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Dr. Stefan Lüddemann: Kunstkommunikation als Technik des Kulturmanagements. Chancen und Perspektiven
1. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 3.3
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kunstkommunikation als Technik
des Kulturmanagements
Chancen und Perspektiven
Dr. Stefan Lüddemann
Dieser Beitrag zeigt Möglichkeiten auf, Kunst in kommunikative Kontexte so zu integrieren, dass
neue kulturelle Bedeutungsräume entstehen. Kulturmanager können aus diesem Beitrag lernen, wie
man dafür erforderliche Allianzen entwirft, plant und analysiert.
Gliederung Seite
1. Kunst, Kommunikation, Management 2
2. Die Faszination der Kunst 3
2.1 Das „Betriebssystem“ läuft auf Hochtouren 3
2.2 Die Ebenen des Kunstsystems 5
2.3 Kommunikation und Management 8
3. Der Managementablauf 10
3.1 Kunstkommunikation – richtig gestaltet 10
3.1.1 Normative Ebene 10
3.1.2 Strategische Ebene 11
3.1.3 Operative Ebene 12
3.1.4 Kontrollierende Ebene 13
3.2 Kunstkommunikation – ein Modell 14
4. Kunstkommunikation – zwei Beispiele 16
4.1 Badkultur und Kunst 16
4.2 Ein Ort wird Kunst 17
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2. H 3.3 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
1. Kunst, Kommunikation, Management
Zwei Implikationen Der Titel dieses Beitrags enthält zwei Implikationen:
• Das Wort „Kunstkommunikation“ legt den Gedanken nahe, dass
man nicht nur über, sondern auch mit Kunst kommunizieren kann.
• Zudem wird behauptet, dass Kunstkommunikation als Technik des
Kulturmanagements so weit systematisiert werden kann, dass sich
planbare Abläufe ergeben.
Qualitatives Denken Mit diesen Ausgangspunkten sollen dem Kulturmanagement neue
Räume eröffnet werden, ohne zugleich unzulässige Vermengungen
vorzunehmen. Wer mit Kunst kommuniziert, der entfaltet ihre Bedeu-
tungspotenziale, ohne dabei in Instrumentalisierungen zu verfallen.
Wer diesen Prozess als Technik des Kulturmanagements etabliert,
grenzt sich zur gleichen Zeit von einer Vorstellung dieser Disziplin ab,
die sich nur auf quantifizierbare Abläufe beschränkt. An die Stelle
eines Denkens in Kennzahlen tritt hier ein Operieren und Reflektieren
auf dem Gebiet der Bedeutungen, das dementsprechend nur nach qua-
litativen Kriterien beurteilt werden kann. Für das Kulturmanagement
bedeutet das kein Ausweichen in lediglich „weiche“ Kriterien und
Aspekte, sondern eröffnet im Gegensatz die Option, genau dort hand-
lungsfähig zu werden, wo Kunst und Kommunikation, Botschaften
und ihre Deutung, Akteure und Institutionen so miteinander ver-
schränkt sind, dass sich relevante Schnittmengen ergeben. Genau die-
se Schnittmengen verlangen als veritable Kontaktzonen nach einem
Management der Kultur.
„Unreine Felder“ In der Diskussion um das Kulturmanagement werden solche Konstel-
lationen seit längerer Zeit als „unreine Felder“1 in den Blick genom-
men und als die eigentlich produktiven Konstellationen von Kultur
erkannt. Kultur bezieht ihre Faszinationskraft und Energie aus solchen
Überschneidungen, die jenseits eindeutiger Zuordnungen neue Poten-
ziale des Sinns erzeugen helfen. Diese Potenziale bringen Irritationen
mit sich, weil sie Routinen der Wahrnehmung und des Denkens
durchbrechen. Sie eröffnen aber auch gerade deshalb Chancen, weil
sie zu Re-Formulierungen zwingen (und diese anleiten), die Einsich-
ten in der Form neuer Bedeutungen produzieren helfen. Daher ist der
Entwurf einer Kommunikation mit Kunst, der in diesem Beitrag skiz-
ziert wird, in ein Verständnis von Kultur als Produktion von Bedeu-
tungen2 eingelassen. In dieser Sicht wird Kultur als organisierte Struk-
tur von Wirklichkeitsentwürfen und ihnen zugeordneten Prozeduren
ihrer kommunikativen Bearbeitung verstanden. Kultur ist folglich als
fortlaufender Prozess der Sinngenerierung zu verstehen, der die Fes-
tigkeit einer archivierenden Erinnerung ebenso wie die Bewegung
einer kreativen Neuschöpfung umfasst. Kulturelle Bewegungen bezie-
hen ihre Kraft aus der Spannung zwischen diesen beiden Polen.
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 3.3
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Der vorliegende Beitrag konkretisiert diesen Bezugsrahmen mit dem Ziele des Beitrages
Entwurf von Möglichkeiten, mit Kunst zielgerichtet zu kommunizie-
ren. Kunstkommunikation hilft dabei, Images auszubilden, Identitäten
zu stärken und die Wirkung von Botschaften zu unterstützen. Kunst-
kommunikation kann in Kontexten von PR und Marketing, Tourismus
und Kulturarbeit eingesetzt werden. Der Entwurf entsprechender Ma-
nagementabläufe ist dabei in doppelter Hinsicht zu verstehen – als
Anleitung für eine erfolgreiche Praxis wie auch als Basis für eine Re-
flexion von Sinn- und Bedeutungskonstituierungen, bei denen Kunst
involviert ist. Zielgruppe sind Kulturmanager, insbesondere auch alle
diejenigen, die professionell in Bereichen von Kultur und Kommuni-
kation tätig sind. Nur zu Klarstellung: Bei Berufs- und Tätigkeitsbe-
zeichnungen sind, entgegen dem grammatikalischen Geschlecht, na-
türlich Frauen und Männer in gleicher Weise gemeint.
2. Die Faszination der Kunst
2.1 Das „Betriebssystem“ läuft auf Hochtouren
Kunst fasziniert. Das ist offensichtlich. Beinahe an jedem Tag melden Kunst bewegt Menschen
die Medien neue Rekorde, die mit Kunst zu tun haben, wobei hier
unter „Kunst“ die bildende Kunst verstanden wird. Spätestens seit
dem Erfolg der Ausstellung mit Klassikern des Museum of Modern
Art (MoMA) in der Berliner Neuen Nationalgalerie, die 2004 rund 1,3
Millionen Besucher anzog, ist klar, dass Kunst die Menschen bewegt.
Zu diesem Rekord gesellen sich längst weitere Fakten, die belegen,
wie wichtig Kunst heute ist – und wie sehr sich das Selbstverständnis
unserer Zeit offenbar über sie definieren lässt.
• Formate der Kunst bewegen Besucher zu Hunderttausenden und
vertakten mit ihrer regelmäßigen Wiederkehr das kulturelle und
mediale Leben. Die Kasseler „Documenta“ ist seit Jahren ein
Trendbarometer, nicht nur der Kunst. Zu ihr gesellen sich weitere
erfolgreiche Formate wie die „Biennale“ in Venedig oder die Müns-
teraner „Skulptur-Projekte“. 2007 fanden diese drei Formate gleich-
zeitig statt. Gemeinsam mit der Kunstmesse „Art Basel“ bildeten
sie die „Grand Tour 2007“, ein Super-Format der Kunst und Kultur.
• Auktionen mit Kunstwerken füllen regelmäßig die Zeitungsspalten
und liefern Top-News für die Fernsehnachrichten. Nachdem seit
Jahren vor allem Werke der „Klassischen Moderne“ von van Gogh
bis Picasso die Hitliste der teuersten Kunstwerke der Welt anführ-
ten, sind es inzwischen Bilder von Malern der Kunst nach 1945,
die für neue Rekordmarken sorgten. Längst stehen Gemälde von
Jackson Pollock und Francis Bacon an der Spitze der teuersten
Kunstwerke der Welt.
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4. H 3.3 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
• Museen sind seit Jahren die wichtigste Bauaufgabe der zeitgenös-
sischen Architektur. Den seit den achtziger Jahren unvermindert
anhaltenden Museumsboom krönte das 1997 eröffnete, von Frank
O. Gehry errichtete Guggenheim-Museum in Bilbao. Inzwischen
sind nicht nur weitere Museumsbauten weltweit hinzugekommen.
In Deutschland läuft eine regelrechte Welle der Museumsneubau-
ten oder –erweiterungen. Kunstmuseen in Düsseldorf, Bremen,
Münster oder Emden werden gerade oder demnächst erweitert.
2010 wird, pünktlich zum Jahr als Europas Kulturhauptstadt, in Es-
sen das neue Museum Folkwang eröffnet.
• Personen der Kunstwelt haben Kultstatus. So gilt der Maler Ger-
hard Richter als Weltstar der Malerei, während Andreas Gurskys
großformatige Fotos das Selbstverständnis einer ganzen Epoche re-
flektieren. Jörg Immendorff berührte als Maler der deutschen Ein-
heit („Café Deutschland“) wie als schwer krankes Genie. Provoka-
teure wie Maurizio Cattelan oder Santiago Sierra sorgen immer
wieder für heftige, auch in den Medien ausgetragene Kontroversen.
„Betriebssystem Kunst“ Diese Punkte beleuchten nur beispielhaft, welch intensive Faszination
von der Kunst ausgeht. Längst wird vom „Betriebssystem Kunst“3
gesprochen, das in einem doppelten Sinn verstanden werden kann.
Zum einen meint dieses Schlagwort die Oberfläche eines auf Hoch-
touren laufenden Betriebes, dessen Energie auf die Gesellschaft ab-
strahlt. Dies zeigt sich in der hohen Aufmerksamkeit der Medien für
Themen der zeitgenössischen Kunst. Zum anderen meint das Stich-
wort vom „Betriebssystem“ auch den hohen Grad der Vernetzung, den
die zeitgenössische Kunst inzwischen erreicht hat. Hier geht es um ein
Geflecht aus Akteuren (Künstler, Sammler, Händler, Kritiker) und
Institutionen (Museen, Galerien, Messen, Auktionshäuser) – und um
eine Zirkulation der Kunstwerke selbst, die wiederum nicht nur ein
großes Publikum in Bewegung hält, sondern auch erhebliche Geld-
ströme auslöst4. Die dichte Verflechtung von Produktion und Rezepti-
on, von Präsentation und Vermarktung führt zu einem doppelten Ef-
fekt: Zeitgenössische Kunst kann auf der Ebene einer medialen Ober-
fläche als Attraktion und Aufregungswert wahrgenommen werden,
erfordert jedoch auch für ihr fachgerechtes Handling die Ausbildung
einer ganzen Reihe spezifischer Wissensbestände und Kompetenzen5.
Kunst begeistert das große Publikum – und bewegt ein ganzes Heer
von Insidern, die Kunst auswählen, vermitteln, sammeln, handeln oder
kommentierend begleiten.
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