2. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Komponenten von Biografie
Die Zeitgeschichte ...
umfasst die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen sowie
gesellschaftlichen Ereignisse, die für eine Population eines
Kulturkreises in etwa identisch sind (z.B. Krisen, Kriege,
Staatsformen).
Der Lebenslauf ...
umfasst alle persönlichen Lebensdaten (z.B. Eltern, Geburtstag,
Schule, Ausbildung, Heirat) sowie alle beruflichen, sozialen und
geografischen Lebenssituationen (z.B. Schultyp, soziale Schicht,
Milieu, Berufsausübung, geografische Herkunft, Migration).
Die Lebensgeschichte(n) ...
umfasst alles das, was der Mensch wie mit wem erlebt hat (z.B.
Stories, Geschichten, Anekdoten).
Daniel Holzem, Köln
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3. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Komponenten von Biografie
Zeitgeschichte Lebenslauf
Biografie
Lebensgeschichte(n)
Hinter meinem Handeln steckt stets eine Absicht,
dass für mich eine Bedeutung hat und nach dem ich handele
– mit und ohne Demenz!
Die Biografie ist die Quelle meines Verhaltens,
sie erklärt es, ermöglicht das Verständnis und löst es.
Daniel Holzem, Köln
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4. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Grundhaltung
Ich akzeptiere die Realität des Bewohners und
orientiere mein Handeln daran.
Ich will wissen: Warum lebt der Bewohner momentan
diese Realität / dieses Verhalten? Was steckt dahinter?
Ich will das Leben / die Biografie des Bewohners
kennen lernen!
Ich will sensibel sein für die Gefühle und Antriebe des
Bewohners!
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5. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Erinnern ...
Menschen erinnern sich anhand von Impulsen / Reizen.
Durch einen einzelnen Reiz (z.B. ein Geruch, Bild, Lied,
Gegenstand, Kleidung etc.) können Gedächtnisspuren aktiviert,
möglicherweise Assoziationsketten in Gang gesetzt und
Geschichten entlockt werden.
= Einen werfen!!
Ohne Impulse / Reize erfolgt keine Reaktion,
sondern Hospitalismus, Gesundheitsschäden und
Sterben statt (Er-)Leben
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6. Der biografische Anker in der Kitteltasche
... und Vergessen
Transfer von Informationen vom Kurzzeit- ins
Langzeitgedächtnis gelingt nicht mehr; die
Brücke ist zerstört.
Informationen im Langzeitgedächtnis werden
allmählich abgebaut; beginnend mit den
aktuellsten Informationen wird das
Langzeitgedächtnis wie ein Wollknäuel
abgewickelt.
(Demenzgesetze nach H. Buijssen)
Daniel Holzem, Köln
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7. Der biografische Anker in der Kitteltasche
... und Vergessen
Wir bewegen uns in der eigenen Biografie zurück in Richtung
„Prägungszeit“ (= die ersten 20-25 Lebensjahre):
Sie beschreibt diejenige Lebensphase eines jeden Menschen,
... die ihn primär in seinem Verhalten, seiner Grundhaltung, seinen
Bewältigungsstrategien (Copings) prägt.
... wo sie das erste Mal mit Lebensthemen wie Ausbildung u. Beruf,
Beziehung u. Trennung, Lösung von der Primärfamilie u. Aufbau
einer eigenen sozialen Struktur, Pubertät u. Erwachsen werden,
Heirat u. Familiengründung usw. konfrontiert werden und diese
bewältigen lernen.
(Psychobiografische Pflege n. Prof. E.Böhm)
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8. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Anker werfen
Annahme:
Das Verhalten von Menschen ist stets biografisch
geprägt.
Ziel:
Mit Menschen mit einer Demenz in Kontakt treten über
einen biografieorientierten „Anker“, der idealerweise mit
der Prägungszeit oder aber potentiellen Life-Events des
Bewohners kompatibel ist.
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9. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Anker werfen
Auditiver Nasaler
Visueller Anker Anker Anker
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Anker
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10. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Anker werfen
Anwendungsprinzipien:
⇒ Wahrnehmen ermöglichen,
d.h. Reaktionszeit gewähren, nötige Hilfsmittel
einsetzen (Brille, Klemmer, Opernglas, Hörgerät),
Sichtfeld, Lichtverhältnisse, Akustik,
Sinnzusammenhang
⇒ Zwanglosigkeit
⇒ Keinen Leistungsdruck
⇒ Freiheit der Reaktion
⇒ Reaktion ist der Orientierungsrahmen
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11. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Anker werfen
Biografiestationen: Frauenzeitschriften, Rennwagen, Geld, Schuhe,
Filme u. Stars, Essen u. Trinken, Werbung, Mondlandung,
Hochzeit, Fußball
Zeitstationen: Aussaat, Ernte, Werktag-Sonntag, Feste u. Feiertage
Rituale: Gottesdienste, Tischgebete
Soziale Alltags- und Arbeitsrunden: arbeiten, werken, basteln,
wirtschaften
Soziale Freizeitrunden: Kaffeeklatsch, Frühschoppen,
Feierabendbier, Matinée, Skatrunde, Sportschau, Salongespräch
Der biografische Anker in der Kitteltasche
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12. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Der biografische Anker in der Kitteltasche ...
... dient zur Gestaltung und beziehungs- und biografieorientierten
Aufwertung der „normalen“ arbeitsalltäglichen Begegnungen und
Situationen.
... muss klein genug sein um bequem in die Kitteltasche zu passen.
... wird stets mit sich getragen und bei Begegnungen als Medium
der Kontaktaufnahme und -gestaltung eingesetzt.
... kann im Grunde alles sein,
z. B. eine Muschel, ein kleines Bild, ein Stein, ein Stück Stoff, ein
Kruzifix, ein Ball, ein Wollknäuel, ein Strumpf, eine Lupe, ein paar
Briefmarken, ein Stempel, ein Teesieb, eine Musikkassette, eine
Zitrone, Lieder, Gedichte, Buchtitel, Sprichworte.
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13. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Anker werfen
Ein Bild in der
Kitteltasche ...
(idealerweise
kartoniert o.
laminiert)
Hr. Schmitz betrachtet das Bild, lächelt und berichtet über seine
Ferien auf dem Bauernhof als Kind; wirkt entspannt und fröhlich.
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15. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Anker werfen
Ein Lied in der
Kitteltasche ...
(ein unerschöpfliches
Reservoir bietet z.B.
www.ingeb.org)
Fr. Meier nimmt sie in die Hand betastet sie, riecht an ihr, reibt mit
ihr an der Wange. Wirkt aufmerksam, interessiert und konzentriert.
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16. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Biografische Anker werfen
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Eine Rezept in der
Kitteltasche ... ; VU B U F O
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Fr. Müller nimmt Das Rezept in die Hand, betrachtet es, nickt
bedeutungsvoll und steckt es in die Tasche ihrer Kittelschürze.
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17. Der biografische Anker in der Kitteltasche
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18. Der biografische Anker in der Kitteltasche
Verwendete Literaturen
Brinker, Andrea: Freiheit der Gefühle. In: Altenpflege 07/1997, S. 41-42
Buijssen, Huub: Das Monster der Vergesslichkeit in „Altenpflege“ 3/1999, S. 30-33
Bundesministerium für Gesundheit u. Soziale Sicherung (Hg.): Wenn das Gedächtnis nachlässt.
Ratgeber für die häusliche Betreuung demenzkranker älterer Menschen; Berlin 2003
Feldbinder, Helgard: Integrative Validation nach Nicole Richard. In: Pflegen ambulant 06/2002, S. 21-24
Höwler, Elisabeth: Gerontopsychiatrische Pflege – Lehr- und Arbeitsbuch für die Altenpflege. Hagen
2007
Kerkhoff, Barbara: Biografiearbeit – Schlüssel für eine individuelle Begleitung in der Pflege. In: Die
Schwester/Der Pfleger 10/2002, S. 830-833
Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) (Hg.):
Grundsatzstellungnahme Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz in stationären
Einrichtungen. Essen 2009
Popp, Manfred: Einführung in die Grundbegriffe der allgemeinen Psychologie. München 1995
Powell, Jenny: Hilfen zur Kommunikation bei Demenz. Köln 2006
Reinhard-Kahlmann, Susanne: Mehr Empathie als Sympathie. In: Altenpflege 03/1999, S. 34-36
Richard, Nicole: Das Puzzle des Lebens. In: Altenpflege 06/2006, S. 42-43
Scheich, Sylvia: Helfende Hände. In: Altenpflege 08/2000, S. 32-35
Tackenberg, Peter und Abt-Zegelin, Angelika: Demenz und Pflege. Eine interdisziplinäre Betachtung.
Frankfurt / Main 2004
Trilling, Angelika; Steiner, Irene; Jansen, Birgit: Erinnern mit Verwirrten. In: Pflegen ambulant 04/2002,
S. 25-31
Vogelauer, Astrid und Pfusterer, Karin: Das Psychobiografische Pflegemodell nach Böhm.
http://www.pflegenetz.at/index.php?option=com_contenttask=viewid=46Itemid=71
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