Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Elke Sieber, Daniel Wensauer-Sieber: Mut zu mehr Wettbewerb. Städtewettbewerbe und ihre kulturellen Wirkungen
1. D 1.13
Mut zu mehr Wettbewerb
Städtewettbewerbe und ihre kulturellen Wirkungen
Elke Sieber
Daniel Wensauer-Sieber
Kommunen stehen in einem immer härter werdenden Standortwettbewerb. Eine Möglichkeit, sich
zu differenzieren und das eigene Profil zu schärfen, sind Wettbewerbsteilnahmen. Mit vielen Bei-
spielen aus Wettbewerben wie der Kulturhauptstadt Europas 2010 zeigen die Autoren Chancen und
Risiken auf. Der Beitrag richtet sich an Kulturmanager und Entscheider in Kommunen.
Gliederung Seite
1. Einleitung 2
2. Die Wettbewerbslandschaft 2
3. Wie wirkt sich die Teilnahme an einem Wettbewerb auf die Stadt aus 7
4. Die besondere Rolle der Kultur 13
5. Beispiel: Die Bewerbung Karlsruhes als Kulturhauptstadt Europas 2010 14
6. Fazit und Ausblick 17
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2. D 1.13 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
1. Einleitung
Mehr als der Mit diesem Beitrag möchten die Autoren all denen Mut machen, sich
Titelgewinn Wettbewerben zu stellen, die vielleicht heute noch zögern. Denn unse-
re Erfahrung ist, dass Wettbewerbe viel mehr sein können als der Ge-
winn eines Titels. Man kann als Bewerber auch zu den Gewinnern
gehören, wenn man den Titel zwar nicht erhält, es aber dennoch ver-
steht, einen Wettbewerb für die eigene Weiterentwicklung zu nutzen.
Zum Beispiel lassen sich die Ergebnisse aus dem Ideen-Prozess, aus
den Bewerbungsunterlagen und nicht zuletzt aus dem Momentum, das
eine Bewerbung freisetzt, weiterentwickeln. Ziel ist, mit einer ent-
sprechenden Anschluss-Strategie zu den Gewinnern zu gehören – auch
wenn man nicht Sieger ist.
Wettbewerbe gewinnen Der Beitrag möchte aber auch aufzeigen, dass Wettbewerbe durch und
durch und mit Kultur mit Kultur an Kraft gewinnen. Es ist die Kultur, die Wettbewerbern
Individualität verleiht, Identifikation ermöglicht und emotionalisiert –
Kultur ist Differenzierungsfaktor und Identitätsstifterin.
Die Autoren waren selbst Teil des Leitungsteams für die Bewerbung
Karlsruhes als „Kulturhauptstadt Europas 2010“ und haben in der
Bewerbung viele Erfahrungen gesammelt, die sie mit diesem Artikel
weitergeben möchten.
Viele der in dem Artikel herausgearbeiteten Punkte sind auch auf Stra-
tegieprozesse im Kulturbereich anwendbar, die in Zeiten knapper Kas-
sen und eines verstärkten Profilierungsdrucks von Kommunen mit und
durch Kultur immer wichtiger werden.
2. Die Wettbewerbslandschaft
2.1 Wettbewerbe = Wettbewerbe?
Unter Wettbewerb versteht das Gabler Wirtschaftslexikon „[…] das
Streben von zwei oder mehr Personen bzw. Gruppen nach einem Ziel
[…], wobei der höhere Zielerreichungsgrad des einen i.d.R. einen
geringeren Zielerreichungsgrad des (der) anderen bedingt (z.B. sport-
licher, kultureller oder wirtschaftlicher Wettkampf)“.1
Wettbewerbslandschaft: Im Folgenden wird es um den Wettbewerb von Städten, Kommunen
lokal bis international oder Regionen gehen, die sich um Veranstaltungen, Events und Aus-
zeichnungen bewerben. Die Wettbewerbslandschaft ist überschaubar
und reicht von internationalen Titeln wie dem UNESCO-Welterbe
oder der Kulturhauptstadt Europas bis hin zu Heimattagen oder „Un-
ser Dorf soll schöner werden“ auf kommunaler Ebene. Weitere Wett-
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3. Planung und Steuerung D 1.13
Strategie und Entwicklung
bewerbe sind „Orte der Ideen“, zahlreiche Stadtmarketing-Initiativen
auf Länderebene oder auch Bundes- und Landesgartenschauen. Eines
haben alle diese Wettbewerbe gemeinsam: Kultur ist der mögliche
Differenzierungsfaktor.
Anhand einer Kurzdarstellung ausgewählter Wettbewerbe werden
zunächst unterschiedliche Charaktere skizziert.
2.2 Wettbewerbe und ihr Charakter
Ein internationaler Wettbewerb ist das von der UNESCO erfasste UNESCO-Welterbe
Welterbe. Am 16. November 1972 hat die UNESCO das „Überein-
kommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“2 verab-
schiedet. Es setzt sich aus den Welterbestätten (Weltkulturerbe und
Weltnaturerbe) sowie einigen anderen Bereichen, wie dem Weltdoku-
mentenerbe (bewegliche Sachen) oder dem Immateriellen Welterbe
(immaterielle Güter), zusammen. Ein von der UNESCO eingerichtetes
zwischenstaatliches Komitee prüft in einem komplexen Verfahren
jährlich, welche Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen
werden und ob die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Stätten
die in der Welterbekonvention festgelegten Kriterien erfüllen. Hierzu
zählen die Kriterien der „Einzigartigkeit“ und der „Authentizität“
eines Kulturdenkmals oder der „Integrität“ einer Naturerbestätte. Ne-
ben dem aktuellen Erhaltungszustand muss auch ein überzeugender
Erhaltungsplan vorgelegt werden. Die Idee der Welterbekonvention ist
die „Erwägung, dass Teile des Kultur- oder Naturerbes von außerge-
wöhnlicher Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes
der ganzen Menschheit erhalten werden müssen“3. Die Auszeichnung
Welterbe erhält man in der Regel dauerhaft; bei groben Verstößen
kann der Titel entzogen werden, wie dies in Dresden durch den Bau
der Waldschlößchenbrücke 2009 geschehen ist. Die Auszeichnung ist
von internationaler Bedeutung. Wichtig ist die kontinuierliche Pflege,
um als Standort daraus Nutzen ziehen zu können.
Die Kulturhauptstadt Europas ist eine Initiative der Europäischen Kulturhauptstadt
Union, die auf einen Vorschlag der damaligen griechischen Kulturmi- Europas
nisterin Melina Mercouri zurückging. Jährlich wird der Titel Kultur-
hauptstadt Europas an mindestens zwei Städte der Europäischen Uni-
on vergeben. Zusätzlich können Nicht-Mitgliedstaaten Kulturhaupt-
städte stellen. Die Benennung soll die Vielfalt und die Gemeinsamkei-
ten des kulturellen Erbes in Europa herausstellen und ein besseres
Verständnis der Bürger Europas füreinander ermöglichen. Der Titel
wird durch eine europäische Jury vergeben und ist bezüglich des In-
nen- und Außenmarketings der Bewerberstädte eine gute Möglichkeit,
sich zu positionieren und zu profilieren.
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4. D 1.13 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
Stadt der Um Städte und Stadtregionen zu mehr Leistung und Förderung im
Wissenschaft Bereich Wissenschaft zu motivieren, vergibt der Stifterverband für die
Deutsche Wissenschaft seit 2004 den Preis „Stadt der Wissenschaft“.
Der Titelträger wird durch eine Jury bestimmt. Hervorgehoben werden
dabei insbesondere Regionen, in denen Wissenschaft, Wirtschaft und
Kultur eng miteinander vernetzt sind. Eine wesentliche Rolle dabei
spielt, dass Wissenschaft in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird
und die Städte herausfinden, über welche großartigen Schätze sie ver-
fügen. Der Titel Stadt der Wissenschaft ist ein nationaler Titel. Er eig-
net sich gut für die Bündelung innerstädtischer Projekte und als Kata-
lysierungsinstrument für Binnenmarketing und Zielprozesse.
Bundesgartenschau Die Bundesgartenschau (BUGA) ist eine Ausstellung für Gartenbau
und Landschaftsarchitektur. Sie findet in einem Zweijahresturnus in
deutschen Städten und alle zehn Jahre als Internationale Gartenbau-
ausstellung (IGA) statt. Daneben gibt es die Landesgartenschauen der
Bundesländer. Als Organisation steht hinter der Vergabe, neben Bun-
desbehörden und den ausrichtenden Städten, die 1993 gegründete
Deutsche Bundesgartenschau GmbH (DBG) mit dem Zentralverband
Gartenbau e. V. (ZVG), der Bundesverband Garten-, Landschafts- und
Sportplatzbau (BGL) und der Bund deutscher Baumschulen (BdB).
Die Schirmherrschaft einer Bundesgartenschau wird vom jeweiligen
Bundespräsidenten übernommen. Die BUGA eignet sich für Städte,
umfangreiche Freiraumgestaltungen umzusetzen, die regionalen Ent-
wicklungszielen dienen und viele Bereiche, wie Stadtentwicklung,
Kultur, Gartenbau, bündeln können. Meistens erreichen die Bundes-
gartenschauen eine große Zahl an Besucherinnen und Besuchern.
Weitere Beispiele Kleinere, regionale Wettbewerbe sind beispielsweise die Heimattage
Baden-Württemberg, der Hessentag oder der Rheinland-Pfalz-Tag,
bzw. „Unser Dorf hat Zukunft“, bis 1997 „Unser Dorf soll schöner
werden“, ein Bundeswettbewerb, der seit 1961 in fast allen deutschen
Bundesländern durchgeführt wird. Teilnehmen können Orte mit bis zu
3000 Einwohnern.
Preisverleihungen und Eine andere Möglichkeit für Städte ist es, sich im Wettbewerb mit
eigene Veranstaltungen anderen Städten über Preise und eigene Veranstaltungen ein Differen-
zierungsmerkmal zu schaffen, nach dem Motto „Nicht bewerben –
selbst vergeben und veranstalten“ Beispiele sind:
– Documenta Kassel,
– Karlspreis Aachen,
– Medienpreis Baden-Baden,
– Stadtschreiber in verschiedenen Städten.
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