Folien der Lehrveranstaltung Gesundheitspsychologie an der Sigmund Freud Universität im Wintersemester 2014, Lehrveranstaltungsleiter Mag. Dr. Mario Lehenbauer-Baum
Seminar Gesundheitspsychologie 2014: Präsentation von Gruppe 7
1. Prävention sozialer
Ängste
Resilienz und Vorstellung eines evidenzbasierten
Präventionsprogramms zur Prävention sozialer Ängste
Gesundheitspsychologie WS 2014/15
Leitung: Mag. Dr. Mario Lehenbauer-Baum
Mareike Scharf, Julia Strobach, Stefanie Zimmermann
2. Wie kann die Abgrenzung
zwischen Schüchternheit
und sozialer Angst
vorgenommen werden?
2
3. Inhalt
Übungen
Grundbegriffe
Klassifikation nach ICD-10 und DSM
Abgrenzung Schüchternheit, soziale Angst,
selbstunsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung
Entwicklungsmodelle
Eckpfeiler von Behandlung sozialer Ängste
Studie I
Übung
Studie II
Vor- und Nachteile
Übung
Diskussion
3
4. Grundbegriffe
ad Prävention, Resilienz
Unterschiedliche Maßnahmen zur Vorbeugung
und Verhinderung von unerwünschten
psychischen oder physischen Zuständen.
Aufgabe: Veränderung und Abschwächung von
Risikoverhalten und intrapersonalen
Risikofaktoren sowie Eliminierung und Milderung
von Risikofaktoren in der physikalischen Umwelt
Ziel: Senken der Inzidenz
4
5. Systematisierung von Prävention
nach dem zeitlichen Aspekt
Primäre Prävention
Sekundäre Prävention
Tertiäre Prävention
Quartäre Prävention
5
8. ICD-10
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4)
phobische Störungen (F40)
soziale Phobie (F40.1)
Symptome:
Furcht vor prüfender Beobachtung durch andere Menschen
Vermeidung sozialer Situationen
niedriger Selbstwert
Furcht vor Kritik
Körperliche Symptome wie z.B.:
Erröten
Zittern
Übelkeit
8
9. Diagnosekriterien ICD-10
Min. 2 der allgemeinen Angstsymptome in
gefürchteten Situationen, min. einmal seit
Auftreten der Störung
+ min. eines der folgenden Symptome:
◦ Erröten
◦ Zittern
◦ Angst, zu erbrechen
◦ Angst vor Miktations- bzw. Defäkationsdrang
9
10. DSM-IV
Achse 1: klinische Störungen (und andere klin. relevante Probleme)
Angststörungen
soziale Phobie (300.23)
Symptome:
Angst vor einer oder mehreren sozialen oder Leistungssituationen
Angst vor Konfrontation mit unbekannten Personen
Angst vor Beurteilung durch diese Personen
Angst davor, ein Verhalten (oder Angstsymptome) zu zeigen,
welches peinlich oder demütigend sein könnte
Vermeidung dieser Situationen
Oder: Ertragen dieser Situationen unter intensiver Angst
10
11. DSM-V
Differenziert wird zwischen zwei Typen
sozialer Phobie:
Generalisierter Typus: umfasst min. 3
angstbesetzte Situationen
Nicht generalisierter Typus: umfasst nicht
mehr als zwei angstbesetzte Situationen
Abgrenzung zur Schüchternheit und zur
selbstunsicher-vermeidenden
Persönlichkeitsstörung
11
12. Schüchternheit
Allgemein Verhaltenszuschreibung für
Menschen, die als scheu, zurückhaltend,
ängstlich und gehemmt gelten
Es besteht eine unterschwellige Angst vor
Ablehnung
Bisher besteht keine einheitliche
Definition
12
13. Schüchternheit
Allerdings besteht beim Vorliegen von
Schüchternheit ein höheres Maß an Lebensqualität,
als im Falle einer sozialer Phobie
Personen mit sozialer Phobie berichten weiterhin
über mehr soziale Ängste, als schüchterne
Personen
Der Übergang zwischen Schüchternheit und sozialer
Phobie kann als fließend angesehen werden
Bspw.: Wenn die Schüchternheit beginnt, den
Alltag der betroffenen Person ernsthaft
einzuschränken 13
14. Die selbstunsicher – vermeidende
Persönlichkeitsstörung
Starke Überlappung diagnostischer
Kriterien im DSM-4
Verschiedene Studien ergaben im
Durchschnitt eine Komorbidität von 56%
Ist eine kategoriale Unterscheidung
basierend auf qualitativen Merkmalen
überhaupt sinnvoll?
14
15. Die selbstunsicher – vermeidende
Persönlichkeitsstörung
Insgesamt lassen sich wenige Hinweise auf
qualitative Hinweise zwischen den
generalisierten und nicht generalisierten
Typen der sozialen Phobie und der
selbstunsicher-vermeidenden
Persönlichkeitsstörung feststellen
Sinnvoller: verschiedene Störungen als
Kontinuum unterschiedlicher Ausprägungen
sozialer Angst
Unterschiede eher quantitativ
15
16. Die selbstunsicher – vermeidende
Persönlichkeitsstörung
Unterschiede eher quantitativ
Präventive Maßnahmen könnten in
diesem Fall einen Verlauf von
Schüchternheit in Richtung einer sozialen
Phobie verhindern.
16
18. Prävalenz
Die Sozialphobie hat einen frühen Beginn, vor dem
18. Lebensjahr
Erste soziale Ängste im Kleinkindalter erkennbar
Ab 4. Lebensjahr Selbstwahrnehmung als soziales
Objekt
Pubertät: Bewertung durch eine soziale Gruppe
Müller (2009):
◦ Prävalenz der Sozialphobie bis 27%
◦ Prävalenz von Schüchternheit bei 24-35%
◦ Im Kindesalter kein Geschlechtsunterschied
◦ Ab Pubertät häufiger Mädchen
18
19. Verlauf
Meist chronisch mit 20-30 Jahren Dauer
Spontanremission bei 11-17%
Jugendliche: vorübergehende Remission
Ab 24 Jahren stabil
Problem: Folgen für Berufs- und
Privatleben, späte Entwicklung sozialer
Kompetenzen, hohe Kosten für
Krankenstand und erhöhte
Arbeitslosenquote
19
20. Die Sozialphobie ist in einem bio-psycho-
sozialen Modell verankert
„Goldstandard“: Das kognitiv-
lerntheoretische Modell
Dysfunktionale negative Schemata:
◦ kritischen Erziehungsstil
◦ Entwicklungsübergänge (Pubertät)
Habituation
Disposition maladaptive Kognitionen
Aufrechterhaltung Vermeidungsverhalten
20
Entstehungsmodelle sozialer Ängste
22. Entstehungsmodelle sozialer Ängste
Lerntheoretisches Modell
Fehlende Rollenmodelle und Verstärkung
Annahme:
◦ Verzerrte Wahrnehmung in
Leistungssituationen
◦ Defizit sozialer Kompetenzen in Interaktionen
Beide Ansätze in der Intervention
22
23. Entstehungsmodelle sozialer Ängste
Biologische Ansätze
„Preparedness“ Theorie (Seligman)
◦ Ängste sind biologisch sinnvoll
◦ Soziale Ängste im Jugendalter als wichtige
Funktion
Genetische Disposition
◦ Sozial gehemmtes Verhalten im Kleinkindalter
◦ Übererregbarkeit der Amygdala
23
24. Behandlungsansätze
Soziales Kompetenztraining begleitend zu kognitiven Verfahren
Oft zusätzliche Medikation mit SSRI, NARI, MAO-Hemmer
symptomatische Verbesserung
Kognitiv-lerntheoretisches Therapieprogramm (Clark & Wells)
◦ Änderung des Sicherheitsverhaltens
◦ Aufmerksamkeit nach außen richten
◦ Realistische Selbstwahrnehmung in sozialen Situationen
◦ Negative Kognitionen hinterfragen
◦ Psychoedukation
◦ Kognitive Umstrukturierung
◦ Entspannungsverfahren vor allem bei Jugendlichen
Onlinebasierte Interventionen
◦ Idee: häufiger Internetgebrauch bei sozialen Ängsten
◦ Gesundheitsfördernde Maßnahmen schnell verbreiten
◦ Ethische Aspekte bedenken
Vergleich eines offline und online Selbstsicherheitstrainings: Durch
Vermittlung sozialer Kompetenzen und Emotionsregulationsstrategien
Resilienz fördern und der Entstehung sozialer Ängste primär-präventiv
entgegenwirken
24
28. Verfahren
SPIN (Social Phobia Inventory) Soziale Ängste, 17 Items, 5-
stufige Skala
LSAS (Liebowitz Social Anxiety Scale) Fremdbeurteilungs-
und Selbstbeurteilungsverfahren, 7 Subskalen
FSKN (Frankfurter Selbstkonzeptskalen) Beurteilung
sozialer Kompetenz, 78 Items, 6-stufige Skala
SEE (Skalen zum Erleben von Emotionen) Um Effekte des
Selbstsicherheitstrainings hinsichtlich der
Emotionsregulation zu erfassen, 42 Items, 5-stufige Skala
ROPELOC (Review of personal effectiveness in life and locus
of control) Einschätzung des Erfolgs in Leben und Kontrolle
über eigenes Leben, 14 Subskalen
28
29. Strichprobe
Keine zufällige Einteilung in Gruppen
330 Gesamtstichprobe (n), endgültig
◦ 177 = Kontrollgruppe
◦ 153 = Versuchsgruppe
Gesamt
◦ ♀ = 258
◦ ♂ = 72
Alter 13-19 Jahre
29
31. Ergebnisse – soziale Ängste
Selbstsicherheitstraining wirkt sich auf
soziale Ängste aus
Keine Veränderung Kontrollgruppe
Deutliche Veränderung zwischen erstem
und drittem Zeitpunkt Versuchsgruppe
◦ 30.7% - Sozialphobiker, 1. Tz.
◦ 13.9% - Sozialphobiker, 2. Tz. (nach Training)
31
32. Ergebnisse - gesamt
Sehr effektiv in Behandlung sozialer Ängste
Versuchsgruppe (mit Sozialphobie) um die Hälfte
weniger
Kontrollgruppe keine Effekte
Wenige altersbezogene Unterschiede
Keine geschlechtsbezogenen Unterschiede
Faktoren nach 4 Monaten noch stabil
Stärkung von Faktoren in Relation zu Resilienz
(Selbstwirksamkeit, Emotionsregulation, internale
Kontrollüberzeugung, soziale Kompetenzen)
insgesamt gelungener Ausgang
32
34. Online Selbstsicherheitstraining
Inhalte sind deckungsgleich mit dem Offline
Selbstsicherheitstraining
Zugang über persönlichen passwortgeschützten
Bereich
Das Training besteht aus 14 Einheiten:
1. Auswahl eines Avatars und eines Programmbegleiters
2. Psychoedukation und Einführung in soziale Ängste
3. Teufelskreis Angst, Arbeitsblätter zu Selbstbeobachtung
4.-6. Negative Automatische Gedanken
7. Merkmale von Verhaltensweisen
8.-12. Grundlagen sozialer Kompetenzen- Comics, Audio
13.-14. Wiederholung und Vertiefung, Verabschiedung der
Avatare
34
35. Probandenauswahl
Da soziale Ängste im Jugendalter
auftreten, vorwiegend junge Erwachsene
Studenten aus dem Bachelorstudiengang
Psychologie
108 Teilnehmer, (15 männlich, 91
weiblich)
35
36. Ergebnisse des Online Trainings
Offline Selbstsicherheitstraining ergab eine hoch
signifikante Verringerung sozialer Ängste
Bestätigung des Interventionsmodells nach Clark und
WellsReduktion sozialer Ängste
◦ Versuchsgruppe ändert sich von 44,26% Sozialphobie auf
28%
Angst und Vermeidungsverhalten wurde reduziert
Anschließende soziale Interaktionen wurden besser
bewältigt
Bezüglich der Resilienz schätzen sich die Teilnehmer
selbstsicherer ein
Fühlen sich weniger verletzbar und besser gestimmt
Bessere Emotionsregulation durch
Ressourcenaktivierung
36
37. Fazit
Kaum Unterschiede zwischen Offline und
Online Training
Effektivität war in beiden Fällen gegeben
Resilienz konnte in ähnlichem Ausmaß
gefördert werden
Kognitiv-lerntheoretisches Modell (Clark
und Wells, 1995) bestätigt
37
40. Diskussion
Familie, Freunde mit sozialer Angst
Welche Methode würdet ihr
empfehlen/später selbst anwenden?
(offline oder online)
Was hat sich verändert? (Erkenntnisspeicher)
Erfahrungen mit sozialen Ängsten
40
41. Literatur
Lehenbauer, M. (2012). Primäre Prävention sozialer Ängste:
Förderung von Resilienz mit Hilfe evidenzbasierter Offline- und
Online-Interventionen. Universität Wien: Dissertation.
Lehenbauer, M., Kothgassner, O. D., Kryspin-Exner, I., & Stetina, B.
U. (2013). An online self-administered social skills training for
young adults: Results from a pilot study. Computers & Education,
217-224.
Stangier, U., & Frydric, T. (2002). Soziale Phobie und Soziale
Angststörung. Göttingen: Hogrefe.
http://www.bmg.bund.de/glossarbegriffe/p-q/praevention.html
41