Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Fischer, Reich: Der Ausstellungsvertrag. Was Leihgeber und Aussteller bei einer öffentlichen Kunstausstellung beachten müssen
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
Der Ausstellungsvertrag
Was Leihgeber und Aussteller bei einer öffentlichen Kunstausstellung
beachten müssen
Hermann J. Fischer
Autor zum Thema „Kultur und Recht“
Steven A. Reich
Rechtsanwalt, Spezialgebiet: Urheberrecht; Herausgeber und Mitautor verschie-
dener Rechtsbeiträge
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Vertragsmuster mit Erläuterungen 3
2.1 Vertragsparteien 3
2.2 Vertragsgegenstand 4
2.3 Pflichten des Leihgebers 4
2.4 Pflichten des Ausstellers 5
2.5 Kosten 6
2.6 Verkaufsregelung 7
2.7 Ausstellungshonorar 8
2.8 Abrechnung und Zahlung 9
2.9 Sorgfaltspflichten, Haftung, Versicherung 10
2.10 Kündigung 11
2.11 Rückgabe 11
2.12 Sonstiges 11
Mustervertrag Ausstellung 13
L
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2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
1. Einleitung
Mitunter betätigen sich Städte, Gemeinden oder andere Institutionen des öffentli-
chen Rechts als Kunstaussteller. Im Unterschied zu den nach marktwirtschaftli-
chen Prinzipien tätigen privaten Galerien oder Kunstauktionshäusern sind die
staatlichen Einrichtungen zunächst darum bemüht, mit den Ausstellungen Kunst
und Kultur zu fördern. Die Organisation einer Kunstausstellung erfordert regel-
mäßig so erheblichen Aufwand, dass eine adäquate Gestaltung des Vertrages
zwischen Leihgebern und Ausstellungsveranstaltern unabdingbar erscheint, um
rechtlichen Risiken zu begegnen. Es geht darum, die beiderseitigen Interessen
auszugleichen und Risiken gerecht zu verteilen.
So möchten Künstler ihre Leihgaben ohne unnötige Beschädigungsrisiken einem
möglichst großen interessierten Publikum vorstellen und nach Möglichkeit auch
verkaufen. Die staatliche Institution möchte die Durchführung der Ausstellung
und häufig auch die Erstellung eines Kataloges unter Wahrung der gesetzlichen
Bestimmungen gewährleisten. Nicht zuletzt verschafft eine gelungene Kunstaus-
stellung ihrem Veranstalter ein beträchtliches Prestige.
Eine gesetzliche Regelung des Ausstellungsvertrages ist nicht vorhanden. Unter
der Geltung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit sind vielerlei Vertragsgestaltun-
gen möglich. Allerdings sind hierbei zwingende und unabdingbare urheberrecht-
liche Bestimmungen zu wahren.
Das nachfolgend von den Verfassern entworfene und erläuternde Vertragsmuster
dient der Orientierung im Hinblick auf die wesentlichen rechtlichen Aspekte. Es
sollte im Einzelfall nicht „blind“ übernommen werden, sondern den konkreten
Erfordernissen, gegebenenfalls unter Beiziehung fachkundigen juristischen Rats,
angepasst werden.
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3. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
2. Vertragsmuster mit Erläuterungen
2.1 Vertragsparteien
Ausstellungsvertrag
zwischen
der Stadt/der Gemeinde, der Institution des öffentlichen Rechts, der Stiftung (o.Ä.)
dem Aussteller
und der Künstlerin/dem Künstler/Eigentümer/Besitzer/Museum/Leihgeber
Es sind auch andere Bezeichnungen des Vertrages üblich und möglich, z. B.
Leihvertrag. Die Vertragsüberschrift allein ist für die Bestimmung der Vertrags-
pflichten und -rechte nicht von entscheidender Bedeutung. Der Ausstellungsver-
trag weist neben dem Leihvertrag auch Elemente des Geschäftsbesorgungs- und
des urheberrechtlichen Nutzungsvertrages auf.
Bei der Vertragsgestaltung ist darauf zu achten, dass jeweils die vertraglich ver-
pflichtete Rechtspersönlichkeit in den Vertragstext aufgenommen wird, damit im
Konfliktfall kein Zweifel daran besteht, wer Vertragspartner ist. Dabei ist durch
entsprechende Zusätze zu kennzeichnen, wer Vertretungsbefugter bzw. Zeich-
nungsberechtigter auf beiden Seiten ist.
Auf Seiten des Leihgebers können sowohl Künstler und Eigentümer als auch
„bloße“ Besitzer von Kunstwerken in Betracht kommen. Diese Unterscheidung
ist aus verschiedenen Gründen wichtig:
Über das Sacheigentum kann lediglich der Eigentümer verfügen, denn nur er darf
gegebenenfalls das Kunstwerk auch verkaufen. Urheberrechtliche Nutzungsbe-
fugnisse kann dagegen grundsätzlich nur der Urheber, also der Künstler selber
einräumen. Diesem ist das Recht zur Erstveröffentlichung seines Kunstwerks
vorbehalten, § 12 Urheberrechtsgesetz (UrhG); ihm steht das Ausstellungsrecht
zu (§ 18 UrhG). Diese Rechte sind unveräußerlich (§ 29 Abs. 1 UrhG). Die Ü-
bertragung des Sacheigentums an einem Kunstwerk impliziert grundsätzlich nicht
die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsbefugnissen (§ 44 Abs. 1
UrhG), es sei denn, dies entspricht dem Zweck der Abrede (Zweckübertragungs-
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grundsatz: § 31 Abs. 5 UrhG). Der Eigentümer eines Originalwerkes der bilden-
den Künste ist aber gemäß § 44 Abs. 2 UrhG berechtigt, das Werk öffentlich
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auszustellen, auch wenn es noch nicht veröffentlicht ist, es sei denn, dass der S. 3
Künstler dies bei Veräußerung des Originals ausdrücklich ausgeschlossen hat.
Der Aussteller muss den Künstler bzw. die Künstlerin daher nicht um Erlaubnis
zur Veröffentlichung und Ausstellung ersuchen, wenn der Leihgeber neben dem
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4. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
Eigentum am Kunstwerk auch diese Berechtigung erworben hat. Dies sollte sich
der Aussteller gegebenenfalls nachweisen lassen, denn der gutgläubige Erwerb
von urheberrechtlichen Nutzungsbefugnissen ist nicht möglich.
Fallen Eigentum und Besitz bzw. Gewahrsam nicht an eine Person, zum Beispiel
bei Dauerleihgaben an ein Museum, welches diese wiederum ausleiht, ist zusätz-
lich die Berechtigung des Leihgebers hierzu erforderlich. Um vor überraschenden
Herausgabeansprüchen sicher zu sein, sollte sich der Aussteller die entsprechende
Berechtigung durch Bestätigungen, Vertragskopien etc. nachweisen lassen.
2.2 Vertragsgegenstand
Der Aussteller stellt die in Anlage 1 genannten Kunstwerke aus. Die Ausstellung
findet vom . . . bis . . . in . . . statt.
Es ist dringend zu empfehlen, die für die Ausstellung vorgesehenen Werke in
einer Anlage aufzulisten, genau zu bezeichnen und zu beschreiben. Dies auch mit
Rücksicht darauf, dass eventuell bis zur Ausstellung noch Werke zu erstellen
sind, die ebenfalls, je nach Konkretisierungsmöglichkeit, zu beschreiben sind.
Vom Vertragstypus her gesehen handelt es sich bei dem Ausstellungsvertrag im
Kern um einen Leihvertrag im Sinne der §§ 598 ff. des Bürgerliches Gesetzbu-
ches (BGB). Inhalt eines Leihvertrages ist die unentgeltliche Überlassung einer
Sache zum Gebrauch für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit. In Abgrenzung
zum Mietvertrag ist die Leihe unentgeltlich. Darüber hinaus gehören zum Aus-
stellungsvertrag Elemente des Geschäftsbesorgungsvertrages und des Kommissi-
onsvertrages. Außerdem enthält der Ausstellungsvertrag eine urheberrechtliche
Nutzungseinräumung.
2.3 Pflichten des Leihgebers
Der Leihgeber übergibt die in der Anlage 1 aufgeführten Werke bis spätestens am
. . . in für die Ausstellungszwecke geeignetem Zustand an den Aussteller. Hier-
über ist ein Übergabeprotokoll zu fertigen (Anlage 2). Der Leihgeber ermöglicht
die fotografische Reproduktion der Kunstwerke rechtzeitig für den Redaktions-
schluss der Katalogausgabe und stellt begleitendes Informationsmaterial, insbe-
sondere für Werbezwecke, für die Ausstellung zur Verfügung (Anlage 3). Der
Leihgeber versichert, die erforderlichen Nutzungsrechte innezuhaben und über-
tragen zu können.
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3.1 Um eventuell auftretende Haftungsfragen eindeutig klären zu können, ist es not-
S. 4 wendig, bei der Übergabe der für die Ausstellung vorgesehenen Werke auch eine
Zustandsbeschreibung vorzunehmen. Dies ist vor allen Dingen dann von Wich-
tigkeit, wenn Kunstwerke bereits des öfteren ausgestellt worden sind und sich
naturgemäß bereits kleinere Beschädigungen ergeben haben.
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