Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Gordon K. Strahl: Marketing in der Freien Kulturszene
1. J 1.13
Marketing in der Freien Kulturszene
Gordon K. Strahl
Freie Kultureinrichtungen stehen, wenn es um Marketing geht, vor besonderen Herausforderungen:
Da sie zumeist ohne oder mit nur wenig Fördermitteln und Subventionen auskommen müssen, fehlt
es den Einrichtungen oftmals an monetären Mitteln für das Marketing. Nicht zuletzt das Beispiel
der Kulturellen Marketing-Initiative Essen zeigt jedoch, dass sich auch mit wenig Geld große Ef-
fekte in Sachen Öffentlichkeitsarbeit erzielen lassen. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch ein
überdurchschnittliches Engagement der Akteure und die Bereitschaft, auch über den eigenen Teller-
rand zu schauen.
Gliederung Seite
1. Einleitung 2
2. Die Freie Szene in Essen 3
3. Selbst- und Fremdwahrnehmung 5
4. Soziale Netzwerke 6
5. Pressearbeit 7
5.1 Pressemitteilung 8
5.2 Pressekonferenzen 10
6. Gemeinsame Aktionen der KMI 11
6.1 Guerilla-Marketing 11
6.2 Gemeinsam Präsenz zeigen 12
7. Fazit 13
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2. J 1.13 Best Practice
Beispiele aus den Kultursparten
1. Einleitung
Marketing ohne Budget Freie Kultureinrichtungen stehen, wenn es um Marketing geht, vor
besonderen Herausforderungen: Da sie zumeist ohne oder mit nur
wenig Fördermitteln und Subventionen auskommen müssen, fehlt es
den Einrichtungen oftmals an monetären Mitteln für das Marketing.
Daraus folgt, dass selten geschultes Personal zur Verfügung steht –
Marketing wird deshalb oft von Mitarbeitern, die innerhalb der Ein-
richtungen eigentlich für andere Aufgaben zuständig sind, „nebenbei“
erledigt.
Dazu gesellt sich die Problematik der Profilschärfung, die besonders
in Großstädten mit einem vielfältigen kulturellen Angebot existiert:
Wie schafft es zum Beispiel ein freies Theaterensemble, sich von den
anderen Angeboten so abzuheben, dass es interessant genug wirkt, um
vom Publikum und der Presse wahrgenommen zu werden?
Kulturelle Marketing Die Pluralität auf dem Markt können die Kultureinrichtungen indes
Initiative auch in einen Vorteil ummünzen, wie das Beispiel der Kulturellen
Marketing-Initiative (KMI) Essen zeigt. Auf Initiative des Marketing-
experten Peter Cristofolini hat sich dieser Arbeitskreis vor fünf Jahren
formiert mit dem Ziel, die öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz
gerade der Freien Szene zu verbessern. In dieser Zeit hat diese ehren-
amtlich arbeitende Initiative auf Basis folgender Aktionen eine Reihe
von Erfolgen erzielen können.
• Es konnten drei von der WAZ-Gruppe gesponserte gemeinsa-
me Zeitungsbeilagen mit je sechzehn Seiten und einer Auflage
von je 100.000 Exemplaren veröffentlicht werden.
• Eine gemeinsame Broschüre mit 34 Kulturangeboten wurde
mit einer Auflage von 50.000 Exemplaren mit Unterstützung
vom Kulturbüro Essen und der Essener Marketing Gesell-
schaft gedruckt und an öffentlichen Plätzen verteilt.
• Die KMI war zweimal mit einem Gemeinschaftsstand auf der
Essener Messe „Mode. Heim. Handwerk.“ vertreten.
• Gemeinsame Guerilla-Marketing-Aktionen in der Innenstadt
erregten Aufmerksamkeit.
• Mehrere Pressekonferenzen stellten die gemeinsamen Erfolge
und Errungenschaften heraus und sorgten für positive Bericht-
erstattung.
• Vorträge und Seminare z.B. über Social Media erweiterten den
Horizont in Sachen Marketing.
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3. Best Practice J 1.13
Beispiele aus den Kultursparten
• Ein gemeinsamer Internetauftritt auf der Seite
www.freiekulturszene-essen.de wurde geschaffen, um die An-
gebote der KMI-Teilnehmer zu bündeln und zu präsentieren.
• Zweimal fand im Theater im Rathaus ein Theatertag der Frei-
en Szene statt, bei dem die freien Bühnen Ausschnitte aus ih-
ren Arbeiten präsentierten.
Im Folgenden soll nun anhand der KMI gezeigt werden, wie die Freie
Szene mit einfachen Mitteln effizientes Marketing betreiben kann und
welche Probleme sich dabei stellen können.
2. Die Freie Szene in Essen
Die Freie Szene, wie wir sie heute kennen, hat ihre Wurzeln in den Die Abgrenzung ist
1970er und 1980er Jahren: Damals verstand sie sich „als Teil einer struktureller Natur
Gegenbewegung zur so genannten ,etablierten‘ Kultur“.1 Heute ist
eine solch deutliche Abgrenzung zumindest auf inhaltlicher Ebene
freilich nicht immer mehr erkennbar. Vielmehr spielen nun formale
Aspekte eine größere Rolle: So sieht man diejenigen Anbieter als zur
„Freien Szene“ zugehörig an, „die nicht in kommunaler Trägerschaft
oder in Trägerschaft kommunaler Unternehmen wie z.B. die TuP The-
ater und Philharmonie organisiert sind“. Dazu gehören „gemeinnützi-
ge Gruppen, soziokulturelle Zentren, Künstlerhäuser, Literaturgrup-
pen, freie Theater, aber auch Galerien, kommerzielle bzw. nicht öf-
fentlich geförderte Veranstalter und freie Unternehmungen wie etwa
das Unperfekthaus“. 2
Da die Abgrenzung also eher strukturell ist denn inhaltlich, spielt sie
für den Zuschauer oftmals keine große Rolle. Auf ein Publikum, das
es auf besonders experimentelle Arten von Kulturangeboten abgese-
hen hat, kann die Freie Szene also nicht per se zielen – im Gegenteil.
Das aufgrund fehlender Fördermittel überlebenswichtige Bedürfnis,
eine ausreichende Menge an zahlender Zuschauerschaft anzusprechen,
zwingt viele Anbieter, sich näher am sogenannten Mainstream, also
dem breiten Geschmack, zu orientieren, als ein städtisches Haus, das
sich aufgrund sicherer Einnahmequellen durch Subventionsgelder
auch mal Experimente erlauben darf, die nicht auf Massenzuspruch
ausgerichtet sind.
Die Freie Szene selbst lässt sich grob in drei Kategorien einteilen: So Kommerz, Soziokultur
gibt es kommerzielle Anbieter, bei denen zumeist professionelle und Amateure
Künstler arbeiten – die Künstler und die Mitarbeiter sind profitorien-
tiert, denn sie müssen, und/oder wollen von ihrem kreativen Angebot
leben. Bei den familiengeführten Theatern „Stratmanns“ und „Theater
Courage“ ist dies zum Beispiel der Fall.
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