Poser: Rechtsprechungsübersicht zu Verkehrssicherungs- und Betreiberpflichten...
Brune, Schmitz-Scholemann: Arbeitsverhältnisse der Künstler – Teil 1
1. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
Arbeitsverhältnisse der Künstler – Teil 1
Dr. Ulrike Brune
Richterin am Arbeitsgericht und Autorin für juristische Themen, Lehrbeauftragte
für das Fach Arbeitsrecht an der Universität Erfurt
Christoph Schmitz-Scholemann
Richter am Bundesarbeitsgericht, Autor für literarisch-juristische Grenzfragen im
Rundfunk und in Fachzeitschriften
D
Inhalt Seite 3.1
S. 1
1. Einleitung 3
2. Grundbegriffe 5
2.1 Arbeitgeber 5
2.2 Arbeitnehmer/Freie Mitarbeiter 5
2.3 Praktikanten und Volontäre 6
3. Arbeitsvertrag 8
3.1 Vertragsangebot 8
3.2 Annahme 11
3.3 Nachweisgesetz 11
4. Vertragsinhalt 12
5. Arten des Arbeitsverhältnisses 13
5.1 Befristetes Arbeitsverhältnis 13
5.2 Bedingtes Arbeitsverhältnis 17
5.3 Probearbeitsverhältnis 17
5.4 Aushilfsarbeitsverhältnis 18
6. Fehlerhafte Arbeitsverhältnisse 18
6.1 Anfechtung 19
6.2 Sittenwidrigkeit 20
6.3 Rechtsfolgen nichtiger Arbeitsverhältnisse 21
7. Pflichten des Arbeitnehmers 21
7.1 Arbeitspflicht 21
7.2 Treuepflicht 25
8. Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers 28
8.1 Schlechtleistung 28
8.2 Nichtleistung 30
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2. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
9. Pflichten des Arbeitgebers 32
9.1 Vergütungspflicht 32
9.2 Beschäftigungspflicht 34
9.3 Fürsorgepflicht 35
9.4 Pflichtverletzungen des Arbeitgebers 37
Am Anfang eines Arbeitsverhältnisses zwischen einer Kultureinrichtung und
einem Künstler steht regelmäßig eine Einigung und der gemeinsame Wille für
eine gute Zusammenarbeit. Kommt es dann im Arbeitsverhältnis zu Unstimmig-
keiten, regeln neben dem Vertrag eine Reihe gesetzlicher Vorschriften, die ebenso
für „normale“ Arbeitnehmer gelten, sowie Tarifverträge, die Besonderheiten für
Künstler vorsehen, die sich widersprechenden Interessen der Parteien. Der vor-
liegende erste Teil des Beitrags vermittelt einen gelungenen Überblick, was Ar-
D beitnehmer und Arbeitgeber rechtlich beachten müssen.
3.1
S. 2
29 Kultur & Recht Juli 2005
3. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
1. Einleitung
Auf den ersten Blick scheinen die Begriffe Künstler und Arbeitsverhältnis nicht
zueinander zu passen, verbindet man doch mit dem Künstler Schlagworte wie
Freiheit, Kreativität, Individualität. Dagegen weckt der Begriff Arbeitsverhältnis
eher unkünstlerische Assoziationen wie Abhängigkeit, Unterordnung und Einge-
bundenheit in einen Betrieb. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch heraus,
dass auch Künstler arbeitnehmertypische Probleme haben können, wenn es z. B.
Streit über die Anzahl der Auftritte eines Bratschisten gibt, die versprochene
Gage ausbleibt, das Engagement einer Schauspielerin nicht verlängert wird oder
wegen Krankheit nicht wahrgenommen werden kann, wenn der Bildhauer einmal
Urlaub machen oder der Werbegestalter einen Anteil an dem Preisgeld haben
will, das mit seiner Idee gewonnen wurde.
Das Arbeitsrecht und die Arbeitsverhältnisse der Künstler haben keine besondere D
gesetzliche Ausprägung erfahren. Grundsätzlich gilt für Künstler das gleiche 3.1
Arbeitsrecht wie für die „normalen“ Arbeitnehmer. S. 3
Es gibt aber bei den Künstlern viele tarifrechtliche Besonderheiten, z. B.
- für die Künstlerinnen und Künstler bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunk-
und Fernsehanstalten; hier gelten fast durchweg Haustarifverträge,
- für die an Theatern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft beschäftigten Solo-
mitglieder, Bühnentechniker, Opernchormitglieder und Tanzgruppenmitglie-
der gibt es den NV Bühne vom 15.10.2002, in Kraft seit 1.1.20031, der BAT
bzw. der BAT-O gelten für sie nach der in § 3 c getroffenen Ausnahmerege-
lung ausdrücklich nicht,
- bei privaten Fernseh- und Spielfilmproduzenten:
- für Architekten (Szenenbildner), Ateliersekretärinnen (Skript), Aufnahme-
leiter, Ballettmeister, Continuities, Cutter, Darsteller (Schauspieler, Sän-
ger, Tänzer), Filmgeschäftsführer, Filmkassierer, Fotografen, Geräusche-
macher, Gewandmeister, Kameramänner, Kostümberater, Maskenbildner,
Produktionsfahrer, Produktionsleiter, Produktionssekretärinnen, Regisseu-
re, Requisiteure, Special Effect Men, Tonmeister, sowie Assistenten vor-
genannter Sparten und Filmschaffende in ähnlichen, mit der Herstellung
von Filmen unmittelbar im Zusammenhang stehenden Beschäftigungsver-
hältnissen: Der MTV vom 1.1.1996 sowie der Gagentarifvertrag vom
1.1.2000,
- für Kleindarsteller (Film- und Fernsehschaffende, deren darstellerische
Mitwirkung die filmische Handlung nicht wesentlich trägt und die ihr kein
eigenpersönliches Gepräge gibt): der Tarifvertrag vom 1. 1. 2000)2,
- für den privaten Rundfunk gibt es das Tarifwerk TPR. Die wesentlichen Ar-
beitsbedingungen regelt der MTV Privatrundfunk vom 15.5.1991 i.d.F. vom
1.11.1997 (MTV Privatrundfunk), wieder in Kraft seit 1.2.2005. Rundfunkun-
ternehmen, die lokalen oder regionalen Rundfunk veranstalten, haben in eini-
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4. D Arbeits- und Personalrecht
D3 Arbeitsverhältnisse
gen Bundesländern ebenfalls Tarifverträge abgeschlossen, Manteltarifverträge
gibt es in NRW, Baden-Württemberg und Bayern Manteltarifverträge (vom
3.5.1993, 13.1.1998 bzw. 11.3.1999),3
- für Varieté-, Zirkus- und Unterhaltungskünstler (TV für Unterhaltungskünst-
ler/ Artisten vom 1.6.1988 nebst Zusatztarifvertrag vom 1.1.1996),
- für die Musiker in Kulturorchestern (TVK vom 1. 7. 1971 in der Fassung vom
4.12.2002),
- für Musiker, Kapellenleiter und Discjockeys in Gaststätten und Unterhal-
tungsbetrieben (BMTV Musiker vom 23.4.1986),
- für Musiker von Kurkapellen (TV Kurkapellen vom 1.7.2003),
- für Musikschullehrer (BAT SR 2 I Teil II (Sonderregelungen für Angestellte
als Lehrkräfte an Musikschulen im Bereich der VKA),
- für Bildhauer (Rahmen-TV für die gewerblichen Arbeitnehmer im Steinmetz-
u. Steinbildhauerhandwerk vom 24. 5. 2000, in Kraft und allgemeinverbind-
D lich seit dem 1. 7. 2000).
3.1
Tipp
S. 4
Die obenstehende Aufzählung der Tarifverträge ist nicht abschließend. Auf die
markantesten der vielen tarifrechtlichen Besonderheiten wird im jeweiligen Zu-
sammenhang gesondert hingewiesen. Der „Normalvertrag Bühne“ ist übrigens
entgegen der irreführenden Bezeichnung im Rechtssinne ein Tarifvertrag und
kein Vertragsmuster! Allerdings enthält der NV Bühne verbindliche Arbeitsver-
tragsmuster als Anlagen 2 bis 64.
Tarifverträge gelten – anders als Gesetze – nicht unmittelbar und zwingend für
jedermann. Voraussetzung für die Geltung eines Tarifvertrages oder von Teilen
eines Tarifvertrages für ein bestimmtes Arbeitsverhältnis ist vielmehr:
- Die beiderseitige Tarifgebundenheit, d. h. beide Vertragsparteien sind Mit-
glied in der jeweiligen tarifschließenden Partei (Gewerkschaft/Arbeitgeber-
verband) oder
- es wird im Arbeitsvertrag teilweise (z. B. hinsichtlich der Vergütung, der
Urlaubsregelung, der Arbeitszeitgestaltung o. Ä.) oder insgesamt auf den ein-
schlägigen Tarifvertrag verwiesen. Vielfach werden die von den Tarifparteien
entworfenen Musterverträge verwendet, die regelmäßig einen Gesamtverweis
auf den einschlägigen Tarifvertrag enthalten oder
- der Tarifvertrag ist für allgemeinverbindlich erklärt worden
(§ 5 Tarifvertragsgesetz).
Ob ein Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist, erfährt man beim Tarifregister des
Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (§ 6 Tarifvertragsgesetz)5. Von den
für Künstler infrage kommenden Tarifverträgen sind gegenwärtig nur einige
Tarifverträge für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk allgemeinverbind-
lich.
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