Grüne Welle Kommunikation: Bürgerbeteiligung und Dialog
Bürgerhaushalte in europa
1. Bürgerhaushalte in Europa:
zeitgemäße Demokratie
oder nur politisches Marketing?
Eine Untersuchung zur E-Partizipation am
Beispiel der Kölner Bürgerhaushalte
Von Susanne Praß
Im Rahmen der LV „Crowdsourcing für Kommunikationsprojekte“
Im Winter Semester 2011/12
3. Exportware aus Porto Alegre
zum geschichtlichen Ursprung
• 1988: politischer Umbruch
Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) stellt
erstmalig den Bürgermeister für Porto Alegre
• Partizipationsmodell als Übertragung des
basisdemokratischen Selbstverständnisses auf die
Stadtpolitik
• Erhebliche Verbesserung der Infrastruktur und der
Zivilgesellschaft
4. Exportware aus Porto Alegre
Daten und Fakten
• PT ist bis heute Koalitionspartner der städtischen Regierung in
Porto Alegre und stellt seit 2002 den brasilianischen Präsidenten
• Die Idee der Bürgerbeteiligung am städt. Haushalt hat sich
weltweit auf ca. 1500 Bürgerhaushalte ausgebreitet
• etwa 920 davon in Südamerika
• etwa 250 in Europa
• Porto Alegre gilt als Symbol für eine neue Demokratie
5. Definition (des bpb)
5 Bedingungen müssen erfüllt sein
1. Im Zentrum der Beteiligung stehen finanzielle
Angelegenheiten, es geht um begrenzte Ressourcen.
2. Die Beteiligung findet auf der Ebene der Gesamtstadt
oder auf der eines Bezirks mit eigenen politischen und
administrativen Kompetenzen statt. Ein Stadtteilfonds
allein, ohne Partizipation auf der gesamtstädtischen bzw.
bezirklichen Ebene, ist kein Bürgerhaushalt.
3. Es handelt sich um ein auf Dauer angelegtes und
wiederholtes Verfahren. Ein einmaliges Referendum zu
haushalts- oder steuerpolitischen Fragen ist kein
Bürgerhaushalt.
6. Definition (des bpb)
5 Bedingungen müssen erfüllt sein
4. Der Prozess beruht auf einem eigenständigen
Diskussionsprozess, der mittels Internet oder
Versammlungen bzw. Treffen geführt wird. Eine
schriftliche Befragung allein ist demnach kein
Bürgerhaushalt.
5. Die Organisatoren müssen Rechenschaft in Bezug
darauf ablegen, inwieweit die im Verfahren
geäuβerten Vorschläge aufgegriffen und umgesetzt
werden.
7. Der Kölner Bürgerhaushalt
formulierte Ziele
Der Bürgerhaushalt soll…
„den städtischen Etat für die Bürgerschaft
verständlicher machen“
„Beteiligung ermöglichen und so den Dialog
zwischen Einwohnerschaft, Politik und
Verwaltung intensivieren“
„Entscheidungshilfen für die Politik durch
Bürgerbeteiligung ermöglichen“
(Quelle: Broschüre Bürgerhaushalt 2012)
8. Der Kölner Bürgerhaushalt
die Umsetzung
Information der Bevölkerung
Broschüren, Online-Informationen, Call-Center
Dialog bzw. Einreichen der Vorschläge
Themenauswahl per Briefausschreiben
E-Partizipation (Kernbereich), Telefon und Brief
Zeitraum: 17. Okt.– 6. Nov., Bewertungen bis 13. Nov. 2011
Bewertungen und Kommentare nur online möglich !!
Entscheidung des Rats über die Anregungen und anschließende
Rechenschaftslegung
Online einsehbarer Ratsbeschluss und offizielle Stellungnahme zu
allen (gewählten) Vorschlägen
10. Der Kölner Bürgerhaushalt
die Ergebnisse
Schwerpunkt Themen 2012:
„Kinder und Jugend“ (exklusive „Bildung und Schulen“)
„Wirtschaftsförderung“
„Kultur“
„Sparen und Sonstiges“ (inklusive „Bildung und Schulen“)
11. Der Kölner Bürgerhaushalt
die Ergebnisse
„Kinder und Jugend“
Platz 1.:
Hallenbäder Weiden und Nippes für unsere Kinder erhalten!
„Wirtschaftsförderung“
Platz 1.:
Kein Einkaufszentrum auf dem Helios-Gelände
„Kultur“
Platz 1.: Kein Abriss des AZ Köln - Alternative Kultur erhalten
„Sparen und Sonstiges“
Platz 1.: KVB "Kölner/innen-Ticket" einführen
12. Die Kölner Bürgerhaushalte
die Auswertung
100 Favoriten (25 je Kategorie) werden vom Stadtrat
begutachtet
Ein Favorit ergibt sich aus der Differenz von Pro und
Contra Stimmen
https://buergerhaushalt.stadt-
koeln.de/2012/inhalt/bestenlisten
13. Lob & Kritik
der Bürger
Hauptsächlich Kritik am Plattform-Layout, Struktur
und Übersichtlichkeit
Nur vereinzelt generelle Kritik am Verfahren und der
Umsetzung
„der Bürgerhaushalt ist kein direkt-demokratisches Verfahren. Die
best-bewerteten Vorschläge, so lautet das Leistungsversprechen von
Politik und Verwaltung, werden nun in die politisch-administrativen
Beratungs- und Entscheidungsprozesse gehen.“
(https://buergerhaushalt.stadt-koeln.de/2012/lob_und_kritik )
15. Diskussion!
Ist es sinnvoll, die Bürger bei der Haushaltsplanung mit
einzubeziehen?
Welche Probleme könnten auftreten?
„Ja, es ist sinnvoll, dass man die Bürger in die Budgetplanung
miteinbezieht. Probleme könnten sein, dass dann auf die
Vorschläge der Bürger zu wenig eingegangen wird und dies
weiteren Unmut zur Folge hat.“
„Finde das grundsätzlich eine gute Idee. Mehr Mitspracherecht
der WählerInnen ist zur heutigen Zeit ja wirklich leicht möglich
und sollte überhaupt mehr genutzt werden. Ein Problem könnte
aber sein, dass die Identitäten evtl. nicht klar sind.“
16. Ist es wichtig, nur Bürgern der Stadt Köln die Teilnahme zu
erlauben?
„Wieso sollte man andere daran teilnehmen lassen, die
nicht in Köln wohnen? Es geht ja nur um Köln, oder?“
„Ja, es sollten die mitmachen, die ihren Hauptwohnsitz in
Köln haben und dementsprechend dort zu Hause sind - das
sind ja die am meist Betroffenen. Wobei sich dann
vielleicht Leute die jeden Tag dort arbeiten ausgeschlossen
fühlen könnten...“
17. Sollte diese Beteiligung auf freiwilliger Basis erfolgen oder
verpflichtend sein?
„Ich glaube ein Verpflichtung wäre schwierig
durchzusetzen, denn es haben ja nicht alle den gleichen
Bildungsstand und es sind auch nicht alle gleich an den
politischen Themen interessiert.“
„Ich denke auch, dass es freiwillig sein sollte, denn wenn
sich jemand dafür nicht interessiert, wird er auch keine
guten Ideen beisteuern können.“
18. Inwieweit spielt eurer Meinung nach die “Image
Aufbesserung” eine Rolle?
„Kann, finde ich, so jetzt nicht beantwortet werden, da
müsste man wirklich sehen wie das alles von statten
geht, wie Politiker auftreten, etc...“
19. Inwieweit ist die Anzahl der Teilnehmer eurer Meinung nach
relevant für den Erfolg und die Weiterführung des Projektes?
„Mir kommt das ein bisschen wenig vor. Hätte gedacht, da
würden mehr mitmachen. Hier wäre es vielleicht interessant
herauszufinden, warum diese 7152 mitmachen und warum so
viele nicht mitmachen.“
„Ich finde es nicht so relevant wie viele mitmachen, es kommt
doch drauf an, dass gute Ideen geliefert werden und die kann
man nicht erzwingen. Ich weiß jetzt nicht wie groß das promotet
wird, aber vielleicht könnten so mehr Leute gewonnen werden,
die das auch gerne machen.“
20. Was wäre eurer Meinung nach ein Grund, das Projekt
einzustellen?
„Eventuelle Probleme mit der Feststellung von
Identität?“
21. Literatur
Franzke, Jochen/Kleger, Heinz (Hrsg.) (2006): Kommunaler Bürgerhaushalt in
Theorie und Praxis am Beispiel Potsdams. Potsdam: Universitätsverlag.
InWEnt gGmbH – Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (Hrsg.).(2010):
Dialog Global. Bonn: InWEnt gGmbH.
https://buergerhaushalt.stadt-koeln.de/2012/home
Sintomer, Yves/Herzberg, Carsten/Röcke, Anja (2010): Der Bürgerhaushalt in
Europa – eine realistische Utopie? Zwischen partizipativer Demokratie,
Verwaltungsmodernisierung und sozialer Gerechtigkeit. Wiesbaden: GWV
Fachverlage GmbH.
Stadt Köln (2011): Kölner Bürgerhaushalt. Deine Stadt, Dein Geld. Köln: Amt
für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.