1. Novellierung der
Energieeffizienzkennzeichnung
Dr. Dietlinde Quack
Vortrag auf dem Kongress „Stromeinsparung in Haushalten“
Berlin 02.12.2011
2. Die neue Energieeffizienzkennzeichnung
• Die Richtlinie 92/75/EWG des Rates, wurde
ersetzt durch die neue Rahmenrichtlinie
2010/30/EG die seit Juni 2010 in Kraft ist.
• Im Rahmen produktspezifischer
Durchführungsmaßnahmen werden für
einzelne Produktgruppen die bestehenden
Bezeichnungen schrittweise durch
neue Etiketten ersetzt.
• Neue Etiketten wurden für drei bestehende
Produktgruppen bereits eingeführt:
Kühl- und Gefriergeräte, Waschmaschinen
und Geschirrspüler.
• Neu werden auch Fernsehgeräte
ausgezeichnet
• Weitere Produktgruppen werden folgen. 2
3. Was hat sich geändert?
• Keine nationale Umsetzung notwendig.
(Überwachung und Bewertung durch
Mitgliedstaaten).
• Energiekennzeichnung ausgeweitet auf
energieverbrauchsrelevante Geräte.
• Energie-Klassen A +, A ++ und A
je nach technischer Entwicklung erlaubt.
• Sieben Energieklassen: ist A +++ die
höchste Klasse, geht die Skala bis Klasse D
• Neue Berechnungsmethoden als Anpassung
an die Situation in den Haushalten
• Neue Angaben auf den Etiketten è
• Sprachneutrale Etiketten
• Internet Vertrieb abgedeckt
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• Energieeffizienzklasse in der Werbung
4. Identifizierte Probleme (I)
• Aktualisierte Klassendefinitionen sind für einen Teil der
Produktgruppen bereits heute zu anspruchslos:
- IFA 2011 zeigte bereits eine Vielzahl Geräte der Weißen
Ware mit Klasse A++ oder A+++
- Es wurden bereits Waschmaschinen „A+++-20%“
präsentiert!
- Fernseher waren in ihrer Mehrzahl in Klasse A oder A+
eingestuft.
- Es ist zu befürchten, dass schon Ende 2012 etwa ein
Drittel aller Geräte A++ oder A+++ tragen werden!
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5. Identifizierte Probleme (II)
• Die „Plus“-Klassen senken nachweislich die
Zahlungsbereitschaft für effizientere Produkte im Vergleich
mit einer geschlossenen A-G-Skala:
- Die geschlossenen A-G-Skala hat einen größeren Einfluss
auf die Kaufentscheidung von Verbrauchern als eine
Skala mit A+++
- Die Einführung der Klassen A+, A++ und A+++ schwächt
den Effekt der Energiekennzeichnung und führt zu einer
geringeren Aufmerksamkeit der Verbraucher für
Energieeffizienz
- Während beim alten Label Energieeffizienz und Preis für die
Kaufentscheidung ähnlich wichtig waren, sinkt beim neuen
Label die Bedeutung der Energieeffizienz signifikant im
Vergleich zur Relevanz des Preises
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Quelle: Heinzle & Wüstenhagen 2010
6. Identifizierte Probleme (III)
• Im Zusammenspiel mit der Ökodesign-Richtlinie wird
insgesamt ein irreführendes Bild des am Markt erhältlichen
Produktspektrums erzeugt:
- Die Skala umfasst bei einem Teil der Produkte Klassen am
unteren Ende, die aufgrund der Ökodesign-Richtlinie gar
nicht mehr auf den Markt gebracht werden dürfen.
- Bei Geschirrspülmaschinen und Waschmaschinen sind z.B.
nur noch Geräte mit den Energieeffizienzklassen A, A+, A++
und A+++ erlaubt, dennoch umfasst die Skala auch die
zwangsläufig leeren Klassen B bis D.
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7. Identifizierte Probleme (VI)
• Die große Variation der Energieeffizienzkennzeichnung
zwischen den Produktgruppen erschwert Verbrauchern die
Identifikation der jeweils effizientesten Produkte:
- Bei manchen Produktgruppen sind die obersten Klassen
A++/A+++ besetzt, bei anderen nicht. Je nach
Produktgruppe ist das effizienteste Produkt entsprechend
mit A+++ oder mit A+ ausgezeichnet.
- Die Klassenanzahl kann insgesamt unterschiedlich sein.
Besonders verwirrend ist es, wenn – wie in der Gruppe der
Kühl- und Gefriergeräte – innerhalb einer Gerätegruppe für
unterschiedlich effiziente Geräte unterschiedliche Skalen
angewendet werden.
- Die untersten Klassen sind bei einigen Produkten besetzt
und bei anderen nicht.
- Es gibt eine Flut verschiedener nicht getesteter 7
Piktogramme und Zusatzinformationen.
8. Welche Klasse hat das effizienteste
Gerät?
Altes Label gilt weiter, z.B. für
Backöfen, Raumklimageräte!
Weiße Ware Fernseher
30.11.2011 01.01.2020
…
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(A+ - F)
9. Effekt einer irregeführten Produktwahl
• Verbraucherintention: Kauf einer Kühl- Gefrierkombination
der höchsten Energieeffizienzklasse
Ø Kaufentscheidung: aufgrund der verwirrenden Information
erfolgt irrtümlich der Kauf eines Geräts der Klasse A+, obwohl
A+++ die beste Klasse wäre.
Ø Beispiel: Kauf einer Kühl- Gefrierkombination mit einer Höhe
von ca. 1,60m und einem Nutzvolumen von ca.190 Liter
Kühlen und ca. 67 Liter Gefrieren:
- Stromverbrauch eines Geräts der Klasse A+: 248 kWH/a
- Stromverbrauch eines Geräts der Klasse A+++: 132 kWh/a
- Über die Lebensdauer von 14 Jahren ergeben sich ein
Mehrverbrauch von 1.624 kWh und Mehrkosten von 429 Euro!
- Quelle: www.ecotopten.de (Strompreis: 0,264 Euro/kWh)
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10. Perspektive 2014:
Überprüfung der Erfahrungen und ggf.
Revision der Energieeffizienzkennzeichnung
Ø Angesichts der aufgezeigten Probleme:
• Mit dem Entwicklungsprozess bereits jetzt
beginnen, da es voraussichtlich lange brauchen
wird, einen notwendigen Kompromiss zu finden.
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11. Grundsätzliche Anforderungen
Ø Das Label muss verständlich sein
Ø Verbraucher müssen hocheffiziente Produkte
eindeutig erkennen können
Ø Für Produktneuentwicklungen muss klar sein, in
welche Klasse sie gehören und die
Klassenbezeichnung muss bei Markteintritt
verfügbar sein.
Ø Als Innovationsanreiz sollten Effizienzsprünge
deutlich darstellbar sein => Neu-Besetzung einer
bislang leeren Klasse.
Ø Prüfbedarf: Skalen grundsätzlich ausreizen? 11
12. Weitergehende Überlegungen (I)
Ø Berücksichtigung des absoluten Verbrauchs der
Geräte:
- Malus für besonders große Geräte bzw. Geräte mit
einem absolut hohen Verbrauch (z.B. Side-By-Side
Kühlgeräte).
- Festlegung einer Verbrauchs-Obergrenze für die
beste Klasse. Bsp. Blauer Engel und EcoTopTen:
max. 230 kWh/a für Kühl- und Gefriergeräte.
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13. Weitergehende Überlegungen (II)
Ø Eine Kombination mit Kriterien, die über den
Energieverbrauch hinausgehen, erscheint nur
begrenzt sinnvoll:
- Numerische Angaben zu 1-2 zusätzlich relevanten
Aspekten wie z.B. Wasserverbrauch oder Lärm
sollte beibehalten werden
- Eine Kombination mit Aspekten wie
Ressourceneffizienz sollte nicht erfolgen.
Besser: für bestimmte Produkte, z.B. Papier, nur
Ressourceneffizienz-Pflichtlabel
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14. Hintergrund … Integration weitere Aspekte
Ø Abwägung zwischen Einfachheit und Komplexität:
- Verbraucher brauchen einfache und verständliche
Informationen (aggregierte Kennzahl)
- Die Integration verschiedener Umweltaspekte ist
sowohl methodisch als auch politisch komplex.
- Eine aggregierte Kennzahl ist zunächst nicht
transparent hinsichtlich der dahinterliegenden
Gewichtung von Umweltkategorien.
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15. Alternative Instrumentenmix
Statt Erweiterung Energieeffizienzlabel –
komplementäre Nutzung von Umweltzeichen
wie dem Blauen Engel:
Ø Multikriterieller Ansatz,Typ I Label
Ø Clusterung: Klima, Wasser, Ressourcen,
Gesundheit. Fokussiert auf die relevanten Hotspots
Ø Hohe Glaubwürdigkeit
Ø Bekanntheit
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16. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt: d.quack@oeko.de
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