Ausbildungssituation in Deutschland: demographischer
Hintergrund, Markt und Mobilität
- eine empirische Analyse für Deutschland –
Studienarbeit der Technischen Universität Dresden, Fachrichtung Verkehrswirtschaft.
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Raumwirtschaftliche Betrachtung der Ausbildungssituation der BRD
1. Technische Universität Dresden
Fakultät Verkehrswissenschaften “Friedrich List”
Institut für Wirtschaft und Verkehr
Professur für VWL, insb. Makroökonomik und Raumwirtschaftslehre /
Regionalwissenschaften
Ausbildungssituation in Deutschland: demographischer
Hintergrund, Markt und Mobilität
- eine empirische Analyse für Deutschland –
Seminararbeit
Abgabe: 04.01.2010
Betreuer:
Prof. Dr. G. Hirte
Dipl. Verkehrswirtschaftler
2. Inhaltsverzeichnis:
Seite
Inhaltsverzeichnis I
Tabellenverzeichnis III
Abbildungsverzeichnis IV
Einleitung 1
1 Theoretische Abbildung des Ausbildungsmarktes 2
1.1 Funktionsweise der Marktwirtschaft 2
1.2 Abbildung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage 3
2 Demographie 5
2.1 Verfahren der Erhebung demographischer Daten 5
2.1.1 Begriffsabgrenzungen und Methodenbeschreibung 5
2.1.2 Die Volkszählung 2011 7
2.2 Demographische Lage 8
2.2.1 Bevölkerungsbilanz aktuell 8
2.2.2 Darstellung der Entwicklung der Altersstruktur anhand einer 9
interaktiven Alterspyramide
2.3 Natürliche Bevölkerungsbewegung 14
2.4 Räumliche Bevölkerungsbewegung 17
2.5 Bildung und Wissenschaft 19
3 Ausbildungsmarkt in Deutschland 20
3.1 Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt 1998/99- 2008/09 20
3.1.1 Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit 20
3. 3.1.2 BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge 23
3.1.3 Angebot und Nachfrage 24
3.1.4 Probleme und Lücken der Statistiken 25
3.2 aktuelle Ausbildungssituation 27
3.2.1 BIBB- Datenreport 2009 27
3.2.2 Ausbildungssituation 2007/08 in den Ländern und Regionen 27
3.2.3 Ausbildungssituation 2007/08 nach Zuständigkeitsbereichen 29
3.2.4 Ausbildungssituation 2007/08 nach Geschlechtern 30
3.2.5 Angebot und Nachfrage 2007/08 31
3.2.6 Ausbildungsmarkt 2008/09 32
4 Ausbildungsmobilität in Deutschland 35
4.1 Regionale Pendlerverflechtungen 36
4.1.1 Untersuchung nach Bundesländern und auf Kreisebene 36
4.1.2 Die Ausmaße der Mobilität 45
4.1.3 Die zurückgelegten Entfernungen 46
4.2 Einflussfaktoren des Mobilitätsverhaltens 47
4.2.1 Ausbildungsplatzangebot 47
4.2.2 Bevölkerungsdichte 47
4.2.3 Zusammenhänge zwischen Ausbildungsplatzangebot und 48
Bevölkerungsdichte
4.3 Ausblick 50
Fazit 51
Quellenverzeichnis VII
Anhang XII
Eigenwörtliche Erklärung XIV
II
4. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Auszug aus der Vorausberechnung Haushalte des Statistischen Bundesamtes,
Entwicklung der Privathaushalte bis 2025 (Trendvariante) Deutschland, destatis.de
Tabelle 2: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2007/08 in Bezug zu 2006/07 nach
Bundesländern
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009,Übersicht A1-2, S.15
Tabelle 3: Pendlerdaten von Auszubildenden nach Bundesländern 2006
Quelle: IAB-Kurzbericht (09/2008), Tabelle 1: Pendlerdaten von Auszubildenden nach
Bundesländern 2006
III
5. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Gleichgewicht auf dem Gütermarkt
Quelle: Eigene Darstellung nach Mankiw (2008)
Abb. 2: Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt
Quelle: Eigene und teilweise aus dem Englischen übersetzte Darstellung nach Hubbard
und O´Brien (2006), S. 78 und Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 129, 156 und 172
Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD in 1000
Quelle: Eigene Darstellung in Bezugnahme auf Daten des Statistischen Jahrbuchs 2009,
S.34-35
Abb. 4: Alterspilz
Quelle: Webseite Geographie Innsbruck, http://tirolatlas.uibk.ac.at
Abb. 5: Schrumpfende Bevölkerung
Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17
Abb. 6: Stabile Bevölkerung
Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17
Abb. 7: Wachsende Bevölkerung
Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17
Abb. 8: interaktive Alterspyramide 2009
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des
Statistischen Bundesamtes
Abb. 9: interaktive Alterspyramide 2009, Geburtsjahrgang 1985
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des
Statistischen Bundesamtes
Abb. 10: interaktive Alterspyramide 2050 mit Geschlechterproportion
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des
Statistischen Bundesamtes
Abb. 11: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands 2007, nicht
berücksichtigt sind Ortsumzüge.
Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von destatis.de
IV
6. Abb. 12: im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und
gemeldete Berufsausbildungsstellen
Quelle: in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA
Abb. 13: nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte
Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009,
BA
Abb. 14: Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträge zum 30.September
Abb. 15: Entwicklung des Ausbildungsangebotes und der Ausbildungsnachfrage
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA
und an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September
Abb. 16: Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-Volumina in 2004/05
Quelle: in Anlehnung an J.G.Ulrich, Wie groß ist die Lehrstellenlücke wirklich, BWP 3/2006,
S.15
Abb. 17: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen
2007/08 im Vergleich zu 2006/07
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1,
S.18
Abb. 18: Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer Definition
Quelle. eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen und nach
Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB-Erhebung der neu
abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September
Abb. 19: Auszubildende am Arbeitsort und die Zahl der Einpendler in den acht größten
Städten Deutschlands (Stichtag: 30.09.2006)
Quelle: IAB regional Nord (Nr. 02/2008), Abbildung 8: Auszubildende am Arbeitsort und
die Zahl der Einpendler in den acht größten Städten Deutschlands (Stichtag: 30.09.2006)
Abb. 20: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden - in NRW mit
min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005
V
7. Quelle: IAB regional NRW (Nr. 01/2007), Karte 9: Pendelnde Auszubildende nach
Herkunfts- und Ziel-Gemeinden - in NRW mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005
Abb. 21: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden in Deutschland
mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005
Quelle: IAB regional NRW (Nr. 01/2007), Karte 9: Pendelnde Auszubildende nach
Herkunfts- und Ziel-Gemeinden in Deutschland mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005
Abb. 22: Durchschnittliche Pendlerdistanzen von Auszubildenden nach
Arbeitsmarktregionen 2006
Quelle: IAB-Kurzbericht (Nr. 09/2008), Karte 2: Durchschnittliche Pendlerdistanzen von
Auszubildenden nach Arbeitsmarktregionen 2006
Abb. 23: Zusammenhang zwischen Ausbildungsplatzangebot bzw. Bevölkerungsdichte
und dem gewichteten Pendlersaldo in den 150 deutschen Arbeitsmarktregionen
Quelle: IAB Kurzbericht (Nr. 09/2008), Abbildung 1: Zusammenhang zwischen
Ausbildungsplatzangebot bzw. Bevölkerungsdichte und dem gewichteten Pendlersaldo in
den 150 deutschen Arbeitsmarktregionen
VI
8. EINLEITUNG
„Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einmal satt, lehre ihn Fischen, und er
wird nie wieder hungern.“ - Diese Lebensweisheit von Laotse wurde über zweieinhalb
Jahrtausende von Generation zu Generation übermittelt und musste nie an Realitätsnähe
einbüßen. Im Gegenteil: Eine fundierte Ausbildung ist heute so wichtig wie eh und je. In
den letzten Jahren überstieg die Zahl der älteren Menschen, die aus dem Erwerbsleben
ausschieden, diejenige Zahl der jungen ausgebildeten Menschen, die an deren Stelle
nachrückten.1 Obwohl freie Ausbildungsplätze vorhanden sind, bleibt regelmäßig ein nicht
unerheblicher Prozentsatz an jungen Menschen ohne Lehrstelle. Warum es sowohl eine
große Anzahl an nichtvermittelten Bewerbern, als auch an nicht besetzen
Ausbildungsplätzen gibt, soll in dieser Seminararbeit aufgedeckt werden. Außerdem wird
die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt näher beschrieben, in die Methoden der
Bevölkerungsforschung und Datenermittlung eingetaucht, auf Probleme in der Räumung
des Ausbildungsmarktes hingewiesen, Ein- und Auspendlerströme gegenüber gestellt und
nach Ursachen dieses Ungleichgewichtes geforscht.
Zur Vermittlung grundlegenden Wissens bildet Kapitel 1 erst allgemein die freie
Marktwirtschaft, später auch den Arbeits- und Ausbildungsmarkt theoretisch ab. Um
Bevölkerungsentwicklungen und Statistiken zu erstellen, werden in aufwendigen
Verfahren repräsentative Daten erhoben. Welche Verfahren der demographischen
Erhebung angewandt werden und wodurch sich diese unterscheiden wird in Kapitel 2
beschrieben, welches außerdem auf die bevorstehende Volkszählung 2011 Bezug nimmt.
Desweiteren wird auf die räumliche und natürliche Bevölkerungsentwicklung eingegangen
und Möglichkeiten der graphischen Veranschaulichung
bevölkerungsbewegungsrelevanter Daten aufgezeigt.
Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes der letzten zehn Jahre wird in Kapitel 3, sowohl
unter dem Aspekt der Ausbildungsstellenmarktstatistik, der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträge, als auch hinsichtlich des Angebotes und der Nachfrage erörtert.
Außerdem werden Lücken der Statistiken aufgezeigt und detailliert auf die neusten Daten
der Ausbildungssituation eingegangen.
Warum der Ausbildungsmarkt im Vergleich zum Arbeitsmarkt wesentlich stärker räumlich
konzentriert ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wird in Kapitel 4
dargestellt. Zudem werden die Determinanten, die Mobilität beeinflussen, erörtert und
regionale Unterschiede in der Zahl der Auszubildenden, die eine große Entfernung zu
ihrem Ausbildungsplatz zurücklegen müssen, aufgedeckt und analysiert.
1
Analyse des Arbeitsmarktes in Deutschland (November 2009), S.4
1
9. 1 Theoretische Abbildung des Ausbildungsmarktes
Bevor in den nachfolgenden Kapiteln die Situation auf dem Ausbildungsmarkt
durchleuchtet wird, sollen grundlegende Begriffe geklärt und auf die
Gleichgewichtstheorie eingegangen werden.
1.1 Funktionsweise der Marktwirtschaft2
Um die Reaktionen der Marktwirtschaft auf Preisänderungen des betrachteten Gutes
grafisch abzubilden, wird , wie in Abbildung 1 in einem Preis-Mengen-Diagramm3 erstellt,
an dessen Ordinate der Preis pro Stück und an dessen Abszisse die Stückzahl
abgetragen wird.
Abb. 1: Gleichgewicht auf dem Gütermarkt
Quelle: Eigene Darstellung nach Mankiw (2008)
Bei steigenden Preisen weiten Produzenten das Angebot aus, wohingegen Konsumenten
die Nachfrage einschränken. Aufgrund der positiven Abhängigkeit des Angebots vom
Marktpreis der Güter zeigt die Nachfragekurve einen steigenden Verlauf, die
Angebotskurve dagegen fällt mit zunehmendem Preis.4 Am Schnittpunkt der
Angebotskurve mit der Nachfragekurve ergibt sich das Marktgleichgewicht. Bei der
Gleichgewichtsmenge x* und dem Gleichgewichtspreis p* ist der Markt geräumt.5
2
Vgl. Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 35
3
Vgl. Beck (2006), S. 84
4
Vgl. Beck (2006), S. 29
5
Vgl. Mankiw (2008)
1
10. 1.2 Abbildung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage
Die beschriebene Darstellung der Marktwirtschaft lässt sich auf den Arbeits- bzw.
Ausbildungsmarkt übertragen. Dabei wird Arbeit von Unternehmen nachgefragt6, die bei
niedrigerem Reallohnsatz w und damit niedrigerem Grenzprodukt der Arbeit in der
Erwartung höherer Gewinne ihre Arbeitsnachfrage Ld steigern. Wie in Abbildung 2 zu
erkennen ist, besteht somit ein negativer Zusammenhang zwischen Reallohnsatz und
Arbeitsnachfrage. Private Haushalte bieten Arbeit als Produktionsfaktor an. Aufgrund
einer allgemein umso höheren Arbeitsbereitschaft bei höherem Reallohnsatz verhält sich
das Arbeitsangebot Ls, anders als die Arbeitsnachfrage, positiv zum Reallohnsatz. Somit
zeigt sich die Arbeitsangebotskurve als steigend.
Abb. 2: Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt
Quelle: Eigene und teilweise aus dem Englischen übersetzte Darstellung nach Hubbard und O´Brien (2006),
S. 78 und Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 129, 156 und 172
Der in Abbildung 2 zu erkennende Überschuss an Arbeitsangebot zeigt die
Unterbeschäftigung, die angibt, wie hoch die Zahl der Erwerbspersonen über der Zahl der
Arbeitsstellen liegt7.
Laut dem Statistischen Jahrbuch 2009, S.81, des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden
ließen sich im Jahr 2008 43,39 Millionen Erwerbspersonen verzeichnen. Der Begriff der
6
Vgl. Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 155
7
Vgl. Möller und Walwei (2009), S. 61
2
11. Erwerbspersonen umfasst die Erwerbstätigen, die eine Erwerbstätigkeit ausüben8 und
deren Zahl sich 2008 auf rund 40,26 Millionen belief, sowie die Erwerbslosen, das heißt
die nicht erwerbstätigen Personen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 74 Jahren, die in
den vorausgegangenen vier Wochen aktiv auf Arbeitssuche waren9 (2008: 3,13 Millionen).
Demzufolge ergibt sich als Verhältnis der Erwerbslosen zu den Erwerbspersonen eine
Erwerbslosenquote von 7,3%10.
Über die aktuelle Arbeitsnachfrage lassen sich nur unzureichende Vermutungen
anstellen, da das Arbeitsamt11 für Jahr 2008 lediglich 560.00012 Stellen (Oktober 2009:
479.10013) verzeichnen konnte, zumal in diese Berechnung nur die vom Arbeitgeber an
die Agentur für Arbeit gemeldeten Stellen eingehen. Da es sich bei den Angaben über die
Zahl der Erwerbspersonen und die Zahl der gemeldeten Stellen um unterschiedliche
Größenordnungen und Ermittlungsmethoden handelt, lassen sich daraus keine
Rückschlüsse auf einen Arbeitsangebotsüberschuss ziehen.
Analog zum Arbeitsmarkt gelten die beschriebenen Funktionsweisen auch für den
Ausbildungsstellenmarkt und auch für Bewerber für Berufsausbildungsplätze stellt die
Agentur für Arbeit eine wichtige Transferposition dar: 515.500 Bewerber haben im
Lehrjahr 2008/09 die Ausbildungsvermittlung bei der Suche nach einer Lehrstelle
eingeschaltet.14 Eine detaillierte Auswertung des Ausbildungsstellenmarktes erfolgt im
nachfolgenden Kapitel, das als Einstieg einen Überblick über den Markt für berufliche
Ausbildung gibt.
8
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 80
9
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 79
10
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 86, Ungenauigkeiten sind auf Rundungsdifferenzen
zurückzuführen
11
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 80
12
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 73
13
Vgl. Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes destatis.de, Stand: 29. Oktober 2009
14
Vgl. Presse Info 067 vom 01.09.2009, Bundesagentur für Arbeit
3
12. 2 Demographie
„DEM DEUTSCHEN VOLKE“ – Diese Inschrift ist seit 1915 über dem Hauptportal des
Reichstages in Berlin zu lesen, nach einem Vorschlag des Architekten Paul Wallot von
1894, der sein bis heute als Besuchermagnet geltendes Regierungsgebäude „dem
deutschen Volke“ widmete.15 Doch was genau ist unter dem Begriff Volk bzw.
Bevölkerung zu verstehen? Laut dem Statistischen Jahrbuch 2004 gehören alle
Einwohner, die mit ihrer Hauptwohnung in der BRD gemeldet sind, der Bevölkerung an
und somit sind dazu auch alle hier gemeldeten Ausländer zu zählen. Welche
Bevölkerungsentwicklungen stattgefunden haben oder zukünftig stattfinden werden und
welche Methoden zur demographischen Datenermittlung eingesetzt werden, wird in den
nachfolgenden Kapiteln erläutert.
Abschnitt 2.1 gibt einen Überblick über die Verfahren der Erhebung, grenzt verwendete
Begriffe voneinander ab und bezieht Stellung zur geplanten Volkszählung 2011. Der
Abschnitt 2.2 durchleuchtet die demographische Lage in Bezug auf die aktuelle, räumliche
und natürliche Bevölkerungsentwicklung und weist auf Möglichkeiten der graphischen
Darstellung hin.
2.1 Verfahren der Erhebung demographischer Daten
„Volkszählung war gestern – Zensus ist morgen“ lautete die Pressemitteilung Nr.102 des
Statistischen Bundesamtes vom 18.03.2009. Im nun folgenden Abschnitt soll der
Unterschied zwischen diesen beiden Erhebungsverfahren geklärt und auf die für das Jahr
2011 geplante Zensur eingegangen werden.
2.1.1 Begriffsabgrenzungen und Methodenbeschreibung
Daten demographischer Erhebungen können aus allgemeinen Bevölkerungsregistern
stammen, aus Stichprobenumfragen auf freiwilliger Basis oder aus staatlich organisierten
Erhebungen16, den sogenannten Volkszählungen, bei denen Antwortpflicht besteht17.
Das statistische Bundesamt in Wiesbaden sammelt personenbezogene, von staatlichen
Institutionen ausgestellte Dokumente, wertet sie aus und stellt sie zu Forschungszwecken
zur Verfügung. Zu den typischen registrierten demographischen Prozessen zählen Geburt
und Tod, Eheschließung und Ehelösung, Abwanderung und Einbürgerung,
15
Vgl. Haubrich (1999)
16
Vgl. Mueller (2009)
17
S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 1, S.1
4
13. Wohnungswechsel, Eintritt und Austritt aus religiösen oder sozialen Institutionen sowie
Änderung des Arbeitsverhältnisses.18
Volkszählungen sind staatlich organisierte Erhebungen, bei denen die Bürger für den
größten Teil der Erhebungsmerkmale19 zur Auskunft verpflichtet sind. Dabei werden zu
einem bestimmten Stichtag20 bei allen im Staatsgebiet wohnhaften Personen mit einem
einheitlichen gedruckten Fragebogen oder Online-Fragebogen21 Strukturdaten über
Biografie, Ausbildung, Beruf, Familien-, sowie Wohn- und Arbeitsverhältnisse erhoben.
Ziel der Volkszählung ist die Offenlegung von Ungenauigkeiten im Melderegister und
dessen Aktualisierung22. Die Abgrenzung des geplanten europaweiten Zensus 2011 von
der altbekannten Volkszählung stellt das Statistische Bundesamt als einen grundlegenden
Wandel dar23. Um die Daten der nur in großen Abständen durchgeführten Volkszählung
fortzuschreiben und zur umfassenden Arbeitsmarktbeobachtung werden seit 195724
jährlich ein Prozent25 aller Haushalte im Rahmen des sogenannten Mikrozensus
stichprobenartig befragt. Der Fragenkomplex des Mikrozensus setzt sich zusammen aus
allgemeinen demographischen Angaben wie Alter, Geschlecht, Staatszugehörigkeit,
Unterhalt und Einkommen und den Ergänzungserhebungen mit Angaben zur früheren
Erwerbstätigkeit und Pflegeversicherung26. Dabei treten bei großer zeitlicher Entfernung
zum letzten Zensus starke Abweichungen auf, die auf Ungenauigkeiten in der
Wanderungsstatistik zurückzuführen sind.27
Das statistische Bundesamt ist eine selbstständige Behörde im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums des Innern mit zentralem Sitz in Wiesbaden, zu dessen Aufgaben
sowohl die Vorbereitung von Analysen für die Bundesstatistik, als auch die Erarbeitung
der Rechts- und Verwaltungsvorschriften gehören.28 Das seit mittlerweile 58 Jahren im
Herbst erscheinende Statistische Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes bildet jeweils
das vorausgegangene Kalenderjahr umfangreich ab (Die Ausgabe von 2009 umfasst
beispielsweise 753 Seiten) bezüglich Geographie und Klima, Bevölkerungsentwicklung,
Arbeitsmarkt, Bildung und Wissenschaft, Wahlen, Sozialleistungen, Bauen und Wohnen,
Land- und Forstwirtschaft, sowie Verkehr, Außenhandel und Preisentwicklung29 und ist
18
Vgl. Mueller (2009)
19
S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 1, S.2
20
S. ZensG 2011 51a, § 2, Abs. 2
21
S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 2, S.3
22
S. ZensG 2011 51a, Drucksache zu § 7, Abs. 1
23
Vgl. Pressemitteilung Nr.102 des Statistischen Bundesamtes vom 18.03.2009
24
Vgl. Lüttinger und Riede (1997), S.19
25
Vgl. Rohloff (2005), S.2
26
Vgl. Lüttinger und Riede (1997), S.21
27
Vgl. Münz (2005), S.4
28
Vgl. Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes
29
in Auswahl aus dem Inhaltsverzeichnis des Statistischen Jahrbuches 2009
5
14. nach Angaben des Statistischen Bundesamtes „das umfassendste statistische
Nachschlagewerk auf dem deutschen Markt.30“ Sofern nicht anders angeben, beziehen
sich die genannten Daten im nachfolgenden Kapitelabschnitt (2.2) auf das Statistische
Jahrbuch 2009.
2.1.2 Die Volkszählung 2011
Da eine Volkszählung gemäß einer Richtlinie der EU alle 10 Jahre31 durchgeführt werden
sollte und die Vereinten Nationen ihren Mitgliedsstaaten die Durchführung einer
Volkszählung zu Beginn jedes Jahrzehnts nahelegen32, zählten die meisten
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Jahr 2001. Weil die letzte Volkszählung in
Deutschland im früheren Gebiet der Bundesrepublik am 25. Mai 1987 durchgeführt wurde,
wurde am 8. Juli 200933 das Gesetz über den registergestützten Zensus im Jahre 2011
(Zensusgesetz 2011 – ZensG 2011) veröffentlicht, das auf der Verordnung (EG) Nr.
763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und
Wohnungszählungen beruht.
Der Art. 1, Abs. 1 ZensG 2011 lautet: „Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder
führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9.
Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.“ Und weiter: „Die statistischen
Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf
Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch“ (§ 7, Abs. 1 ZensG). Beim Zensus 2011
wird auf eine umfassende, alle Individuen betreffende Zählung verzichtet und stattdessen
nur etwa acht Prozent34 der Bevölkerung befragt.
30
Statistisches Jahrbuch 2009, S.12
31
S. Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008
über Volks- und Wohnungszählungen, Art. 1
32
S. Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur
Änderung des Statistikgesetzes vom 8. Juli 2009(BR-Drucks. Nr. 3/09 vom 2. Januar 2009), Teil
A, Abs. 3
33
S. ZensG 2011 51a
34
S. Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur
Änderung des Statistikgesetzes vom 8. Juli 2009 (BR-Drucks. Nr. 3/09 vom 2. Januar 2009), Teil
A, Abs. 11b
6
15. 2.2 Demographische Lage
„Im Jahr 2060 wird jeder Siebente 80 Jahre oder älter sein“, so lautete die Kernaussage
der Pressekonferenz des Statistischen Bundesamtes zur Bevölkerungsentwicklung in
Deutschland bis 2060 am 18.11.2009 in Berlin.
Im nachfolgenden Kapitel werden Erkenntnisse zur demographischen Lage erörtert und
belegt. Soweit nicht anders angegeben, stammen die verwendeten Daten aus dem
Statistischen Jahrbuch vom September 2009, da daraus die aktuellsten und
zuverlässigsten Zahlen zu beziehen sind. Abweichende Werte aus anderen Quellen sind
gegebenenfalls mit Fußnote vermerkt.
2.2.1 Bevölkerungsbilanz aktuell
Zur Ermittlung der aktuellen demographischen Lage werden die Statistiken der
natürlichen Bevölkerungsbewegung wie Geburten, Todesfälle, Eheschließungen und
Scheidungen und der räumlichen Bevölkerungsbewegung (Wanderungen) herangezogen,
außerdem die Ausländerstatistik und analytische Vorausberechnungen über Sterblichkeit,
Geburtenzahlen sowie die Heirats- und Scheidungshäufigkeit.
Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD
83000
82000
82537
82501
82315
82260
82037
82012
82002
81000
81539
80975
80000
79753
79000
78000
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008
Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD in 1000
Quelle: Eigene Darstellung in Bezugnahme auf Daten des Statistischen Jahrbuchs 2009, S.34-35
Laut dem Statistischen Jahrbuch 2009, Seite 28, zählten im Jahre 2008 82.002.000
Personen zur Bevölkerung. Mit einer Bevölkerungsdichte von 230 Personen pro
Quadratkilometer gilt Deutschland als ein dicht besiedeltes Land. Zum Stichtag am 31.
März 2009 schrumpfte die Zahl der Einwohner auf unter 82 Millionen35, was das letzte Mal
im wiedervereinigten Deutschland im Jahre 1995 vorgekommen ist.36
35
Vgl. Pressemitteilung Nr.417 vom 04.11.2009 des Statistischen Bundesamtes
36
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.28
7
16. 2.2.2 Darstellung der Entwicklung der Altersstruktur anhand einer interaktiven
Alterspyramide
Die wohl am weitesten verbreitete graphische Darstellung der demographischen Lage ist
die Altersgraphik. In ihr wird zu einem bestimmten Zeitpunkt die Zahl der Personen (meist
in 1.000) eines bestimmten Alters nach Geschlechtern getrennt dargestellt. Leben zur
betrachteten Zeit im betrachteten Ort im Verhältnis zur Zahl der älteren Menschen sehr
viele Junge, so spricht man aufgrund des Aufbaus der Graphik von einer Alterspyramide.
Stellen die etwa 60-Jährigen den größten Teil der Bevölkerung dar, so zeigt sich der
sogenannte Alterspilz,37 der auch als Birnen- oder Tropfenform38 bezeichnet wird.
Abb. 4: Alterspilz
Quelle: Webseite Geographie Innsbruck
Durch unterschiedlich geformte Alterspyramiden lassen sich Rückschlüsse auf die
zukünftige Entwicklung der Bevölkerung ziehen:39
40
Abb. 5: Schrumpfende Bevölkerung
Die graphisch dargestellte schrumpfende Bevölkerung wird auch als Urne bezeichnet.41
37
Vgl. Niederfranke und Nägele (1999) S. 137
38
Vgl. Grolle (2004), S. 12
39
Vgl. Mueller (2000), S.17
40
Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17
41
Vgl. Iw-Trends (1/2003)
8
17. 40
Abb. 6: Stabile Bevölkerung
Eine stabile Bevölkerung zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl Wachstumsrate, als
auch Altersaufbau konstant sind42 und die Sterberate ungefähr der Geburtenrate
entspricht. Diese Form der Bevölkerungspyramide wird auch Bienenstock oder Glocke
genannt.43
40
Abb. 7: wachsende Bevölkerung
Eine Pyramide, deren jüngere Jahrgänge wesentlich stärker vertreten sind als die älteren
deutet auf eine wachsende Bevölkerung hin.
42
Vgl. Hoßmann, Lettow und Münz (2009)
43
Vgl. Schmidt (2002)
9
18. Das Statistische Bundesamt stellt auf seiner Internetpräsenz destatis.de eine interaktive
Alterspyramide vor, die aus der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung
hervorging und die Entwicklung des Altersaufbaus von 1950 bis 2008 als Fortschreibung
und von 2009 bis ins Jahr 2060 als Vorausberechnung animiert darstellt.
Abb. 8: interaktive Alterspyramide 2009
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes
Abbildung 8 zeigt den Altersaufbau der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2009 mit
den rechtsstehenden Annahmen. In der Matrix ist abzulesen, wie viele Menschen zum
abgebildeten Zeitpunkt einer bestimmten Altersklasse angehören (werden). Dieser
Bevölkerungsaufbau, bei dem die mittleren Altersklassen im Verhältnis zu den höheren
und niedrigeren wesentlich stärker besetzt sind, wird auch als „zerzauste Wettertanne“44
bezeichnet. Hier beträgt die Zahl der 20- bis 64-Jährigen 49,6 Millionen, was einem Anteil
von 61% entspricht. Das Kürzel AQ steht für den Altenquotienten, der das Verhältnis der
Menschen im Alter von 65+ zu den Menschen von 15 bis 64 Jahren angibt. Hier beträgt
der Altenquotient 34.
44
Vgl. Statistisches Bundesamt (2009): Bevölkerung Deutschlands bis 2060, S. 14
10
19. Abb. 9: interaktive Alterspyramide 2009, Geburtsjahrgang 1985
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes
Beim Setzen des Mauszeigers auf einen bestimmten Bereich der dargestellten
Altersstruktur, wie in Abbildung 9 zu sehen, ist auf der rechten Seite die Anzahl der
Menschen in dem jeweiligen Lebensalter abzulesen. Im Jahr 2009 gibt es also 490.000
Männer im Alter von 24 (Jahrgang 1985) und 475.000 gleichalte Frauen. Das Verhältnis
von Frauen zu Männern entspricht also 0,97.
In der Graphik können jeweils in Zehnjahresschritten die Werte von 1950 bis 2060
dargestellt werden.
Ein Blick in die Zukunft:
11
20. Abb. 10: interaktive Alterspyramide 2050 mit Geschlechterproportion
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes
Abbildung 10 zeigt den erwarteten Altersaufbau des Jahres 2050 mit graphisch
dargestelltem Frauen- bzw. Männerüberschuss. Der eben gesetzte Geburtsjahrgang ist
„mitgewandert“: Es wird also für den Jahrgang 1985 etwa 458.000 Männer, 468.000
Frauen und damit eine Frauen-Männer-Verhältnis von 1,02 geben. Außerdem ergibt sich
aus der bei Wegnahme des Mauszeigers wieder sichtbaren Vorausberechnung, dass die
Gesamtzahl der Bevölkerung bis ins Jahr 2050 auf 69,4 Millionen Menschen schrumpfen
wird. Somit verformt sich die Bevölkerungspyramide bis ins Jahr 2050 zu einem Pilz.45
Im Gegensatz zu den erwarteten demographischen Entwicklungen und der sinkenden
Bevölkerungszahl in der Bundesrepublik wird sich die Bevölkerungszahl der Erde von
aktuell 6,5 Milliarden Menschen auf zirka 7,1 Milliarden46 im Jahr 2050 erhöht haben.
Dauerte die Entstehung der ersten Milliarden Menschen noch 500.000 Jahre, so ginge
diese Entwicklung aktuell in nur 15 Jahren vonstatten.
45
Vgl. Lehr (2009)
46
Vgl. Wintermann ( 2006)
12
21. 2.3 Natürliche Bevölkerungsbewegung
Im Jahre 2007 wurden in Deutschland 684.862 Kinder geboren, was 8,3 Kindern pro
1.000 Einwohnern entspricht. Noch im Jahre 1950 lag die Zahl der Geburten pro 1.000
Einwohner bei 16,3. In diese Statistik gehen alle lebend Geborenen ein47. Die allgemeine
Fruchtbarkeitsziffer, die sich auf die im Jahr 2007 lebendgeborenen Kinder pro 1.000
Frauen bezieht, lag bei 43,248. Neben der eben genannten Stromgröße wird vom
Statistischen Bundesamt außerdem die Geburtenziffer, eine Bestandszahl, veröffentlicht,
welche die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau im gebärfähigen Alter von 15 bis 49
angibt. Diese lag im Jahr 2008 mit 1,38 Kindern pro Frau auf dem höchsten Stand seit
200049. Für die dennoch rückläufigen Kinderzahlen ist laut Eckard (2006, S.105) neben
der stetig wachsenden Zahl von Alleinstehenden im mittleren Erwachsenenalter
außerdem die zunehmende Bereitschaft, eine Beziehung zu beenden, verantwortlich zu
machen.
Die Sterberate pro 1.000 Einwohnern betrug 10,1, was 827.155 Personen entspricht.
2007 starben damit ungefähr 100.000 Menschen weniger als 1990, wohingegen der
Gestorbenenüberschuss in diesem Zeitrahmen von 15.770 auf 142.293 anstieg.
Laut Sterbetafeln haben neugeborene Jungen eine Lebenserwartung von 76,86 Jahren,
Mädchen, die heute geboren werden, können sogar durchschnittlich 82,25 Jahre alt
werden, was jeweils eine um 12 Jahre höhere Lebenserwartung als noch im Jahre 1949
bedeutet.
Die Zahl der im Jahre 2008 im Rahmen des 1. Januar 1996 in Kraft getretenen
Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vorzeitig abgebrochenen
Schwangerschaften (114.484) bewegt sich mit einer Quote von 71 pro 10.000 Frauen
etwa auf dem Niveau der Vorjahre.
In der BRD lebten am Stichtag des 31.12.2007 jeweils rund 18 Millionen verheiratete
Männer und Frauen (je etwa 44% der Gesamtpersonen ab 15 Jahren des jeweiligen
Geschlechts). Dies wird aus dem Statistischen Jahrbuch 2009, S.43 deutlich. 45,7% der
Männer und 37% der Frauen waren ledig, was bedeutet, dass sie auch nicht zu früherer
Zeit in ihrem Leben verheiratet waren. Der Anteil der verwitweten Frauen liegt mit 11%
über dem Witweranteil der Männer mit 2,8% und auch bei dem Scheidungsanteil haben
Frauen die Nase vorn: 8% in ihrer Geschlechtergruppe gegen nur 7% bei den Männern. In
der Altersgruppe 30 bis 35 war fast jede zweite Frau verheiratet, dahingegen nur jeder
dritte Mann. Dieser Überschuss an verheirateten Frauen setzt sich auch in den folgenden
47
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.32
48
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.56
49
Vgl. Pressemitteilung Nr.327 vom 04.09.2009 des Statistischen Bundesamtes
13
22. Altersgruppen fort, um sich ab dem späten Rentenalter rasch umzukehren: In der
Altersgruppe 65 bis 70 waren 80% der Männer, aber nur 65% der Frauen verheiratet.
Zum Stichtag lebten in Deutschland etwa 7,2 Millionen Single-Männer zwischen 20 und
40 und etwa 5,7 Millionen gleichaltrige Single-Damen50. Setzt man die Zahl der
Eheschließenden, die schon einmal verheiratet waren, ins Verhältnis zu der Zahl der
Geschiedenen der letzten 3 Jahrzehnte, so ergibt sich, dass der Anteil, der erneut
Heiratenden bei 52% (Männer) bzw. 56% (Frauen) liegt51.
Im Vergleich zum Jahr 1985, in dem das durchschnittliche Heiratsalter der Männer bei
29,8 Jahren und das der Frauen bei 26,7 Jahren lag, stieg das Alter, in dem das Ja-Wort
gegeben wurde, von Jahr zu Jahr stetig an, um im Jahre 2007 bei 36,7 Jahre (Männer)
und 33,5 Jahren (Frauen) zu liegen52.
Die Zahl der Privathaushalte in Deutschland wird bis zum Jahr 2025 von aktuell rund 40
Millionen53 auf 40,5 Millionen54 zunehmen, was den Trend der letzten Jahre und
Jahrzehnte fortsetzt. Damit gab es im Jahr 2008 rund 15,7 Millionen
Einzelpersonenhaushalte und rund 24,3 Millionen Mehrpersonenhaushalte, davon 13,6
Millionen Haushalte mit zwei Personen. Nach Schätzungen des Statistischen
Bundesamtes wird es im Jahr 2025 etwa 16,7 Millionen Einpersonenhaushalte (+6%) und
15,0 Millionen Zweipersonenhaushalte geben (+10%)55.
Jahr Insgesamt Einpersonen- Mehrpersonenhaushalte Durchschnittliche
haushalte mit ... Personen Haushaltsgröße
2 3 4 5 und mehr
1 000
X = Gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll ist.
2010 40.034 15.782 13.670 5.218 3.955 1.408 2,05
2015 40.393 16.185 14.237 4.981 3.711 1.280 2,01
2020 40.541 16.455 14.722 4.720 3.485 1.159 1,98
2025 40.486 16.698 15.018 4.400 3.303 1.067 1,95
in Prozent
2010 100 39,4 34,1 13,0 9,9 3,5 X
2015 100 40,1 35,2 12,3 9,2 3,2 X
2020 100 40,6 36,3 11,6 8,6 2,9 X
2025 100 41,2 37,1 10,9 8,2 2,6 X
Tabelle 1: Auszug aus der Vorausberechnung Haushalte des Statistischen Bundesamtes, Entwicklung der
Privathaushalte bis 2025 (Trendvariante) Deutschland, destatis.de
Seit dem Jahr 1991 ist die Anzahl der Personen pro Haushalt rückläufig. Nach damals
2,27 lag sie im Jahr 2008 nur noch bei 2,05, in Großstädten mit mindestens 100.000
50
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.43
51
Vgl. Grünheid (2006), S.27
52
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 56
53
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.47
54
Vgl. Pressemitteilung Nr.402 vom 05.10.2007
55
Vgl. Tabelle 1
14
23. Einwohnern sogar nur noch bei 1,85. Im Ländervergleich lebten mit 2,17 in Baden-
Württemberg die meisten Personen je Haushalt, wohingegen sich die Berliner mit 1,7456
Personen je Haushalt eher als Einzelgänger zeigten. Dass es auch anders geht zeigt die
Zahl von 221.000 Haushalten, in denen im Jahr 2008 drei Generationen
zusammenlebten57.
Dies wird auch durch die Anzahl der Familien bestätigt: Im Jahr 2008 gab es in
Deutschland so wenige Familien wie in den letzten zehn Jahren davor nicht58: 12,1
Millionen Familien, darunter 8,6 Millionen verheiratete Paare und 2,7 Millionen
Alleinerziehende. In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff Familie alle Eltern-Kind-
Gemeinschaften, also Ehepaare, nichteheliche Lebensgemeinschaften sowie allein
erziehende Mütter und Väter. Die Zahl der zusammenlebenden Paare ohne Kinder ist mit
11,6 Millionen fast ebenso hoch wie die der Familien. Der Rest der bereits erwähnten 40
Millionen Privathaushalte wird von Alleinstehenden geführt.
56
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.46
57
Vgl. Zahl der Woche Nr.050 des Statistischen Bundesamtes vom 15.12.2009
58
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.47
15
24. 2.4 Räumliche Bevölkerungsbewegung
In der Pressemitteilung Nr.375 vom 01.10.2009 stellt das Statistische Bundesamt fest,
dass die Zahl der Wanderungen von Ost- nach Westdeutschland im Jahr 2008 im
Vergleich zu den Vorjahren wieder leicht zurückgegangen ist: 136.500 Personen aus den
neuen Bundesländern zogen in die alten Länder, im Jahre 2007 waren es noch 138.100,
während 85.500 Menschen von den alten in die neuen Länder wanderten (2007: 83.300).
Die neuen Bundesländer verloren also rund 51.000 Personen durch Abwanderung. Im
Jahr 2007 zogen 1.077.192 Menschen59 innerhalb Deutschlands um, wobei hier
Ortsumzüge, die sich nur innerhalb der Gemeindegrenzen ereignen, nicht berücksichtigt
werden.59 Zu den Hauptzielländern zählten dabei Bayern und Baden-Württemberg: Fast
jede vierte der Binnenwanderungen60 führte in die südlichen Bundesländer. Ungefähr
ausgeglichen ist die Zahl der Ein- und Abwanderungen in Bremen, die jeweils etwa
21.000 beträgt und als relativ beliebtestes Zielland hat sich Hamburg herausgestellt mit
62.413 Ein-, und nur 51.085 Abwanderungen, nur noch übertroffen von Bayern, wo der
Zuzügeüberschuss über 31.000 beträgt. Dies ist auch in nachfolgendem Schaubild
ersichtlich.
Diagramm: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb
Deutschlands 2007
31.477
30000
11.328
10.039
20000
9.540
Überschusszahl
7.377
3.516
-17.458
-13.332
-11.187
-10.159
-4.021
-8.428
10000
-5.822
-1.859
-719
-292
0
Mecklenburg-…
-10000
Brandenburg
Bayern
Hamburg
Rheinland-Pfalz
Berlin
Nordrhein-Westfalen
Saarland
Sachsen
Thüringen
Baden-Württemberg
Sachsen-Anhalt
Hessen
Bremen
Niedersachsen
Schleswig-Holstein
-20000
Abb. 11: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands 2007, nicht berücksichtigt sind
Ortsumzüge.
Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von destatis.de
59
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.62
60
Vgl. Lohmann (2009), S.5
16
25. Somit beträgt der Einwanderungsüberschuss Hamburgs 22%. Die größte Gruppe der
nach Hamburg Wandernden stellen Menschen aus Schleswig-Holstein mit 17.000 und
Niedersachsen mit 12.000 dar. Besonders wegzugsfreudig zeigen sich die
Brandenburger, bei denen etwa jeder 45. Im Jahr 2007 eine Abwanderung in ein anderes
Bundesland angetreten hat. Sachsen-Anhalt bildet in dieser Darstellung das Schlusslicht
mit rund 17.000 mehr Fortzügen als Zuzügen.
Die Zahl der Außenwanderungen60, also der Zuwanderungen aus dem Ausland nach
Deutschland, ist in den letzten 20 Jahren stark zurückgegangen61. Gab es noch 1991 mit
1,2 Millionen Zuzügen und 600.000 Abwanderungen einen Zuwanderungsüberschuss von
100%, so liegt die Zuwanderungszahl im Jahr 2007 mit 680.000 nur noch knapp über der
Abwanderungszahl von 637.000. Fast drei Viertel dieser Fortzüge gehen in europäische
Länder. Fünf von sechs der gesamten oben erwähnten nach Deutschland wandernden
Menschen stammten aus Europa, der größte Anteil unter ihnen aus Polen: mit 30,8% der
Immigranten stellen sie die größte Einwanderergruppe dar. Der Zuzugssaldo polnischer
Menschen ist jedoch sehr gering, da Polen zugleich mit einem Anteil von 26,2% oder
120.791 aller deutschen Europa-Fortzieher (458.935) beliebtestes Zielland der Deutschen
ist.
Das statistische Bundesamt stellte in seiner 11. Koordinierten Bevölkerungs-
Vorausberechnung vom November 2006 auf S. 27 fest, dass „die nach Deutschland
zuziehenden ausländischen Personen […] im Durchschnitt jünger (sein werden,) als die
fortziehenden. Daraus ergibt sich für die in Deutschland verbleibende Bevölkerung ein
Verjüngungseffekt“.
61
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.64
17
26. 2.5 Bildung und Wissenschaft
Von den im Jahre 2008 rund 71 Millionen Menschen in der BRD im Alter von 15 und mehr
Jahren gaben 28 Millionen einen Hauptschulabschluss als ihre höchste erreichte
Schulbildung an62. Das entspricht rund 40% davon. Einen Realschul- oder gleichwertigen
Abschluss besaßen rund 28% der über 15-Jährigen (20 Millionen Menschen) und die
Hochschulreife erfolgreich absolviert hatten rund 17 Millionen (etwa jeder vierte). Der
Anteil der Menschen ohne Abschluss schlägt mit 4% zu Buche und es gilt zu beachten,
dass der Unterschiedsbetrag auf die noch in der schulischen Ausbildung befindlichen
Personen zurückzuführen ist.
Bezogen auf die 41,8 Millionen Erwerbspersonen entsprach der Anteil der
Hauptschulabsolventen und der Menschen mit Hochschulreife bzw. Fachhochschulreife
jeweils rund 30%, der Menschen mit mittlerer Reife 37% und der Menschen ohne
allgemeinen Schulabschluss rund 3%.
Im Schuljahr 2007/08 war mit rund 9,2 Millionen Schülerinnen und Schülern an 35.56663
Schulen die niedrigste Schülerzahl in allgemeinbildenden Schulen seit 1992 zu
verzeichnen. Der Anteil der beiden Geschlechter an der Gesamtschülerzahl ist ungefähr
ausgeglichen. Ein Drittel der Schüler besuchte in dem betrachteten Schuljahr die
Grundschule und rund 10% die Hauptschule. Rund 13% oder 1.278.092 waren
Realschüler und etwa jeder vierte (2.466.041) besuchte ein Gymnasium. Der Anteil der
Schüler und Schülerinnen auf Förder- und Sonderschulen betrug etwa 4%, zwei von
dreien davon waren männlichen Geschlechts. Auf den Hautschulen sind Jungen
ebenfalls überpräsent mit einem Anteil von 56%, dagegen stellen sie nur einen Anteil von
47% der Gymnasiasten dar64.
Aktuell gibt es in Deutschland rund 4 Millionen Menschen im Alter von 16 bis 20 Jahren,
einem Alter, in dem man für gewöhnlich eine berufliche Ausbildung absolviert65. Schon im
Jahr 2012, so prognostizierte es das Statistische Bundesamt 2006, soll diese Zahl um ein
Viertel zurückgehen. Ob dies tatsächlich so eintreten könnte, wird sich in den
nachfolgenden Kapiteln zeigen und außerdem wird die Aussage „Trotz ungünstiger
konjunktureller Entwicklung im Jahr 2009 ist eine gute Vermittlung von Jugendlichen in
Ausbildung gelungen“66 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie auf ihren
Wahrheitsgehalt hin untersucht.
62
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.130
63
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.133
64
Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.134
65
Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007): Ratgeber Demographie - Tipps
und Hilfen für Betriebe, S.5
66
Vgl. Pressemitteilung vom 13.10.2009 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie:
Ausbildungspakt auch im Krisenjahr 2009 erfolgreich: Weniger unversorgte Bewerber und noch
zahlreiche Ausbildungsplatzangebote
18
27. 3 Ausbildungsmarkt in Deutschland
Als Einführung in die Situation des Ausbildungsmarktes in Deutschland wird die
Entwicklung des Marktes für die Jahre 1997/98-2008/09 im Kapitel 3.1. aufgezeigt.
Im Kapitel 3.2. wird detailliert auf die Ausbildungsmarktlage 2007/08 in den Regionen, den
Zuständigkeitsbereichen und nach Geschlechtern ausgewertet, wobei besonders auf den
Datenreport 2009 des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) zurückgegriffen wird.
Darüber hinaus wird in Gliederungspunkt 3.2.6 der aktuelle Ausbildungsmarkt 2008/09
betrachtet.
3.1 Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt 1998/99- 2008/09
Um die Situation des heutigen Ausbildungsmarktes besser darstellen zu können, hilft ein
Überblick über den Markt für Berufsausbildung im letzten Jahrzehnt.
3.1.1 Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit
Daten dazu liefert die Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Die
Erhebungsverfahren und Datenaufbereitung werden laut eigenen Angaben wie folgt
erarbeitet:
„Die Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) beinhaltet die
einzigen monatlich verfügbaren Informationen über Angebot und Nachfrage am
Ausbildungsstellenmarkt, und zwar für beide Seiten des Marktes. Die Daten liegen in
tiefer berufsfachlicher und regionaler Gliederung vor. Die Inanspruchnahme der Dienste
der Berufsberatung und der Ausbildungsvermittlung durch Arbeitgeber und Jugendliche ist
freiwillig. In der Ausbildungsstellenmarktstatistik zählt jede Person als Bewerber bzw.
Bewerberin, die sich im Laufe eines Beratungsjahres (jeweils 1.Oktober bis 30.September
des Folgejahres) mindestens einmal zur Vermittlung auf eine Berufsausbildungsstelle bei
einer Agentur oder Arbeitsgemeinschaft gemeldet hat.“67
In Abb. 12 werden gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldete
Berufsausbildungsstellen im Zeitraum von 1997/1998 – 2008/2009 einander
gegenübergestellt.
67
Ausbildungsstellenmarktstatistik September 2009, Bundesagentur für Arbeit
19
28. Im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen
und Berufsausbildungsstellen
900000
800000
700000
600000
500000
400000
300000
200000
100000
0
1999/20
1998/99 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09
00
Gemeldete Bewerber für 802648 770348 737797 711393 719571 736109 740961 763097 733971 620209 533361
Berufsausbildungsstellen
Gemeldete 629251 625442 631048 586144 546660 519899 471516 459202 510377 511582 475391
Berufsausbildungsstellen
Abb. 12: im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldete
Berufsausbildungsstellen
Quelle: in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA
Anhand dieser Abbildung wird deutlich, dass die beiden Kurven nicht identisch sind, d.h. es
hat sich in den letzten Jahren kein Gleichgewicht auf dem Ausbildungsmarkt eingestellt.
Die Anzahl der gemeldeten Bewerber ist höher als die Anzahl der gemeldeten
Berufsausbildungsstellen. In dem Erhebungszeitraum 2000/01 und in den letzten beiden
Zeiträumen 2007/08 und 2008/09 sieht man jedoch eine Annäherung der beiden Kurven.
Zusätzlich kann man einen Rückgang der gemeldeten Bewerber von 802.648 im Zeitraum
1998/99 auf 533.361 im Zeitraum 2008/09 (-33,55%) feststellen. Dies liegt zum einen an
dem demographischen Wandel und zum anderen an der steigenden Anzahl der
Schulabgänger die sich nicht für eine Ausbildung entscheiden sondern auf eine
weiterführende Schule/Universität gehen, Praktika oder ein soziales freiwilliges Jahr im
Ausland absolvieren.
Ebenso hat die Anzahl der Ausbildungsstellen abgenommen. Mit 629.251
Ausbildungsstellen in 1998/99 auf 475.391 Ausbildungsstellen in 2008/09 entspricht dies
24,45%. Gründe hierfür sind beispielsweise der Kostenaspekt, wie gestiegene
Personalkosten aufgrund erhöhter Sozialabgaben und neue kostenpflichtige
Ausbildungsvorschriften.68 Außerdem steigt die Anzahl der IT-Unternehmen, die aufgrund
hoher Anforderungen an das Personal weniger ausbilden und Hochschulabgänger
bevorzugen. Durch die zunehmende Anzahl von Akademikern hat sich ebenfalls der Bedarf
nach betrieblicher Ausbildung geändert und die Nutzung von Praktika und
Traineeprogrammen vorangetrieben. Zusätzlich wird generell die spätere Übernahme von
68
Vgl. Dietrich/Koch/Stops, IAB Kurzbericht 6/2004
20
29. Auszubildenden schlechter eingeschätzt und deswegen teilweise ganz auf ein
Ausbildungsstellenangebot verzichtet.
Daraus folgend gibt es in jedem Zeitabschnitt Bewerber die keine Ausbildungsstelle
erhalten. In Abbildung 13 werden diese unversorgten Bewerber den unbesetzten
Berufsausbildungsstellen gegenübergestellt.
Nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte
Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres
50000
40000
30000
20000
10000
0
1999/20
1998/99 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09
00
nicht vermittelte/unversorgte 29365 23642 20462 23383 35015 44084 40504 49487 32660 14479 9603
Bew erber
unbesetzte Berufsausbildungsstellen 23439 25690 24535 18005 14840 13378 12636 15401 18359 19507 17255
Abb. 13: nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des
jeweiligen Berichtsjahres
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA
In dieser Abbildung 13 wird deutlich, dass sowohl eine große Anzahl an nichtvermittelten
Bewerbern, jedoch aber auch an freien Ausbildungsplätzen existieren. Es ist erneut zu
erkennen, dass die Anzahl der nicht vermittelbaren Bewerber in 200/01, 2007/08 und
2008/09 stark zurückgeht, vgl. Abbildung 12. Nur zu diesen Zeitpunkten ist die Zahl der
unversorgten Bewerber geringer als die unbesetzten Ausbildungsstätten. Die große
Disparität zwischen den beiden Kurven wie in 2003/04 und 2005/06 ist in den letzten
Jahren weniger ausgeprägt und die Kurve der unversorgten Interessenten ist seit 2005/06
fallend, was als positiv bewertet werden kann.
Doch warum gibt es überhaupt unbesetzte Ausbildungsplätze wenn es noch suchende
Bewerber gibt? Laut Institut für Arbeits- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit
(IAB) fallen mehr als drei Viertel der unbesetzten Ausbildungsstellen auf Betriebe mit
weniger als 50 Beschäftigten und sind überwiegend im Bereich private Dienstleistungen zu
21
30. finden (in 2005: West ~41% und Ost ~46%).69 Grund für die Nichtbesetzung eines
Auszubildenden ist an erster Stelle, dass kein passender Bewerber aufgrund mangelnder
Eignung gefunden wird. Laut den Betrieben entsprechen die Interessenten nicht den
berufsspezifischen Anforderungen und haben fehlende schulische Vorbildung. Weitere
Gründe sind dass der passende Bewerber abgesprungen ist oder es zu wenig Bewerber
für die explizite Stelle gibt.
Zusätzlich gibt es Gründe seitens der Ausbildungsbewerber warum sie keinen
Ausbildungsplatz finden. Dazu zählen die Präferenz für bestimmte Berufe wie z.B. in der
Kommunikations- und Informationswirtschaft, welche nicht genügend Stellen für alle
Bewerber anbieten kann. Außerdem werden die Suchenden durch das Image der Firma,
Arbeitsbedingungen, Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten und die Erreichbarkeit der
Betriebe und Berufsschulen (z.B. Fahrtkosten) beeinflusst.
3.1.2 BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
Ein weiterer Indikator für die Ausbildungssituation in den letzten 10 Jahren ist die
Entwicklung der Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Diese ist in
Abbildung 14 dargestellt.
„Die BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge wird jährlich in
Zusammenarbeit mit den für die Berufsausbildung zuständigen Stellen durchgeführt. Dabei
werden die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge berücksichtigt, die in der Zeit vom
01. Oktober des Vorjahres bis zum 30. September des Erhebungsjahres neu
abgeschlossen wurden und die am 30.09. auch noch bestanden haben. Ab 2009 sind die
Daten Bestandteil des Datenreports zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung, der
vom BIBB herausgegeben wird.“70
69
Vgl. Bellmann/Hartung, IAB Kurzbericht 27/2005
70
Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September Berichtsjahre 1998-2008,
Bundesagentur für Arbeit
22
31. neu abgeschlossene Ausbildungsverträge
640000
620000
600000
580000
560000
540000
520000
500000
Abb. 14: Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
zum 30.September
Rückgange sind v.a. in den Erhebungszeiträumen 2002/03 und 2004/05 feststellen. Dies
liegt daran, dass das Angebot an Ausbildungsplätzen zurückgegangen ist, regionale
Disparitäten sich verstärkten, Konjunktur bedingte Rückgange nach den Boomjahren der
1990-1999 auftraten und, wie schon erwähnt, Kostenfaktoren eine Rolle spielten.
3.1.3 Angebot und Nachfrage
Zusammen mit den Ausbildungsmarktzahlen lassen sich die Marktdaten verbinden und
geben Auskunft in welchem rechnerischen Verhältnis sich Angebot und Nachfrage
befinden.
Das Ausbildungsplatzangebot ist die rechnerische Summe der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträge zzgl. der Zahl der am 30. September nicht besetzten
Ausbildungsplätze. Die Ausbildungsplatznachfrage ist die rechnerische Summe der neu
abgeschlossenen Ausbildungsverträge und der Zahl der am 30. September
nichtvermittelten Bewerber.
Folgende Abbildung fasst die Zahlen der Ausbildungsstellenmarktstatistik der
Bundesagentur für Arbeit und die Zahlen der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
zusammen und zeigt die Angebots- und Nachfragekurven von 2000/01 bis 2007/08.
23
32. Ausbildung: Angebot und Nachfrage
700000
Ausbildungsplätze 680000
660000
640000
620000
600000
580000
560000
540000
520000
500000
Zeiträume
Angebot Nachfrage
Abb. 15: Entwicklung des Ausbildungsangebotes und der Ausbildungsnachfrage
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB-
Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September
Wie in Abb. 13 schon dargestellt erfolgt keine Schneidung der beiden Kurven in den Jahren
2002/03 bis 2006/2007 d.h. Angebot und Nachfrage sind nicht ausgeglichen Dies liegt an
der großen Abweichung der nicht besetzten Ausbildungsplätze und nicht vermittelten
Bewerber.
3.1.4 Probleme und Lücken der Statistiken
Abschließend muss nach der Verwendung der einzelnen Statistiken in den vorigen
Kapiteln festgestellt werden, dass diese kritisch zu betrachten sind, da sie teilweise nicht
die Realität auf dem Ausbildungsmarkt wiedergeben. Dies betrifft die ergebnislose
Nachfrage- sowie Angebotsseite, d.h. die nicht vermittelten Bewerber und unbesetzten
Ausbildungsstellen.
Zum einen sind die Betriebe und jungen Menschen die nicht die Bundesagentur für Arbeit
einschalten und keinen Ausbildungsplatz bzw. Auszubildenden finden, in keiner Statistik
berücksichtigt. Zum anderen ergibt sich ein Problem aufgrund des Prinzipes des
Stichtages am 30.09. wie es in der Statistik für „nicht vermittelte/unversorgte Bewerber
sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres“ (siehe
Abbildung 2) der Bundesagentur für Arbeit verwendet wird. Es werden an diesem Datum
nur diejenigen registriert die einen Monat nach Beginn des neuen Ausbildungsjahres dem
Markt zur Verfügung stehen. Ausbildungsbetriebe die schon vorher vergeblich nach einem
24
33. passenden Auszubildenden gesucht haben und erfolglos blieben werden nicht
berücksichtigt. Ebenso fehlen die Bewerber die auf der Suche nach einem
Ausbildungsplatz waren und wegen mangelnden Erfolges schon vor dem 30.09. sich für
eine Alternative (Praktikum, Jobben, etc.) entschlossen hatten. Diese gelten als vermittelt
und bleiben unbeachtet.
Dies gilt analog für das errechnete Angebot bzw. die errechnete Nachfrage, da diese auf
die Zahlen der unversorgten Bewerber sowie der nicht besetzten Ausbildungsstellen
zurückgreift. Durch das unberücksichtigte Angebot und die unberücksichtigte Nachfrage
ergeben sich tatsächlich viel größere Zahlen.
In der Zeitschrift BWP 3/2006 des Bundesinstitutes für Bildung wurde von J.G.Ulrich ein
alternativer Berechnungsmodus für 2004/05 vorgeschlagen. Laut J.G.Ulrich hätte „Das
Nachfragevolumen (…) damit 2005 nicht, wie offiziell ausgewiesen, 591.100 betragen (=
550.200 neue Lehrverträge zuzüglich 40.900 Unvermittelte), sondern gut 750.000.“71 Dies
begründet er darin dass die Gesamtzahl der Ausbildungsplatznachfrager die offiziell nicht
registriert wurden weil sie als schon vermittelt gelten, rund 63.000 Personen beträgt. Die
Zahl der Personen die sich nicht in der Bundesagentur für Arbeit gemeldet haben und
trotzdem keinen Ausbildungsplatz erhalten haben beziffert J.G. Ulrich mit ca. 50.000
Personen. Das unberücksichtigte Angebot schätzt er aufgrund von
Stichprobenuntersuchungen der IAB auf ca. 45200 Personen.
Daraus ergibt sich folgende Abbildung 16:
Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-
Volumina in 2004/05
1600000
1400000
Ausbildungsplätze
1200000
1000000 750000
608000 geschätzt
800000
erfasst
600000
400000
562816 590664
200000
0
Angebot Nachfrage
Abb. 16: Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-Volumina in 2004/05
Quelle: in Anlehnung an J.G.Ulrich, Wie groß ist die Lehrstellenlücke wirklich, BWP 3/2006, S.15
71
Vgl. Ulrich, BWP (Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis) 3/2006
25
34. Ersichtlich wird dass sowohl die Angebots- sowie die Nachfrageberechnung deutlich
höher ausfällt als in den Statistiken angegeben. Selbst wenn J.G.Ulrichs Berechnungen
skeptisch betrachtet werden und die exakten Zahlen nicht nachgewiesen werden können
da es Stichprobenuntersuchungen sind, muss trotzdem von einer höheren Zahl
ausgegangen werden aufgrund der vernachlässigten Bewerber und Ausbildungsbetriebe.
In den folgenden Kapiteln werden jedoch weiterhin die offiziellen Zahlen der
Bundesagentur für Arbeit und des Bundesinstitut für Berufsbildung verwendet, da sie die
einzigen fundierten Daten über einen langen Zeitraum liefern.
26
35. 3.2 aktuelle Ausbildungssituation
Nun wird die Ausbildungssituation 2007/08 hinsichtlich der Regionen, der
Zuständigkeitsbereiche und nach Geschlechtern betrachtet, und die aktuelle Lage in
2008/09 wiedergegeben. Daten hierzu liefert v.a. der BIBB Datenreport vom
30.September 2009.
3.2.1 BIBB- Datenreport 2009
Der 2009 zum ersten Mal herausgegebene Datenreport des BIBB bietet umfassende
Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Ausbildung in Deutschland
aufbauend auf der Grundlage des „Berufsbildungsbericht 2009" des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung (BMBF). Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat früher zum
jährlichen Berufsbildungsbericht des BMBF umfassende wissenschaftliche Analysen und
Statistiken geliefert. Aufgrund einer Empfehlung des BIBB-Hauptausschusses hat das
Bundesbildungsministerium 2008 eine neue Strukturierung beschlossen.
Seit 2009 erscheint der Berufsbildungsbericht untergliedert in zwei Teile: einen politischen
Teil, der vom BMBF entworfen und von der Bundesregierung beschlossen wird, und
einem indikatorengestützten Datenteil, der vom BIBB in Eigenverantwortung
herausgegeben wird. Demzufolge entsteht eine deutliche Aufteilung zwischen der
wissenschaftlichen Untersuchung und den daraus abgeleiteten politischen Bewertungen.
„Ziel (…) ist es, einen Datenreport herauszubringen, der eine differenzierte Darstellung
von Indikatoren und Zeitreihen enthält, Schwerpunkte fokussiert und sich auf Programme
und Aktivitäten zur Förderung von Innovationen in der beruflichen Bildung konzentriert.“72
Berichte von BIBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie externe Betriebe wurden
aufgenommen um zusätzliche Quellen erschließen zu können. Durch stetige
Verbesserungen wird angestrebt 2011 die Entwicklungsphase abgeschlossen und die
Zielsetzung erreicht zu haben.
3.2.2 Ausbildungssituation 2007/08 in den Ländern und Regionen
Im Erhebungszeitraum 01.10.2007 bis 30.09.2008 wurden bundesweit 616.259 neue
Ausbildungsverträge abgeschlossen, was 9626 weniger als 2006/07 entspricht. In
Ostdeutschland sank die Anzahl der neuen Ausbildungsverhältnisse mit insgesamt
72
Neustrukturierung Berufsbildungsbericht, BIBB
27
36. 113.818 auf den drittniedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung (um -11280 d.h.-9,0 %
gegenüber 2006/07) während in den alten Ländern die Zahl der neuen Verträge stieg (um
+1654 d.h.+0,3 % gegenüber 2006/07) und mit 502.441 den höchsten Stand seit 1992
erreichte.73
Aufgeteilt nach Bundesländern ergibt sich folgende Tabelle:
Bundesland neu abgeschlossene Veränderungen zu
Ausbildungsverträge 2006/07 in %
2007/08 in Bezug zu
2006/07
alte Bundesländer
Baden Württemberg 916 1,1%
Bayern 783 0.8%
Bremen 197 3,1%
Hamburg 629 4,4%
Hessen -711 -1,6%
Niedersachsen 1070 1,8%
Nordrhein-Westfalen -130 -0,1%
Rheinland-Pfalz -1147 -3,6%
Saarland -28 -0,3%
Schleswig-Holstein 75 0,3%
neue Bundesländer
Berlin -540 -2,5%
Brandenburg -769 -4,2%
Mecklenburg-Vorpommern -1746 -10,9%
Sachsen-Anhalt 8008 -8,7%
Sachsen -14564 -15,3%
Thüringen -1669 -9,4%
Tabelle 2: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2007/08 in Bezug zu 2006/07 nach Bundesländern
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009,Übersicht A1-2, S.15
Es ist erkenntlich, dass die größten Zuwächse Hamburg mit +4,4%, Bremen mit +3,1%
und Niedersachsen mit +1,8% verzeichnen. Dagegen haben alle neuen Bundesländer
einen Rückgang in den neu abgeschlossenen Ausbildungsplätzen zu verbuchen,
besonders schlimm trifft es hierbei Sachsen mit -15,3%, Mecklenburg Vorpommern mit -
10,9% und Thüringen mit -9,4%.74
Gründe hierfür sind, dass in Ostdeutschland in den letzten Jahren ein starker Rückgang
an Klein- und Kleinstbetrieben zu verzeichnen ist.75 Weiterhin beeinträchtigten die
Unsicherheit der Betriebe ob sie Auszubildende einstellen, eine Tendenz zum
Fachkräfteeinsatz und die generelle schlechtere Situation auf dem Arbeitsmarkt im Osten,
die rückläufigen Zahlen.
73
Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S. 18
74
Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S. 18
75
Vgl. Seibert/Kleinert, IAB Kurzbericht 10/2009
28
37. 3.2.3 Ausbildungssituation 2007/08 nach Zuständigkeitsbereichen
Eine weitere Einteilung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (wie oben erwähnt
-9626 in 2007/08 im Vergleich zu 2006/07) erfolgt nach Zuständigkeitsbereichen.
neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen
2007/08 im Vergleich zu 2006/07
Zuständigkeitsbereiche
Seeschifffahrt
Hausw.
freie Berufe
Landw.
öffentl. Dienst
Handw.
Industr. /Handel
-10000 -9000 -8000 -7000 -6000 -5000 -4000 -3000 -2000 -1000 0 1000 2000
Industr. öffentl. Seeschifffahr
Handw. Landw. freie Berufe Hausw.
/Handel Dienst t
bundesweit 1710 -9183 -247 -684 -609 -203 -54
Ausbildungsplätze
Abb. 17: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen 2007/08 im Vergleich zu
2006/07
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1, S.18
Den einzigen Zuwachs mit +0,5% (+1710) von 2006/07 zu 2007/08 bundesweit
verzeichnete der Bereich Industrie und Handel. Dies ermittelt sich durch +2,6 (+7561) in
Westdeutschland und -7,5% (-5851) in Ostdeutschland. Zuwächse gab es dabei in den
alten Bundesländern in den Berufen Verkäufer/-in (+999), Industriemechaniker/-in (+960),
Fachinformatiker/-in (+911), Zerspannungs-mechaniker/in (+809), Bankkaufmann/frau
(+659) und Fachkraft für Lagerlogistik (+551). Stark betroffen von den Rückgängen in
Ostdeutschland waren die Berufe Koch/Köchin (-1.093), Kaufmann/frau im Einzelhandel (-
571), Fachkraft im Gastgewerbe (-486), Verkäufer/in (-446), Restaurantfachmann/frau (-
428) und Bürokaufmann/frau (-420).76
Die Rückgange gegenüber 2006/07 der einzelnen Zuständigkeitsbereiche lauten wie folgt:
Freie Berufe –1,4%, öffentlicher Dienst –1,8%, Landwirtschaft -4,3%, Hauswirtschaft -
4,5%, Handwerk -5,3% und Seeschifffahrt -15,0%.77
Den größten Rückgang hatte der Bereich Handwerk zu verzeichnen. Bundesweit waren
dies folgende Berufe: Kraftfahrzeugmechatroniker/in (-1.787), Friseur/in (-1.200),
76
Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.19
77
Vgl. BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1, S.18
29
38. Tischler/in, (-740), Anlagemechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- u Klimatechnik (-679),
Maler/-in und Lackierer/in (-675), Metallbauer/in (-534), Dachdecker/in (-527) und
Maurer/in (-521). Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die
Ausbildungsplatzverluste in den neuen Ländern deutlich höher sind (-13,9%) als in den
alten Ländern (-3,4%).78
3.2.4 Ausbildungssituation 2007/08 nach Geschlechtern
Den Rückgang von -9626 neu abgeschlossenen Ausbildungsberufen in 2007/08 betrafen
allein die männlichen Nachfrager. Die Anzahl der jungen Männer, die einen
Ausbildungsvertrag unterschrieben haben, beträgt 357.338 und ist damit um 9.678 (-2,6
%) niedriger als 2006/2007.79 Die weiblichen Nachfrager hingegen konnten sich mit +52
neu abgeschlossenen Ausbildungsplätzen leicht steigern auf insgesamt 258.921 weibliche
neu abgeschlossenen Ausbildungsplätze (~ 42%) in 2007/08.80
Vor allem in den Fertigungsberufen lassen sich deutliche Rückläufe seitens der
männlichen Nachfrager erkennen (-7.954 bzw.- 3,6% zum Vorjahr). Besonders deutlich
wird dies in den neuen Bundesländern. „Dort begannen 6.404 junge Männer weniger (-
13,6 %) eine entsprechende Ausbildung als im Jahr 2007.“81 Als Hintergrund muss
gesehen werden, dass in Berufen wie Metallbauer, Fahrzeuglackierer, Teilezurichter,
Maler und Lackierer, etc. überdurchschnittlich häufig außerbetrieblich ausgebildet wird
und außerbetriebliche Stellen stark rückläufig (besonders im Osten) sind.
Dennoch sieht man in diesen Berufszweig auch einen klaren Anstieg des Frauenanteils
und die wachsende Auflösung der geschlechterspezifischen Berufszweige. Mit insgesamt
+903 (bzw. +3,7%) neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen waren die jungen Frauen
in den Berufen des Fertigungsbereiches vertreten. „In den Metallberufen nahm die Zahl
der weiblichen Ausbildungsanfänger um +11,2 % (von 5.886 auf nunmehr 6.545) und in
den Elektroberufen sogar um +15,9 % (von 1.751auf 2.030) zu. Die deutlichen
Steigerungen wurden sowohl in den alten als auch in den neuen Ländern registriert.“82
Der große Anteil der Ausbildungsplätze für junge Frauen liegt trotz dieser Tendenzen im
Bereich der Dienstleistungen. 75,8% der weiblichen Ausbildungsverträge sind in 25
Berufsgruppen aufgeteilt, wobei im besonderen Kauffrau im Einzelhandel, Medizinische
Fachangestellte, Bürokauffrau, Verkäuferin und Friseurin gefragt sind.
78
vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.19
79
vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
80
vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
81
Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
82
Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
30
39. Bei den jungen Männern hingegen konnten nur 59,6% der männlichen
Ausbildungsverträge auf die 25 beliebtesten Berufe aufgeteilt werden, d.h. die Verteilung
war gleichmäßiger. Darunter waren ebenfalls zahlreich die Dienstleistungsberufe
vertreten, wie z.B. Kaufmann im Einzelhandel, Verkäufer, Kaufmann im Groß- und
Außenhandel, Bankkaufmann, etc., jedoch aber auch 16 Berufe aus den
Fertigungsbereichen.
3.2.5 Angebot und Nachfrage 2007/2008
Wie schon in Kapitel 3.1.3 ersichtlich gab es 2007/08 eine Verminderung des Angebotes
und der Nachfrage zu 2006/07.
Das Ausbildungsplatzangebot, bestehend aus der Summe der nicht besetzten
Ausbildungsplätze (19.507 in 2007/08) und der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträgen (616.259 in 2007/08), betrug 635.766, d.h. 8478 weniger als im
vorigen Berechnungszeitraum.83
Problematisch wird es bei der Berechnung der Ausbildungsplatznachfrage (entspricht der
Summe der nicht vermittelten Bewerber und der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträge). Wie in Kapitel 3.1.4 erläutert, wurden bisher in den Statistiken der
letzten Jahre und Jahrzehnte nicht alle Suchenden berücksichtigt. Bis heute wurden
lediglich die Bewerber beachtet die bis zum 30.September eines Jahres weder in eine
Berufsausbildungsstelle oder in eine Alternative eingemündet waren. Dabei
ausgeschlossen wurden diejenigen die in einem Praktikum, Berufsvorbereitung, etc.
verblieben aber trotzdem weiter einen Ausbildungsplatz suchten. Nach alter Definition
ergibt sich eine Nachfrage nach 630.738 Ausbildungsplätzen in 2007/08, und entspricht
27.807 weniger als 2007/06.
Nach neuen Berechnungen und einer erweiterten Definition ergeben sich genauere Daten
wenn „neben den bei der BA gemeldeten und „unversorgten“
Ausbildungsstellenbewerbern als erfolglose Nachfrager/-innen auch jene Bewerber/-innen
berücksichtigt (werden), die vorläufig in eine Alternative zu einer Berufsausbildung
einmünden (z. B. erneuter Schulbesuch, Praktikum, Jobben), aber von dort aus weiter
nach einer Ausbildungsstelle suchen.“84 Das waren in 2007/08 laut BIBB-Datenreport
81.777 Personen. Dadurch ergibt sich die neue erweiterte Ausbildungsplatznachfrage mit
712.515 in 2007/08. Berechnet man dies ebenfalls für 2006/07 ergibt sich in diesem
83
vgl. BIBB-Datenreport 2009
84
Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.64
31
40. Zeitraum mit +78.600 Bewerbern, die in einer Alternative weiterhin einen Ausbildungsplatz
suchen, eine Nachfrage nach 737.145 Ausbildungsplätzen, d.h. 24.630 mehr als nach
alter Berechnung.
Folgende Abbildung 18 verdeutlicht die Berechnungsunterschiede:
Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer
Definition
800000
Ausbildungsplätze
700000
600000
500000 Angebot
400000 Nachfrage
300000
200000
100000
alte Definition neue Definition
Angebot 635766 635766
Nachfrage 630738 712515
Abb.18: Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer Definition
Quelle. eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen und nach Ausbildungsmarktstatistik September 2009,
BA und an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September
Dabei wird ersichtlich dass nach alter Definition mehr Ausbildungsplätze angeboten als
nachgefragt werden. Nach der neuen Definition mit der erweiterten Berechnung kann
gezeigt werden dass dies nicht der Fall ist, sondern die Nachfrage deutlich höher ist als
das Angebot. Die alte Berechnung verzerrt damit die tatsächlichen Zahlen indem nicht alle
Ausbildungssuchenden mit in die Berechnungen einbezogen sind. Dies ergab in den
letzten Jahren ein zu optimistisches Ergebnis bei der Angebots- und Nachfragedarstellung
wieder, wie auch in Kapitel 3.1.4 dargestellt wurde.
Trotz dieser neuen Nachfrageberechnung müssten zusätzlich Umfrageergebnisse mit
herangezogen werden, die auch die Suchenden betrachten welche nicht in ein
Ausbildungsverhältnis eintreten und nicht bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet
sind. Dies würde ein realistischeres Ergebnis liefern.
3.2.6 Ausbildungsmarkt 2008/09
Im Berechnungsjahr von Oktober 2008 bis September 2009 zeigt sich eine relativ
ausgeglichene Situation der Ausbildungsplätze trotz der Wirtschaftskrise.
32
41. Wie schon in Abbildung 12 ersichtlich beträgt die Zahl der gemeldeten
Berufsausbildungsstellen 475.391. Zwar sind dies 36.191 Stellen(~ -7,1%) weniger als
2007/08, jedoch fällt dieser Rückgang aufgrund der Krise ziemlich moderat aus. Davon
wurden in Westdeutschland ca. 381.500 Stellen (~-5,1%) und in Ostdeutschland ca.
93.600 Stellen (~-14,5%) gemeldet.85
Jedoch ist auch die Zahl der gemeldeten Bewerber, v.a. aufgrund demographischer
Auswirkungen, geringer als im Vorjahr. 533.361 Bewerber haben bei der Suche nach
einer Ausbildungsstelle die Arbeitsagentur oder die Ausbildungsvermittlung der BA
einbezogen. Dies sind 86.848 Bewerber (~-14,0%) weniger als 2007/08 und laut dem
Monatsbericht für Oktober der Bundesagentur für Arbeit „über ein Viertel weniger als noch
im Berufberatungsjahr 2006/2007.“86 In Westdeutschland verringerte sich die Zahl auf ca.
430.600 Suchende (~-10,7%) und in Ostdeutschland auf ca. 102.600 Suchende (~-
25,6%).87
Die rechnerische Differenz ergibt 57.970 Personen. Da vor einem Jahr die Differenz noch
bei 108.627 Personen lag, kann man von einer positiven Tendenz sprechen. Grund ist die
durch geburtenschwache Jahrgänge sinkender Bewerberzahl. Zusätzlich ist eine
Neigung zu höheren Schulabschlüssen zu verzeichnen, die zu einem längeren Verbleib
der Jugendlichen im Schulsystem bedeutet. Dies wird durch die Wirtschaftskrise noch
intensiviert, da sich die jungen Menschen schlechtere Chancen auf dem
Ausbildungsmarkt ausrechnen.
Im Vergleich zu 2007/08 liegt die Zahl der gemeldeten unversorgten Bewerber mit 9603
um 33,8% niedriger. In Westdeutschland fanden ca. 6.900 Bewerber (~-32,0%) und in
Ostdeutschland ca. 2.700 Bewerber (~-38,1%) keine Ausbildungsstätte.
Die Anzahl noch unbesetzten Ausbildungsstellen lag mit 17.255 (~-11,5 %) unter dem
Wert im Vorjahr. Die Verringerung sieht man sowohl in West- als auch in Ostdeutschland.
In den alten Bundesländern sind ca.14.500 Stellen noch nicht besetzt, d.h. ~ 13,0 %
weniger als im vorigen Jahr. In Ostdeutschland gibt es noch 2.600 freie Stellen, d.h. ~
4,50 % weniger als 2007/08.
Der rechnerische Unterschied zwischen der gemeldeten unversorgten Bewerber und der
unbesetzten Berufsausbildungsstellen beträgt somit -7.652 Personen, d.h. es ist wie im
Vorjahr ein Stellenüberhang zu verzeichnen. „Diese gute Bilanz gilt allerdings nur für
Westdeutschland. Hier liegt die „Lücke“ bei -7.600. In Ostdeutschland gab es dagegen
85
vgl. Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.27
86
Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.28
87
vgl. Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.28
33
42. 100 mehr unversorgte Bewerber als unbesetzte Stellen.“88 Anhand dieses
Stellenüberhangs lässt sich die positive Tendenz für 2008/09 darstellen. In der
Wirtschaftskrise profitiert der Ausbildungsmarkt von den geburtenschwachen Jahrgängen,
die weniger Ausbildungsplätze suchen als noch in den letzten Jahren.
Unter diesem Umstand können mehr Ausbildungssuchende versorgt werden und diese
Trendwende wird sich voraussichtlich in den nächsten Jahren verstärken. Besonders in
Ostdeutschland wird es zu einer ungefähren Halbierung der Zahlen führen. Zugleich wird
in ein paar Jahren die Zahl der altersbedingten Austritte aus dem Arbeitsleben stark
ansteigen. Daraus zeichnet sich damit für die neuen Bundesländer ein Personalengpass
ab, der unter den momentanen Verhältnissen des Arbeitsmarktes unvorstellbar erscheint.
Weitere Gründe sind wie schon erwähnt die steigende Anzahl der Jugendlichen die statt
einer Ausbildung eine weiterführende Schule oder Universität besuchen oder in einem
Job oder Praktika arbeiten.
88
Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.30
34
43. 4 Ausbildungsmobilität in Deutschland
Um die Struktur des Marktes für Ausbildungsplätze in Deutschland umfassend betrachten
und beurteilen zu können, spielt auch die räumliche Mobilität der Auszubildenden eine
bedeutende Rolle. Der deutsche Ausbildungsmarkt ist geprägt durch eine sehr hohe
räumliche Konzentration, da gerade Institutionen zur außerbetrieblichen Ausbildung,
schulischen Ausbildung und Hochschulausbildung in Agglomerationen konzentriert sind.
Dies ist ein entscheidender Unterschied zum Arbeitsmarkt Deutschlands, der zu Folge
hat, dass deutsche Auszubildende wesentlich mehr pendeln als Berufstätige. Dieses
Kapitel soll die Binnenwanderungen der Jugendlichen zu ihrem Ausbildungsplatz, deren
Ausmaße, Richtungen und Ursachen näher erläutern und bewerten und sich auch mit den
daraus folgenden Konsequenzen auseinander setzen. Untersucht werden sollen dabei die
Pendlerströme der Auszubildenden und damit auch die regionalen Unterschiede vor allem
zwischen den alten und den neuen Bundesländern, sowie Nord- und Süddeutschland.
Die Daten auf die sich diese Analyse bezieht, stammen aus Statistiken über
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, der gemeldeten Bewerber für
Berufsausbildungsstellen und gemeldeten Berufsausbildungsstellen der Bundesagentur
für Arbeit. Schwierig gestaltet sich hierbei die Datenverfügbarkeit, so dass sich mit Hilfe
der genannten Statistiken beinahe alle dualen Ausbildungen und eine Reihe von
schulischen Ausbildungen, letztendlich Zwei Drittel aller Ausbildungsmöglichkeiten,
abbilden lassen. Hochschulausbildungen werden dagegen aufgrund nicht vorhandener
Daten nicht einbezogen und da schulische Ausbildungen ohnehin eher zentralisiert sind,
wird die durch die bereits genannten Daten ermittelte Ausbildungsmobilität eher
unterbewertet.89 Außerdem kann man aus den vorliegenden Daten nicht schließen, ob die
Jugendlichen täglich, wöchentlich, monatlich etc. pendeln. Ein wesentliches Problem
besteht weiter darin, dass aus den Daten nicht hervorgeht, wie viele Auszubildende für
ihre Ausbildungsstelle den Wohnort komplett wechseln, was überwiegend auf volljährige
Bewerber zutreffen könnte.
Als Pendler werden dabei diejenigen Auszubildenden bezeichnet, deren gemeldeter
Wohnort nicht mit dem Arbeitsort übereinstimmen. Unterschieden wird zwischen Ein- und
Auspendlern, wobei diese Pendlerströme sich wiederum u. a. auf Kreise,
Arbeitsmarktregionen oder Bundesländer beziehen können. Zur Bewertung der
räumlichen Mobilität wird je nach verfügbarer Quelle ein einfacher oder gewichteter
Pendlersaldo genutzt, der in den folgenden Abschnitten eingehender betrachtet werden
soll.
89
Vgl. IAB regional Sachsen (Nr. 01/2007)
35
44. 4.1 Regionale Pendlerverflechtungen
In der Bundesrepublik Deutschland lässt sich eine ausgeprägte Heterogenität des
Angebots des Ausbildungsmarktes feststellen (vgl. Kapitel 3). Dies führt zu sehr
unterschiedlichen Mobilitätsmaßen für die einzelnen Bundesländer. Laut einem IAB-
Kurzbericht pendelten 2006 etwa 120.000 Auszubildende zu einem Ausbildungsort
außerhalb ihres Bundeslandes, ca. 600.000 verließen ihren Heimatkreis. Dabei
überschritten in Westdeutschland etwa Ein Drittel der Auszubildenden ihre Kreisgrenze,
im Osten waren es sogar im Schnitt 41 Prozent, wobei in den sehr schwach besiedelten
Kreisen Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns sogar eine durchschnittliche
Entfernung von 150 km zum Ausbildungsort zurückgelegt wurde.90 Bereits diese Werte
deuten bezogen auf die Mobilitätsbereitschaft auf einen erheblichen Unterschied
zwischen den neuen und den alten Bundesländern hin. Die gewonnenen Daten beziehen
sich mehrheitlich auf das Jahr 2006, in einigen Ausnahmen auch auf 2005.
4.1.1 Untersuchung nach Bundesländern und auf Kreisebene
Zu allererst soll in diesem Abschnitt die Ausbildungsmobilität auf der Ebene der
Bundesländer und innerhalb dieser auf Kreisebene untersucht werden. Mit den daraus
gewonnenen Ergebnissen lässt sich dann die Lage in den neuen und alten
Bundesländern einfacher vergleichen und das Ausmaß der Mobilität beurteilen. Begonnen
wird mit den alten Bundesländern, zuerst betrachten wir Schleswig-Holstein.
Wie man in Tabelle 3 erkennen kann, lag in Schleswig-Holstein im Jahr 2006 die
Auspendlerquote der Auszubildenden bei 12,0 Prozent, in das Bundesland eingependelt
sind dagegen 9,8 Prozent. Um diese Bewegungen besser beurteilen zu können, kann
man den gewichteten Pendlersaldo zur Hilfe nehmen. Mit diesem ist es möglich, die
Pendlerquote ins Verhältnis mit der Gesamtzahl der im jeweilig betrachteten Gebiet
befindlichen Auszubildenden zu setzen. Der gewichtete Pendlersaldo berechnet sich also
folgendermaßen:91
Gewichteter Pendlersaldo = ((Einpendler – Auspendler)/Auszubildende im Gebiet) x 1000
90
Vgl. IAB-Kurzbericht (09/2008)
91
Vgl. IAB-Kurzbericht (09/2008)
36
45. Bundesländer Einpendler Auspendler Pendlersaldo
absolut Quote Absolut Quote Absolut gewicht
in % in % et
Schleswig-Holstein 5.713 9,8 7.162 12,0 -1.449 -25
Hamburg 13.131 34,7 3.337 11,9 9.794 259
Niedersachsen 13.399 8,2 14.958 9,0 -1.559 -9
Bremen 6.482 39,6 1.412 12,5 5.070 309
Nordrhein-Westfalen 11.846 3,4 7.377 2,1 4.469 13
Hessen 12.013 10,3 6.920 6,2 5.093 44
Rheinland-Pfalz 6.110 7,2 10.463 11,7 -4.353 -51
Baden-Württemberg 12.870 5,5 6.892 3,0 5.978 26
Bayern 11.308 4,1 7.083 2,6 4.225 15
Saarland 1.804 8,1 1.072 5,0 732 33
Berlin 10.980 18,8 4.906 9,4 6.074 104
Brandenburg 5.061 10,0 14.634 24,3 -9.573 -189
Mecklenburg-Vorpommern 1.624 3,7 6.039 12,4 -4.415 -100
Sachsen 4.147 4,4 8.269 8,4 -4.122 -43
Sachsen-Anhalt 2.967 5,8 9.770 17,0 -6.803 -134
Thüringen 2.256 4,4 8.417 14,8 -6.161 -121
Tabelle 3: Pendlerdaten von Auszubildenden nach Bundesländern 2006
Quelle: IAB-Kurzbericht (09/2008)
Es pendeln demnach mehr Auszubildende aus dem Bundesland in ein anderes, als nach
Schleswig-Holstein hinein. Dies zeigt sich im negativen Pendlersaldo. Der gewichtete
Pendlersaldo von -25 sagt also aus, dass bezogen auf 1.000 Auszubildende im
betrachteten Gebiet 25 Ausbildungsplätze weniger angeboten werden, als nötig wären,
um allen im Gebiet ansässigen Lehrstellensuchenden einen Ausbildungsplatz vor Ort
anbieten zu können. Laut einem IAB-Bericht zur Lage der Ausbildungsmobilität in
Schleswig-Holstein, ist dabei mit einem Anteil von 84 Prozent Hamburg die
Hauptzielregion der Pendlerbewegungen und jeder sechste Auszubildende in Hamburg
kommt aus Schleswig-Holstein.92 Aus den an die Hansestadt angrenzenden Kreisen
kommen dabei 86 Prozent der nach Hamburg pendelnden Auszubildenden. Hier zeigt
sich also bereits, dass vor allem Großstädte und Stadtstaaten Ausbildungszentren sind
und daher vor allem aus Nachbarregionen Auszubildende anziehen. Dagegen zeigt sich
die Struktur der Einpendler in das nördlichste Bundesland wesentlich breiter gefächert, mit
92
Vgl. IAB regional Nord (Nr. 03/2008)
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