Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Bretz: Der Vertrag zwischen Künstler und Galerie
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
Der Vertrag zwischen Künstler und
Galerie
Ein Leitfaden mit Vertragsmuster
Alexander Bretz
Rechtsanwalt in Berlin, spezialisiert auf die Beratung und Vertretung von Mode-
und Produktdesignern, www.DesignLawForce.com.
Inhalt Seite
1. Künstler – Galerie – Käufer: ein juristisches
Dreipersonenverhältnis 2
1.1 Die Ausgangslage 2
1.2 Urheber- und sozialrechtliche Abgabenbelastung 4
2. Grundzüge der Leistungsvereinbarung 6
2.1 Notwendiger Vertragsinhalt 6
2.2 Vollständigkeit der Leistungsvereinbarung 7
2.3 Ausstellungshonorar? 7
3. Störungsrisiken bei der Vertragsdurchführung 9
3.1 Hauptsächliche Problemkreise 9
3.2 Lösungsmechanismen 12
4. Vertragsmuster mit Anmerkungen 14
Künstler und Galerie verfolgen als Geschäftspartner gemeinsame Ziele: die Aus-
stellung und den Verkauf von Kunstwerken. Wichtig für eine gute Zusammenar-
beit ist ein Vertrag. Dabei stellt sich jedoch die Frage, zwischen wem er geschlos-
sen werden sollte. Denn es handelt sich schließlich um ein Dreipersonenverhält-
nis: Künstler – Galerie – Käufer. In dem nachfolgenden Beitrag werden die ver- L
schiedenen juristischen Gestaltungsmöglichkeiten vorgestellt und insbesondere 3.4
hinsichtlich Vor- und Nachteile betrachtet. Ein Vertragsmuster wird Sie bei der S. 1
Umsetzung in der Praxis unterstützen.
34 Kultur & Recht August 2006
2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
1. Künstler – Galerie – Käufer:
ein juristisches Dreipersonenverhältnis
1.1 Die Ausgangslage
Ein Künstler hat einen Galeristen, der seine Werke verkauft. Dieser auf den ersten
Blick recht einfache Sachverhalt wird juristisch vielseitig, da drei Personen daran
beteiligt sind: Künstler, Galerist und Käufer. Das Spektrum der juristischen Mög-
lichkeiten eröffnet sich dabei an der – ebenfalls noch harmlos erscheinenden –
Frage, ob Vertragspartner des Käufers der Künstler selbst oder der Galerist ist.
Diesen beiden Varianten entsprechen dann folgende Vertragsverhältnisse:
Käufer kauft vom Galeristen
Dann muss der Galerist entweder vorher selbst vom Künstler gekauft haben oder
den Kaufvertrag in Vertretung des Künstlers zustandebringen. Anders als bei
Tankstellen („Verkauf erfolgt für Namen und Rechnung der ... AG“) erscheint
dies jedoch nicht gerade förderlich für das Renommee von Künstler und Galerie.
Hat die Galerie etwa nicht genug Geld, um die Werke anzukaufen? Oder ist der
Künstler nicht gut genug, dass die Galerie ihn ankaufen würde? Doch juristisch
gibt es eine Möglichkeit zum Verkauf ohne vorherigen eigenen Erwerb durch die
Galerie: die so genannte verdeckte Stellvertretung, besser bekannt als Kommissi-
on (§§ 383 ff. des Handelsgesetzbuches – HGB). Dabei handelt die Galerie (als
Kommissionär) im eigenen Namen, aber für Rechnung des Künstlers. Die Stell-
vertretung wird also für einen Käufer nicht erkennbar.
Künstler
Verkauf oder Kommission
Galerie
Verkauf
Käufer
L
3.4
S. 2
34 Kultur & Recht August 2006
3. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
Käufer kauft vom Künstler
Dann hat der Galerist dem Künstler seine Räume zur Verfügung gestellt (Miet-
vertrag), den Kauf vermittelt (Maklervertrag) und z. B. die Vernissage ausge-
richtet (Dienstleistung oder allgemeine Geschäftsbesorgung). Der Nachteil auch
dieser Gestaltung: Wird diese Gestaltung für (potenzielle) Käufer wahrnehmbar,
geraten Künstler und noch mehr die Galerie – berechtigt – unter Verdacht. Liegt
die Schlüsselqualifikation der Galerie vor allem bei der Raumvermietung, Veran-
staltungsdurchführung und Vertragsvermittlung, wird sich die Kunstkompetenz in
Grenzen halten.
Ausstellung
Künstler Galerie
Verkauf
Käufer
Im seriösen Galeriegeschäft bleiben also grundsätzlich eigentlich nur zwei Ver-
tragsgestaltungen: zum einen der Eigenerwerb durch die Galerie mit Weiterver-
kauf an den Käufer, zum anderen der Verkauf des Werkes in Kommission durch
die Galerie für den Künstler.
Dabei lassen sich die gewünschten Effekte der Kommission durchaus auch annä-
hernd beim Eigenerwerb durch die Galerie erreichen. So kann beispielsweise ein
Rücktrittsrecht zu Gunsten der Galerie vereinbart werden (§§ 346 ff. des Bürger-
lichen Gesetzbuches – BGB), oder der Kaufvertrag kann auflösend (für den Fall
der Nichtverkäuflichkeit) bedingt oder befristet werden (§§ 158, 163 BGB).
Nachteil bei all diesen Gestaltungen ist aber dann die gesetzliche Haftungsrege-
lung. Danach ist ein Rücktritt oder eine Vertragsauflösung durch die Galerie auch
dann noch möglich, wenn das Kunstwerk – insbesondere aufgrund von Beschädi-
gung oder Zerstörung – nicht mehr zurückgegeben werden kann (§ 346 BGB und
§ 160 Abs. 2 BGB). Und eine Haftung für den Schaden ist allenfalls begrenzt
vorgesehen. Infolgedessen ist dieses Risiko dann auch nicht – oder nur sehr teuer L
– zu versichern. Schließlich entfällt beim Eigenerwerb durch die Galerie ein 3.4
Mitspracherecht des Künstlers bei der Festlegung des Verkaufspreises. Ein Mit- S. 3
spracherecht des Künstlers kann dabei auch nicht vertraglich vereinbart werden,
da dies als so genannte Preisbindung gem. § 14 des Kartellgesetzes (GWB) ver-
boten (und damit unwirksam) ist.
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4. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
1.2 Urheber- und sozialrechtliche Abgabenbelastung
Die Entscheidung zwischen den beiden Gestaltungen wird neben der Annahme
des in Zukunft für das Kunstwerk erzielbaren Preises sowie der Finanzkraft und
Lagerkapazität der Galerie vor allem von urheber- und sozialrechtlichen Rah-
menbedingungen abhängen:
Folgerecht
§ 26 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) verpflichtet Kunsthändler und Kunstver-
steigerer – also auch Galeristen – bei Weiterveräußerungen eines Kunstwerks
einen Anteil des Weiterveräußerungserlöses an den Urheber oder, im Falle seines
Todes, an seinen Rechtsnachfolger zu zahlen. Dieses so genannte Folgerecht
(s. Beitrag L 3.2) steht auch den Erben bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers
zu. Anspruchsberechtigt sind außer deutschen Künstlern auch Künstler aus den-
jenigen Staaten, in denen ein entsprechendes Recht gilt, wie z. B. Frankreich,
Belgien, Dänemark und Spanien – es gilt insoweit der Grundsatz, dass Künstler
aus Staaten, die deutsche Künstler wie Inländer behandeln, in Deutschland eben-
falls deutschen Künstlern gleichstehen (sog. Inländergleichbehandlung).
Sein Folgerecht muss jedoch der Künstler selbst gegenüber der Galerie geltend
machen, es sei denn, er hat die Wahrnehmung einer sog. Verwertungsgesellschaft
(z. B. Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst) übertragen.
Künstlersozialabgabe
Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) verpflichtet andererseits Gale-
rien und Kunsthandel, als Versicherungsbeitrag für bildende Künstler einen be-
stimmten Prozentsatz des an Künstler gezahlten Preises für den Ankauf von
Kunstwerken abzuführen. Der Abgabesatz ist variabel, er wird in der Praxis jähr-
lich neu festgelegt. Diese Künstlersozialabgabe (s. Beitrag H 3.1, H 3.2) wird
von der Künstlersozialkasse, die auch die Beiträge von Verlegern, Theaterunter-
nehmern und sonstigen Kulturunternehmern sammelt, an die staatliche Renten-
und Krankenversicherung weitergeleitet. Zusätzlich zu den Beiträgen der Kultur-
unternehmer zahlt der Staat einen Versicherungsbeitrag für diejenigen Künstler,
deren Werke nicht durch den Handel, sondern im direkten Verkauf umgesetzt
werden. Insgesamt wird der Unternehmeranteil damit hälftig vom Staat und von
den Vermarktern aufgebracht.
L Aufgrund der genannten Gesetze – Urheberrechtsgesetz und Künstlersozialversi-
3.4 cherungsgesetz – sind im Ergebnis alle Verkäufe von Werken der Bildenden
S. 4 Kunst mit einer Abgabe belegt:
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