakter besitzen.
Ob ein Verstoß gegen diese Grundsätze vorliegt, hängt insbesondere von folgen-
den Kriterien ab:
- Eindruck des verständigen Durchschnittsverbrauchers;
- Charakter des Mediums;
- Art des beworbenen Produkts/der beworbenen Dienstleistung;
- aktuell herrschende Auffassung über Sitte, Anstand und Moral in der Gesell-
schaft;
- dargestellte gesellschaftliche Wirklichkeit wie beispielsweise in redaktionel-
len Teilen der Medien, Film oder Theater.
28 Kultur & Recht Mai 2005
3. G Presse-, Persönlichkeits- und PR-Recht
G3 PR-Recht
1.2 Beispielsfälle
Junge Frauen kündigen auf Plakaten an Bushaltestellen für die 'BILD'-
Zeitung den Bericht ihrer sexuellen Praktiken an: "Mittags krieg ich Hun-
ger. Auf Sex."
Rüge: Erniedrigung für Frauen.
Spruch "Komm Poppen" als Werbung für Alkohol
Rüge: Werbung darf nicht den Eindruck erwecken, mit alkoholischen
Getränken könne der sexuelle Erfolg gefördert werden.
Spruch "Das Vaterunser des Gräf's Pflümli“
Rüge: Verletzung religiöser Gefühle.
Darstellung eines Haufens von Steinen und ein „Prosit“ mit den Worten
"Auf den Heiligen Stephanus".
Rüge: Der Heilige Stephan war wegen seines Glaubens gesteinigt worden
– die Firma wirbt so mit dem Foltertod.
Prospekte der Hamburger Fitness Studios "Feuersports“. Dort wurde der
Hintern einer breitbeinig knieenden Frau in Spitzenunterwäsche als Wer-
bemotiv eingesetzt. Überschrift: "Falls Sie ihre Fitness suchen..." G
3.1
Rüge: Der Werberat rügte diese Kampagne als frauenerniedrigend. Die
S. 3
Anzeige habe keinen Bezug zu den beworbenen Fitness-Studios und
degradiere Frauen zu einem sexuell verfügbaren Objekt.
Eine Hamburger Recycling-Firma warb mit großformatigen Plakate mit
einer onanierender Frau und dem Spruch "Selber machen ist geil!“
Rüge: Sexuelle Erniedrigung.
28 Kultur & Recht Mai 2005
4. G Presse-, Persönlichkeits- und PR-Recht
G3 PR-Recht
2. Werbung mit und vor Kindern
2.1 Verhaltensregeln
Verhaltensregeln des Deutschen Werberates für die Werbung mit und vor Kindern
in Hörfunk und Fernsehen (Fassung von 1998).
Checkliste: Werbung mit und vor Kindern
Bei der Werbung mit Kindern und bei der Werbung, die sich speziell an Kinder
wendet, sind insbesondere die nachstehenden Grundsätze bei der Gestaltung und
Durchführung von Werbemaßnahmen zu beachten:
Sie sollen keinen Vortrag von Kindern über besondere Vorteile und Eigenar-
ten des Produktes enthalten, der nicht den natürlichen Lebensäußerungen des
Kindes gemäß ist;
Sie sollen keine direkten Aufforderungen zu Kauf oder Konsum an Kinder
enthalten;
Sie sollen keine direkten Aufforderungen von Kindern und/oder an Kinder
enthalten, andere zu veranlassen, ein Produkt zu kaufen. Sie sollen nicht das
besondere Vertrauen, das Kinder bestimmten Personen entgegenzubringen
pflegen, missbräuchlich ausnutzen;
Aleatorische Werbemittel (z. B. Gratisverlosungen, Preisausschreiben und -
G
rätsel u. ä.) sollen die Umworbenen nicht irreführen, nicht durch übermäßige
3.1 Vorteile anlocken, nicht die Spielleidenschaft ausnutzen und nicht anreiße-
S. 4 risch belästigen;
Sie sollen strafbare Handlungen oder sonstiges Fehlverhalten, durch das
Personen gefährdet werden können, nicht als nachahmenswert oder billi-
genswert darstellen oder erscheinen lassen. Für die Werbung im Fernsehen
mit Jugendlichen und die Fernsehwerbung, die sich speziell an Jugendliche
wendet sowie das Teleshopping, gilt darüber hinaus unter Berücksichtigung
der Bestimmungen der EU-Fernsehrichtlinie vom 3. Oktober 1989 i. d. Fas-
sung vom 30. Juni 1997;
Es sollen keine direkten Kaufaufforderungen an Jugendliche gerichtet wer-
den, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen;
Jugendliche sollen nicht unmittelbar dazu aufgefordert werden, ihre Eltern
oder Dritte zum Kauf der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu bewegen;
Es soll nicht das besondere Vertrauen, das Jugendliche zu Eltern, Lehrern und
anderen Vertrauenspersonen haben, ausgenutzt werden;
Jugendliche sollen nicht ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen
gezeigt werden.
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