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Meyer: Der Schallplattenvertrag
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L1 Musik
Der Schallplattenvertrag
Michael Meyer
Jurist und Musiker; Mitglied des Gala-Orchesters „Die Studiker“, Co-Autor des
Wörterbuchs des Musikbusiness
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Begriffe 2
3. Ein Überblick über die Strukturen im Musikgeschäft 3
4. Die Funktion der Schallplattenverträge 4
5. Erläuterung der wesentlichen Regelungen eines
Künstlerexklusivvertrages 6
5.1 Vertragsdauer 6
5.2 Umfang der Produktion 7
5.3 Produktionsbedingungen 7
5.4 Vertragsgebiet 8
5.5 Veröffentlichungsverpflichtung 8
5.6 Exklusivität 8
5.7 Rechtseinräumung 9
5.8 Vergütung 10
5.9 Sonstige Regelungen 14
6. Vertragsmuster 14
Mustervertrag: Künstlerexklusivvertrag 15
Für viele junge Künstler ist er der erste Schritt „nach oben“ - der Plattenvertrag.
Doch sollte trotz aller Euphorie das „Kleingedruckte“ auch hier nicht übersehen L
werden. Welche Pflichten sich für den Künstler aus dem Vertrag ergeben und 1.2
welche Vergütung ihm als Gegenleistung zusteht, ergibt sich zumeist erst aus S. 1
einer Gesamtschau aller Vertragsbestandteile. Der vorliegende Beitrag soll einen
Einblick in die komplexe Struktur des Schallplattenvertrages und in die bran-
chenüblichen Vereinbarungen geben.
7 Kultur & Recht Juli 2000
2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L1 Musik
1. Einleitung
„Hurra, ich habe einen Plattenvertrag!“ Nicht selten hört man diese oder ähnliche
Äußerungen junger Künstler. Dem Plattenvertrag haftet ohne Zweifel der Nimbus
der Tür zur Welt der Berühmtheiten und zum finanziellen Erfolg an. Nicht anders
ist es zu erklären, dass der erste Preis bei Bandwettbewerben oftmals ein Platten-
vertrag ist. In der Tat ist der Abschluss eines Plattenvertrages mit einer namhaften
Plattenfirma ein Indiz für eine marktfähige und erfolgversprechende Leistung.
Ohne jedoch die Begeisterung des jungen Künstlers schmälern zu wollen, wird
dabei zu oft vergessen, dass ein Plattenvertrag wie etwa auch ein Kaufvertrag -
ein Vertrag über den Austausch von Leistungen ist.
Ob dieser Austausch fair ist, d. h. ob Leistung und Gegenleistung in einem ange-
messenen Verhältnis zueinander stehen, kann erst nach eingehender Analyse aller
Vertragsbedingungen beantwortet werden. Der folgende Beitrag soll die komple-
xe Struktur derartiger Verträge erläutern und damit eine Hilfestellung zum besse-
ren Verständnis bieten. Er kann jedoch den fachmännischen Rat eines Branchen-
kenners oder kundigen Rechtsanwaltes, zu dessen Einholung vor Abschluss eines
solchen Vertrages zu raten ist, nicht ersetzen.
2. Begriffe
Der noch heute umgangssprachlich übliche Begriff des (Schall-)Plattenvertrages
stammt aus der Zeit, als die wesentliche wirtschaftliche Auswertung von Schal-
laufnahmen durch den Verkauf von Schallplatten erfolgte. Heute finden sich am
Markt viele verschiedene Formate, wie z. B. CD, MC, MD, DCC, aber nach wie
vor auch die Vinyl-Schallplatte. Der Oberbegriff für all diese Formate ist der des
Tonträgers. Entsprechend ist heute die genauere Bezeichnung für Verträge über
die Auswertung von Schallaufnahmen die des Tonträgerauswertungsvertrages.
Tonträgerauswertungsverträge unterfallen wiederum hauptsächlich in Künstlerex-
klusivverträge und Bandübernahmeverträge.
Ebenso ist der Begriff der Plattenfirma zwar umgangssprachlich gebräuchlich, in
Verträgen und unter „Insidern“ spricht man dagegen von Tonträgerherstellern
oder Tonträgerunternehmen.
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1.2 Zwar wird auch heute noch ein Großteil der Einnahmen der Tonträgerunter-
nehmen durch den Verkauf von Tonträgern erzielt, die jüngere technische Ent-
S. 2
wicklung im Bereich der Musikübertragung etwa durch das Internet könnte
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3. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L1 Musik
jedoch in absehbarer Zukunft dazu führen, dass die Herstellung und der Verkauf
von Tonträgern durch digitales Herunterladen aus elektronischen Netzwerken
ersetzt wird. Im Zuge dieser Entwicklung wird man daher die genannten Begriffe
abermals überdenken müssen und sollte dann - noch allgemeiner - von „Tonauf-
nahmenauswertungsverträgen“ sprechen.
3. Ein Überblick über die Strukturen im
Musikgeschäft
Das Verständnis der Strukturen im Musikgeschäft wird nicht nur dem Laien oft
dadurch erschwert, dass verschiedene Rollen im Prozess der Produktion und
Auswertung von Musik mal von verschiedenen, mal aber auch von ein und der-
selben Person wahrgenommen werden. Beispielsweise ist ein Liedermacher
gleichzeitig Komponist, Texter und Interpret. Auf der anderen Seite gibt es
„Künstler“, die weder selbst komponieren noch selbst texten, ja zuweilen nicht
einmal selbst singen (sogenannte plastic artists oder plastic groups). Darüber
hinaus sind aber wiederum einige Künstler zugleich ihre eigenen Produzenten,
weil sie ein eigenes Studio haben, in dem sie professionell verwertbare Aufnah-
men anfertigen. Bei allen denkbaren Konstellationen ist daher streng zwischen
den verschiedenen Rollen und den sich daraus ergebenden Rechten und Verträgen
zu unterscheiden.
Die folgende Darstellung soll einen Überblick über die Beteiligten und deren
mögliche Vertragsverhältnisse geben. Dabei wird der Übersichtlichkeit halber
davon ausgegangen, dass alle angesprochenen Rollen und damit auch die jeweili-
gen Rechtsinhaberschaften bei unterschiedlichen Personen liegen.
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1.2
S. 3
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4. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L1 Musik
Abb. 1: Die Struktur des Musikgeschäfts
4. Die Funktion der Schallplattenverträge
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Die Rechtseinräumungen in den hier zu besprechenden „klassischen“ Schall-
1.2
plattenverträgen haben danach im Wesentlichen sogenannte Leistungsschutz-
S. 4 rechte zum Gegenstand, hier die Leistungsschutzrechte des ausübenden
Künstlers bzw. des Tonträgerherstellers. Sie kommen in der Praxis hauptsäch-
lich als Künstlerexklusivverträge und Bandübernahmeverträge vor. Beide Ver-
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