Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Schenk, Varadinek: Haftung im Internet
1. M Recht der neuen Medien
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Haftung im Internet
Maximilian Schenk
Rechtsanwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt Gewerblicher Rechtsschutz, Medien-
und IT-Recht; Sozietät von Boetticher Hasse Lohmann, Berlin
Dr. Brigitta Varadinek
Rechtsanwältin mit Tätigkeitsschwerpunkt Medien- und IT-Recht; lindenpartners,
Partnerschaft von Rechtsanwälten, Berlin
Inhalt Seite
1. Einleitung 3
2. Grundsatz: Was offline verboten ist, ist auch online verboten:
Die Haftung für eigene Inhalte 3
2.1 Welche Handlungen im Internet können eine Haftung auslösen? 3
2.2 Welche Folgen drohen? 5
3. Haftungsprivilegien für Internetteilnehmer 8
3.1 § 8 ff. Teledienstegesetz (TDG), § 6 ff.
Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) 8
3.2 Begrenzte Haftung für das Bereithalten fremder Inhalte:
Die Haftung des Service Providers 9
3.3 Haftung für Links 12
3.4 Keine Haftung für die Zugangsvermittlung: Haftungsfreistellung
für den Access Provider 13
4. Und wenn ich nicht haften will? Disclaimer und
Haftungsausschluss durch Vertrag 15
5. Wie und wo können Haftungsansprüche durchgesetzt werden?
Anwendbares Recht und Gerichtsstand 16
5.1 Anwendbares Recht 17
5.2 Zuständigkeit deutscher Gerichte 18
Checkliste Haftung für den Provider 19
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Das Internet hat sich zu einer vielseitigen Plattform für den Informations- und
Wirtschaftsverkehr entwickelt. Anbieter und Nutzer kultureller Dienstleistungen
müssen dabei beachten, dass sie nicht gegen Rechte verstoßen und eine Haftung
auslösen, die wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen kann. Die somit wichtige
Frage, wann dieser Haftungsfall eintritt und welche rechtliche Möglichkeiten
vorhanden sind, gegen die Handlung und den verursachten Schaden vorzugehen,
kann dabei ebenso für den Künstler von Relevanz sein, dessen Werk im Internet
genutzt wird.
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1. Einleitung
Wer sich mit einer eigenen Homepage ins Internet wagt, begibt sich in ein neues,
ihm zunächst unbekanntes Rechtsgebiet. Der Anarchismus der ersten, von Inter-
netfreaks dominierten Jahre ist vorbei; inzwischen ist das Internet zu einem star-
ken Wirtschaftsfaktor angewachsen. Damit einher ging ein relativ enges Rege-
lungsgeflecht. Das vorliegende Kapitel befasst sich mit der Frage, welche beson-
deren Haftungsrisiken im Internet zu beachten sind. Künstler und Kunstschaffen-
de, die sich bisher nicht mit dem Internet befasst haben und selbst auch gar nicht
im Internet präsent sein wollen, sind immer häufiger gezwungen, sich mit diesem
Medium auseinander zu setzen, weil beispielsweise ihre Werke über das Internet
verbreitet werden. Das vorliegende Kapitel gibt Hilfestellung bei der Frage, ge-
gen wen in solchen Fällen Haftungsansprüche geltend gemacht werden können.
2. Grundsatz: Was offline verboten ist, ist
auch online verboten: Die Haftung für
eigene Inhalte
In einem von der Zeitung „Sonntagspostille“ auf ihrer Homepage betrie-
benen Chatroom unter www.sonntags-klatsch.de äußert der Chatter G.
wiederholt die Meinung, der bekannte Autor K. habe die Ideen für seine Romane
nicht selbst gehabt, sondern von einem früheren Freund gestohlen und dann unter
seinem Namen veröffentlicht. Auf der Homepage www.lustig.de, die vom Buch-
händler Herrn L. betrieben wird, ist der neuste Roman des K. ohne dessen Ein-
willigung veröffentlicht. Dem Autor K. flattert außerdem ein Abmahnschreiben
des Vereins gegen unlautere Kunstwerbung ins Haus, weil er per E-Mail für sei-
nen Roman sowie eine Autorenlesung geworben hatte. Die E-Mail-Adressen
hatte er unbefugter Weise einer fremden Datei entnommen. Schließlich bekommt
er einen Brief von einem Leser, der seine Fahrtkosten ersetzt haben will, weil sich
auf der Homepage des K. ein Link zu der Homepage seines Verlegers befindet,
auf der die Termine für seine Autorenlesungen falsch angegeben waren.
2.1 Welche Handlungen im Internet können eine Haftung
auslösen?
In dem Beispielsfall liegen zahlreiche Rechtsverstöße vor: Das Urheberrecht des
Autors wurde verletzt, er wurde verleumdet, die E-Mail-Werbung verstößt gegen
das Wettbewerbsrecht, das Verwenden der fremden Daten stellt einen Verstoß
gegen das Datenschutzrecht dar und die Angabe falscher Termine für die Auto-
renlesung ist möglicherweise eine schadensersatzpflichtige unerlaubte Handlung.
Insbesondere folgende Handlungen im Internet sind verboten: M
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- Wer unerbeten E-Mails zu Wettbewerbszwecken versendet, verstößt gegen
das Wettbewerbsrecht;
- wer rassistische oder pornographische Inhalte über das Internet verbreitet,
kann strafrechtlich belangt werden;
- wer Fotos, Romane oder ähnliche Texte etc. eines anderen ohne dessen Zu-
stimmung für seine Website benutzt, kann aus Urheberrecht in Anspruch ge-
nommen werden;
- wer Daten unbefugt speichert oder verwertet, verstößt gegen die Daten-
schutzgesetze;
- wer eine bekannte Marke eines Wettbewerbers als Domain für seine eigene
Homepage nutzt, verstößt gegen das Markengesetz;
- wer fehlerhafte Software über das Internet vertreibt oder falsche Informatio-
nen weitergibt, kann aus Delikt (§ 823 ff. BGB) oder aus Produkthaftung in
Anspruch genommen werden usw.
Soweit vertragliche Beziehungen bestehen, kommt darüber hinaus auch eine
Haftung aus Vertrag in Frage, wenn nämlich Vertragspflichten verletzt werden.
Hat also beispielsweise ein Komponist einer Multimediafirma Rechte zur Nut-
zung seiner Musik für die Erstellung einer bestimmten Website eingeräumt und
nutzt die Firma diese nunmehr für zahlreiche weitere Websites, haftet die Multi-
mediafirma sowohl aus Urheberrecht als auch aus Vertrag.
Grundsätzlich stellt sich dabei die Frage, wer für diese Rechtsverstöße einstehen
muss, wer haftet? Und hier gelten in der virtuellen Welt zunächst einmal die
Regeln der realen Welt: Grundsätzlich hat jeder für sein eigenes Tun einzustehen.
Wer also etwas über das Internet verbreitet, ist für den eigenen Inhalt verantwort-
lich. Dies ist in § 8 Abs. 1 des Teledienstegesetzes (TDG) und in dem fast gleich-
lautenden § 6 Abs. 1 des Mediendienstestaatsvertrages (MDStV) ausdrücklich
geregelt:
„Dienstanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten,
nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.“
Der Buchhändler Herr L., der den Roman des Autors K. ohne dessen
Zustimmung auf seiner Homepage veröffentlicht, kann von diesem aus
Urheberrecht in Anspruch genommen werden. Chatter G. haftet wegen Verleum-
dung und der Autor K. wegen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und Daten-
schutzbestimmungen.
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