Inhaltliche Ausrichtung und organisatorische Sicherstellung einer Business In...
Governance für wandlungsfähige BI-Architekturen
1. IT-MANAGEMENT
Die BI Governance hat sich
zu einer essentiellen Disziplin
in BI-Strategieprojekten entwickelt. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe
von Richtlinien und Verantwortlichkeiten eine flexible,
konsistente und redundanzfreie Datenhaltung und Datenbereitstellung zu erreichen. Der
Begriff BI Governance ist dabei
analog zu Corporate Governance zu verstehen und bezieht
den Zweck der Corporate
Governance – die Vorgabe von
Rahmenbedingungen für eine
zielorientierte Unternehmensführung – auf das BI-Umfeld.
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2. TRENDS
K
Das Fundament –
eine strategische Ausrichtung
IT-SERVICE
Die BI Governance verfolgt die zielkonforme Ausrichtung von BI-Aktivitäten
und leitet sich aus der BI-Strategie und
den dort formulierten Zielen ab. Gut
IT-MANAGEMENT
Bereits wenige
tretende Anwendungsfälle oftmals
punktuell und abteilungsspezifisch realisiert und dem zu folge selten in die BIArchitektur integriert. So entsteht eine
heterogene Architektur unterhalb der
Reporting-Oberfläche.
SPEZIAL
onzeptionell identische
Kennzahlen werden in
den jeweiligen Organisationseinheiten auf unterschiedliche Art erhoben und die häufig
manuellen Übertragungen an die Auswertungsprozesse führen zu unzureichender Datenqualität und fragwürdigen Zahlen. Diese Abweichungen von
der Realität werfen bei strategischen
und essentiellen Entscheidungen ein
elementare Frage auf: „Kann ich den Informationen aus meinem Berichtswesen
überhaupt vertrauen?“
COVERSTORY
Jahre nach der
aufwändigen
BI Governance
IT-TECHNOLOGIE
Implementierung
eines BI-Systems
Rollen und Verantwortlichkeiten
Ziele und strategische Ausrichtung von BI
Unternehmensstrategie
Unternehmen
IS-Strategien
(BI-Strategien)
ERP
die sauber
strukturierte
BI-Architektur
IT-Strategie
Divisional- und
Funktionalstrategien
ist in so manchem
IT-INFRASTRUKTUR
Wandlungsfähige BI-Architektur
Business Intelligence Governance
Themenpunkt
Richtlinien und Standards
BI Governance
Steering
Commitee
Wandlungsfähige BI-Architektur
wieder einem
Wildwuchs an
Anwendungen,
Technologien
und selbst
Quelle: cundus AG
erstellten Excel-
Bild 1: Die BI Governance besteht aus vier Komponenten.
Berichten
Ursachen des Wildwuchses
gewichen.
Wie kommt es zu dieser Situation? Häufig werden Projekte mit dem Ziel initiiert, in einer vollständigen Analyse
sämtliche Informationsbedarfe zur Entscheidungsunterstützung zu erheben
und über eine integrierte BI-Architektur abzudecken. Vernachlässigt wird
hingegen der Umstand, dass eine Organisation kein statisches Gebilde ist und
Informationsbedarfe und Anwendungsfälle, ebenso wie die eingesetzten Technologien, einer fortlaufenden Entwicklung unterliegen. Sind die aufgesetzten
BI-Prozesse zu statisch, werden neu auf-
aufgestellte Unternehmen verfügen
über eine Unternehmensstrategie, dazu
korrespondierende Funktional- und Divisionalstrategien, sowie eine abgestimmte IT-Strategie. Es schließt sich
daher die Frage an, wie die BI-Strategie
und die BI Governance in diese Umgebung eingebettet werden kann und wie
die konsequente Ausrichtung von BI an
den Zielen des Business (Business
Alignment) erfolgen soll.
Bei der Formulierung einer BI Governance wird der inhaltliche Spielraum
durch übergeordnete Strategien und
vorhandene Regelwerke begrenzt. Aus
diesen leiten sich allgemeine GrundNOVEMBER 2009
35
3. IT-MANAGEMENT
sätze wie zum Beispiel das zugrundeliegende Rollenverständnis beim Outsourcing oder aber allgemeine Entwicklungs- und Betriebsrichtlinien ab. Da
sich auch die Bestandteile der Strategien
in einem dynamischen Umfeld bewegen, muss diese Ausrichtung regelmäßig überprüft und erneuert werden.
Die BI Governance stellt die Verbindung
zwischen Business und IT her, indem sie
den gewünschten Ablauf von BI-Prozessen beschreibt und passgenau in die Organisationsstruktur einbettet. Diese prozessuale Sicht wirft eine Vielzahl von
organisatorischen und strategischen Fragen auf, zum Beispiel „Ist meine Prozessstruktur weit genug ausgereift, um
Aufgaben fremd zu vergeben?“
BI-Prozesse lassen sich in die Bereiche Programm-, Anwendungs- und Datenmanagement sowie Betrieb und Support & Schulung unterteilen. Bevor
BI-Prozesse in die Organisation eingebettet werden können, gilt es, sie zu dokumentieren und ihren Umfang zumindest grob zu quantifizieren. Bei der
Zuordnung zu Organisationseinheiten
stehen im Allgemeinen drei Alternativen zur Diskussion. Prozesse können
www.cundus.de/strategie
BI-Governance
Komitee
BI-Competence
Center
1. auf bestehende Organisationseinheiten verteilt,
2. im Rahmen einer eigenständigen BIOrganisation in die Aufbaustruktur
eingebunden oder
3. an unternehmensexterne Dienstleister vergeben werden.
In der Praxis finden sich häufig Kombinationen aus diesen drei Alternativen.
Insbesondere bei größeren Unternehmen wird der Großteil der BI-Prozesse
einem zentralen Business Intelligence
Competence Center (BICC) zugewie-
Fachbereich
Externe
Dienstleister
Strategie und
Governance
A
R
C
C
-
ProgrammManagement
A
R
C
C
I
-
A
R
I
R
Support und
Schulung
-
A/R
R
R
R
Anwendungsmanagement
-
A/R
C
C
-
Datenmanagement
-
A/R
R
C
Quelle: cundus AG
Tabelle: Exemplarische Anwendungen des RACI-Konzeptes im BI-Kontext.
sen. Dieses verantwortet und koordiniert als Organisationseinheit die wesentlichen BI-Prozesse – führt sie aber
nicht zwangsweise durch. Insbesondere
bei operativen Tätigkeiten wird das
„Doing“ von Personen aus Fachbereichen, IT oder externen Dienstleistern
übernommen.
Das RACI-Konzept
Unabhängig von der Verteilung von
Pflichten und Rechten auf den Fachbereich, die IT, ein BICC oder externe
Dienstleister, empfiehlt es sich, für das
Controlling der BI Governance zusätzlich ein BI-Governance Komitee einzurichten. Dieses Komitee ist eine virtuelle
Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern
des Fachbereichs, der IT, dem BICC und
auch C-Level-Managern zusammensetzt,
um die Ausgestaltung der Governance
und die Einhaltung der BI-Strategie
sowie der korrespondierenden Maßnahmen kontinuierlich zu überprüfen.
Zur Verknüpfung der erläuterten
Prozesse und Organisationsmöglichkei-
Durch die BI-Governance
wird sichergestellt, dass die Inhalte
der BI-Prozesse klar
definiert sind.
36
IT-Abteilung
Betrieb und
Entwicklung
Einbettung von
Verantwortlichkeiten
WEB-TIPP:
BI-Prozess
NOVEMBER 2009
ten hat sich das RACI-Konzept etabliert.
Dahinter steht die Idee, Rechte und
Pflichten der beteiligten Organisationseinheiten in Bezug auf Prozesse und
Aufgaben in den Ausprägungen Responsible (R), Accountable (A), Consulted (C) und Informed (I) zu unterscheiden. Die Tabelle zeigt exemplarisch auf
hoher Ebene eine Anwendung des
RACI-Konzeptes im BI-Kontext.
Etablierung von Richtlinien
Das primäre Ziel der Richtlinien und
Standards einer BI Governance ist es,
den Wildwuchs von Daten und Anwendungen zu verhindern, um die entscheidungsunterstützende Funktion des
Berichtswesens sicherzustellen.
Der Wildwuchs auf Reporting-Ebene
äußert sich in zweierlei Hinsicht. Zum
einen in einer Vielzahl ähnlicher Berichte auf Basis verschiedener Anwendungen, zum anderen in der unkoordinierten Koexistenz und Überlappung
von Anwendungen. Oft existieren in
einem Unternehmen zu einer Kennzahl
wie zum Beispiel dem Netto-Umsatz
mehrere Definitionen und Datentransformationsverfahren. In Abhängigkeit
vom Unternehmensbereich erhält man
für eine identisch bezeichnete Kennzahl
unterschiedliche Werte. Eine einheitliche Entscheidungsgrundlage lässt sich
auf diese Weise nicht erreichen.
Um diesem Zustand entgegenzuwirken, müssen klare Regelungen in Form
W W W . I T - D A I LY. N E T
4. Themenpunkt
TRENDS
Die Informations- und Abstimmungspflichten aller Personen sind klar definiert.
Dies gilt analog für die Verantwortung von Prozessen, Projekten und Daten.
Standardisiertes
Berichtswesen
Berichtswesen: Berichte werden in strenger Übereinstimmung mit definierten
Standards bezüglich Layout sowie Navigationsmöglichkeiten entwickelt und
decken einen vereinbarten Informationsbedarf ab.
Es existiert eine BI Architektur, die Architektur-Ebenen, BI-Softwareprodukte und
Datenflüssen beschreibt. Jedes BI-Projekt muss die BI Architektur beachten und
ihr genügen. (Ausnahme: Architekturverändernde Projekte).
Quelle: cundus AG
Bild 2: Leitlinien der BI Governance (Teil 1).
Einheitliches
Projektvorgehen
Für BI-Projekte wird ein einheitlicher und professioneller Ablauf gemäß eines
Vorgehensmodells definiert. Dieses Vorgehensmodell legt u.a. Rechte und
Pflichten aller beteiligten Personen in allen Projektphasen fest.
Sicherheit in
Entwicklungsarbeiten finden nur im Entwicklungssystem statt und durchlaufen
Entwicklung und vor Produktivsetzung definierte Testläufe in einem Testsystem. Systemweit
gültige Namenskonventionen gewährleisten die Einheitlichkeit aller Systeme.
Betrieb
Verbindliches
(Power-) User durchlaufen zentrale Schulungen (ggf. mit Zertifizierungen) bevor
Zertifizierungs- & sie Zugriff auf das System erhalten. In den Schulungen wird Wissen zum Umgang
Schulungssystem mit der Benutzungsoberfläche und Verständnis der Datenstrukturen vermittelt.
Quelle: cundus AG
Bild 3: Leitlinien der BI Governance (Teil 2).
von Leit- oder Richtlinien getroffen
werden, um zum Beispiel die Verbindlichkeit der vereinbarten BI-Architektur und dessen Nutzung zu gewährleisten. Es soll verhindert werden, dass
Nutzer, Betreiber und Entwickler Änderungen im BI-System herbeiführen,
die sich primär an den individuellen
Präferenzen, System-Kenntnissen und
Zeitrestriktionen der Personen ausrichten.
Sicherung der
Wandlungsfähigkeit
Die BI Governance wird häufig als reines Instrument zur Standardisierung
betrieblicher Abläufe rund um das
Thema BI verstanden. Oft wird dabei
nicht ausreichend beachtet, dass das BIUmfeld sehr dynamisch ist. So hat sich
Flexibilität für viele Unternehmen als
W W W . I T - D A I LY. N E T
ein wichtiger strategischer Vorteil herausgestellt. Dieser ökonomische Darwinismus („Survival of the fittest“) erfor-
IT-INFRASTRUKTUR
Das BI-System und dessen Änderungen sind nach einheitlichen Vorgaben zu
dokumentieren. Berechtigungsstrukturen und Übereinstimmung mit Datenschutzrichtlinien werden regelmäßig überprüft.
IT-TECHNOLOGIE
Dokumentation
& Qualitätssicherung
IT-MANAGEMENT
Eine
BI-Architektur
IT-SERVICE
Klare
Verantwortung
SPEZIAL
Berichtswesen und Analyse finden ausschließlich auf Basis einer genau definierten Datenstruktur im Data Warehouse statt.
COVERSTORY
Single Point of
Truth
dert eine flexible BI-Infrastruktur, die es
zum Beispiel erlaubt, neue Unternehmensstrukturen innerhalb kürzester
Zeit informationstechnisch abzubilden.
Antizipative und reaktive Wandlungsfähigkeit wird in einem dynamischen
Umfeld zur zentralen Herausforderung.
Die antizipative Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen kann mit skalierbaren und modularen BI-Architekturen adressiert werden. Es lassen sich
Prozesse etablieren, die zum Beispiel gezielt Nutzerzahlen, Datenvolumina oder
Nutzungsintensitäten überwachen und
Trends identifizieren. Ebenso ist es
möglich, die Auswirkungen eines geplanten Unternehmensstrukturwandels
frühzeitig für das BI-System zu bewerten. Reaktive Wandlungsfähigkeit zielt
auf den professionellen und kontrollierten Umgang mit Change Requests ab.
Die BI Governance regelt die Aufnahme, Priorisierung, Bewertung und
Durchführung von Change Requests.
Ab einer bestimmten Größenordnung
bezüglich des Änderungsaufwandes
werden Projekte initiiert, die durch ein
zentrales Projektportfolio-Management
gesteuert werden.
Für die Projektdurchführung werden
in der BI Governance standardisierte
Vorgehensmodelle beschrieben. Diese
liefern eine Übersicht über den Projektablauf sowie die einzusetzenden Methoden, die zu erzielenden Ergebnisse
und die Dokumentations- und Kommunikationspflichten beteiligter Personen.
RALF HEIM, DR. FRANK NAVRADE
Hinweise
Nutzen Sie die existierenden Strategieunterlagen als Ausgangsbasis für Ihre BI-Strategie. So lassen sich BI-Ziele aus den Zielen der
Unternehmens- und der IT-Strategie ableiten. Ein BI-Projekt, das seinen Mehrwert durch klare Verfolgung von Business- und IT-Strategien
generiert, hat bessere Aussicht auf das erforderliche Budget
Die Möglichkeit der Ausgliederung von BI-Aufgaben an externe
Dienstleister wurde in den letzten Jahren forciert. Allgemein hat es
sich als sinnvoll erwiesen, operative BI-Aufgaben, die als Commodity gelten, an unternehmensexterne Dienstleister auszugliedern.
Die Auslagerung von BI-Prozessen, die spezifisches Unternehmensoder Branchen-Know-how erfordern, stellte sich jedoch oft als Fehlentscheidung heraus und wurde revidiert.
NOVEMBER 2009
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