Poser: Rechtsprechungsübersicht zu Verkehrssicherungs- und Betreiberpflichten...
Ewert: Der Titelschutz – Ein unterschätztes Recht
1. F Gewerblicher Rechtsschutz
F1 Titelschutzrecht
Der Titelschutz - Ein unterschätztes Recht
Voraussetzungen und Bedeutung des Schutzes von Werktiteln und
Bezeichnungen nach dem Markengesetz
Jan-Peter Ewert
Rechtsanwalt in Hamburg mit den Schwerpunkten Urheberrecht, Kennzeichen-
recht (Marken, Werktitel, Geschäftsbezeichnungen) und Wettbewerbsrecht
Inhalt Seite
1. Wahl des Werktitels 3
1.1 Gegenstand des Titelschutzes 3
1.2 Abgrenzung zu anderen Schutzrechten 4
2. Taugliche Schutzobjekte 5
2.1 Druckschriften 5
2.2 Filmwerke 6
2.3 Tonwerke 6
2.4 Bühnenwerke 6
2.5 Sonstige vergleichbare Werke 7 F
2.6 Sonderfall: Domain 7 1.1
3. Voraussetzungen des Titelschutzes 7 S. 1
3.1 Kennzeichnungskraft 8
3.2 Benutzung 9
3.3 Vorgezogener Schutz - Titelschutzanzeige 10
4. Grenzen des Titelschutzes 11
4.1 Zeitliche Grenze 11
4.2 Räumliche Grenze 11
5. Inhaber des Titelschutzrechts 12
5.1 Ursprünglicher Inhaber 12
5.2 Übertragung 12
6. Ausschließlichkeitsrechte / Verletzungen 13
6.1 „Benutzung“ eines Werktitels 13
6.2 Schutz vor Verwechslungsgefahr (§ 15 Abs. 2 MarkenG) 14
6.3 Schutz vor Ausbeutung/Beeinträchtigung (§ 15 Abs. 3 MarkenG) 17
7. Rechtsfolgen einer Titelverletzung 19
7.1 Unterlassungsanspruch 19
7.2 Beseitigung 20
7.3 Auskunft 20
7.4 Finanzielle Ausgleichsansprüche 21
8. Kollision von Rechten 23
9. Praktisches Vorgehen gegen eine Titelschutzverletzung 24
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2. F Gewerblicher Rechtsschutz
F1 Titelschutzrecht
Checkliste für die Wahl eines Werktitels, der einen
möglichst hohen eigenen Schutz genießt, ohne Schutz-
rechte Dritter zu verletzen 25
Bei der Wahl des Werktitels haben regelmäßig Marketingaspekte den Vorrang vor
künstlerischen Überlegungen. Dass auch juristische Überlegungen in die Wahl des
Werktitels mit einfließen, kommt kaum vor. Dabei hat die Wahl eines in juristischer
Hinsicht kennzeichnungskräftigen Werktitels ganz entscheidenden Einfluss auf den
Schutz, den dieser nach dem Markengesetz genießt. Diese juristische Schutzfähig-
keit des Werktitels hat eine kaum zu überschätzende wirtschaftliche Bedeutung und
ist ein zentraler Baustein für jedes gezielte Rechtemanagement.
F
1.1
S. 2
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3. F Gewerblicher Rechtsschutz
F1 Titelschutzrecht
1. Wahl des Werktitels
Für viele Künstler gehört die Findung von Titeln für Ihre Werke zu den größten
Herausforderungen im Rahmen ihres kreativen Schaffens. Unabhängig davon,
dass der Titel einem Werk seine Richtung mit vorzugeben vermag, ist er im Re-
gelfall das erste, was dem „Konsumenten“ vom Werk präsentiert wird. Genügend
Werke finden heute bereits allein aufgrund bestimmter Schlagworte im Titel ihre
Abnehmer, noch leichter kann ein schlecht gewählter Titel aber den angesproche-
nen Kunden davon abhalten, sich mit dem Werk näher zu befassen und ihm damit
im negativen Sinne die Kaufentscheidung abnehmen.
Bei der Wahl des Werktitels haben daher regelmäßig Marketingaspekte den Vorrang
vor künstlerischen Überlegungen. Dass auch juristische Überlegungen in die Wahl
des Werktitels mit einfließen, kommt kaum vor. Dabei hat die Wahl eines in juristi-
scher Hinsicht kennzeichnungskräftigen Werktitels ganz entscheidenden Einfluss
auf den Schutz, den dieser nach dem Markengesetz genießt. Diese juristische
Schutzfähigkeit des Werktitels hat eine kaum zu überschätzende wirtschaftliche
Bedeutung und ist ein zentraler Baustein für jedes gezielte Rechtemanagement.
Tipp: Gerade Werke, die nicht von Anfang an von einer großen Marketingma-
schinerie unterstützt wurden und die insofern nach ihrem Herauskommen auch
nicht durch die Eintragung von Marken geschützt wurden, werden sich nie zu F
wertvollen Wirtschaftsgütern entwickeln können, wenn sie nicht durch die Wahl 1.1
fantasievoller und damit juristisch schutzfähiger Werktitel auch ohne Eintragung S. 3
geschützt gewesen wären. Ein Beispiel hiefür ist z. B. „Harry Potter“, an älteren
(und noch unterscheidungskräftigeren) Beispielen wären „Pumuckl“ und
„Winnetou“ zu nennen.
Insofern ist die nachfolgende Darstellung auch als ein Plädoyer für die Wahl von
Werktiteln zu verstehen, die nicht nur griffig und eingängig sind, sondern auch
das Werk, das sie bezeichnen, mit ihrer Individualität zu schützen helfen.
1.1 Gegenstand des Titelschutzes
Der Titelschutz nimmt im Markenrecht eine Sonderstellung ein. Nach der gesetz-
lichen Definition in § 5 Abs. 3 MarkenG sind Werktitel die Namen oder besonde-
ren Bezeichnungen von
- Druckschriften,
- Filmwerken,
- Tonwerken,
- Bühnenwerken oder
- sonstigen vergleichbaren Werken.
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4. F Gewerblicher Rechtsschutz
F1 Titelschutzrecht
Diese Werktitel genießen bereits ohne Eintragung bei einem Register einen
rechtlichen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 MarkenG, dessen Entstehen und Umfang
von mehreren Faktoren abhängt, die nachfolgend übersichtsartig dargestellt wer-
den sollen:
der Titel muss ein Werk aus einer der in § 5 Abs. 3 MarkenG genannten
Werkarten bezeichnen (Kap 2.)
der Titel muss kennzeichnungskräftig sein, entweder aufgrund seiner Origina-
lität oder seiner Bekanntheit (Kap 3.1)
der Titel muss im Verkehr als Werkbezeichnung genutzt werden (Kap 3.2)
1.2 Abgrenzung zu anderen Schutzrechten
Neben dem Werktitelschutz werden im Markengesetz insbesondere das (namens-
gebende) Markenrecht und der Schutz für Unternehmenskennzeichen geregelt.
Unter diesen Schutzrechten steht der Werktitel der Marke, insbesondere der durch
die Benutzung aufgrund Verkehrsgeltung erworbenen Marke (§ 4 Nr. 2 MarkenG)
systematisch näher als dem Unternehmenskennzeichen (§ 5 Abs. 2 MarkenG),
denn anders als die Unternehmenskennzeichen markiert der Werktitel ein Pro-
dukt.
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1.1 Ein wesentlicher Unterschied zwischen Werktitel und Marke besteht aber darin,
S. 4 dass der Werktitel in erster Linie inhaltsbezogen ist und damit vor allem der
Unterscheidung eines Werkes von einem anderen Werk dient und nur in zweiter
Linie ein Herkunftshinweis auf ein Unternehmen ist (BGH GRUR 2002, 1083,
1084 – „1, 2, 3 im Sauseschritt“). Dies hat insbesondere zur Folge, dass der
Schutz des Werktitels kaum auf andersartige Waren und Dienstleistungen aus-
strahlt, sondern größtenteils auf die konkrete Werkform (z. B. Buch oder Theater-
stück) beschränkt ist.
Die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Werktiteln lassen sich
am besten an einem Beispiel illustrieren: Wenn ein kommunales Kino
unter dem Namen „Traumfabrik“ gegründet wird, kann es ggf. für diese Bezeich-
nung einen Schutz als Unternehmenskennzeichen für Kinos in seiner Region
genießen, nicht aber als Werktitel. Richtet das Kino unter dieser Bezeichnung
eine umfangreiche Internetseite ein, die z. B. Rezensionen, Interviews etc. um-
fasst und insofern als „Werk“ qualifiziert werden kann, kann es dafür Werktitel-
schutz beanspruchen – weitestgehend beschränkt auf das konkrete Medium.
Zusätzlich kann es z. B. einen Werktitelschutz für bestimmte Arten von Druck-
schriften erwerben, wenn es eine Zeitschriftenreihe herausgibt, in der die kultu-
rellen Aktivitäten im und um das Kino beschrieben werden.
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