Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.) an der Universität Duisburg Essen
Mobiles und ubiquitäres Lernen - Technologien und didaktisches Aspekte
1. Marcus
Specht
und
Mar*n
Ebner
Mobiles und ubiquitäres Lernen
Technologien und didaktische Aspekte
In
diesem
Kapitel
wird
ein
Überblick
zu
den
Grundlagen
und
aktuellen
Entwicklungen
mobiler
und
ubiqui-‐
tärer
Lernunterstützung
gegeben.
Das
Kapitel
beschreibt
verschiedene
Defini*onen
mobilen
Lernens
und
führt
in
die
zugrundeliegenden
Probleme
und
Lösungsansätze
ein.
Die
sich
rasant
entwickelnde
Techno-‐
logie
wird
hierbei
in
verschiedene
Komponenten
von
Sensoren
und
Displays
unterschieden
und
es
werden
zentrale
theore*sche
Paradigmen
vorgestellt.
Im
letzten
AbschniD
werden
unterschiedliche
Funk*onen
mobiler
und
ubiquitärer
Lernunterstützung
vorgestellt
und
auf
entsprechende
Klassifika*onssysteme
in
der
Literatur
verwiesen.
Quelle:
xlibber,
URL:
hDp://www.flickr.com/photos/xlibber/3423766012/
[2011-‐01-‐10]
#mobil
#ver*efung
#theorieforschung
Version
vom
1.
Februar
2011
Für
dieses
Kapitel
wird
noch
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hDp://l3t.eu/patenschaG
2. 2
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
2. Mobile
Lerntechnologie
1. Defini(onen
S e i t Anfang der 1990er Jahre haben sich insbe-
Mobiles und ubiquitäres Lernen bezeichnet die sondere mobile Technologien, sowie Sensor- und
Nutzung mobiler und allgegenwärtiger Computer- Display-Technologien rasant entwickelt. Diese Tech-
technologie als Lernunterstützung. Traxler (2009) be- nologien bilden den Grundstein mobiler und ubiqui-
schreibt verschiedene Ansätze zur Definition des tärer Lernunterstützung. Grundsätzlich lässt sich ein
„Mobilen Lernens“: Trend zur mobilen Unterstützung von Informations-
▸ Frühe Definitionen legten meist eine technozen- verarbeitung und der Einbettung von Computertech-
trische Perspektive zu Grunde; mobiles Lernen nologien in die physikalische Umwelt erkennen
galt als: „jedes Bildungsangebot, in dem die ein- (Specht, 2009). In den Horizon Reports der letzten
zigen oder dominanten Technologien Handheld- sechs Jahre finden sich in jedem Sinn relevante Per-
oder Palmtop-Geräte sind“ (Traxler, 2005). spektiven die Mobilität und ubiquitäre Technologie
▸ In einem nächsten Schritt wurde Mobilität der als sehr relevante Entwicklung für die Unterstützung
Lernenden mehr und mehr zentrales Kriterium von Lernen, Lehren, Forschung, sowie Kreativität
von Definitionen: „Jede Art des Lernens, das statt- einstufen (Johnson et al., 2010).
findet, wenn der Lernende nicht an einem festen, Während es vor zehn Jahren eine zentrale tech-
vorgegebenen Ort ist, oder das Lernen, wenn der nische Frage war, wie Inhalte auf mobilen Geräten
Lernende Lernmöglichkeiten nutzt die mobile zugänglich gemacht werden geht es heute mehr um
Technologien bieten“ (O'Malley et al., 2003). die Integration und Orchestrierung von mobilen
▸ In einer Analyse durch Naismith et al. (2004) Technologien in durchgängigen Lernunterstützungs-
wurden die Formen des mobilen Lernens nach un- modellen. Bei der Verbindung von digitalen Informa-
terschiedlichen pädagogischen Paradigmen in be- tionen und Services mit der physikalischen Umwelt
havioristische, konstruktivistische, situierte, koope- spielen mobile Endgeräte eine zentrale Rolle (Specht,
rative und informelle Ansätze unterteilt. 2009). Die Verbindung findet hierbei über ver-
▸ In der aktuellen Forschung sind die Konzepte der schiedene Merkmale der aktuellen Situation oder
Kontextualisierung, Personalisierung, Multi-Mo- auch sogenannte Kontextdimensionen (Zim-
dalen Interaktion, Awareness und Reflexion zen- mermann et al., 2007) statt. Diese Merkmale der ak-
trale Komponenten einer mobilen Lernunter- tuellen Situation werden durch spezielle Sensortech-
stützung. In einer Analyse von mehr als 150 mo- nologien in mobilen Endgeräten erkannt. Zur Mar-
bilen Lernapplikationen identifizieren Frohberg et kierung physikalischer Objekte werden besondere
al. (2009) sechs Dimensionen zur Klassifikation Kennmarken basierend auf RFID, Barcodes, In-
mobiler Lernunterstützung. frarot, oder Bluetooth genutzt. Aktuelle Genera-
tionen von Smartphones enthalten bereits eine Reihe
Ubiquitäre Lernunterstützung hat sich in den letzten von Sensorkomponenten wie Kamera, Mikrofon,
Jahren aus der Verbindung mobilen Lernens und der GPS, Kompass, oder Kreiselgeräte zur Erfassung der
Nutzung von allgegenwärtigen Technologien in der genauen Position im Raum. Einen aktuellen Über-
durchgängigen Lernunterstützung entwickelt. Den blick über Entwicklungen zu ortsbezogenem und
Schritt von mobiler zu ubiquitärer oder durchgän- kontextuellem Lernen gibt Brown (2010).
gigen Lernunterstützung betonen Looi et al.
(2010) in ihrer Analyse von „Mobile Assisted RFID
(Radio-‐Frequency
IDen*fica*on)
ist
eine
soge-‐
Seamless Learning”. Hierbei beschreiben sie ver-
schiedene Nutzungsbrüche, welche überbrückt wer-
! nannte
Nahfeldkommunika*on
bei
der
miDels
eines
Transponders
(befindet
sich
am
Gegenstand)
Daten
den müssen: zwischen formalen und informellen auf
ein
Lesegerät
übertragen
werden.
Haupteinsatz-‐
gebiet
ist
heute
der
Logis*kbereich,
aber
auch
Biblio-‐
Lernsettings, zwischen personalisierter und sozial ein-
theken.
gebetteter Lernunterstützung, zwischen verschie-
denen Lernzeiten und Lernorten, zwischen physikali-
scher Umgebung und digitalen Informationen, zwi- Barcode
oder
sogenannter
Strichcode
ist
eine
opto-‐
schen verschiedenen Geräten, sowie zwischen ver- ! elektronische
lesbare
SchriG,
die
im
eindimensionalen
Fall
aus
unterschiedlichen
dicken
Strichen
und
Lücken
schiedener Lernaufgaben und -aktivitäten. Die Über-
bestehen
(z.B.
E*keDen
im
Einkaufsladen)
und
mit
Le-‐
brückung dieser Brüche der Lernunterstützung kann segeräten
erfasst
werden.
Eine
Erweiterung
sind
zwei-‐
hierbei durch mobile Endgeräte wie auch durch in die dimensionale
Codes,
wie
zum
Beispiel
QR-‐Codes.
Umgebung eingebettete Technologie erreicht werden.
3. Mobiles
und
ubiquitäres
Lernen.
Technologien
und
didak*sches
Aspekte
—
3
In einem Bericht über die Verwendung von Mobil-
Erstellen
sie
eine
Liste
von
physikalischen
Objekten
telefonen in „Citizen Media“ wurden die technologi-
schen Eigenschaften von Mobiltelefonen und deren ? sowie
Orten
und
sammeln
sie
damit
verbundene
Lerninhalten.
Suchen
sie
Möglichkeiten
diese
Informa-‐
Potenzial für mobile soziale Inhalte auf funktionaler *onen
auf
einem
mobilen
Endgerät
Lernenden
zu-‐
Ebene analysiert (MobileActive.org: gänglich
zu
machen,
oder
die
Neugier
der
Lernenden
▸ Telefonie und Audio: Meist wird mit Mobiltele- durch
Hinweise
auf
dem
mobilen
Endgerät
zu
wecken.
fonen und deren Audiofunktionalität nur Tele-
fonie verbunden. Darüber hinaus bieten Mobilte- 3. Allgegenwär(ge
Lernunterstützung
lefone die Möglichkeit zu mobilen Audiokonfe-
renzen, die Verbindung von Datendiensten, das In seinem Buch „Everyware“ beschreibt Adam
Verwalten von Kontakten, Adressen und Ter- Greenfield (2006) die Auswirkungen des „Ubiquitous
minen oder die Nutzung von sprachbasierten Computing“ auf verschiedenen Ebenen unserer all-
Netzdiensten. Ebenso können alle audiobasierten täglichen Lebensumwelt.
Medien wie Podcasts, Rundfunk oder personali- Auf der Ebene des Individuums ermöglichen Sen-
sierte Audiostreams über diese Funktionalität aus- soren in Kleidung oder Gebrauchsgegenständen die
geliefert werden. Überwachung von Körperfunktionen und motori-
▸ Textnachrichten (SMS, MMS) bieten Möglich- schen Aktivitäten, wodurch eine Nutzung in Lernta-
keiten einer spontanen Kommunikation mit an- gebüchern oder für Selbstkontrollen ermöglicht wird.
deren Mobilgeräten sowie den Aufbau von per- Umso mehr Informationen in eine Überprüfung ein-
sönlichen und kontextualisierten Informations- gehen können, desto valider wird diese. Mittels Sen-
kanälen. Darüber hinaus können Benachrichti- sorik können neue Messverfahren eine Analyse der
gungsdienste Lernende in jeder Situation aktiv Nutzerperformanz mit Messungen des Nutzerver-
über Veränderungen des aktuellen Kontexts in haltens in der realen Welt unterstützen. Intelligente
Kenntnis setzen. Das zugrunde liegende Modell Kleidung wird beispielsweise heute genutzt, um Trai-
ermöglicht ortsbezogene und personalisierte In- ningsunterstützung durch direktes Feedback zu geben
formationsvermittlung und Aggregation von In- oder um Bewegungsabläufe im Leistungssport zu op-
formationen, ebenso wie Modelle (zum Beispiel timieren.
personalisierte Microblogging-Modelle) und die Die Integration von Computern in Alltagsge-
Bündelung dieser. Ungefähr 90 Prozent aller be- genstände wie Möbel, Wände, Türen, Tassen, oder
nutzten mobilen Telefone unterstützen SMS-ba- Küchenausstattung ist ein Grundgedanke des „ubi-
siertes Messaging. quitous computing“. Zentral zum Verständnis ubiqui-
▸ Foto- und Videofunktionalität ermöglicht Mobil- tärer Lernszenarien ist die Bedeutung von Sensoren
telefonen Video und Fotoinhalte spontan zu und Indikatoren. Sensoren können jede Art von In-
sammeln, zu übertragen und selbst mit anderen formation abgreifen; von der Raumtemperatur bis
Mobilgeräten zu teilen. Auswirkungen von kon- hin zu Testergebnissen von Lernenden. Indikatoren
textbezogenen Informationen wurden in verschie- ermöglichen die Anzeige von Informationen im
denen Projekten zu Exkursionen untersucht. Umfeld von Lernenden. Bei einem Indikator oder
Hierbei wurden bis heute hauptsächlich Möglich- einem Display kann es sich um ein persönliches mo-
keiten zur Erstellung von Photos und Video Mate- biles Gerät handeln, aber auch um eine Lautsprecher-
rialien zur Dokumentationen und Reflexion ge- anlage über die eine allgemeine Durchsage gegeben
nutzt, neueste Generationen von mobilen Geräten werden kann.
ermöglichen nun auch Videokonferenzen von Mo- Durch die Integration von Sensorik in die reale
bilgeräten. Umwelt kann eine langfristige Beurteilung von Per-
formanzsituationen semi-automatisch realisiert wer-
den. Die Lernenden können über ihre Aktivitäten re-
flektieren oder ihre Lernergebnisse in Portfolios
sammeln. Aufnahmen von Video-, Audio-, oder
Sensordaten oder sogar biometrische Messungen
Mobile
Technologie
bildet
einen
persönlichen
Zugang können mit diesen Daten kombiniert werden und
! zur
Lernunterstützung.
Sensorik
in
Endgeräten
ermög-‐
licht
hierbei
die
Verbindung
von
Lernzielen
und
Ak*vi-‐
damit solchen Messungen völlig neue Interpretations-
täten
mit
dem
Nutzungskontext.
und Reflexionsmöglichkeiten eröffnen.
Eine zweite zentrale Komponente von ubiquitärer
Lernunterstützung sind Displays oder Indikatoren.
4. 4
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
Beispiele für ein Display sind der Computerbild- möglichen die Zusammenarbeit in Lernaktivitäten
schirm oder eine große, öffentliche Leinwand in sowie die Nutzung von Sozialen-Netzwerken
einem Bahnhof. Ein Display kann ebenso der Laut- während personalisierte Displays meist der individu-
sprecher eines Mobiltelefons oder ein Sound-System ellen Lernunterstützung dienen.
in einem Kino sein. Auch die haptische Ausgabe bei
4. Didak(sche
Aspekte:
Lernen
im
Kontext
einer Spielkonsole (engl. „force feedback“) ist ein
Display, das verwendet werden kann, um über ein Er- Tulving et al. (1970) zeigten in ihren Untersuchungen
eignis zu informieren, oder relevante Informationen zur Kodierung von Informationen die zentrale Re-
zu übermitteln (siehe Kapitel #usability). In der aktu- levanz des Kodierungskontextes auf die Erinne-
ellen Forschung im Bereich multimodaler Benutzer- rungsleistung. Die Theorie der Kodierungsspezifität
schnittstellen ist hierbei mehr und mehr auch eine In- besagt, dass die wirksamsten Abrufhilfen für Infor-
tegration mit mobilen und persönlichen Geräten zu mationen diejenigen sind, welche zusammen mit der
beobachten. Erinnerung an die Erfahrung selbst gespeichert
Von zentraler Bedeutung für eine durchgängige wurden.
Lernunterstützung ist die Fähigkeit von Displays die Wie Medien durch Koppelung an Erfahrungen in
„reflection in and about action” (Schön, 1983; Schön, der realen Welt wirken, wurde auch im SenseCam-
1987), also die Reflexion über den eigenen Lern- Projekt von Microsoft Research untersucht. Sense-
prozess in einem Kontext zu ermöglichen. Multi- Cam ist eine tragbare digitale Kamera mit einer
modale Displays ermöglichen es, Informationen je- Fischaugenlinse und eingebauter Sensorik für Tempe-
derzeit und überall an die Benutzer zu übermitteln. ratur, Bewegung, und die Lichtverhältnisse im
Multimodale Displays können hierbei sowohl in per- Umfeld des SenseCam-Trägers. Sobald die Kamera
sonalisierter Lernunterstützung wie auch in koopera- eine Veränderung in der Temperatur, der Lichtver-
tiven Lern- und Arbeitsszenarien eingesetzt werden. hältnisse oder eine Bewegung entdeckt wird ein Bild
Persönliche Displays und öffentliche Displays aufgenommen. Alle Bilder können anschließend in
können für verschiedene Aufgaben im Instruktions- einer Art „Film des Tages“ betrachtet werden. Die
design eingesetzt werden. Öffentliche Displays er- regelmäßige Betrachtung dieser Bilder durch Amne-
siepatient/innen führte zu einem signifikanten An-
stieg der Erinnerungsleistung an Ereignisse des Tages
Sensoren
und
Displays
sind
die
zentralen
Kompo-‐ (Hodges et al., 2006).
! nenten
allgegenwär*ger
Lernunterstützung.
Sensoren
bieten
die
Möglichkeit
einer
valideren
Analyse
der
Das Synchronisieren der Lernunterstützung mit
Lernsitua*on
und
Anpassungen
der
Lernunter-‐ der physischen Umwelt und dem Kontext kann in
stützung.
Displays
erweitern
die
Möglichkeiten
zur
In-‐ diesem Sinne als ein vielversprechender Ansatz auf
terven*on
und
Unterstützung
des
Lernprozesses. der Basis verschiedener Lerntheorien gesehen
5. Mobiles
und
ubiquitäres
Lernen.
Technologien
und
didak*sches
Aspekte
—
5
werden. Im Sinne der „Information Processing
Analysieren
Sie
aktuelle
Lehrsitua*onen
in
denen
phy-‐
Theory“ (Miller, 1956) und der „Cognitive Load
Theory“ (Sweller, 1988), hat das menschliche Kurz- ? sikalische
Objekte
zur
S*mula*on
von
Reflexion
ge-‐
nutzt
werden.
Überlegen
Sie
dann,
wie
Sie
diese
Si-‐
zeitgedächtnis eine begrenzte Kapazität. Daher sollen tua*onen
durch
Feedback
von
Sensorinforma*onen
Lerninhalte so strukturiert sein, dass die Informati- noch
verbessern
könnten.
onsmenge die Lernenden nicht überfordert. Darüber
hinaus besagt die „Multimedia Learning Theory“
(Moreno, 2001; Moreno & Mayer, 2000), dass jeder hierzu einen aktuellen Überblick mit verschiedenen
sensorische Kanal (visuell und auditiv) begrenzte Anwendungsszenarien in unterschiedlichen Lernset-
Verarbeitungskapazität hat und die Informationsver- tings. Frohberg et al. (2009) analysierten mehr als
arbeitung optimal unterstützt wird, wenn unter- 1.400 Publikationen und beschreiben sechs Dimen-
schiedliche, sich ergänzende Kanäle genutzt werden sionen auf denen sie eine Klassifikation und Analyse
(siehe Kapitel #gedaechtnis). von 102 mobilen Lernsystemen vorgenommen
Lave und Wenger (1991) heben hervor, dass Infor- haben: Kontext (wo und wann?), Werkzeuge
mation in einem authentischen Kontext dargeboten (womit?), Kontrolle (wie?), Kommunikation (mit
werden sollen. Der authentische Kontext sollte im wem?), Subjekt (wer?), und Lernziel (was?). Diese Di-
besten Fall die Anwendungen der Information er- mensionen basieren auf Sharples Ansatz zu einer
fordern. Theorie mobilen Lernens (Sharples, 2007). Aus der
Die Aktivierung der Lernenden über ihren eigenen Analyse ergibt sich ein Fokus heutiger mobiler Lern-
Lernprozess zu reflektieren, ist zentral im Ansatz von unterstützung auf Einzelnutzer/innen in unabhän-
gigen Lernkontexten sowie ein Schwerpunkt auf Ler-
Verschiedene
Lerntheorien
betonen
die
Notwen-‐ nende mit wenig oder keinen Vorkenntnissen. In den
! digkeit
der
Effizienz
der
Informa*onsvermiDlung
an
die
aktuelle
Nutzungssitua*on.
Hierbei
spielt
die
En-‐
meisten Systemen zum kollaborativen mobilen
Lernen wird eine zentrale Kontrollfunktion beim
und
Dekodierung
von
Informa*onen
im
Kontext,
Be-‐ Lehrenden gesehen.
schränkungen
des
Kurzzeitgedächtnisses,
wie
auch
Prozesse
der
mul*medialen
Informa*onsverarbeitung
De Jong et al. (2008) klassifizierten mobile Lern-
eine
Rolle. unterstützung nach den Dimensionen Informati-
onsart, Kontextnutzung, Hauptzweck, Informations-
fluss sowie lerntheoretisches Paradigma. Die Autoren
Donald Schön zu „Reflection in Action“ und „Re- analysierten mehr als 80 verschiedene Systeme be-
flection about Action“ (Schön, 1987). Durch die Re- züglich benutzter Kontextfaktoren basierend auf
flexion über den eigenen Lernprozess entwickeln einem Referenzmodell das fünf verschiedene Kon-
Lernende metakognitive Kompetenzen für die textdimensionen berücksichtigt (Zimmermann et al.,
Steuerung ihres eigenen Lernprozesses. Diese sind 2007): Identität, Umgebung, Beziehungen, Zeit, und
hierbei auch an Komponenten des Nutzungkontexts Aktivität. Als Hauptziele mobiler Lernunterstützung
gebunden. Laut Glahn (2009) sind die Aggregation werden hierbei beispielsweise der Austausch von In-
von Sensordaten und der Kontext der Visualisierung formation, die Erleichterung von Diskussionen und
zwei wesentliche Parameter für die Gestaltung von Brainstorming, soziales Bewusstsein, Kommunikati-
Indikatoren und Möglichkeien zur Förderung der Re- onsführung sowie Engagement und Versenkung
flexion. identifiziert. Vergleichbare Klassifikationen finden
sich auch bei Naismith (2004), der hauptsächlich das
pädagogische Paradigma zur Klassifikation herange-
zogen hat.
Ein allgemeines Modellierungmodell für mobile
5. Klassifika(on
und
Anwendungsbeispiele
und ubiquitäre Lernanwendungen beschreibt Specht
Roschelle (2003) unterscheidet verschiedene Kate- mit den „Ambient Information Channels” (2009). In
gorien mobiler Lernsysteme in interaktive Klassen- diesem Modell werden Informationen auf vier
raumsysteme, interaktive und verteilten Simulationen Ebenen verarbeitet: Sensorik, Ag gregation,
sowie Anwendungen zum kollaborativen Daten- Steuerung, und Display-Ebene.
sammeln. In der Literatur der letzten 15 Jahre ist insbe-
Mobiles Lernen wird in formalen Lernkontexten sondere die Unterstützung von Exkursionen und die
wie beispielsweise im Klassenzimmer als auch in in- Verbindung von Klassenzimmer und realen Anwen-
formellen Lernkontexten unterstützt. Ally (2009) gibt dungskontexten ein immer wieder kehrendes Beispiel
6. 6
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
In der Praxis : TUGeoWiki
A n der
TU
Graz
wurde
ein
Geowiki
entwickelt,
welches
die
Möglichkeiten
von
Wiki-‐Systemen
(kollabora*ves
Arbeiten)
und
Geotagging
verbinden
soll
(Safran
et
al.,
2010).
Hierzu
wurde
die
Vorlagen
MediaWiki-‐Seite
mit
Hilfe
der
Mashup-‐Technologie
(siehe
Kapitel
#webtechnologie)
um
Google
Maps
erweitert.
Wenn
nun
ein
Bild,
welches
globale
Koordinaten
enthält,
in
eine
solche
Seite
geladen
wird,
kann
die
Posi*on
automa*sch
auf
der
Google
Karte
visualisiert
werden.
Der
Feldversuch
mit
Studierenden
der
Bauingenieurwissen-‐
schaGen
fand
im
Sommer
2008
während
einer
Feldexkursion
staD.
Studierende
und
Lehrende
waren
mit
Digitalkameras des
Zeitstempels.
Die
so
ins
Wiki
übertragenen
Fotos
dienten
oder
Mobiltelefonen
ausgestaDet
mit
dem
AuGrag
Bilder
für als
Illustra*on
für
den
Abschlussbericht
mit
dem
zusätzlichen
den
abschließenden
Bericht
zu
fotografieren.
Ein
Lehrender Mehrwert
der
exakten
Posi*onierung.
haDe
zusätzlich
einen
GPS-‐Tracker
eingesteckt,
welcher
jede
Sekunde
die
globale
Koordinate
mitspeicherte.
Im
Anschluss Solche
Einsatzszenarien
sind
für
viele
weitere
Lernsitua-‐
an
die
Feldexkursion
erfolgte
eine
Synchronisierung
sämt-‐ *onen
denkbar,
sobald
die
globale
Posi*on
eine
wesentliche
licher
Bilder
mit
den
Koordinaten
des
GPS-‐Tracker
aufgrund Informa*on
im
Lernkontext
darstellt.
für mobile Lernanwendungen (Herrington et al., Nennen
Sie
verschiedene
Arten
von
mobilen
Lernan-‐
2009). Hierbei finden sich zum einen klassische di-
daktische Modelle wie „Wissens-Ralleys“, bei denen
? wendungen
und
vergleichen
Sie
deren
Zielsetzung.
die Beantwortung von Fragen neue Lernfragen frei-
schaltet, wie auch mehr explorative Modelle, in denen Literatur
die physikalische Umwelt aufgabenbasiert entdeckt ▸ Ally, M. (2009). Mobile learning - Transforming the delivery of
wird. education and training, Athabasca (Kanada): Athabasca Uni-
Die Einbettung von intelligenten Objekten in kon- versity Press.
krete Lernsituationen (Son Do-Lenh et al., 2010; ▸ Alavi, H.; Dillenbourg, S. & Kaplan, F. (2009). Distributed
Alavi et al., 2009) im Klassenraum sind aktuelle Bei- Awareness for Class Orchestration. EC-TEL 2009, 211-225.
spiele für die Nutzung allgegenwärtiger Technologien ▸ Brown, E. (2010). Education in the wild: contextual and lo-
und neuer Benutzerschnittstellen für die Verbes- cation-based mobile learning in action. A report from the
serung von Effizienz und Kommunikation in kolla- STELLAR Alpine Rendez-Vous workshop series. Nottingham:
borativen Lernsituationen. University of Nottingham: Learning Sciences Research In-
stitute (LSRI).
6. Zentrale
Erkenntnisse
▸ De Jong, T.; Specht, M. & Koper, R. (2008). A Reference
Mobiles Lernen ist wohl eines der sich derzeit am Model for Mobile Social Software for Learning. International
schnellsten weiterentwickelnden Forschungsgebiete. Journal of Continuing Engineering Education and Life-Long
Mit dem Aufkommen der Multi-Touch-Technologie Learning. 18(1), 118-138.
(siehe Kapitel #ipad) sowie den jeweiligen Endge- ▸ Do-Lenh, S.; Jermann, P.; Cuendet, S.; Zufferey, G. & Dillen-
räten (zum Beispiel Smartphones mit Android-Be- bourg, P. (2009). Task Performance vs. Learning Outcomes: A
triebssystem oder iPhone, iPad) und damit verbunden Study of a Tangible User Interface in the Classroom. EC-TEL
der Möglichkeit sogenannte Apps (Applications) zu 2010, 78-92.
entwickeln ergeben sich viele weitere Potentiale ▸ Ebner, M.; Kolbitsch, J.; Stickel, C. (2010). iPhone / iPad
(Ebner et al., 2010). So kann für spezifische Lernpro- Human Interface Design. In: G. Leitner, M. Hitz & A. Hol-
bleme in einem speziellen Lernkontext ein kleines zinger (Hrsg.), A Human-Computer Interaction in Work &
Lernprogramm zur Seite stehen. Learning, Life & Leisure, Berlin: Springer, 489-492.
▸ Frohberg, D.; Göth, C. & Schabe, G. (2009). Mobile Learning
Projects - a critical analysis of the state of the art. Journal of
7. Mobiles
und
ubiquitäres
Lernen.
Technologien
und
didak*sches
Aspekte
—
7
Computer Assisted Learning, 307-331, 25,4. URL: http://ww- ▸ Roschelle, J. (2003). Unlocking the learning value of wireless
w.ifi.uzh.ch/pax/uploads/pdf/publication/1215/Mobile- mobile devices. Journal of Computer Assisted Learning, 12 (3),
Learning-Projects.pdf [2010-12-05]. 260-72.
▸ Glahn, C. (2009). Contextual support of social engagement ▸ Safran, C., Ebner, M., Kappe, F., Holzinger, A. (2010). M-
and reflection on the Web. Heerlen, The Netherlands: Open Learning in the Field: A Mobile Geospatial Wiki as an Example
University of the Netherlands. for Geo-Tagging in Civil Engineering, In: M. Ebner & M.
▸ Greenfield, A. (2006). Everyware: The dawning age of ubi- Schiefner (Hrsg.), Looking Toward the Future of Technology-
quitous computing. Berkeley: New Riders. Enhanced Education, Hershey: IGI Global, Hershey, 263-274.
▸ Herrington, J.; Specht, M.; Brickel, G. & Harper, B. (2009). ▸ Schön, D.A. (1983). The Reflective Practitioner: How Profes-
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Professional Development. Berlin/Heidelberg: Springer, 273- Francisco : Jossey-Bass.
288. ▸ Sharples, M.; Taylor, J. & Vavoula, G. (2007). A Theory of
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seCam: a Retrospective Memory Aid. In: Dourish & A. Friday London: Sage, URL:
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L.-H. (2010). Leveraging mobile technology for sustainable se- ▸ Sweller, J. (1988). Cognitive load during problem solving: Ef-
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