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ahrscheinlich hätte Tom Wunder
nach seinem Studium auch einfach
auf ein interessantes Jobangebot
warten können. Erste Vermittler hatten ihn bereits
auf Xing angeschrieben. Doch einfach abzuwarten
und mal zu sehen, was kommt, hätte nicht zu dem
Mathematiker gepasst. Er wusste schon während
des Studiums, dass er Unternehmensberater werden
wollte, zweifelte gleichzeitig aber an seinen Chan-
cen. „Der Berufseinstieg ist doch für jeden Uniab-
solventen immer ein Unsicherheitsfaktor“, sagt der
28-Jährige. „Ich bin da nicht sehr selbstbewusst
rangegangen.“ Auf die Idee, dass er ein begehrter
Einsteiger mit besonders hohem Potenzial ist, wäre
Wunder damals bestimmt nicht gekommen. Erst als
ihm auf seine Bewerbungen gleich mehrere Bera-
tungen Stellen anboten, wurde ihm bewusst, dass
er möglicherweise aus der Menge der Bewerber
hervorsticht: Während seines Mathematikstudiums
in Heidelberg und Paris wollte er gern über den Tel-
lerrand blicken und belegte zusätzlich auch noch
die Fächer VWL und Informatik. Parallel dazu ab-
solvierte er Praktika in einer Baufirma und bei einer
Wirtschaftsprüfung, gleichzeitig engagierte er sich
als Vorstand einer studentischen Unternehmensbe-
ratung und gründete mit Freunden erfolgreich ein
eigenes Start-up zur Entwicklung von Projektma-
nagementsoftware für Stahlmaschinenhersteller.
Text: Xenia von Polier Illustrationen: Barbara Dziadosz
Bei der Rekrutierung, im sogenannten „War for Talents“, stehen
Unternehmen in hartem Wettbewerb. Aber welcher Bewerber zählt
zu den dringend gesuchten High Potentials? Und über welche
Fähigkeiten verfügt diese begehrte Elite?
Die umkämpfte Elite
W
Handelsblatt Karriere Bewerberguide 2016
08
Titel
09
Titel
In Kombination mit sehr guten Noten werden Bewer-
ber mit ähnlichen Lebensläufen von Personalern zur
kleinen Gruppe der sogenannten High Potentials ge-
zählt, denen Unternehmen zwei wichtige Eigenschaf-
ten zuschreiben: große Leistungsfähigkeit und hohes
Potenzial. Sie sind es, um die Arbeitgeber seit Jahren
den „War for Talents“ ausfechten. Zwei Prozent der
Absolventen und Berufsanfänger dürfen sich nach
Einschätzung der Personalberatung Kienbaum zu
dieser begehrten Elite von morgen zählen. Nur woher
wissen Bewerber, ob sie dazugehören?
Schneller, besser, effektiver
Forscher des International Consortium for Executive
Development Research und der Harvard Business
School haben den Versuch einer wissenschaftlichen
Definition unternommen. Dafür untersuchten sie, wie
45 internationale Unternehmen ihre besten Mitarbei-
ter identifizieren und fördern. Das Ergebnis: „High
Potentials übertreffen Kollegen in ihrem Umfeld re-
gelmäßig und deutlich. Sie erreichen herausragende
Leistungsniveaus und verhalten sich so, wie es der
Kultur und den Werten ihres Unternehmens in vor-
bildlicher Weise entspricht. Darüber hinaus bewei-
sen sie, dass sie fähig sind, während ihrer gesamten
Laufbahn die Karriereleiter aufzusteigen und Erfolg
zu haben – und das schneller und effektiver als ihre
Vergleichsgruppen.“
So wie Maren Lahm. Nach ihrem Wirtschaftsstudium
mit den Schwerpunkten Marketing und International
Management stieg die Absolventin der European Bu-
siness School in Oestrich-Winkel im Jahr 2007 als As-
sistant Brand Managerin im Bereich für Waschmittel
und Hauspflegeprodukte beim Konsumgüterherstel-
ler Henkel ein. Schnell stieg sie über mehrere Stufen
zur Brand Managerin auf und führte ein eigenes Team
mit vier Mitarbeitern. Es folgte ein zweijähriger Aus-
landsaufenthalt als regionale Markenmanagerin für
Persil in Mexiko. Zurück in Deutschland ging es für 18
Monate in den Vertrieb, bevor Lahm mit nur 32 Jahren
schließlich Senior Brand Managerin für Persil wurde.
„Immer, wenn ein Gefühl von Routine aufgekommen
Erik Bethkenhagen
Der Kienbaum-
Geschäftsführer hat High
Potentials in mehreren
Studien analysiert.
10
Titel
Handelsblatt Karriere Bewerberguide 2016
Foto:Kienbaum
ist, kam eine neue Herausforderung. Das motiviert
mich sehr“, beschreibt die Managerin ihren Werde-
gang. Sie hat erfüllt, was die Experten der Harvard
Business School in ihrer Definition hervorheben: stän-
dig neue Karriereschritte gehen – und das möglichst
schnell. Insgesamt hatte Lahm in den vergangenen
acht Jahren acht verschiedene Positionen inne.
Mindestens ebenso relevant ist, was die Wissenschaft-
ler in Interviews herausfanden: Etwa, dass High Po-
tentials in der Regel über herausragende psychische
Fähigkeiten verfügen. Sie müssen in der Lage sein,
sich selbst zu beherrschen und sich in angespann-
ten Situationen korrekt zu verhalten. Außerdem sei
wichtig, dass sie ihren Mitarbeitern und Vorgesetzten
immer ein Gefühl von Vertrauen und Sicherheit ver-
mitteln. Eine zentrale Frage ließ die Studie allerdings
unbeantwortet: Wie erkennen Personaler, ob ein künf-
tiger Mitarbeiter all diese Eigenschaften mitbringt?
„Ausnahmetalente haben meist von Anfang an zu
den Besten gehört“, erklärt Erik Bethkenhagen, Ge-
schäftsführer von der Personalberatung Kienbaum
Communications. High Potentials gehören zu seinen
Spezialgebieten: Bis 2012 hat Bethkenhagen mehrere
Studien zu dem Thema verantwortet. „Das ist wirklich
die Crème de la Crème, die Unternehmen beispiels-
weise für Einstiegspositionen als Vorstandsassistenz
oder für Beratertätigkeiten suchen.“
Ein erster Hinweis auf die außergewöhnliche Qua-
lifikation eines Bewerbers sind herausragende
Eckdaten im Lebenslauf. „Bewerber müssen durch
Glanznoten, Eignungstests, Auslandsaufenthalte
und Erfahrungen in Unternehmen bewiesen ha-
ben, dass sie aus der Menge herausragen und das
Potenzial haben, die Zugpferde des Unternehmens
zu werden“, sagt der Kommunikations- und Perso-
nalexperte. Daneben würden die Unternehmen aber
auch in Assessment-Centern auf Eigenschaften wie
Führungsqualität und Kommunikationsstärke ach-
ten – heute mehr denn je: „Durch die Zunahme an
Kommunikation und die Demokratisierung von Ent-
scheidungsprozessen wird es immer wichtiger, dass
Nachwuchsmanager eine klare Richtung vorgeben
und Verantwortung übernehmen“, betont Bethken-
hagen. Doch ausgerechnet hier hätten viele ein De-
fizit. „Wenn Toptalente scheitern, dann nicht wegen
fehlender fachlicher Qualifikationen, sondern an
mangelnden sozialen Kompetenzen“, sagt er.
Gute Auffassungsgabe gefragt
Auch Tom Wunder musste in Vorstellungsgesprächen
und Assessment-Centern unter Beweis stellen, dass
er mehr kann, als herausragende Matheklausuren zu
schreiben. Seit Anfang 2015 arbeitet er als Berater bei
Roland Berger und kann sich noch gut an den Recru-
itingtag in München erinnern. „Los ging es mit einem
Analytiktest, in dem sprachliche Fähigkeiten sowie
räumliches und analytisches Denken geprüft wur-
den“, berichtet er. Dann versuchten die Personaler, in
einem Interview seine Persönlichkeit zu ergründen:
„Da ging es beispielsweise darum, wie gut ich mich
selbst reflektiere, um meine bisherigen Erfolge und
künftigen Ziele sowie um die Frage: Habe ich mich
mit dem Berufsbild Berater auseinandergesetzt? Das
Gespräch war ziemlich herausfordernd“, erinnert er
sich. Genauso anspruchsvoll wie das, was am Nach-
mittag folgte: In Fallstudien musste der Mathematiker
seine analytischen Fähigkeiten darlegen und in einer
Gruppenaufgabe zeigen, wie er im Team arbeitet und
wie souverän er präsentieren kann. Am Ende des
Tages bot Roland Berger ihm eine Stelle an. Wun-
der hatte die hohen Anforderungen erfüllt, die das
Unternehmen an junge Berater stellt: Ehrgeiz, Kom-
munikationsstärke, eine strukturierte Arbeitsweise
und analytisches Denken. „Ein High Potential ist für
Tom Wunder
Der Berater bei Roland
Berger musste sich beim
Recruitingtag beweisen,
bevor er ein Jobangebot
bekam.
Kathrin Kammer
Die Leiterin Personalmarke-
ting und Recruiting bei
Roland Berger fordert von
Talenten auch Fingerspitz-
engefühl und Empathie.
„Ein High Potential ist
für uns jemand, der sich
schnell in neue Themen
hineindenken kann und
in kurzer Zeit Zusam-
menhänge erfasst.“
Kathrin Kammer,
Leiterin Personalmarketing und Recruiting
bei Roland Berger
11
Titel
Fotos:RolandBerger
uns jemand, der sich schnell in neue Themen hinein-
denken kann sowie in kurzer Zeit Zusammenhänge
erfasst, aber auch Fingerspitzengefühl und Empa-
thie mitbringt“, erläutert Kathrin Kammer, die bei
Roland Berger das Personalmarketing und Recrui-
ting leitet. Kandidaten, die all das vorweisen könnten,
finden Unternehmensberatungen allerdings immer
seltener. „Wir rekrutieren heute sehr viel internatio-
naler, da unsere Zielgruppe oft im Ausland studiert.
Dennoch ist der Wettbewerb um die High Potentials
relativ hart umkämpft“, sagt sie.
Das verdeutlicht die Global-Workforce-Studie 2014
der Managementberatung Towers Watson: Von welt-
weit 1.600 befragten Unternehmen gaben fast 80
Prozent an, dass sie Schwierigkeiten hätten, High Po-
tentials einzustellen. Zudem erklärten mehr als zwei
Drittel der Arbeitgeber, dass es ihnen schwerfalle,
die außergewöhnlichen Leistungsträger zu halten.
Denn nicht nur die Unternehmen, sondern auch die
Berufseinsteiger der nach 1981 geborenen „Gene-
ration Y“ stellen zunehmend hohe Forderungen. So
wollen nur die wenigsten Einsteiger auch bei hohen
Einkommen eine 60-Stunden-Woche und mehr auf
sich nehmen. Themen wie Work-Life-Balance, flexible
Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, im Homeoffice zu
arbeiten, werden dagegen bei der Wahl des Arbeitge-
bers zunehmend wichtig. Auch Karriere- und Entwick-
lungsmöglichkeiten spielen eine größere Rolle als das
Gehalt, belegt eine aktuelle Kienbaum-Studie.
Um im „War for Talents“ die Nase vorn zu haben,
versuchen daher immer mehr Unternehmen, solchen
Wünschen zu entsprechen. Sabbaticals und Teilzeit-
modelle, die vor zehn Jahren noch unvereinbar schie-
nen mit Hochleistungsjobs in Wirtschaftsprüfungsge-
sellschaften oder Unternehmensberatungen, bieten
neuerdings viele von ihnen sogar ungefragt an. Hinzu
kommen immer aufwendigere Initiativen zur Mitarbei-
terbindung: Feelgood-Manager kümmern sich um das
Wohlbefinden der Belegschaft und unterschiedlichs-
te Förderprogramme erfüllen die Wünsche der High
Potentials nach einem abwechslungsreichen Job und
schnellen Aufstiegschancen. Eins der bekannten För-
derprogramme mit der Bezeichnung „Triple Two“ bie-
tet Henkel seinen Top-Talenten an. Darin können High
Potentials in wenigen Berufsjahren Karrierestationen
in zwei Ländern, zwei Geschäftseinheiten und zwei
Funktionen durchlaufen.
Coaching für alle
Auch Maren Lahm durfte diese Überholspur nehmen.
Was bei der außergewöhnlichen Förderung allerdings
kaum verwundern mag: Sie musste sich für Sonderbe-
handlung mächtig ins Zeug legen und vor der Aufnah-
me ins Triple-Two-Programm in Henkels Performan-
ce-Management-Systembeweisen,dassdiebesondere
Förderung gerechtfertig ist. Mit dem jährlichen Check
misst der Konsumgüterkonzern weltweit die Leistung
und das Potenzial seiner Belegschaft. „So bewerten
wir bei unseren Führungskräften zum Beispiel den
Leistungswillen und die Bereitschaft, Verantwortung
zu übernehmen, kalkulierte Risiken einzugehen und
Entscheidungen zu treffen“, erläutert Nora Schoen-
thal, die bei Henkel für das Thema Talent-Manage-
ment verantwortlich ist. Wichtig sei für die Beurtei-
lung zudem, ob ein Mitarbeiter Innovationen und Ver-
änderungen voranbringt und ob jemand bereit ist, an
seiner Weiterentwicklung zu arbeiten. Wer dann als
T1 eingestuft wird, darf sich zu den Top-Performern
mit großem Entwicklungspotenzial zählen. Es locken
Extra-Boni und gute Chancen auf eine schnelle Be-
förderung. Mitarbeiter, die dagegen auf den hinteren
Rängen gelandet sind, sollten sich für Trainings anmel-
den, um ihre Defizite zu beheben. „Jeder Mitarbeiter
soll die Förderung bekommen, die er braucht“, sagt
Schoenthal. „Gleichzeitig hilft der jährliche Check, Ta-
lente aufzudecken, die sonst vielleicht verborgen ge-
blieben wären.“
Die Strategie des Konsumgüterkonzerns ist kein Ein-
zelfall. Um die Ergebnisse der Mitarbeiter zu verbes-
sern und Top-Talente in den eigenen Reihen zu identi-
fizieren, überarbeiten derzeit viele Unternehmen ihre
sogenannten Performance-Management-Systeme. „Es
„Ich hatte in den
vergangenen acht
Jahren insgesamt acht
Positionen inne. Immer,
wenn ein Gefühl von
Routine aufgekommen
ist, kam eine neue
Herausforderung – das
motiviert mich sehr.“
Maren Lahm,
EBS-Absolventin, Senior Brand Managerin bei Henkel
Maren Lahm
Die 32-Jährige hat in ihren
acht Berufsjahren bei
Henkel inzwischen acht
Positionen durchlaufen.
Maren Hauptmann
Die Beraterin bei Deloitte
coacht Unternehmen in
Sachen Talentmanagement
und Führungsfragen.
Nora Schoenthal
Als Verantwortliche für das
Talent-Management bei
Henkel ist sie stets auf der
Suche nach High Potentials.
Handelsblatt Karriere Bewerberguide 2016
12
Titel
Fotos:Henkel
gibt derzeit eigentlich bei allen Dax-30-Unternehmen
Gespräche dazu, was man mit dem Performance-Ma-
nagement machen will“, berichtet Maren Hauptmann.
Sie berät bei Deloitte Firmen zu Talentmanagement
und Führungsfragen. Gecoacht würden jedoch nicht
nur die Überflieger, sondern ganze Teams. Auch zu-
nächst durchschnittliche Mitarbeiter bekämen damit
die Möglichkeit, ihr Potenzial weiterzuentwickeln.
Und so wird dieser neue Ansatz eben nicht nur für die
besten zwei Prozent interessant, sondern für alle, die
ihre Karriere vorantreiben wollen. „Dass jemand her-
ausragende Leistung zeigt, hat auch stark damit zu tun,
inwieweit seine Kompetenzen erkannt werden“, erklärt
Sabine Remdisch. Sie leitet das Institut für Performan-
ce Management an der Universität Lüneburg. Viel hän-
ge von der Firmenkultur und von partizipativen Struk-
turen ab. Mitarbeiter müssten sich austauschen und
Ideen einbringen können“, sagt sie. Für Bewerber, die
beweisen wollen, was sie tatsächlich können, hat sie
einen Ratschlag: „Sie sollen sich ganz bewusst ein Un-
ternehmen aussuchen, dessen Kultur zu ihnen passt,
und dann mit einem eigenen Profilthema sichtbar wer-
den.“ Das sei der beste Weg zu zeigen, wie viel bisher
verborgenes Potenzial in einem stecke. 
Anspruch und Wirklichkeit
Die Unternehmensberatung Roland Berger hat 2012 in der Studie „Aka-
demiker im Chefsessel“ die Karrierewege von Dax-Vorständen analy-
siert und mit den Erwartungen verglichen, die jene Topmanager an
den jungen Führungsnachwuchs stellen. Dabei fiel auf: Eigene Erfah-
rungen und Erwartungen klaffen zum Teil weit auseinander. Während
nur wenige Dax-Vorstände einen MBA-Abschluss, Praktika, Auslands-
aufenthalte und Berufserfahrung während des Studiums vorweisen
können, sind dies genau die Dinge, die sie von High Potentials erwar-
ten. Ebenso werden von Einsteigern Soft Skills wie unternehmerisches
Denken und Kreativität gern gesehen; beides Kompetenzen, die sich
aus den Lebensläufen der amtierenden Vorstände kaum ablesen las-
sen. Von ihnen haben weniger als vier Prozent im Lauf ihrer Karriere
eine eigene Geschäftsidee entwickelt und umgesetzt.
Fazit
Die Vitae der führenden Köpfe in Deutschlands größten Unternehmen
taugen nur bedingt als Blaupause. Aktuell erwarten Konzerne andere
Qualifikationen, als die Lebensläufe ihrer Vorstände darstellen. Ein
Studium mit überdurchschnittlich guten Noten und exzellentem Ab-
schluss bleibt zwar wichtig. Statt Doktortitel steigt allerdings ein MBA
in der Gunst. Darüber hinaus gewinnen Auslandserfahrung und Be-
rufspraxis schon während des Studiums an Bedeutung sowie bereits in
Projekten nachgewiesene Soft Skills wie unternehmerisches Denken,
Kreativität, diplomatisches Geschick und Verantwortungsbewusstsein.
Quelle: Akademiker im Chefsessel, Deutschlands versteckter Standortvorteil; Studie
2012; Roland Berger Strategy Consultants
Der durchschnittliche
Dax-Vorstand
A LT E R
58 Jahre
S T U D I E N A B S C H L U S S
Wirtschafts- oder Ingenieur-
wissenschaft (Diplom), anschlie-
ßendes Promotionsstudium
E X T R AC U R R I C U L A R E
A K T I V I TÄT E N
Kaum, Konzentration auf das
Studium
B E R U F S E I N T R I T T
Mit 30 Jahren
AU S L A N D S E R FA H R U N G
Erst nach dem Berufseinstieg
Der gesuchte
High Potential
A LT E R
25 Jahre (beim Berufseintritt)
S T U D I E N A B S C H L U S S
Wirtschafts- oder Ingenieur-
wissenschaft (Diplom oder Mas-
ter), anschließender MBA
E X T R AC U R R I C U L A R E
A K T I V I TÄT E N
Ein oder mehrere Praktika oder
universitäres Engagement
B E R U F S E I N T R I T T
So früh wie möglich, möglichst
bereits einschließlich eines
Unternehmens- oder Branchen-
wechsels
AU S L A N D S E R FA H R U N G
Auslandsaufenthalte für
Studium oder Praktika
S O F T S K I L L S
Unternehmertum, Kreativität
13
Titel
Mittelstand Turbo-Karriere auf dem Land
Jobs im Fokus Naturwissenschaftler jenseits des Labors
Bewerben Von Schaumschlägern und grauen Mäusen
Die Überflieger
Wie Unternehmen Führungskräfte von
morgen identifizieren und fördern.
Mehr wissen. Mehr erreichen.
5 | 2015
Das Magazin mit den wichtigsten Tipps für Berufseinsteiger
Bewerber-
guide
201 6

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  • 1. ahrscheinlich hätte Tom Wunder nach seinem Studium auch einfach auf ein interessantes Jobangebot warten können. Erste Vermittler hatten ihn bereits auf Xing angeschrieben. Doch einfach abzuwarten und mal zu sehen, was kommt, hätte nicht zu dem Mathematiker gepasst. Er wusste schon während des Studiums, dass er Unternehmensberater werden wollte, zweifelte gleichzeitig aber an seinen Chan- cen. „Der Berufseinstieg ist doch für jeden Uniab- solventen immer ein Unsicherheitsfaktor“, sagt der 28-Jährige. „Ich bin da nicht sehr selbstbewusst rangegangen.“ Auf die Idee, dass er ein begehrter Einsteiger mit besonders hohem Potenzial ist, wäre Wunder damals bestimmt nicht gekommen. Erst als ihm auf seine Bewerbungen gleich mehrere Bera- tungen Stellen anboten, wurde ihm bewusst, dass er möglicherweise aus der Menge der Bewerber hervorsticht: Während seines Mathematikstudiums in Heidelberg und Paris wollte er gern über den Tel- lerrand blicken und belegte zusätzlich auch noch die Fächer VWL und Informatik. Parallel dazu ab- solvierte er Praktika in einer Baufirma und bei einer Wirtschaftsprüfung, gleichzeitig engagierte er sich als Vorstand einer studentischen Unternehmensbe- ratung und gründete mit Freunden erfolgreich ein eigenes Start-up zur Entwicklung von Projektma- nagementsoftware für Stahlmaschinenhersteller. Text: Xenia von Polier Illustrationen: Barbara Dziadosz Bei der Rekrutierung, im sogenannten „War for Talents“, stehen Unternehmen in hartem Wettbewerb. Aber welcher Bewerber zählt zu den dringend gesuchten High Potentials? Und über welche Fähigkeiten verfügt diese begehrte Elite? Die umkämpfte Elite W Handelsblatt Karriere Bewerberguide 2016 08 Titel
  • 3. In Kombination mit sehr guten Noten werden Bewer- ber mit ähnlichen Lebensläufen von Personalern zur kleinen Gruppe der sogenannten High Potentials ge- zählt, denen Unternehmen zwei wichtige Eigenschaf- ten zuschreiben: große Leistungsfähigkeit und hohes Potenzial. Sie sind es, um die Arbeitgeber seit Jahren den „War for Talents“ ausfechten. Zwei Prozent der Absolventen und Berufsanfänger dürfen sich nach Einschätzung der Personalberatung Kienbaum zu dieser begehrten Elite von morgen zählen. Nur woher wissen Bewerber, ob sie dazugehören? Schneller, besser, effektiver Forscher des International Consortium for Executive Development Research und der Harvard Business School haben den Versuch einer wissenschaftlichen Definition unternommen. Dafür untersuchten sie, wie 45 internationale Unternehmen ihre besten Mitarbei- ter identifizieren und fördern. Das Ergebnis: „High Potentials übertreffen Kollegen in ihrem Umfeld re- gelmäßig und deutlich. Sie erreichen herausragende Leistungsniveaus und verhalten sich so, wie es der Kultur und den Werten ihres Unternehmens in vor- bildlicher Weise entspricht. Darüber hinaus bewei- sen sie, dass sie fähig sind, während ihrer gesamten Laufbahn die Karriereleiter aufzusteigen und Erfolg zu haben – und das schneller und effektiver als ihre Vergleichsgruppen.“ So wie Maren Lahm. Nach ihrem Wirtschaftsstudium mit den Schwerpunkten Marketing und International Management stieg die Absolventin der European Bu- siness School in Oestrich-Winkel im Jahr 2007 als As- sistant Brand Managerin im Bereich für Waschmittel und Hauspflegeprodukte beim Konsumgüterherstel- ler Henkel ein. Schnell stieg sie über mehrere Stufen zur Brand Managerin auf und führte ein eigenes Team mit vier Mitarbeitern. Es folgte ein zweijähriger Aus- landsaufenthalt als regionale Markenmanagerin für Persil in Mexiko. Zurück in Deutschland ging es für 18 Monate in den Vertrieb, bevor Lahm mit nur 32 Jahren schließlich Senior Brand Managerin für Persil wurde. „Immer, wenn ein Gefühl von Routine aufgekommen Erik Bethkenhagen Der Kienbaum- Geschäftsführer hat High Potentials in mehreren Studien analysiert. 10 Titel Handelsblatt Karriere Bewerberguide 2016 Foto:Kienbaum
  • 4. ist, kam eine neue Herausforderung. Das motiviert mich sehr“, beschreibt die Managerin ihren Werde- gang. Sie hat erfüllt, was die Experten der Harvard Business School in ihrer Definition hervorheben: stän- dig neue Karriereschritte gehen – und das möglichst schnell. Insgesamt hatte Lahm in den vergangenen acht Jahren acht verschiedene Positionen inne. Mindestens ebenso relevant ist, was die Wissenschaft- ler in Interviews herausfanden: Etwa, dass High Po- tentials in der Regel über herausragende psychische Fähigkeiten verfügen. Sie müssen in der Lage sein, sich selbst zu beherrschen und sich in angespann- ten Situationen korrekt zu verhalten. Außerdem sei wichtig, dass sie ihren Mitarbeitern und Vorgesetzten immer ein Gefühl von Vertrauen und Sicherheit ver- mitteln. Eine zentrale Frage ließ die Studie allerdings unbeantwortet: Wie erkennen Personaler, ob ein künf- tiger Mitarbeiter all diese Eigenschaften mitbringt? „Ausnahmetalente haben meist von Anfang an zu den Besten gehört“, erklärt Erik Bethkenhagen, Ge- schäftsführer von der Personalberatung Kienbaum Communications. High Potentials gehören zu seinen Spezialgebieten: Bis 2012 hat Bethkenhagen mehrere Studien zu dem Thema verantwortet. „Das ist wirklich die Crème de la Crème, die Unternehmen beispiels- weise für Einstiegspositionen als Vorstandsassistenz oder für Beratertätigkeiten suchen.“ Ein erster Hinweis auf die außergewöhnliche Qua- lifikation eines Bewerbers sind herausragende Eckdaten im Lebenslauf. „Bewerber müssen durch Glanznoten, Eignungstests, Auslandsaufenthalte und Erfahrungen in Unternehmen bewiesen ha- ben, dass sie aus der Menge herausragen und das Potenzial haben, die Zugpferde des Unternehmens zu werden“, sagt der Kommunikations- und Perso- nalexperte. Daneben würden die Unternehmen aber auch in Assessment-Centern auf Eigenschaften wie Führungsqualität und Kommunikationsstärke ach- ten – heute mehr denn je: „Durch die Zunahme an Kommunikation und die Demokratisierung von Ent- scheidungsprozessen wird es immer wichtiger, dass Nachwuchsmanager eine klare Richtung vorgeben und Verantwortung übernehmen“, betont Bethken- hagen. Doch ausgerechnet hier hätten viele ein De- fizit. „Wenn Toptalente scheitern, dann nicht wegen fehlender fachlicher Qualifikationen, sondern an mangelnden sozialen Kompetenzen“, sagt er. Gute Auffassungsgabe gefragt Auch Tom Wunder musste in Vorstellungsgesprächen und Assessment-Centern unter Beweis stellen, dass er mehr kann, als herausragende Matheklausuren zu schreiben. Seit Anfang 2015 arbeitet er als Berater bei Roland Berger und kann sich noch gut an den Recru- itingtag in München erinnern. „Los ging es mit einem Analytiktest, in dem sprachliche Fähigkeiten sowie räumliches und analytisches Denken geprüft wur- den“, berichtet er. Dann versuchten die Personaler, in einem Interview seine Persönlichkeit zu ergründen: „Da ging es beispielsweise darum, wie gut ich mich selbst reflektiere, um meine bisherigen Erfolge und künftigen Ziele sowie um die Frage: Habe ich mich mit dem Berufsbild Berater auseinandergesetzt? Das Gespräch war ziemlich herausfordernd“, erinnert er sich. Genauso anspruchsvoll wie das, was am Nach- mittag folgte: In Fallstudien musste der Mathematiker seine analytischen Fähigkeiten darlegen und in einer Gruppenaufgabe zeigen, wie er im Team arbeitet und wie souverän er präsentieren kann. Am Ende des Tages bot Roland Berger ihm eine Stelle an. Wun- der hatte die hohen Anforderungen erfüllt, die das Unternehmen an junge Berater stellt: Ehrgeiz, Kom- munikationsstärke, eine strukturierte Arbeitsweise und analytisches Denken. „Ein High Potential ist für Tom Wunder Der Berater bei Roland Berger musste sich beim Recruitingtag beweisen, bevor er ein Jobangebot bekam. Kathrin Kammer Die Leiterin Personalmarke- ting und Recruiting bei Roland Berger fordert von Talenten auch Fingerspitz- engefühl und Empathie. „Ein High Potential ist für uns jemand, der sich schnell in neue Themen hineindenken kann und in kurzer Zeit Zusam- menhänge erfasst.“ Kathrin Kammer, Leiterin Personalmarketing und Recruiting bei Roland Berger 11 Titel Fotos:RolandBerger
  • 5. uns jemand, der sich schnell in neue Themen hinein- denken kann sowie in kurzer Zeit Zusammenhänge erfasst, aber auch Fingerspitzengefühl und Empa- thie mitbringt“, erläutert Kathrin Kammer, die bei Roland Berger das Personalmarketing und Recrui- ting leitet. Kandidaten, die all das vorweisen könnten, finden Unternehmensberatungen allerdings immer seltener. „Wir rekrutieren heute sehr viel internatio- naler, da unsere Zielgruppe oft im Ausland studiert. Dennoch ist der Wettbewerb um die High Potentials relativ hart umkämpft“, sagt sie. Das verdeutlicht die Global-Workforce-Studie 2014 der Managementberatung Towers Watson: Von welt- weit 1.600 befragten Unternehmen gaben fast 80 Prozent an, dass sie Schwierigkeiten hätten, High Po- tentials einzustellen. Zudem erklärten mehr als zwei Drittel der Arbeitgeber, dass es ihnen schwerfalle, die außergewöhnlichen Leistungsträger zu halten. Denn nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Berufseinsteiger der nach 1981 geborenen „Gene- ration Y“ stellen zunehmend hohe Forderungen. So wollen nur die wenigsten Einsteiger auch bei hohen Einkommen eine 60-Stunden-Woche und mehr auf sich nehmen. Themen wie Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, werden dagegen bei der Wahl des Arbeitge- bers zunehmend wichtig. Auch Karriere- und Entwick- lungsmöglichkeiten spielen eine größere Rolle als das Gehalt, belegt eine aktuelle Kienbaum-Studie. Um im „War for Talents“ die Nase vorn zu haben, versuchen daher immer mehr Unternehmen, solchen Wünschen zu entsprechen. Sabbaticals und Teilzeit- modelle, die vor zehn Jahren noch unvereinbar schie- nen mit Hochleistungsjobs in Wirtschaftsprüfungsge- sellschaften oder Unternehmensberatungen, bieten neuerdings viele von ihnen sogar ungefragt an. Hinzu kommen immer aufwendigere Initiativen zur Mitarbei- terbindung: Feelgood-Manager kümmern sich um das Wohlbefinden der Belegschaft und unterschiedlichs- te Förderprogramme erfüllen die Wünsche der High Potentials nach einem abwechslungsreichen Job und schnellen Aufstiegschancen. Eins der bekannten För- derprogramme mit der Bezeichnung „Triple Two“ bie- tet Henkel seinen Top-Talenten an. Darin können High Potentials in wenigen Berufsjahren Karrierestationen in zwei Ländern, zwei Geschäftseinheiten und zwei Funktionen durchlaufen. Coaching für alle Auch Maren Lahm durfte diese Überholspur nehmen. Was bei der außergewöhnlichen Förderung allerdings kaum verwundern mag: Sie musste sich für Sonderbe- handlung mächtig ins Zeug legen und vor der Aufnah- me ins Triple-Two-Programm in Henkels Performan- ce-Management-Systembeweisen,dassdiebesondere Förderung gerechtfertig ist. Mit dem jährlichen Check misst der Konsumgüterkonzern weltweit die Leistung und das Potenzial seiner Belegschaft. „So bewerten wir bei unseren Führungskräften zum Beispiel den Leistungswillen und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, kalkulierte Risiken einzugehen und Entscheidungen zu treffen“, erläutert Nora Schoen- thal, die bei Henkel für das Thema Talent-Manage- ment verantwortlich ist. Wichtig sei für die Beurtei- lung zudem, ob ein Mitarbeiter Innovationen und Ver- änderungen voranbringt und ob jemand bereit ist, an seiner Weiterentwicklung zu arbeiten. Wer dann als T1 eingestuft wird, darf sich zu den Top-Performern mit großem Entwicklungspotenzial zählen. Es locken Extra-Boni und gute Chancen auf eine schnelle Be- förderung. Mitarbeiter, die dagegen auf den hinteren Rängen gelandet sind, sollten sich für Trainings anmel- den, um ihre Defizite zu beheben. „Jeder Mitarbeiter soll die Förderung bekommen, die er braucht“, sagt Schoenthal. „Gleichzeitig hilft der jährliche Check, Ta- lente aufzudecken, die sonst vielleicht verborgen ge- blieben wären.“ Die Strategie des Konsumgüterkonzerns ist kein Ein- zelfall. Um die Ergebnisse der Mitarbeiter zu verbes- sern und Top-Talente in den eigenen Reihen zu identi- fizieren, überarbeiten derzeit viele Unternehmen ihre sogenannten Performance-Management-Systeme. „Es „Ich hatte in den vergangenen acht Jahren insgesamt acht Positionen inne. Immer, wenn ein Gefühl von Routine aufgekommen ist, kam eine neue Herausforderung – das motiviert mich sehr.“ Maren Lahm, EBS-Absolventin, Senior Brand Managerin bei Henkel Maren Lahm Die 32-Jährige hat in ihren acht Berufsjahren bei Henkel inzwischen acht Positionen durchlaufen. Maren Hauptmann Die Beraterin bei Deloitte coacht Unternehmen in Sachen Talentmanagement und Führungsfragen. Nora Schoenthal Als Verantwortliche für das Talent-Management bei Henkel ist sie stets auf der Suche nach High Potentials. Handelsblatt Karriere Bewerberguide 2016 12 Titel Fotos:Henkel
  • 6. gibt derzeit eigentlich bei allen Dax-30-Unternehmen Gespräche dazu, was man mit dem Performance-Ma- nagement machen will“, berichtet Maren Hauptmann. Sie berät bei Deloitte Firmen zu Talentmanagement und Führungsfragen. Gecoacht würden jedoch nicht nur die Überflieger, sondern ganze Teams. Auch zu- nächst durchschnittliche Mitarbeiter bekämen damit die Möglichkeit, ihr Potenzial weiterzuentwickeln. Und so wird dieser neue Ansatz eben nicht nur für die besten zwei Prozent interessant, sondern für alle, die ihre Karriere vorantreiben wollen. „Dass jemand her- ausragende Leistung zeigt, hat auch stark damit zu tun, inwieweit seine Kompetenzen erkannt werden“, erklärt Sabine Remdisch. Sie leitet das Institut für Performan- ce Management an der Universität Lüneburg. Viel hän- ge von der Firmenkultur und von partizipativen Struk- turen ab. Mitarbeiter müssten sich austauschen und Ideen einbringen können“, sagt sie. Für Bewerber, die beweisen wollen, was sie tatsächlich können, hat sie einen Ratschlag: „Sie sollen sich ganz bewusst ein Un- ternehmen aussuchen, dessen Kultur zu ihnen passt, und dann mit einem eigenen Profilthema sichtbar wer- den.“ Das sei der beste Weg zu zeigen, wie viel bisher verborgenes Potenzial in einem stecke.  Anspruch und Wirklichkeit Die Unternehmensberatung Roland Berger hat 2012 in der Studie „Aka- demiker im Chefsessel“ die Karrierewege von Dax-Vorständen analy- siert und mit den Erwartungen verglichen, die jene Topmanager an den jungen Führungsnachwuchs stellen. Dabei fiel auf: Eigene Erfah- rungen und Erwartungen klaffen zum Teil weit auseinander. Während nur wenige Dax-Vorstände einen MBA-Abschluss, Praktika, Auslands- aufenthalte und Berufserfahrung während des Studiums vorweisen können, sind dies genau die Dinge, die sie von High Potentials erwar- ten. Ebenso werden von Einsteigern Soft Skills wie unternehmerisches Denken und Kreativität gern gesehen; beides Kompetenzen, die sich aus den Lebensläufen der amtierenden Vorstände kaum ablesen las- sen. Von ihnen haben weniger als vier Prozent im Lauf ihrer Karriere eine eigene Geschäftsidee entwickelt und umgesetzt. Fazit Die Vitae der führenden Köpfe in Deutschlands größten Unternehmen taugen nur bedingt als Blaupause. Aktuell erwarten Konzerne andere Qualifikationen, als die Lebensläufe ihrer Vorstände darstellen. Ein Studium mit überdurchschnittlich guten Noten und exzellentem Ab- schluss bleibt zwar wichtig. Statt Doktortitel steigt allerdings ein MBA in der Gunst. Darüber hinaus gewinnen Auslandserfahrung und Be- rufspraxis schon während des Studiums an Bedeutung sowie bereits in Projekten nachgewiesene Soft Skills wie unternehmerisches Denken, Kreativität, diplomatisches Geschick und Verantwortungsbewusstsein. Quelle: Akademiker im Chefsessel, Deutschlands versteckter Standortvorteil; Studie 2012; Roland Berger Strategy Consultants Der durchschnittliche Dax-Vorstand A LT E R 58 Jahre S T U D I E N A B S C H L U S S Wirtschafts- oder Ingenieur- wissenschaft (Diplom), anschlie- ßendes Promotionsstudium E X T R AC U R R I C U L A R E A K T I V I TÄT E N Kaum, Konzentration auf das Studium B E R U F S E I N T R I T T Mit 30 Jahren AU S L A N D S E R FA H R U N G Erst nach dem Berufseinstieg Der gesuchte High Potential A LT E R 25 Jahre (beim Berufseintritt) S T U D I E N A B S C H L U S S Wirtschafts- oder Ingenieur- wissenschaft (Diplom oder Mas- ter), anschließender MBA E X T R AC U R R I C U L A R E A K T I V I TÄT E N Ein oder mehrere Praktika oder universitäres Engagement B E R U F S E I N T R I T T So früh wie möglich, möglichst bereits einschließlich eines Unternehmens- oder Branchen- wechsels AU S L A N D S E R FA H R U N G Auslandsaufenthalte für Studium oder Praktika S O F T S K I L L S Unternehmertum, Kreativität 13 Titel
  • 7. Mittelstand Turbo-Karriere auf dem Land Jobs im Fokus Naturwissenschaftler jenseits des Labors Bewerben Von Schaumschlägern und grauen Mäusen Die Überflieger Wie Unternehmen Führungskräfte von morgen identifizieren und fördern. Mehr wissen. Mehr erreichen. 5 | 2015 Das Magazin mit den wichtigsten Tipps für Berufseinsteiger Bewerber- guide 201 6