Bei diesen Seiten handelt es sich um eine Leseprobe des Werkes 'Kulturmanagement & Kulturpolitik'. Um den Beitrag vollständig zu lesen, melden Sie sich bitte auf www.kulturmanagement-portal.de an. Hier können Sie gegen eine Jahresnutzungsgebühr alle Beiträge des Handbuches einsehen und herunterladen! Viel Spaß beim Stöbern!
PS: Auf www.kulturmanagement-portal.de finden Sie auch komplette Beiträge zum kostenlosen Download.
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Martina Herring: Besucherorientierung im Museum. Qualifizierung von Mitarbeitern in der Museumsaufsicht
1. E 3.11
Besucherorientierung im Museum
Qualifizierung von Mitarbeitern in der Museumsaufsicht
Martina Herring
Die zunehmende Besucherorientierung in Museen bedingt erhöhte Anforderungen an die Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter in der Museumsaufsicht. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, sowohl ein
tradiertes Anforderungsprofil zu aktualisieren als auch das Aufsichtspersonal kontinuierlich zu
qualifizieren. In diesem Beitrag erhält der Leser konkrete Tipps für die erfolgreiche Umsetzung
eines Qualifizierungskonzepts zur Steigerung der Besucherorientierung in der Museumsaufsicht.
Einschlägige Begriffe der Personalentwicklung und geeignete Trainingsmethoden werden erläutert.
Im Praxisteil stellt die Autorin eine idealtypische Vorgehensweise für die Einführung eines Perso-
nalentwicklungskonzeptes dar.
Gliederung Seite
1. Besucherorientierung im Museum 2
1.1 Erwartungen der Museumsbesucher an das Museum 3
1.2 Erwartungen des Museums an das Aufsichtspersonal 4
1.3 Vertragsstrukturen und Mitarbeiterprofile 5
2. Qualifizierung von Aufsichtspersonal im Museum 7
2.1 Anforderungsprofil 8
2.2 Bildungsbedarfsanalyse 10
2.3 Trainingsmethoden 13
2.4 Seminarinhalte 15
2.5 Qualitätssicherung 16
3. Konzeption und Umsetzung eines Qualifizierungsprogramms 18
4. Zusammenfassung und Fazit 23
KMP 1 32 12 12 1
2. E 3.11 Organisation und Personal
Mitarbeiterführung
1. Besucherorientierung im Museum
Im Kontext eines zeitgemäßen Museumsmanagements kommen der
strategischen Zielgruppenanalyse und damit einhergehend der Aus-
richtung des Museums an den Erwartungen der jeweiligen Besucher-
gruppen eine hohe Bedeutung zu. Dabei umfasst diese Orientierung an
den Kundenerwartungen sowohl die internen Prozesse als auch den
direkten Kontakt zu den Museumsbesuchern, denn
Besucherorientierung „Besucherorientierung ist keine Blume, die ein Museum sich als
Schmuck ans Revers heften kann. Eine konsequente Ausrichtung auf
die Bedürfnisse potentieller Nutzer erfordert Umdenken und veränder-
te Grundlagen in allen Bereichen musealer Arbeit.“1
Definition Der Begriff ‚Besucherorientierung‘ bezeichnet im weiteren Sinne die
Übernahme des Konzepts der Kundenorientierung durch Kulturorga-
nisationen aus dem allgemeinen Marketing. Im engeren Sinne, näm-
lich innerhalb des Museums- und Ausstellungswesens, versteht man
darunter, den Bedürfnissen der unterschiedlichen Zielgruppen so weit
wie möglich gerecht zu werden. Generelles Ziel ist dabei, Museen in
lebendige Kulturdienstleistungsbetriebe zu verwandeln.2
Zielsetzung Ein Museum lebt von der Interaktion mit seinen Besuchern. Die Zu-
friedenheit der Besucher ergibt sich sowohl aus der Qualität des Aus-
stellungsprogramms als auch aus den verschiedenen Dienstleistungen,
welche von fest angestellten Mitarbeitern3, Ehrenamtlichen oder von
externem Personal erbracht werden. Gelingt es, über die Besucherzu-
friedenheit hinaus eine langfristige Kundenbindung zu schaffen, in-
dem Mehrfachbesucher gewonnen und über diese wiederum neue
Besucher generiert werden, so leistet die Besucherorientierung einen
unverzichtbaren Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Institution
‚Museum‘. Damit kommt der Besucherorientierung der Mitarbeiter im
Besucherservice eine sehr hohe Bedeutung zu.
Besucherservice Der Besucherservice eines Museums umfasst neben der inhaltlichen
Vermittlung in Führungen und Workshops auch die Kasse, Garderobe,
Information, Audioguide-Ausgabe, Einlasskontrolle, den Shop sowie
die Restauration und insbesondere die Aufsicht.
Museumsaufsicht Im Weiteren wird exemplarisch die ‚Museumsaufsicht‘ als die in aller
Regel größte Gruppe des Besucherservices behandelt. Für die Aus-
wahl spricht auch die Sensibilität der Bewachungsfunktion, denn an
dieser Stelle verbindet sich die Besucherorientierung mit dem elemen-
taren Sicherheitsbedürfnis eines Museums. Die große Herausforde-
rung für das Aufsichtspersonal besteht darin, eine Besucherordnung
angemessen durchzusetzen. Dies bedeutet gegebenenfalls ein ‚muse-
umskonformes Verhalten einzufordern‘ und gleichzeitig die Zufrie-
denheit des Museumsbesuchers nicht aus den Augen zu verlieren.
Denn letztendlich sind nur zufriedene Besucher positive Multiplikato-
ren für ein Museum.
2 KMP 1 32 12 12
3. Organisation und Personal E 3.11
Mitarbeiterführung
1.1 Erwartungen der Museumsbesucher an das
Museum
Museumsbesucher übertragen ihre generellen Erwartungen als Kunde Besuchererhebungen
an die Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung auch auf die
Angebote eines Museums. Insbesondere größere Museen analysieren
ihre Besucher und Nicht-Besucher sowie die Wirkung der musealen
Angebote auf ihre Kunden. Diese Häuser führen, mehr oder weniger
regelmäßig, eine Besucherforschung mittels Besuchererhebungen und
Evaluationen durch.4
In einer Gesellschaft, welche pluralistisch aufgebaut ist und in der das Trends
Individuum einen hohen Stellenwert hat, sind die Erwartungen von
Museumsbesuchern vielfältig und anspruchsvoll. Darüber hinaus set-
zen ‚Trends‘ beziehungsweise gesellschaftliche Tendenzen diesbezüg-
lich besondere Maßstäbe:
• Besucher messen die Museen an der Kundenorientierung kommer-
zieller Veranstalter in der Freizeitbranche.
• Ein regelrechter ‚Museums-Hype‘ lässt Besucher von (Kunst-)
Ausstellung zu Ausstellung im In- und Ausland ‚hoppen‘ und Ver-
gleiche anstellen.
• Der Museumsbesuch mit Event-Charakter hat sich etabliert wie
z. B. die ‚Lange Nacht‘ und der ‚Internationale Tag des Museums‘.
• Die stetig zahlenmäßig steigende Besuchergruppe 60+ erwartet
Barrierefreiheit z. B. auch im Hinblick auf die gut lesbare Beschrif-
tung von Exponaten sowie ausreichend vorhandene und nicht zu
niedrige Sitzgelegenheiten.
• Der Begriff der ‚Familie‘ verändert sich, d.h. Patchworkfamilien,
homosexuelle oder polyamore Lebenspartnerschaften mit Kindern
fragen nach Eintrittskarten zum Familientarif.
• Kindzentrierte Erziehungsstile beinhalten häufig die Anschauung
‚Wer Kinder einlädt, muss damit rechnen, dass etwas kaputt geht‘.
• Besucher führen ihren Hund in Freilichtmuseen mit dem Selbstver-
ständnis eines ‚Familienmitglieds‘ mit.
• Jugendliche und junge Erwachsene erwarten interaktive Ausstel-
lungskonzepte und nutzen die Präsentation der Museen in sozialen
Netzwerken.
• Der Wunsch nach jederzeitiger Erreichbarkeit und Verbindung mit
seiner ‚social community‘ macht Mobilfunkgeräte mit Internet-
zugang und integrierter Kamera zunehmend unverzichtbar.
KMP 1 32 12 12 3
4. E 3.11 Organisation und Personal
Mitarbeiterführung
Besucher Moderne Technologien wie Smartphones, Apps und QR-Codes etc.
kommunikation werden Museen, ihre Ausstellungskonzepte und die Interaktion mit
den Besuchern künftig noch weit mehr beeinflussen. Schon seit einigen
Jahren stellen Museumsverantwortliche fest, dass die Kommunikation
der Besucher mit dem Museum schneller geworden ist. So gehen Be-
schwerden unzufriedener oder verärgerter Besucher fast ausschließlich
per E-Mail oder über den Web-Auftritt bzw. soziale Netzwerke ein.
Die dargestellten gesellschaftlichen Einflüsse und technologischen
Entwicklungen verändern die Erwartungen der Besucher an das Mu-
seum und bedingen eine zunehmende Diversifikation der Anforderun-
gen an das Aufsichtspersonal.
1.2 Erwartungen des Museums an das
Aufsichtspersonal
Aufgaben und Konzepte Die Spannbreite der Aufgaben des Aufsichtspersonals ist groß: von
dem klassischen und antiquierten Bild eines Museumsaufsehers bis
hin zu einem aktiven Besucherbetreuer, der auch museale Inhalte
vermitteln kann. Kombinationen wie der Maschinenvorführer, welcher
Arbeitsvorgänge präsentiert und gleichzeitig für die Sicherheit der
Exponate und Besucher verantwortlich ist, sind ebenso im Museum
anzutreffen wie das Aufsichtspersonal, das in historischen Gewändern
vom Kurator vorgegebene Rollen verkörpert. Jedes Museum legt die
Ausgestaltung der Museumsaufsicht bezüglich des Aufgabenspekt-
rums fest. Hierbei spielt beispielsweise die Art des Museums eine
Rolle (z. B. Kunst- oder Freilichtmuseum) oder über welche finanziel-
len Mittel ein Museum für die Museumspädagogik verfügt.
Erwartungen Auch die Erwartungen seitens des Museums an das Aufsichtspersonal
sind umfangreich. An erster Stelle steht die Sicherheit der Exponate
und des Equipments sowie der Besucher. Dieser Bewachungsauftrag
ist jedoch untrennbar verbunden mit einem hohen Dienstleistungsver-
ständnis. Stand früher die Sicherheit alleine im Vordergrund, so ist
diese heute integriert in die Besucherorientierung.5 Dies bedeutet, dass
es Aufgabe des Aufsichtspersonals ist, eine Atmosphäre der Gast-
freundschaft in einem Museum zu schaffen. Den Mitarbeitern in der
Bewachung kommt durch deren stetige Anwesenheit die besondere
Rolle eines Gastgebers zu. Dazu gehört auch, dass Bewachungsperso-
nal aktiv statt reaktiv handeln, sich dabei jedoch auf keinen Fall ver-
selbständigen soll. So wird es meist nicht gerne gesehen, wenn Auf-
sichtsmitarbeiter inhaltliche Fragen der Besucher zu ausführlich be-
antworten, statt an die zuständigen Personen in der Museumsvermitt-
lung zu verweisen. Letztlich erfordert die Bewachung der Exponate
eine ungeteilte Aufmerksamkeit. Präsenz zeigen und zurückhaltend in
der Fläche rotieren stellen neben der Sicherheitstechnik die wirksams-
te Prävention von Beschädigungen oder Verlusten von Ausstellungs-
objekten dar.
4 KMP 1 32 12 12