Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Christine Meißner, Prof. Dr. Friedrich Loock: Fallbeispiele ehrenamtlichen Engagements im Kulturbereich
1. J 1.8
Fallbeispiele ehrenamtlichen Engagements
im Kulturbereich
Christine Meißner
Prof. Dr. Friedrich Loock
Ehrenamtlichkeit gewinnt seit Jahren an Bedeutung. Während ehrenamtliches Engagement in eher
kleinen Kulturinstitutionen bereits unverzichtbar geworden ist, so tun sich größere Kultureinrich-
tungen wie Symphonieorchester, Theater, Museen oder Opernhäuser noch schwer mit der Einbin-
dung ehrenamtlich Mitwirkender.
Die Beiträge zum Ehrenamt in Kapitel E 3 dieses Handbuchs unterstreichen die Bedeutung und die
Aktualität von „Ehrenamt“ und „Ehrenamt-Management“. Dort erfahren Sie, welche Anforderun-
gen an professionelles Ehrenamt-Management geknüpft und welche Schritte erforderlich sind, um
dieses erfolgreich zu implementieren. Daran anknüpfend werden hier erfolgreiche Praxisbeispiele
vorgestellt, die sich als Benchmark eignen – zum einen Non-Profit-Organisationen im Kulturbe-
reich, die ehrenamtlich Mitwirkende in ihre Kulturarbeit integrieren, sowie zum anderen privat-
wirtschaftliche Unternehmen, die gemeinnützige Arbeit ihrer Mitarbeiter beispielsweise im Rah-
men von Corporate-Volunteering-Programmen bzw. Corporate-Social-Responsibility-Programmen
unterstützen.
Eine zentrale Prämisse aller Überlegungen sollte dabei immer sein, dass Ehrenamt nicht der Ersatz
für Festangestellte sein darf, sondern immer einen Mehrwert für die Aktivitäten der Kultureinrich-
tung bewirkt. Nur dann wird Ehrenamt von allen Beteiligten als segensreich und wertvoll angese-
hen werden.
Gliederung Seite
1. Von anderen lernen 2
2. Fallbeispiel „Konzerthaus Dortmund“ 4
3. Fallbeispiel „Festspielhaus Baden-Baden“ 10
4. Fallbeispiel „Cincinnati Symphony Orchestra“ 12
5. Fallbeispiel „Live Music Now Hamburg“ 17
6. Fallbeispiel „Ruhrtriennale“ 22
7. Fallbeispiel „Museum der Arbeit“ 24
8. Fallbeispiel „Reiss-Engelhorn-Museen“ 28
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2. J 1.8 Best Practice
Beispiele aus den Kultursparten
1. Von anderen lernen
Es gibt nur wenige deutsche Vorbilder einer dauerhaft erfolgreichen
Einbindung ehrenamtlich (Mit-)Wirkender. Möglicherweise liefert
dies auch eine Erklärung dafür, weshalb viele große Kulturinstitutio-
nen nicht wissen, wie ein solches Engagement professionell und effi-
zient für die Einrichtung genutzt werden kann.
Angebot und Nachfrage Non-Profit-Organisationen und privatwirtschaftliche Unternehmen
ergänzen einander im Kontext Ehrenamt: Während ein Unternehmen
Zugang zu interessierten ehrenamtlichen Mitarbeitern hat, kann eine
Non-Profit-Organisation ehrenamtlich Interessierten konkrete Einsatz-
bereiche anbieten.
Individuelle Lösungen Beim Vergleich der im Folgenden geschilderten Beispiele fällt auf,
sind gefragt wie individuell die genannten Themenfelder behandelt werden. Dies
ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich allein aufgrund der
vielfältigen Strukturen und Ausrichtungen der Beteiligten ganz unter-
schiedliche Ansätze beim Ehrenamt- bzw. Corporate-Volunteering-
Programm ergeben. Darüber hinaus hat das
Thema Ehrenamt selbst bei vergleichbaren In-
stitutionen oft sehr unterschiedliche Wurzeln
und Beweggründe. Im Umkehrschluss wird
deutlich, wie sehr sämtliche Aktivitäten zum
Thema Ehrenamt zur aktuellen Situation der
Ein Ehrenamt darf kein Ersatz für Festanstel- Institution passen müssen – eine einheitliche
lungen sein! Ausgestaltung, die ein Erfolgsrezept für alle
darstellt, gibt es nicht.
Hingegen lässt sich eine entscheidende Gemeinsamkeit zwischen allen
Beteiligten feststellen – nämlich die aktuelle Relevanz des Themas
Ehrenamt und das Ziel, sich noch intensiver hiermit beschäftigen zu
wollen.
Im Folgenden sollen einige im Ehrenamt-Kontext immer wieder auf-
tauchende Begrifflichkeiten erläutert werden:
Ehrenamt Die Fallbeispiele definieren „Ehrenamt“ im ursprünglichen Sinn als
eine ehrenvolle und freiwillige Tätigkeit, die nicht auf Entgelt ausge-
richtet ist. Man leistet seinen Beitrag für eine bestimmte Dauer regel-
mäßig im Rahmen von Vereinigungen, Initiativen oder Institutionen;
kann in einigen Fällen dazu verpflichtet werden. Ein Ehrenamt wird
unter Umständen auch aberkannt. Für ehrenamtliche Tätigkeit fällt in
manchen Fällen eine Aufwandsentschädigung an. Heute wird „Ehren-
amt“ zunehmend gleichbedeutend mit Begriffen wie Freiwilligenar-
beit oder bürgerschaftliches Engagement verwendet.
Traditionell staatsnahes In der deutschen Tradition ist ein Ehrenamt im Kern eine staatlich ab-
Verständnis geleitete Tätigkeit. Man tut etwas für seine Gemeinde und sein Land,
doch die Initiative hierzu geht nicht „von unten“ aus. Es ist kein Akt
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3. Best Practice J 1.8
Beispiele aus den Kultursparten
der Selbstorganisation, vielmehr wird man dazu mehr oder weniger
verpflichtet. Da es eine staatlich abgeleitete Tätigkeit ist, ist man mit
der Übernahme des Ehrenamtes auch näher am Staat und seiner Auto-
rität. Man ist ein ordentlicher Staatsbürger, aber eher in einem traditi-
onell obrigkeitsstaatlichen Sinn (Zimmer 2005, S. 3).
Beim Ehrenamt handelt es sich um bürgerschaftliches Engagement Bürgerschaftliches
(auch „Bürgerengagement“), also ein freiwilliges, gemeinwohlorien- Engagement
tiertes und nicht auf materiellen Gewinn ausgerichtetes Engagement,
das öffentlich bzw. im öffentlichen Raum stattfindet und in der Regel
gemeinschaftlich ausgeübt wird. Diese Definition schließt die ganze
Breite der verschiedenen Erscheinungsformen des Engagements ein:
das klassische (berufene) Ehrenamt, gemeinnütziges Engagement
ohne Amt, kurzzeitiges projektbezogenes Engagement sowie die For-
men der Selbsthilfe. Zum bürgerschaftlichen Engagement gehören
gleichermaßen das Stiften von Zeit, Ideen und Geld (vgl. Zimmer
2005 S. 2). Die Mitglieder der Kommission „Zukunft des Bürger-
schaftlichen Engagements“ haben mit dieser Begriffswahl eine ganz
bewusste Entscheidung getroffen; sie wollten den engen Zusammen-
hang von Engagement, Bürgerschaft und Bürgersinn deutlich machen
(vgl. Enquete-Kommission 2002).
Aus unternehmerischer Sicht wird das bürgerschaftliche Engagement Corporate Social
einer „Corporate Social Responsibility“ zugeordnet, folglich einem Responsibility
Konzept unternehmerischer Verantwortung, das die Idee der Nachhal-
tigkeit aufnimmt und die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Sozia-
les mit konkretem unternehmerischen Handeln verbindet. Entspre-
chend umfasst CSR die unterschiedlichsten Aktivitäten der Unterneh-
men in den Feldern der sozialen, ethischen und ökologischen Verant-
wortung, mit denen nachhaltige Entwicklung im unternehmerischen
Alltag umgesetzt wird. CSR-Aktivitäten gehen über gesetzliche Ver-
pflichtungen hinaus, d. h. sie sind freiwillig und das Ergebnis von
Eigeninitiative und Eigenverantwortung der Unternehmen (CSR Ger-
many 2010).
Daraus abgeleitet bezeichnet „Corporate Citizenship“ das bürger- Corporate Citizenship
schaftliche Engagement in und von Unternehmen, die eine mittel- und
langfristige unternehmerische Strategie auf der Basis verantwortungs-
vollen Handelns verfolgen und sich über die eigentliche Geschäftstä-
tigkeit hinaus als „guter Bürger“ aktiv für die lokale Zivilgesellschaft
oder z.B. für ökologische oder kulturelle Belange engagieren. Die
englische Begrifflichkeit verweist darauf, dass es sich ursprünglich um
die Übernahme einer Management-Idee als Teil einer Public-Affairs-
Strategie aus den USA handelt. Heute wird im deutschen Sprachraum
durchaus ein eigenständiges und erweitertes Verständnis der gesell-
schaftlichen Verantwortung von Unternehmen diskutiert und bereits
ansatzweise praktiziert – im Sinne von „sozialen“ Kooperationen, die
zum wechselseitigen Nutzen aller beteiligter Partner eingegangen
werden und mithelfen, gesellschaftliche Innovationen auf den Weg zu
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4. J 1.8 Best Practice
Beispiele aus den Kultursparten
bringen. Der Begriff „Corporate Citizenship“ wird in wissenschaftli-
chen und politischen Diskursen sowie von Unternehmen selbst aller-
dings nicht eindeutig gebraucht und steht in teils unklarer Abgrenzung
zu verwandten Termini wie Corporate Responsibility oder Corporate
Social Responsibility, der gesellschaftlichen Verantwortung von Un-
ternehmen (s.o.).
Corporate Volunteering „Corporate Volunteering“ schließlich bezeichnet die Förderung gesell-
schaftlichen Engagements von Mitarbeitern von Unternehmen. Unter-
nehmen unterstützen ihre Mitarbeiter, innerhalb des Angestelltenver-
hältnisses ehrenamtlich für gemeinnützige Organisationen bzw. gesell-
schaftliche Zwecke tätig zu werden. Vielfach handelt es sich hierbei
um ein Instrument im Rahmen von Corporate Citizenship. Es dient so-
wohl der Demonstration von gesellschaftlichem Engagement als auch
der Entwicklung von sozialer Kompetenz bei Mitarbeitern (Gabler’s
Wirtschaftslexikon 2010).
Freiwilligenagenturen Ehrenamtliches Wirken wird zuweilen von Freiwilligenagenturen
begleitet und forciert, also von Einrichtungen, die auf verschiedene
Weise bürgerschaftliches, freiwilliges Engagement unterstützen. Ihre
bekannteste Aufgabe ist es, an einem Engagement interessierte Men-
schen zu beraten und an für sie passende Vereine bzw. Einrichtungen
zu vermitteln. Je nach Träger, Herkunft und Arbeitsweise nennen sie
sich auch Freiwilligenzentrum (insbesondere im Bereich des Wohl-
fahrtsverbandes Deutscher Caritasverband), Freiwilligenbörse oder
Freiwilligenzentrale. Freiwilligenagenturen sind oft auf Landesebene
in Landesarbeitsgemeinschaften der Freiwilligenagenturen (lagfa)
organisiert. Der Verband auf Bundesebene ist die Bundesarbeitsge-
meinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. (bagfa).
Mentoring Die Unterstützer in Agenturen aber auch in den Einrichtungen, die
Ehrenamtliche einbinden, agieren als Mentoren (= erfahrene Perso-
nen), die Kenntnisse und Erfahrungswissen an eine noch unerfahrene
Person („Mentee“) weitergeben, um diese in ihrer beruflichen und per-
sönlichen Entwicklung innerhalb eines institutionellen Rahmens oder
eines Unternehmens zu fördern.
2. Fallbeispiel „Konzerthaus Dortmund“1
Verein PROKultur Die ersten ehrenamtlichen Aktivitäten begannen bereits vor der Eröff-
nung des Konzerthauses.2 Zeitgleich wurde in Dortmund auf Initiative
von SPD und CDU der Verein PROKultur – Ehrenamt für Kultur e.V.
gegründet. Das Thema lag sozusagen in der Luft. Im Rahmen dieser
Gründungsphase wurde viel über das ehrenamtliche Engagement in
den Zeitungen berichtet. Auf diese Weise wurden die Dortmunder
Bürger für das Thema sensibilisiert. Eine öffentliche Informationsver-
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