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F25
FachteilHerausgeber und Verlag: BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft
Einleitung
Das gemeinschaftliche Versandverfahren (gVV) ist ein Zoll-
verfahren (Art. 4 Nr. 16 –a) Zollkodex –ZK-), das hauptsäch-
lich der Beförderung von Nichtgemeinschaftswaren (NGW)
zur Realisierung der zollamtlichen Überwachung (Art. 37
(1), 4 Nr. 13 ZK) im Zollgebiet der EU dient (siehe Art. 91 (1)
–a), (2) –a) Zollkodex- ZK).
Ein gVV wird grundsätzlich mittels Versandanmeldung bei
der Abgangsstelle (Art. 340b Nr. 1 ZKDVO –DVO-) durch
Überlassung zum Verfahren (Art. 73 (1) S. 1 ZK) eröffnet,
sofern grundsätzlich Sicherheit geleistet worden ist (siehe
Art. 94 (1), 95 ZK). Inhaber eines eröffneten gVV ist der
Hauptverpflichtete (HV, Art. 96 (1) S. 1 ZK).
Ein gVV wird grundsätzlich bei der vorgesehenen Bestim-
mungsstelle (Art. 340b Nr. 3 DVO) beendet, und zwar nach
ordnungsgemäßer Durchführung durch erneute Gestellung
der Waren und Vorlage des Versandbegleitdokuments (VBD,
Art. 92 (1), 4 Nr. 19 ZK, 361 DVO).
Das gVV findet seit 2005 grundsätzlich in elektronischer
Form als NCTS (New Computerized Transit System) statt,
und zwar unter dem Fachverfahren ATLAS-Versand (siehe
Art. 222, 353 (1), 358 (2) DVO).
Die Verfahrensbestimmungen des gVV gelten grundsätzlich
auch für das gemeinsame Versandverfahren (gemV) auf der
Grundlage des Versandübereinkommens EG-EFTA (siehe VSF
Z 3202).
Vereinfachungen
Das gVV kann in den in Art. 372 (1) DVO genannten Fällen
aufgrund antragsgestützter Bewilligung vereinfacht wer-
den. In der Praxis werden vor allem der „Status eines zuge-
lassenen Versenders“ (Art. 398 ff. DVO) sowie der „Status
eines zugelassenen Empfängers“ (Art. 406 ff. DVO) nachge-
fragt (für das Versandübereinkommen gelten Art. 60 und 64
der Anlage I).
Hinweis: Die weiteren Ausführungen stützen sich allein
auf die EG-rechtlichen Bestimmungen von ZK und DVO.
Hintergrund für beide Vereinfachungen ist das Bedürfnis der
Wirtschaftsbeteiligten, die Eröffnung beziehungsweise
Beendigung von Versandverfahren zeitlich flexibel zu gestal-
ten. Waren müssen gegebenenfalls „auf den Weg gebracht
werden“ beziehungsweise kommen zu Zeiten an, in denen
die Inanspruchnahme zollamtlicher Dienstleistungen auf-
grund von Öffnungszeiten nicht möglich ist. Ein Binnenzoll-
amt ist im Normalfall von 7:30 bis 16:00 Uhr geöffnet, also
circa 40 Wochenstunden, während „Wirtschaft“ quasi „rund
um die Uhr“ stattfindet. Abfertigungen außerhalb der Öff-
nungszeiten beziehungsweise außerhalb der Amtsplätze
5
2011
Zugelassener Versender und zugelassener Empfänger
Von Diplom-Finanzwirt Hans-Joachim Kampf, Münster
sind zwar grundsätzlich möglich, jedoch mit Kosten verbun-
den, sofern sie angesichts personeller Ressourcen der Zoll-
verwaltung überhaupt angeboten werden können. Dazu
tritt die stark verringerte Dienststellendichte, aufgrund
derer Wirtschaftsbeteiligte gegebenenfalls lange kostenin-
tensive Wegezeiten zu tragen haben. Die starke Inanspruch-
nahme der Vereinfachungen ist somit nicht nur ökonomisch
wohlbegründet, sondern auch im Sinne der Zollverwaltung.
Die für das Versandrecht maßgebenden Durchführungs-
bestimmungen für die Vereinfachungen beruhen auf Art. 97
(1), 76 (4) ZK: „Die Einzelheiten des Verfahrens und die Aus-
nahmen werden nach dem Ausschlussverfahren festgelegt“.
Zur Darstellung der Verfahren soll im Folgenden ein Muster-
unternehmen dienen:
Fa. K, ein Hersteller und Händler von Landmaschinen
mit Sitz in Ochtrup, importiert und exportiert Waren
vom und auf den Weltmarkt. Die Waren werden auf
dem Seeweg über Hamburg oder Rotterdam befördert.
Zuständige Zollstelle ist das HZA Münster – ZA Rheine.
Der Status eines zugelassenen Versenders
Prinzip: Der „Status eines zugelassenen Versenders“ (ZV)
eröffnet die Möglichkeit, Versandverfahren „rund um die
Uhr“ im Betrieb des ZV zu eröffnen.
Basisnorm Art. 398 (1) DVO (2008):
Einer Person, die das gemeinschaftliche Versandver-
fahren in Anspruch nehmen möchte, ohne der
Abgangsstelle oder an einem anderen zugelassenen
Ort die in der Versandanmeldung aufgeführten Waren
zu gestellen, kann der Status eines zugelassenen Ver-
senders bewilligt werden.
Diese Vereinfachung wird nur Personen gewährt,
denen eine Gesamtbürgschaft oder eine Befreiung
von der Sicherheitsleistung bewilligt worden ist.
Zugelassener Versender und zugelassener Empfänger
Von Hans-Joachim Kampf, Münster F 25
Der Europäische Rat – Aufgaben, Struktur und
Zusammensetzung
Von Dr. Carsten Weerth, Bremen F 29
Übungsaufgabe zur Vorbereitung auf die Laufbahnprü-
fung des gehobenen Zolldienstes –
Studienfach Zolltarifrecht mit Lösung F 30
Inhalt
F26
Im Jahre 2001 ist der damalige „Zugelassene Versender“
(ZV) abgelöst worden durch den „Status eines zugelassenen
Versenders“. Bis dato hatte der ZV die Waren zu gestellen,
grundsätzlich in seinem Betrieb. Es handelte sich um eine
Ausnahme des Gestellungsortes, wie sie gemäß Art. 4
Nr. 19 ZK vorgesehen ist. Nach zwischenzeitlicher Anpas-
sung an die mittlerweile obligate NCTS-Form kann der ZV
gemeinschaftliche/gemeinsame Versandverfahren seit 2008
in Anspruch nehmen, „ohne der Abgangsstelle oder an
einem anderen zugelassenen Ort die in der (NCTS-) Ver-
sandanmeldung aufgeführten Waren zu gestellen“. Hiermit
liegt eine ausdrückliche Ausnahme von der Gestellungsvor-
aussetzung des Art. 63 ZK vor, wonach die Annahme einer
Zollanmeldung von der vorherigen Gestellung der betref-
fenden Waren abhängt. Diese rechtliche Konstruktion ist
insoweit materiellrechtlich problematisch, als essentielle
Verfahrenselemente wie Gestellung, Anmeldung oder Über-
lassung entweder real erfolgen müssen beziehungsweise
durch Fiktion ersetzt werden (siehe beispielhaft Art. 76 (1) –
c), (3) ZK, 234 (1) DVO). Allerdings gibt es auch verfahrens-
immanente Gestellungsfreiheiten wie zum Beispiel bei
Anschreibung zur Überführung in den zollrechtlich freien
Verkehr nach Lagerung im Zolllager Typ D (Art. 112 (3) UA 1
ZK, 278 (3) –c DVO). Dieses Konstrukt mit immanentem
Fehlen der Gestellung dürfte auch dem ZV zugrunde liegen.
Die Ausführungen unter Nr. 4.7.2.2.2 im Merkblatt für Teil-
nehmer dürften daher, soweit hier der Begriff der Gestel-
lung weiterhin verwendet wird, wie folgt zu interpretieren
sein:
Der ZV übermittelt als Teilnehmer die Daten der
Versandanmeldung mit der Nachricht E_DEC_DAT
der für den Ort der Gestellung (grundsätzlich)
zuständigen Abgangsstelle.
(Im Normalverfahren bleibt es bei der Gestellungspflicht.)
Bewilligung des ZV-Verfahrens
Die Vereinfachung ZV wird auf Antrag vom zuständigen
Hauptzollamt einem (zukünftigen) Hauptverpflichteten
bewilligt, der unter anderem für seine Versandverfahren
Sicherheit in Form einer Gesamtbürgschaft geleistet hat
oder dem Befreiung von der Sicherheitsleistung bewilligt
worden ist (Art. 94 (1) ZK, 398 (2) DVO). Dazu müssen die IT-
Systemanforderungen für ATLAS-Versand erfüllt sein.
Gem. Art. 399 DVO wird in der Bewilligung insbesondere
Folgendes geregelt:
a ) die für die gVV/gemVV zuständige(n) Abgangsstelle(n).
Insofern gibt es keine Abweichung vom Versand im Nor-
malverfahren.
b ) die Frist, die den Zollbehörden nach Empfang der
NCTS-Versandanmeldung zur Verfügung steht, um vor
Abgang der Waren beim ZV gegebenenfalls noch eine
Zollkontrolle vornehmen zu können.
Diese neue Regelung ist nötig geworden, weil das
gVV/gemVV ohne jegliche Gestellung eröffnet wird (sie-
he Art. 398 (1) DVO). Insbesondere wird die Versandan-
meldung grundsätzlich automatisiert angenommen, als
fehlt es schon systembedingt an einer Mitteilung im
klassischen Sinne (siehe Art. 4 Nr. 19 ZK). Nach Ablauf
einer grundsätzlich systemseitig eingestellten Wartezeit,
innerhalb derer eine Zollkontrolle stattfinden könnte,
wird dem ZV die Überlassung der Waren zum
gVV/gemVV automatisiert bestätigt. Nur innerhalb der
Öffnungszeiten – also durch Zollbedienstete – kann die
Abgangsstelle bei eingestellter Wartezeit den automati-
sierten Ablauf gegebenenfalls unterbrechen (s. Verfah-
rensanweisung ATLAS Nr. 4.8.2.3.2).
c) die zur Nämlichkeitssicherung (Art. 357 DVO) zu treffen-
den Maßnahmen.
Das HZA als Bewilligungsbehörde kann vorschreiben, dass
die Beförderungsmittel oder die Packstücke vom ZV mit
Verschlüssen versehen werden, die einem besonderen
Modell entsprechen, das von den Zollbehörden nach den
Bedingungen des Anhangs 46a DVO zugelassen worden
ist (zum Beispiel Tyden Seal, Mini-Breakaway-Seal, siehe
DV Z 3517). Andere Formen der Nämlichkeitssicherung
bleiben möglich.
d) die ausgeschlossenen Warenarten oder -verkehre.
Weitere Regelungen, zum Beispiel Auflagen zur begünsti-
genden Bewilligungsentscheidung, werden bei Erfordernis
getroffen. Das gilt zum Beispiel für Verladezeiten, die gege-
benenfalls während der Öffnungszeiten der Abgangsstelle
anberaumt werden können. Unter Berücksichtigung des Sta-
tus eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (ZWB/ AEO,
Art. 5a ZK) sind gegebenenfalls Erleichterungen möglich.
Eröffnung des Verfahrens beim ZV
Fa. K möchte fünf Kartoffelroder, die im Rahmen einer
bewilligten aktiven Veredelung (AV) hergestellt wurden
und sich inzwischen im bewilligten Zolllagerverfahren
(ZLV) der Fa. K befinden, zur Erfüllung eines Kaufver-
trags nach Südafrika exportieren. Der Export erfolgt auf
dem Seeweg über Hamburg. Die Roder stehen am
Samstagmorgen um acht Uhr zum Versand bereit.
1. Das zuständige HZA Münster hat K den Status eines ZV
bewilligt, eine Gesamtbürgschaft der Volksbank Ochtrup
dient der Absicherung potenzieller Zollschulden.
2. K hat das ZLV ordnungsgemäß durch Anmeldung der
Waren zur Wiederausfuhr (Art. 89 (1), 182 (3) S. 2, 161 ZK)
beendet, ist vorzugsweise „zugelassener Ausführer“ (Art.
283 DVO). Es sind – mangels Schnittstelle zwischen den
Verfahren – gegenseitige Verzahnungshinweise hinsicht-
lich der Versand- und Ausfuhr-MRN aufzunehmen (siehe
Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.9.7).
3. K ist Teilnehmer am Verfahren ATLAS-Versand (NCTS) und
sendet die Versandanmeldung T1 bewilligungsgemäß,
zum Beispiel bereits am Freitagabend um 22 Uhr vor dem
Verladen, an die Abgangsstelle (ZA Rheine), wo sie auto-
matisiert entgegengenommen wird. Schon um zwei Uhr
morgens liegt nach Ablauf der Wartezeit die automatisch
generierte Überlassung zum gVV/T1 bei K vor.
4. K druckt das VBD aus und sichert im vorliegenden Fall die
Nämlichkeit der zu versendenden Roder vorzugsweise
durch Festhalten der Gerätenummern. Das Versandver-
fahren nach Hamburg soll bereits am selben Tag um 16
Uhr durch Gestellung und Abgabe des Versandbegleitdo-
kuments (VBD) bei der Hamburger Zollstelle beendet
werden (Art. 92 (1) ZK). Das Schiff legt noch in derselben
Nacht ab, somit ist eine Fristsetzung von einem Tag aus-
reichend. Der Transport von Ochtrup nach Hamburg kann
am Samstagmorgen acht Uhr beginnen (s. Verfahrensan-
weisung ATLAS Nr. 4.8.2.3.2).
Informationsfluss und Besonderheiten
infolge ATLAS-Versand
1. Der ZV übermittelt als Teilnehmer (TN) an ATLAS-Versand
Fachteil 5/2011
F27
die Daten der Versandanmeldung mit der Nachricht
E_DEC_DAT der (für den Ort der Gestellung grundsätzlich)
zuständigen Abgangsstelle.
2. Bei fehlerfreier Einarbeitung dieser Nachricht wird die
Versandanmeldung angenommen und der TN erhält die
Nachricht E_TUF_STA.
Andernfalls wird die Versandanmeldung
> nicht entgegengenommen und der TN erhält eine Feh-
lernachricht E_Fehler
oder sie wird
> nach der Entgegennahme bei Feststellung von Fehlern
bei der Bewilligungs- und Plausibilitätsprüfung nicht
angenommen (Art. 63 ZK, § 7 (1) Nr. 2 ZollVG). Der Teil-
nehmer erhält dann die Fehlernachricht E_TUF_STA.
3. Nach Annahme der Versandanmeldung wird systemin-
tern überprüft, ob die Sicherheit gültig ist und gebucht
werden kann. In diesem Fall wird bei Gesamtbürgschaf-
ten beziehungsweise der Befreiung von der Sicherheits-
leistung der Referenzbetrag mit dem Sicherheitsbetrag
belastet.
Andernfalls erhält der Teilnehmer ebenfalls die Mittei-
lung E_TUF_STA. Die Versandanmeldung ist dann ungül-
tig (Art. 75 –a) 2. Anstr. ZK, 250 (2) DVO).
4. Die Waren werden grundsätzlich automatisch überlassen,
gegebenenfalls nach Entscheidung der Abgangsstelle
manuell (Art. 73 (1) S. 1 ZK). Der ZV erhält die Mittelung
E_TUF_REL.
[Zu den Mitteilungen s. Merkblatt für TN Nr. 4.7.2.2.2
sowie Verfahrensanweisung ATLAS Nrn. 4.8, insbesondere
4.8.2.3.2].
Der Status eines zugelassenen Empfängers
Prinzip: Der „Status eines zugelassenen Empfängers“ (ZE)
eröffnet dem Hauptverpflichteten (HV) die Möglichkeit, sei-
ne Pflichten aus dem Versand (s. Art. 96 (1) ZK) durch Über-
gabe an einen ZE am vorgesehenen Übergabeort zu erfül-
len, ohne die Waren der Bestimmungsstelle zu gestellen,
wie es Art. 92 (1) ZK grundsätzlich vorsieht. Vorteil für den
ZE: die Waren befinden sich bereits in seiner Betriebsstätte;
bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen kann gegebe-
nenfalls zeitnah über die Waren verfügt werden. Auch das
Recht des ZE ist im Jahre 2001 geändert worden, und zwar
vergleichbar zu den oben beschriebenen Bestimmungen
des ZV:
Basisnorm Art. 406 (1) DVO (2001):
Einer Person, die im gemeinschaftlichen Versand-
verfahren beförderte Waren [Anm.: Inhaber des
gVV/gemV: HV, Art. 96 (1) S. 1 ZK] in ihrem Betrieb
oder an einem anderen festgelegten Ort in Empfang
nehmen möchte, ohne dass der Bestimmungsstelle
die Waren gestellt und die Exemplare Nrn. 4 und 5 der
Versandanmeldung (2008: ... und das Versandbegleit-
dokument – Versandbegleitdokument/Sicherheit) vor-
gelegt werden, kann der Status eines zugelassenen
Empfängers (ZE) bewilligt werden.
Die Gestellungsproblematik ist hier nicht so klar wie beim
ZV geregelt worden. Der Wortlaut der Norm entspricht
weitgehend der Rechtslage vor 2001. Dementsprechend
hatte der HV als Inhaber des gVV die Pflicht, die Waren im
Betrieb des ZE fristgerecht unter Beachtung der Nämlich-
keitsmittel sowie der übrigen Verpflichtungen aus den gVV
an den ZE zu übergeben (Art. 96 (1) ZK, 361 DVO). Der ZE
musste daraufhin gegenüber der Bestimmungsstelle die
noch fehlende Gestellung vornehmen sowie die (klassi-
schen) Versanddokumente vorlegen, wie es Art. 92 (1) ZK
zur Beendigung des gVV vorsieht:
Der Schwerpunkt der Vereinfachung ZE findet sich in Art.
406 (2) DVO. (hier: Wortlaut vor 2001)
In Fällen nach Absatz 1 hat der Hauptverpflichtete die
ihm nach Artikel 96 Absatz 1 Buchstabe a des Zollko-
dex obliegenden Verpflichtungen erfüllt, sobald die
Exemplare des gemeinschaftlichen Versandpapiers,
die die Sendung begleitet haben, sowie die Waren
unverändert dem zugelassenen Empfänger innerhalb
der vorgeschriebenen Frist in seinem Betrieb oder an
dem in der Bewilligung näher bestimmten Ort überge-
ben und die zur Nämlichkeitssicherung getroffenen
Maßnahmen beachtet worden sind.
Durch die Vereinfachung „ZE“ sind folglich zwei Personen
betroffen, nämlich primär der HV und erst sekundär die Per-
son des ZE. Beide Parteien müssen die ihnen nach gelten-
dem Recht obliegenden Verpflichtungen einhalten und
gegebenenfalls auch zusammenwirken, damit die Vorzüge
der Vereinfachung „ZE“ wirksam werden können. In diesem
Zusammenspiel fällt die zeitlich erste Rolle dem HV zu, der
grundsätzlich erst durch Erfüllung der Bestimmungen des
Art. 92 (1) ZK aus seiner Pflichtenstellung entlassen wird.
Leider führte die komplizierte Ausgestaltung des Verfahrens
zu zahlreichen Irritationen bei der praktischen Umsetzung.
Unsystematisch musste nämlich eine andere Person als der
HV, namentlich der ZE, den letzten Akt zur Beendigung des
gVV erfüllen, nämlich die Gestellung. Die fehlende Syste-
matik war auch einer der Hauptgründe für die Neuregelung
der Vereinfachung im Jahre 2001.
Die Rechtslage 2001 bis Juli 2008
Art. 406 (2) DVO:
Der Hauptverpflichtete hat seine Pflichten nach Arti-
kel 96 Absatz 1 Buchstabe a des Zollkodex erfüllt und
das gemeinschaftliche Versandverfahren ist beendet,
sobald die Waren zusammen mit den Exemplaren Nrn.
4 und 4 der Versandanmeldung, die die Sendung
begleitet haben, dem zugelassenen Empfänger inner-
halb der vorgeschriebenen Frist unverändert in seinem
Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher be-
stimmten Ort übergeben und die zur Nämlichkeitssi-
cherung getroffenen Maßnahmen beachtet worden
sind.
Durch die Neuregelung wurde die oben beschriebene feh-
lende Systematik, nämlich Aufteilung der Pflichten aus dem
gVV auf zwei Personen, beendet. Nunmehr war mit Überga-
be der Waren vom HV an den ZE unter den genannten Vor-
aussetzungen das gVV ausdrücklich beendet, und zwar
ohne Gestellung, wie es Art. 92 (1) ZK grundsätzlich vor-
sieht.
Aber diese Regelung widersprach der grundlegenden recht-
lichen Systematik, wesentliche Verfahrenselemente,
namentlich die Gestellung, real zu verwirklichen bezie-
hungsweise zu fingieren. Auch fehlt die Gestellung als
Fachteil 5/2011
F28
Grundlage für das sich anschließende Verfahren, nämlich
sowohl hinsichtlich der summarischen Anmeldung (Art. 43
ZK, ab 1. Januar 2011: Art. 186 DVO), als auch der vorüber-
gehenden Verwahrung (Art. 50 ZK). Es hätte also vorzugs-
weise einer gesetzlich geregelten Fiktion der Gestellung
bedurft. Denn insbesondere im Zusammenhang mit dem
seit 2005 obligaten NCTS-Verfahren findet eine Gestellung
im Sinne des Art. 4 Nr. 19 ZK kaum noch statt, namentlich
fehlte es meistens an einer Mitteilung an die Zollbehörden
beziehungsweise am Zugang einer solchen, aufgrund derer
die Zollstelle Entscheidungen treffen könnte. An die Stelle
zollamtlicher Tätigkeit ist vor allem die automatische, also
personalfreie Dienstleistung durch das IT-System getreten.
Die Rechtslage zum 1. Juli 2008
Im Dezember 2008 wurde die DVO erneut revidiert, und
zwar rückwirkend zum 1. Juli 2008.
Art. 406 (2) DVO
Der Hauptverpflichtete hat seine Pflichten nach Arti-
kel 96 Absatz 1 Buchstabe a des Zollkodex erfüllt, und
das Versandverfahren gilt als beendet, sobald die
Waren zusammen mit dem Versandbegleitdokument,
das die Sendung begleitet hat, dem zugelassenen
Empfänger innerhalb der vorgeschriebenen Frist
unverändert in seinem Betrieb oder an dem in der
Bewilligung näher bestimmten Ort übergeben und die
zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen
beachtet worden sind.
Durch diese Neufassung wurde die systematische Unsau-
berkeit in punkto Gestellung beseitigt, indem die in Art. 92
(1) ZK vorgesehene Gestellung zur Beendigung nicht weg-
fällt, sondern fingiert wird. (Im Nachhinein eröffnet sich die
Frage, ob der Fassung aus dem Jahre 2001 nicht ein Über-
setzungsfehler zugrunde gelegen hat).
Bewilligung des ZE-Verfahrens
Gem. Art. 399 DVO wird in der Bewilligung insbesondere
Folgendes geregelt:
a) der Empfänger eingehender Waren,
b) die Frist sowie die sonstigen Einzelheiten der Anzeige des
Eingangs der Waren durch den zugelassenen Empfänger
bei der Bestimmungsstelle, damit diese gegebenenfalls
bei deren Eintreffen Kontrollen vornehmen kann,
c) die ausgeschlossenen Warenarten oder die ausgeschlos-
senen Warenverkehre,
d) sonstige Pflichten des Bewilligungsinhabers, wie zum
Beispiel Vermerke über den Zeitpunkt des Eingangs der
Waren oder den Zustand angebrachter Verschlüsse.
Ferner sollte festgelegt werden, ob und gegebenenfalls wie
der ZE über die übernommenen Waren ohne Mitwirkung
der Bestimmungsstelle verfügen kann. Dazu ist grundsätz-
lich ein Anschreibeverfahren zur Überführung der betref-
fenden Waren in das Anschlusszollverfahren erforderlich
(Art. 76 (1) –c) ZK, 253 ff. DVO, vergleiche Verfahrensanwei-
sung ATLAS Nr. 4.8.5.3.3 Abs. 5).
Beendigung des gVV beim ZE
Fa. K erhält Vorerzeugnisse für Kartoffelroder, die im Rah-
men einer bewilligten aktiven Veredelung (AV) hergestellt
werden sollen. Die Waren werden von der Spedition Impex-
trans (T) als HV aus Hamburg im Betrieb der ZE angeliefert.
1. Das zuständige HZA Münster hat K den Status eines ZE
und das Anschreibeverfahren zur Überführung in die AV
bewilligt.
2. T als HV liefert die Waren in den Betrieb der K und bietet
die Übergabe an.
3. K setzt die für den bewilligten Übergabeort zuständige
Bestimmungsstelle (ZA Rheine) unverzüglich über die
Ankunft der im gVV beförderten Waren mit der IT-techni-
schen Ankunftsanzeige in Kenntnis, nachdem sie den
frist- und nämlichkeitsgerechten Zustand festgestellt hat
(vgl. Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.8.5.3.1).
4. K erwartet die grundsätzlich automatisiert erstellte Ent-
ladeerlaubnis des ZA Rheine, die alsbald eintrifft. K über-
nimmt die Waren und unterrichtet die Bestimmungsstel-
le über das Ergebnis der Prüfung der Waren und den
Zustand der Verschlüsse mit dem IT-technisch verfassten
Entladekommentar (Verfahrensanweisung ATLAS Nr.
4.8.5.3.2). Das gVV gilt als beendet, T hat seine Pflichten
erfüllt.
5. Weil K das Anschreibeverfahren zur Überführung der
Waren in die AV in ein Zollverfahren bewilligt worden ist,
kann sie den Entladekommentar auch erst nach der
Anschreibung in seiner Buchführung zeitnah übermitteln,
ohne Pflichten zu verletzen (siehe Verfahrensanweisung
ATLAS Nr. 4.8.5.3.3). Dabei muss K gegebenenfalls die Vor-
schriften zum Anlegen und Bestätigen einer vorzeitigen
SumA beachten (siehe Verfahrensanweisung ATLAS Nr.
4.5.3.1 Abs. 4).
Informationsfluss und Besonderheiten
infolge ATLAS-Versand
1. K erhält als ZE die Waren des Versandverfahrens unter
Vorlage des VBD/ VBD-S. Er unterrichtet die zuständige
BS über den Eingang der Warensendung durch Übermitt-
lung einer Ankunftsanzeige (E_AN).
Ist für den Versandvorgang von der Abgangsstelle bereits
das Erhebungsverfahren eingeleitet worden, wird eine
E_Fehler mit entsprechendem Inhalt übermittelt.
2. Die BS übermittelt dem ZE grundsätzlich automatisiert
unmittelbar nach Eingang der fehlerfreien Ankunftsan-
zeige die Entladeerlaubnis (E_UP), die die Daten der Ver-
sandanmeldung enthält und anhand derer der ZE die
Vollständigkeit der eingetroffenen Waren sowie den
Zustand gegebenenfalls angelegter Verschlüsse überprü-
fen muss.
3. Nach Überprüfung der Ware übernimmt der ZE die Waren
und übermittelt den Entladekommentar (E_UR) an die BS.
4. Führen die Überprüfung und die Verarbeitung in der BS
zu keinem Fehler, so gilt das Versandverfahren mit Über-
nahme als beendet (Art. 92 (1) ZK, 406 (2) DVO). Daten
werden automatisiert übergeben (ab 2011: VVSumA
gem. Art. 186 DVO) und dort ein (VV)SumA-Vorgang
angelegt (Verwahrungsmitteilung CUSTST) und die Zoll-
nummer des ZE (Verwahrer) an (VV)SumA übergeben
(Art. 43, 50 ZK). Gegebenenfalls wird auf einen bereits
angelegten (VV)SumA-Vorgang verwiesen.
5. Aufgrund des Entladekommentars wird grundsätzlich die
Kontrollergebnisnachricht (C_DES_CON) automatisiert
erstellt und an die Abgangsstelle übermittelt und das
gVV erledigt (Art. 92 (2) ZK, vgl. Verfahrensanweisung
ATLAS Nr. 4.8.5.3.4 Abs. 1, 4.8.6.1 VA ATLAS).
[Zu den Mitteilungen s. Merkblatt für TN Nr. 4.7.2.3.2,
4.1.4 sowie Verfahrensanweisung ATLAS Nrn. 4.8.5.3].
Fachteil 5/2011
F29
A. Grundlagen
Der Europäische Rat (Artikel 13, 15 EUV, Artikel 235–236
AEUV1
) ist mit dem Vertrag von Lissabon zu einem Organ
der EU geworden. Der Europäische Rat gibt der EU die für
ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allge-
meinen politischen Ziele fest, er wird jedoch nicht gesetz-
geberisch tätig (Artikel 15 Abs. 1 EUV).
Keine andere europäische Institution gestaltete in der Ver-
gangenheit und gestaltet in der Gegenwart die Weiterent-
wicklung und Architektur der Europäischen Union so nach-
haltig wie der Europäische Rat, wobei dieser bislang recht-
lich und wissenschaftlich schwer umschreibbar gewesen
ist.2
Der Europäische Rat war an der Schaffung der EU und
des EUV, an der Formulierung der Verträge von Maastricht,
Amsterdam, Nizza und Lissabon sowie am gescheiterten
Verfassungsvertrag für Europa maßgeblich beteiligt.
Bereits in der Europäischen Akte, die am 1. Juli 1987 in Kraft
trat, wurde festgelegt, dass der Europäische Rat aus den
Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten und dem
Vorsitzenden der Europäischen Kommission besteht. Rats-
vorsitzender war bislang der Staats- oder Regierungschef
des Landes, das die jeweilige Präsidentschaft innehatte. Mit
dem Vertrag von Lissabon wurde am 1. Dezember 2009 ein
neuer Präsident des Europäischen Rates geschaffen (Artikel
15 Abs. 6 EUV). Zu unterscheiden ist der Europäische Rat
vom Rat der Europäischen Union (früher EU-Ministerrat)3
,
dem die Europäischen Fachminister angehören. Er darf auch
nicht verwechselt werden mit dem Europarat, einem völker-
vertragsrechtlichen Zusammenschluss europäischer Staa-
ten.4
B. Aufgaben und Ziele
Der Europäische Rat gibt der EU die für ihre Entwicklung
erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen
Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest (Artikel 15
Abs. 1 EUV). Er wird jedoch (im Gegensatz zum Rat der EU,
zum Europäischen Parlament und der Kommission) nicht
gesetzgeberisch tätig. Bei der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik (GASP) kann sich der Europäische Rat über
die Vorgabe von Grundsätzen und allgemeinen Leitlinien
hinaus auf konkretere Ziele festlegen (Gemeinsame Strate-
gie) mit dem Ziel einer größeren Kohärenz der Europäischen
Außen- und Sicherheitspolitik.
Die Ergebnisse der jeweiligen Ratstagungen werden als
sogenannte Schlussfolgerungen veröffentlicht. Das Euro-
päische Parlament wird vom Präsidenten des Europäischen
Rates über die Ergebnisse aller Tagungen unterrichtet (Arti-
kel 15 Abs. 6 Buchst. d EUV).
C. Zusammensetzung des Europäischen Rats
Die Zusammensetzung des Europäischen Rats änderte sich
auf Grund des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon. Der
Europäische Rat besteht aus den Staats- und Regierungs-
chefs der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten der Europäi-
schen Kommission und dem neuen Präsidenten des Europä-
ischen Rats (Artikel 15 Abs. 2 EUV). Der neue Präsident des
Europäischen Rats wird für eine Amtszeit von zweieinhalb
Jahren gewählt (Artikel 15 Abs. 5 EUV).
Der Präsident des Europäischen Rates hat folgende Aufga-
ben (Artikel 15 Abs. 6 EUV):
> führt den Vorsitz des Europäischen Rates,
> ist Impulsgeber,
> arbeitet mit dem Kommissionspräsidenten zur Vorberei-
tung des Europäischen Rates zusammen,
> fördert Zusammenhalt und Konsenz im Europäischen Rat,
> legt dem Europäischen Parlament im Anschluss an jede
Tagung des Europäischen Rats einen Bericht vor.
D. Arbeitsweise des Europäischen Rats
Der Europäische Rat tritt mindestens zweimal pro Halbjahr
zusammen (Artikel 15 Abs. 3 EUV). Diese Gipfeltreffen finden
zumeist in der Mitte und am Ende jedes Halbjahres, also im
März, Juni, September und Dezember, statt. Außerdem kann
es sogenannte Sondergipfel geben, auf denen über aktuelle
wichtige Themen beraten wird. Im Rahmen der Lissabon-
Strategie wurde im Jahr 2000 vereinbart, die Märzgipfel künf-
tig der Erörterung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und
umweltpolitischer Themen vorzubehalten. Die Sitzungen des
Europäischen Rates sind nicht öffentlich, allerdings informiert
der Ratspräsident das Europäische Parlament über die Ergeb-
nisse und legt diesem einen schriftlichen Bericht vor. Außer-
dem werden am Ende der Sitzungen des Europäischen Rates
die „Schlussfolgerungen des Vorsitzes“ veröffentlicht. Diese
Schlussfolgerungen sind im Internet abrufbar unter der URL:
http://ue.eu.int/de/info/eurocouncil/intex.htm.
Der Europäische Rat hat sich erstmals eine Geschäftsord-
nung gegeben mit dem Beschluss des Europäischen Rates
vom 1. Dezember 2009, 2009/882/EU.5
Sitzungen des Europäischen Rates dauern gewöhnlicher-
weise zwei Tage, wobei es bei besonders schwierigen Ver-
handlungen auch zu Verlängerungen kommen kann. Es rei-
sen jeweils eine große Anzahl an Diplomaten und nationalen
Beamten an, außerdem halten sich die Mitglieder des Aus-
schusses der Ständigen Vertreter bereit, um ihre jeweiligen
Regierungen zu beraten. Bei den eigentlichen Verhandlungen
im Konferenzraum sind jedoch nur die offiziellen Teilnehmer
des Gipfels anwesend. Daneben gibt es Dolmetscher, da die
Fachteil 5/2011
Der Europäische Rat –
Aufgaben, Struktur und Zusammensetzung
Von Dr. Carsten Weerth Bsc, Bremen
1 Der Vertrag von Lissabon ist am 1.12.2009 in Kraft getreten. Dadurch wurde
der EG-Vertrag umbenannt in „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäi-
schen Union“ (AEUV); fast alle Fundstellen änderten sich, viele Neuerungen
sind im EUV und AEUV enthalten, u.a. viele Bestandteile des Gescheiterten
Europäischen Verfassungsvertrags.
2 Vgl. Wessels, Europäischer Rat, in: Weidenfeld/Wessels, Europa von A bis Z,
10. Auflage 2007, S. 207 und ausführlich de Schoutheethe/Wallace, The
European Council, 2002, URL: http://www.notre-europe.eu/fileadmin/
IMG/pdf/Etud19-en.pdf (06.12.2009).
3 Vgl. Weerth, BDZ-Fachteil 2008, F-102 ff. und BDZ-Fachteil 2009, F-6.
4 Vgl. Weerth, BDZ-Fachteil 2008, F-85 f.
5 ABl. EU 2009 Nr. L 315/51.
F30
Teilnehmer jede der 23 EU-Amtssprachen verwenden kön-
nen. Außerdem dürfen pro Mitgliedstaat zwei Beamte für die
Übermittlung von Nachrichten den Raum betreten.
Der Europäische Rat handelt grundsätzlich im Konsens, also
einstimmig (Artikel 15 Abs. 4 EUV). Die einzelnen Mitglied-
staaten müssen daher zwischen ihren Positionen Kompro-
misse finden, um eine Blockade der EU zu vermeiden. Bei
Abstimmungen kann sich jedes Mitglied das Stimmrecht
eines anderen Mitglieds übertragen lassen (Artikel 235
Abs. 1 UA 1 AEUV). An Abstimmungen nehmen der Kommis-
sionspräsident und der Präsident des Europäsichen Rates
nicht teil (Artikel 235 Abs. 1 UA 3 AEUV). Um die Verhand-
lungen so flexibel wie möglich zu halten, gibt es bei den
Sitzungen des Europäischen Rates neben den „Plenarsitzun-
gen“ auch Zeit für informelle Gespräche. In besonderen Fäl-
len wird das sogenannte „Beichtstuhlverfahren“ angewandt.
Hier lotet der Präsident des Europäischen Rates jeweils in
Einzelgesprächen mit den Staats- und Regierungschefs den
Verhandlungsspielraum der verschiedenen Länder aus und
schlägt dann einen Kompromiss vor. Dadurch sollen bei ein-
gefahrenen Verhandlungen Blockaden überwunden werden.
Bestimmte Entscheidungen wie die Nominierung des Kom-
missionspräsidenten werden mit qualifizierter Mehrheit
getroffen, wobei dieselben Stimmgewichtungen gelten wie
im Rat der EU (Artikel 235 Abs. 1 UA 2 AEUV i.V.m. Artikel
238 Abs. 2 AEUV6
). Allerdings wird auch bei diesen Entschei-
dungen üblicherweise so lange verhandelt, bis ein Konsens
aller Mitgliedstaaten erreicht ist. Mindestens vier Wochen
vor jeder ordentlichen Tagung des Europäischen Rates im
Sinne des Artikels 1 Abs. 1 muss ein Entwurf einer erläuter-
ten Tagesordnung vorliegen (Artikel 3 Abs. 1 UA 1 der
Geschäftsordnung), damit sich die Teilnehmer der Sitzung
auf die Inhalte vorbereiten können.
E. Tagungen des Europäischen Rates
Seit Ende 2003 finden die Tagungen des Europäischen Rates
immer in Brüssel statt, meistens in einem vierteljährlichen
Rhythmus. Oftmals finden am Anfang und insbesondere
am Ende einer Präsidentschaft sogenannte „Sondergipfel“
des Europäischen Rates statt, um strittige Fragen, die auf
Ministerebene im Rat der EU nicht geklärt werden konnten,
zu entscheiden. Traditionell nehmen die Außenminister an
den Tagungen des Europäischen Rates teil.7
F. Arbeitssprachen
Die Arbeitssprachen des Europäischen Rates sind alle
23 Amtssprachen der EU, die Beiträge werden simultan
übersetzt.
G. Homepage des Europäischen Rates
URL: http://www.consilium.europa.eu/.
6 Durch den Vertrag von Lissabon wurden die Abstimmungsregelungen
schrittweise verändert: bis 31. Oktober 2014 gelten die bisherigen Regelun-
gen im System der Stimmengewichtungen; ab 1. November 2014 gilt auf
jeweiligen Antrag eines einzelnen Mitgliedstaates eine Übergangsregelung
bis zum 31. März 2017, nach welcher die bisherige Stimmengewichtung
verlangt werden kann; ab 1. April 2017 gilt endgültig das neue System der
doppelten Mehrheit, wonach die qualifizierte Mehrheit erreicht ist, wenn
mindestens 72 % der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 % der EU-Bevölke-
rung repräsentieren, den Gesetzgebungsvorschlag unterstützen (Artikel 238
Abs. 2 AEUV).
7 Vgl. Auswärtiges Amt, URL: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/
Europa/Allgemein/Institutionen/ europaeischer-rat.html (06.12.2009).
Fachteil 5/2011
Bearbeitungszeit: 4 Zeitstunden
Hilfsmittel: EZT
Sachverhalte
(Die Sachverhalte wurden der EBTI-Datenbank zu Verbind-
lichen Zolltarifauskünften entnommen und für Übungs-
zwecke überarbeitet und angepasst.)
1. Haarspange
Zur Einfuhr kommen Haarspangen, bestehend aus einem
ca. 8 cm langen und 1 cm breiten Clipverschluss aus Stahl
und einer auf der Oberseite befindlichen ca. 9 cm langen
stilisierten Kunststoffkrawatte (Fliege). Die Haarspange
dient zum Zusammenhalten des Haares. Darüber hinaus
besitzt sie auch eine schmückende Funktion. Im Material-
wert und im Umfang dominiert der Kunststoff.
2. Regenmesser
Bei dem Regenmesser handelt es sich um ein elektronisches
Gerät, das in der Meteorologie eingesetzt wird. Er besteht
aus einer Haupteinheit mit einem Display zur Anzeige der
Niederschlagsmenge und einer separaten Sensoreinheit mit
einem Funksendemodul. Dieses überträgt die Messdaten
per Funk an die Haupteinheit.
Stofflich besteht der Regenmesser aus unedlem Metall und
Kunststoff.
3. Gewebe
Das Gewebe stellt sich als ungesäumte Meterware im Bal-
len in einer Breite von 1,30 m dar. Es besteht aus 60 GHT
Flachs, 35 GHT Viskose und 5 GHT Seide und ist gefärbt.
4. Schlagmetall
Bei der Ware handelt es sich um unregelmäßig geformte
feine Metallfolien. Diese sind plastisch verformbar, haben
eine Dicke von ca. 0,14 mm und bestehen aus einer Legie-
rung mit 78 GHT Kupfer und 22 GHT Zink. Das Erzeugnis ist
in Tütchen abgepackt und wird als Bastelbedarf zum Ver-
kauf gebracht. Es handelt sich stofflich um kein nicht raffi-
niertes Kupfer.
Übungsaufgabe zur Vorbereitung auf die
Laufbahnprüfung des gehobenen Zolldienstes
Studienfach Zolltarifrecht
F31
Aufgabe
Die unter 1. bis 4. beschriebenen Waren sind bis zur elfstel-
ligen Codenummer in den Gemeinsamen Zolltarif einzurei-
hen. Es ist zu jedem Sachverhalt ein Arbeitsblatt anzufertigen.
Lösung zur Übungsaufgabe
1. Haarspange
Möglichkeit Folgerung
1. Pos. 9615?
– Haarspange? – ja
– keine Ausweisung aus Kap. 96;
Anm. 1 Kap. 96? – ja, also Pos. 9615
2. Weitere Pos.?
– in Abs XV als Ware aus Stahl;
Anm. 1 m) ABS XV? – nein
– in Kap. 39 als Ware aus Kunststoff;
Anm. 2 z) Kap. 39? – nein
– in Kap. 71 als Fantasieschmuck;
Anm. 11 Kap. 71? – nein, also keine
weiteren Pos.
3. UPos. 9615 11; AV 3 b) i.V.m. AV 6?
– Ware aus verschiedenen Stoffen?
–– UPos. 9615 11?
––– Haarspange? – ja
––– aus Kunststoff?
–––– zumindest teilweise i.S.d. AV 2 b)
i.V.m. AV 6? – ja
–––– AV 2 b) i.V.m. AV 6 anwendbar?
– ja, also aus
Kunststoff, somit
UPos. 9615 11
— UPos 9615 19?
––– Haarspange? – ja
––– andere als aus Kunststoff?
–––– zumindest teilweise i.S.d. AV 2 b)
i.V.m. AV 6? – ja
–––– AV 2 b) i.V.m. AV 6 anwendbar? – ja, also andere als
aus Kunststoff,
somit UPos. 9615
19, also Ware aus
versch. Stoffen
– keine Einreihung nach AV 3 a) i.V.m.
AV 6; AV 3 a) Satz 2? – ja
– charakterverleihender Stoff feststellbar? – ja, hier Kunststoff
(vgl. ErlKN AV
3(HS)RZ 19.1) wegen
Menge und Wert,
somit UPos. 9615
11, also Codenum-
mer 9615 11 00 00 0
Anmerkung zu Sachverhalt 1:
Bei Konkurrenzen im Unterpositionsbereich sollte aus Ratio-
nalitätsgründen die Auflösung immer auf jener Ebene erfol-
gen, wo die Konkurrenz entsteht. Im vorliegenden Fall ist
dies die UPos.(HS). Da nach dieser Warenlinie keine weite-
ren Untergliederungen erfolgen, können die mit „0“ bezif-
ferten Stellen unmittelbar angefügt werden. Die Formulie-
rung „andere“ in UPos. 9615 19 ist zu verstehen als „aus
anderen Stoffen als Kunststoff“. Aus diesem Grund wird die
Anwendung der AV 2 b) i.V.m. AV 6 erforderlich.
2. Regenmesser
Möglichkeit Folgerung
1. Pos. 9015; Anm. 4 ABS XVI
i.V.m. Anm. 3 Kap. 90?
– aus voneinander getrennten
Einzelkomponenten? – ja
– gemeinsam eine genau bestimmte,
in einer Pos. des Kap. 90 erfasste
Funktion ausübend?
–– Pos. 9015?
––– Gerät für die Meteorologie? – ja
(vgl. ErlKN Pos.9015(HS)RZ 37.0)
––– kein Kompass? – ja
––– keine Ausweisung aus Kap. 90;
Anm. 1 Kap. 90? – ja, also Pos. 9015,
somit gemeinsam
eine genau
bestimmte, in einer
Pos. des Kap. 90
erfasste Funktion
ausübend, also
Pos. 9015
2. Weitere Pos.?
– in ABS XV als Ware aus unedlem
Metall; Anm. 1 h) ABS XV? – nein
– in Kap. 39 als Ware aus Kunststoff;
Anm. 2 u) Kap. 39? – nein, also keine
weiteren Pos.
3. Codenummer 9015 80 11 90 0?
– anderes Gerät als in UPos. 9015 10
bis 9015 40? – ja
– elektronisch? – ja
– für die Meteorologie? – ja
– andere als für Luftfahrzeuge? – ja, also Codenum-
mer 9015 80 11 90 0
Anmerkung zu Sachverhalt 2:
Bei der einzureihenden Ware handelt es sich um eine funk-
tionelle Einheit. Ausgehend von Anm. 4 ABS XVI ist die von
der Gesamtheit der Einzelkomponenten ausgeübte Funk-
tion einreihungsentscheidend. Auf die Einreihung der Ein-
zelkomponenten selbst ist nicht einzugehen. Ferner ist die
tarifliche Zuordnung dieser Komponenten irrelevant. Die
funktionelle Zuordnung zu einer Position bedingt die kom-
plette Einreihung unter diese Position bei Prüfung aller tat-
bestandsmäßigen Voraussetzungen. Damit ist nicht allein
der Positionswortlaut hinreichend. Darüber hinaus sind
auch alle einschlägigen Anmerkungen zu prüfen. Der in
Anm. 4 ABS XVI enthaltene Maschinenbegriff ist jedoch in
der Beweisführung nicht zu problematisieren. Dies liegt ein-
erseits darin begründet, dass im vorliegenden Sachverhalt
die Anwendung der Anm. 4 ABS XVI nach Maßgabe der
Anm. 3 Kap. 90 in einem Nomenklaturbereich erfolgt, der
keine Maschinen erfasst. Andererseits ist der Maschinenbe-
griff in Anm. 4 ABS XVI selbst dann kein echtes Tatbestands-
merkmal, wenn eine Einreihung in den Maschinenbereich
Fachteil 5/2011
F32
des ABS XVI erfolgen soll. Das deshalb, weil immer dann,
wenn alle weiteren Merkmale der Anmerkung 4 erfüllt sind,
zwingend auch eine Maschine i.S.d. Anm. 5 ABS XVI vorliegt.
3. Gewebe
Möglichkeit Folgerung
1. Pos. 5309?
– Gewebe? – ja
– aus Flachs; Anm. 2 A ABS XI?
–– aus zwei oder mehr Spinnstoffen?
––– Flachs = Spinnstoff des Kap. 53? – ja
––– Viskose = Chemiefaser und damit
Spinnstoff der Kap. 54/55;
Anm. 1 b) Kap. 54? – ja
––– Seide = Spinnstoff des Kap. 50? – ja, also aus drei
Spinnstoffen
–– Flachs gegenüber Viskose und
Seide gewichtsmäßig vorherrschend? – ja, also aus Flachs
– keine Ausweisung aus Kap. 53
Anm. 8 ABS XI?
–– konfektioniert; Anm. 8 a) ABS XI i.V.m.
Anm. 7 ABS XI? – nein
–– Ware der Kap. 56 bis 59;
Anm. 8 b) ABS XI?
(vgl. Wortlaut der Pos. d. Kap. 56 bis 59) – nein, also keine Aus-
weisung aus Kap. 53
– keine Ausweisung aus ABS XI;
Anm. 1 ABS XI? – ja, also Pos. 5309
2. Codenummer 5309 29 00 00 0?
– mit Anteil an Flachs von weniger
als 85 GHT? – ja
– anderes als roh oder gebleicht? – ja, also Codenum-
mer 5309 29 00 00 0
Anmerkung zu Sachverhalt 3:
Der Ausschluss der Kap. 56 bis 59 kann hier global und im
Block erfolgen, da die beschriebene Ware keine Anhalts-
punkte für ein Spezialerzeugnis dieser Kapitel gibt. Anders
ist dies regelmäßig bei der Einreihungsbegründung für Gar-
ne der Kap. 50 bis 55. Hier ist immer zumindest zu prüfen,
ob Bindfäden der Pos. 5607 vorliegen.
4. Schlagmetall
Möglichkeit Folgerung
1. Pos. 7410?
– Folien? – ja
– aus Kupfer; Anm. 6 ABS XV?
–– nichts anderes bestimmt? – ja
–– Legierung nach Anm. 5 dem
Kupfer gleichgestellt?
––– andere als Ferrolegierung oder
Kupfervorlegierung; Anm. 1 c)
Kap. 72/74? – ja
––– Legierung unedler Metalle; Anm. 5 a)
ABS XV?
–––– Kupfer und Zink = unedle Metalle;
Anm. 3 ABS XV? – ja, also Legierung
unedler Metalle
––– Kupfer gegenüber Zink
gewichtsmäßig vorherrschend? – ja, also Legierung
nach Anm. 5 dem
Kupfer gleichgestellt,
somit aus Kupfer
– Dicke von 0,15 mm oder weniger? – ja, hier 0,14 mm
– keine Ausweisung aus Kap. 74;
Anm. 2 ABS XV letzter Satz?
–– Ware der Kap. 82/83?
(vgl. Wortlaut der Pos. der Kap. 82/83) – nein, also keine Aus-
weisung aus Kap. 74
– keine Ausweisung aus ABS XV;
Anm. 1 ABS XV? – ja, also Pos. 7410
2. Codenummer 7410 12 00 00 0?
– ohne Unterlage? – ja
– aus Kupferlegierung; Anm. 1 b) Kap. 74?
–– metallischer Stoff? – ja
–– kein nicht raffiniertes Kupfer? – ja
–– Kupfer gegenüber jedem anderen Element
gewichtsmäßig vorherrschend? – ja
–– Gehalt an Zink mehr als 1 GHT; Anm. 1 b)
Ziff. 1 Kap. 74? – ja
–– Gesamtgehalt anderer Elemente mehr
als 2,5 GHT; Anm. 1 b) Ziff. 2 Kap. 74? – ja, also aus Kupfer-
legierung, somit
Codenummer
7410 12 00 00 0
3. Verpackung ebenfalls Codenummer 7410 12 00 00 0;
AV 5 b) i.V.m. AV 6?
– kein Behältnis gem. AV 5 a)? – ja
– übliche Verpackung? – ja
– Ware in Verpackung? – ja
– nicht zur mehrfachen Verwendung? – ja
– AV 5 b) i.V.m. AV 6 anwendbar? – ja, also Verpackung
ebenfalls Codenum-
mer 7410 12 00 00 0
Anmerkung zu Sachverhalt 4:
Die Besonderheit bei der Falllösung besteht hier darin, dass
im Wortlaut der Position das Tatbestandsmerkmal „aus
Kupfer“ nachzuweisen ist. Die dafür einschlägige Regelung
ist Anm. 6 ABS XV. Die Legaldefinition für Kupferlegierun-
gen in Anm. 1 b) Kap. 74 spielt indes bei der Positionsbe-
gründung keine Rolle. Deren Anwendung erfolgt immer nur
dann, wenn unmittelbar unter den Begriff „Kupferlegie-
rung“ zu subsumieren ist.
Eine Erwähnung der AV 6 bei Anwendung von Anm. 1 b)
Kap. 74 ist nicht zwingend erforderlich, da diese Vorschrift
expressis verbis für das gesamte Kap. 74 gilt. Zu diesem
gehören natürlich auch die UPos., womit die Anwendungs-
breite der Vorschrift auch die Unterpositionslinien mit
einbezieht.
Die letzten beiden Fragen vor der Bestätigung der
Codenummer sind alternativ.
Anm. 1 g) Kap. 74 muss bei vorliegendem Sachverhalt nicht
geprüft werden, da laut Warenbeschreibung Folien vorliegen
und grundsätzlich von der Richtigkeit des Sachverhaltes
auszugehen ist. Anders wäre dies, wenn statt des Begriffes
„Folien“ die Ware als massives Erzeugnis etc. beschrieben
wäre oder wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden wären, dass
die gewählte Bezeichnung als Metallfolie nicht korrekt ist.
Fachteil 5/2011

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Weerth: Arbeitsprobe aus dem BDZ-Fachteil 05/2011 (Leseprobe ab F-29)

  • 1. F25 FachteilHerausgeber und Verlag: BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft Einleitung Das gemeinschaftliche Versandverfahren (gVV) ist ein Zoll- verfahren (Art. 4 Nr. 16 –a) Zollkodex –ZK-), das hauptsäch- lich der Beförderung von Nichtgemeinschaftswaren (NGW) zur Realisierung der zollamtlichen Überwachung (Art. 37 (1), 4 Nr. 13 ZK) im Zollgebiet der EU dient (siehe Art. 91 (1) –a), (2) –a) Zollkodex- ZK). Ein gVV wird grundsätzlich mittels Versandanmeldung bei der Abgangsstelle (Art. 340b Nr. 1 ZKDVO –DVO-) durch Überlassung zum Verfahren (Art. 73 (1) S. 1 ZK) eröffnet, sofern grundsätzlich Sicherheit geleistet worden ist (siehe Art. 94 (1), 95 ZK). Inhaber eines eröffneten gVV ist der Hauptverpflichtete (HV, Art. 96 (1) S. 1 ZK). Ein gVV wird grundsätzlich bei der vorgesehenen Bestim- mungsstelle (Art. 340b Nr. 3 DVO) beendet, und zwar nach ordnungsgemäßer Durchführung durch erneute Gestellung der Waren und Vorlage des Versandbegleitdokuments (VBD, Art. 92 (1), 4 Nr. 19 ZK, 361 DVO). Das gVV findet seit 2005 grundsätzlich in elektronischer Form als NCTS (New Computerized Transit System) statt, und zwar unter dem Fachverfahren ATLAS-Versand (siehe Art. 222, 353 (1), 358 (2) DVO). Die Verfahrensbestimmungen des gVV gelten grundsätzlich auch für das gemeinsame Versandverfahren (gemV) auf der Grundlage des Versandübereinkommens EG-EFTA (siehe VSF Z 3202). Vereinfachungen Das gVV kann in den in Art. 372 (1) DVO genannten Fällen aufgrund antragsgestützter Bewilligung vereinfacht wer- den. In der Praxis werden vor allem der „Status eines zuge- lassenen Versenders“ (Art. 398 ff. DVO) sowie der „Status eines zugelassenen Empfängers“ (Art. 406 ff. DVO) nachge- fragt (für das Versandübereinkommen gelten Art. 60 und 64 der Anlage I). Hinweis: Die weiteren Ausführungen stützen sich allein auf die EG-rechtlichen Bestimmungen von ZK und DVO. Hintergrund für beide Vereinfachungen ist das Bedürfnis der Wirtschaftsbeteiligten, die Eröffnung beziehungsweise Beendigung von Versandverfahren zeitlich flexibel zu gestal- ten. Waren müssen gegebenenfalls „auf den Weg gebracht werden“ beziehungsweise kommen zu Zeiten an, in denen die Inanspruchnahme zollamtlicher Dienstleistungen auf- grund von Öffnungszeiten nicht möglich ist. Ein Binnenzoll- amt ist im Normalfall von 7:30 bis 16:00 Uhr geöffnet, also circa 40 Wochenstunden, während „Wirtschaft“ quasi „rund um die Uhr“ stattfindet. Abfertigungen außerhalb der Öff- nungszeiten beziehungsweise außerhalb der Amtsplätze 5 2011 Zugelassener Versender und zugelassener Empfänger Von Diplom-Finanzwirt Hans-Joachim Kampf, Münster sind zwar grundsätzlich möglich, jedoch mit Kosten verbun- den, sofern sie angesichts personeller Ressourcen der Zoll- verwaltung überhaupt angeboten werden können. Dazu tritt die stark verringerte Dienststellendichte, aufgrund derer Wirtschaftsbeteiligte gegebenenfalls lange kostenin- tensive Wegezeiten zu tragen haben. Die starke Inanspruch- nahme der Vereinfachungen ist somit nicht nur ökonomisch wohlbegründet, sondern auch im Sinne der Zollverwaltung. Die für das Versandrecht maßgebenden Durchführungs- bestimmungen für die Vereinfachungen beruhen auf Art. 97 (1), 76 (4) ZK: „Die Einzelheiten des Verfahrens und die Aus- nahmen werden nach dem Ausschlussverfahren festgelegt“. Zur Darstellung der Verfahren soll im Folgenden ein Muster- unternehmen dienen: Fa. K, ein Hersteller und Händler von Landmaschinen mit Sitz in Ochtrup, importiert und exportiert Waren vom und auf den Weltmarkt. Die Waren werden auf dem Seeweg über Hamburg oder Rotterdam befördert. Zuständige Zollstelle ist das HZA Münster – ZA Rheine. Der Status eines zugelassenen Versenders Prinzip: Der „Status eines zugelassenen Versenders“ (ZV) eröffnet die Möglichkeit, Versandverfahren „rund um die Uhr“ im Betrieb des ZV zu eröffnen. Basisnorm Art. 398 (1) DVO (2008): Einer Person, die das gemeinschaftliche Versandver- fahren in Anspruch nehmen möchte, ohne der Abgangsstelle oder an einem anderen zugelassenen Ort die in der Versandanmeldung aufgeführten Waren zu gestellen, kann der Status eines zugelassenen Ver- senders bewilligt werden. Diese Vereinfachung wird nur Personen gewährt, denen eine Gesamtbürgschaft oder eine Befreiung von der Sicherheitsleistung bewilligt worden ist. Zugelassener Versender und zugelassener Empfänger Von Hans-Joachim Kampf, Münster F 25 Der Europäische Rat – Aufgaben, Struktur und Zusammensetzung Von Dr. Carsten Weerth, Bremen F 29 Übungsaufgabe zur Vorbereitung auf die Laufbahnprü- fung des gehobenen Zolldienstes – Studienfach Zolltarifrecht mit Lösung F 30 Inhalt
  • 2. F26 Im Jahre 2001 ist der damalige „Zugelassene Versender“ (ZV) abgelöst worden durch den „Status eines zugelassenen Versenders“. Bis dato hatte der ZV die Waren zu gestellen, grundsätzlich in seinem Betrieb. Es handelte sich um eine Ausnahme des Gestellungsortes, wie sie gemäß Art. 4 Nr. 19 ZK vorgesehen ist. Nach zwischenzeitlicher Anpas- sung an die mittlerweile obligate NCTS-Form kann der ZV gemeinschaftliche/gemeinsame Versandverfahren seit 2008 in Anspruch nehmen, „ohne der Abgangsstelle oder an einem anderen zugelassenen Ort die in der (NCTS-) Ver- sandanmeldung aufgeführten Waren zu gestellen“. Hiermit liegt eine ausdrückliche Ausnahme von der Gestellungsvor- aussetzung des Art. 63 ZK vor, wonach die Annahme einer Zollanmeldung von der vorherigen Gestellung der betref- fenden Waren abhängt. Diese rechtliche Konstruktion ist insoweit materiellrechtlich problematisch, als essentielle Verfahrenselemente wie Gestellung, Anmeldung oder Über- lassung entweder real erfolgen müssen beziehungsweise durch Fiktion ersetzt werden (siehe beispielhaft Art. 76 (1) – c), (3) ZK, 234 (1) DVO). Allerdings gibt es auch verfahrens- immanente Gestellungsfreiheiten wie zum Beispiel bei Anschreibung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr nach Lagerung im Zolllager Typ D (Art. 112 (3) UA 1 ZK, 278 (3) –c DVO). Dieses Konstrukt mit immanentem Fehlen der Gestellung dürfte auch dem ZV zugrunde liegen. Die Ausführungen unter Nr. 4.7.2.2.2 im Merkblatt für Teil- nehmer dürften daher, soweit hier der Begriff der Gestel- lung weiterhin verwendet wird, wie folgt zu interpretieren sein: Der ZV übermittelt als Teilnehmer die Daten der Versandanmeldung mit der Nachricht E_DEC_DAT der für den Ort der Gestellung (grundsätzlich) zuständigen Abgangsstelle. (Im Normalverfahren bleibt es bei der Gestellungspflicht.) Bewilligung des ZV-Verfahrens Die Vereinfachung ZV wird auf Antrag vom zuständigen Hauptzollamt einem (zukünftigen) Hauptverpflichteten bewilligt, der unter anderem für seine Versandverfahren Sicherheit in Form einer Gesamtbürgschaft geleistet hat oder dem Befreiung von der Sicherheitsleistung bewilligt worden ist (Art. 94 (1) ZK, 398 (2) DVO). Dazu müssen die IT- Systemanforderungen für ATLAS-Versand erfüllt sein. Gem. Art. 399 DVO wird in der Bewilligung insbesondere Folgendes geregelt: a ) die für die gVV/gemVV zuständige(n) Abgangsstelle(n). Insofern gibt es keine Abweichung vom Versand im Nor- malverfahren. b ) die Frist, die den Zollbehörden nach Empfang der NCTS-Versandanmeldung zur Verfügung steht, um vor Abgang der Waren beim ZV gegebenenfalls noch eine Zollkontrolle vornehmen zu können. Diese neue Regelung ist nötig geworden, weil das gVV/gemVV ohne jegliche Gestellung eröffnet wird (sie- he Art. 398 (1) DVO). Insbesondere wird die Versandan- meldung grundsätzlich automatisiert angenommen, als fehlt es schon systembedingt an einer Mitteilung im klassischen Sinne (siehe Art. 4 Nr. 19 ZK). Nach Ablauf einer grundsätzlich systemseitig eingestellten Wartezeit, innerhalb derer eine Zollkontrolle stattfinden könnte, wird dem ZV die Überlassung der Waren zum gVV/gemVV automatisiert bestätigt. Nur innerhalb der Öffnungszeiten – also durch Zollbedienstete – kann die Abgangsstelle bei eingestellter Wartezeit den automati- sierten Ablauf gegebenenfalls unterbrechen (s. Verfah- rensanweisung ATLAS Nr. 4.8.2.3.2). c) die zur Nämlichkeitssicherung (Art. 357 DVO) zu treffen- den Maßnahmen. Das HZA als Bewilligungsbehörde kann vorschreiben, dass die Beförderungsmittel oder die Packstücke vom ZV mit Verschlüssen versehen werden, die einem besonderen Modell entsprechen, das von den Zollbehörden nach den Bedingungen des Anhangs 46a DVO zugelassen worden ist (zum Beispiel Tyden Seal, Mini-Breakaway-Seal, siehe DV Z 3517). Andere Formen der Nämlichkeitssicherung bleiben möglich. d) die ausgeschlossenen Warenarten oder -verkehre. Weitere Regelungen, zum Beispiel Auflagen zur begünsti- genden Bewilligungsentscheidung, werden bei Erfordernis getroffen. Das gilt zum Beispiel für Verladezeiten, die gege- benenfalls während der Öffnungszeiten der Abgangsstelle anberaumt werden können. Unter Berücksichtigung des Sta- tus eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (ZWB/ AEO, Art. 5a ZK) sind gegebenenfalls Erleichterungen möglich. Eröffnung des Verfahrens beim ZV Fa. K möchte fünf Kartoffelroder, die im Rahmen einer bewilligten aktiven Veredelung (AV) hergestellt wurden und sich inzwischen im bewilligten Zolllagerverfahren (ZLV) der Fa. K befinden, zur Erfüllung eines Kaufver- trags nach Südafrika exportieren. Der Export erfolgt auf dem Seeweg über Hamburg. Die Roder stehen am Samstagmorgen um acht Uhr zum Versand bereit. 1. Das zuständige HZA Münster hat K den Status eines ZV bewilligt, eine Gesamtbürgschaft der Volksbank Ochtrup dient der Absicherung potenzieller Zollschulden. 2. K hat das ZLV ordnungsgemäß durch Anmeldung der Waren zur Wiederausfuhr (Art. 89 (1), 182 (3) S. 2, 161 ZK) beendet, ist vorzugsweise „zugelassener Ausführer“ (Art. 283 DVO). Es sind – mangels Schnittstelle zwischen den Verfahren – gegenseitige Verzahnungshinweise hinsicht- lich der Versand- und Ausfuhr-MRN aufzunehmen (siehe Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.9.7). 3. K ist Teilnehmer am Verfahren ATLAS-Versand (NCTS) und sendet die Versandanmeldung T1 bewilligungsgemäß, zum Beispiel bereits am Freitagabend um 22 Uhr vor dem Verladen, an die Abgangsstelle (ZA Rheine), wo sie auto- matisiert entgegengenommen wird. Schon um zwei Uhr morgens liegt nach Ablauf der Wartezeit die automatisch generierte Überlassung zum gVV/T1 bei K vor. 4. K druckt das VBD aus und sichert im vorliegenden Fall die Nämlichkeit der zu versendenden Roder vorzugsweise durch Festhalten der Gerätenummern. Das Versandver- fahren nach Hamburg soll bereits am selben Tag um 16 Uhr durch Gestellung und Abgabe des Versandbegleitdo- kuments (VBD) bei der Hamburger Zollstelle beendet werden (Art. 92 (1) ZK). Das Schiff legt noch in derselben Nacht ab, somit ist eine Fristsetzung von einem Tag aus- reichend. Der Transport von Ochtrup nach Hamburg kann am Samstagmorgen acht Uhr beginnen (s. Verfahrensan- weisung ATLAS Nr. 4.8.2.3.2). Informationsfluss und Besonderheiten infolge ATLAS-Versand 1. Der ZV übermittelt als Teilnehmer (TN) an ATLAS-Versand Fachteil 5/2011
  • 3. F27 die Daten der Versandanmeldung mit der Nachricht E_DEC_DAT der (für den Ort der Gestellung grundsätzlich) zuständigen Abgangsstelle. 2. Bei fehlerfreier Einarbeitung dieser Nachricht wird die Versandanmeldung angenommen und der TN erhält die Nachricht E_TUF_STA. Andernfalls wird die Versandanmeldung > nicht entgegengenommen und der TN erhält eine Feh- lernachricht E_Fehler oder sie wird > nach der Entgegennahme bei Feststellung von Fehlern bei der Bewilligungs- und Plausibilitätsprüfung nicht angenommen (Art. 63 ZK, § 7 (1) Nr. 2 ZollVG). Der Teil- nehmer erhält dann die Fehlernachricht E_TUF_STA. 3. Nach Annahme der Versandanmeldung wird systemin- tern überprüft, ob die Sicherheit gültig ist und gebucht werden kann. In diesem Fall wird bei Gesamtbürgschaf- ten beziehungsweise der Befreiung von der Sicherheits- leistung der Referenzbetrag mit dem Sicherheitsbetrag belastet. Andernfalls erhält der Teilnehmer ebenfalls die Mittei- lung E_TUF_STA. Die Versandanmeldung ist dann ungül- tig (Art. 75 –a) 2. Anstr. ZK, 250 (2) DVO). 4. Die Waren werden grundsätzlich automatisch überlassen, gegebenenfalls nach Entscheidung der Abgangsstelle manuell (Art. 73 (1) S. 1 ZK). Der ZV erhält die Mittelung E_TUF_REL. [Zu den Mitteilungen s. Merkblatt für TN Nr. 4.7.2.2.2 sowie Verfahrensanweisung ATLAS Nrn. 4.8, insbesondere 4.8.2.3.2]. Der Status eines zugelassenen Empfängers Prinzip: Der „Status eines zugelassenen Empfängers“ (ZE) eröffnet dem Hauptverpflichteten (HV) die Möglichkeit, sei- ne Pflichten aus dem Versand (s. Art. 96 (1) ZK) durch Über- gabe an einen ZE am vorgesehenen Übergabeort zu erfül- len, ohne die Waren der Bestimmungsstelle zu gestellen, wie es Art. 92 (1) ZK grundsätzlich vorsieht. Vorteil für den ZE: die Waren befinden sich bereits in seiner Betriebsstätte; bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen kann gegebe- nenfalls zeitnah über die Waren verfügt werden. Auch das Recht des ZE ist im Jahre 2001 geändert worden, und zwar vergleichbar zu den oben beschriebenen Bestimmungen des ZV: Basisnorm Art. 406 (1) DVO (2001): Einer Person, die im gemeinschaftlichen Versand- verfahren beförderte Waren [Anm.: Inhaber des gVV/gemV: HV, Art. 96 (1) S. 1 ZK] in ihrem Betrieb oder an einem anderen festgelegten Ort in Empfang nehmen möchte, ohne dass der Bestimmungsstelle die Waren gestellt und die Exemplare Nrn. 4 und 5 der Versandanmeldung (2008: ... und das Versandbegleit- dokument – Versandbegleitdokument/Sicherheit) vor- gelegt werden, kann der Status eines zugelassenen Empfängers (ZE) bewilligt werden. Die Gestellungsproblematik ist hier nicht so klar wie beim ZV geregelt worden. Der Wortlaut der Norm entspricht weitgehend der Rechtslage vor 2001. Dementsprechend hatte der HV als Inhaber des gVV die Pflicht, die Waren im Betrieb des ZE fristgerecht unter Beachtung der Nämlich- keitsmittel sowie der übrigen Verpflichtungen aus den gVV an den ZE zu übergeben (Art. 96 (1) ZK, 361 DVO). Der ZE musste daraufhin gegenüber der Bestimmungsstelle die noch fehlende Gestellung vornehmen sowie die (klassi- schen) Versanddokumente vorlegen, wie es Art. 92 (1) ZK zur Beendigung des gVV vorsieht: Der Schwerpunkt der Vereinfachung ZE findet sich in Art. 406 (2) DVO. (hier: Wortlaut vor 2001) In Fällen nach Absatz 1 hat der Hauptverpflichtete die ihm nach Artikel 96 Absatz 1 Buchstabe a des Zollko- dex obliegenden Verpflichtungen erfüllt, sobald die Exemplare des gemeinschaftlichen Versandpapiers, die die Sendung begleitet haben, sowie die Waren unverändert dem zugelassenen Empfänger innerhalb der vorgeschriebenen Frist in seinem Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher bestimmten Ort überge- ben und die zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen beachtet worden sind. Durch die Vereinfachung „ZE“ sind folglich zwei Personen betroffen, nämlich primär der HV und erst sekundär die Per- son des ZE. Beide Parteien müssen die ihnen nach gelten- dem Recht obliegenden Verpflichtungen einhalten und gegebenenfalls auch zusammenwirken, damit die Vorzüge der Vereinfachung „ZE“ wirksam werden können. In diesem Zusammenspiel fällt die zeitlich erste Rolle dem HV zu, der grundsätzlich erst durch Erfüllung der Bestimmungen des Art. 92 (1) ZK aus seiner Pflichtenstellung entlassen wird. Leider führte die komplizierte Ausgestaltung des Verfahrens zu zahlreichen Irritationen bei der praktischen Umsetzung. Unsystematisch musste nämlich eine andere Person als der HV, namentlich der ZE, den letzten Akt zur Beendigung des gVV erfüllen, nämlich die Gestellung. Die fehlende Syste- matik war auch einer der Hauptgründe für die Neuregelung der Vereinfachung im Jahre 2001. Die Rechtslage 2001 bis Juli 2008 Art. 406 (2) DVO: Der Hauptverpflichtete hat seine Pflichten nach Arti- kel 96 Absatz 1 Buchstabe a des Zollkodex erfüllt und das gemeinschaftliche Versandverfahren ist beendet, sobald die Waren zusammen mit den Exemplaren Nrn. 4 und 4 der Versandanmeldung, die die Sendung begleitet haben, dem zugelassenen Empfänger inner- halb der vorgeschriebenen Frist unverändert in seinem Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher be- stimmten Ort übergeben und die zur Nämlichkeitssi- cherung getroffenen Maßnahmen beachtet worden sind. Durch die Neuregelung wurde die oben beschriebene feh- lende Systematik, nämlich Aufteilung der Pflichten aus dem gVV auf zwei Personen, beendet. Nunmehr war mit Überga- be der Waren vom HV an den ZE unter den genannten Vor- aussetzungen das gVV ausdrücklich beendet, und zwar ohne Gestellung, wie es Art. 92 (1) ZK grundsätzlich vor- sieht. Aber diese Regelung widersprach der grundlegenden recht- lichen Systematik, wesentliche Verfahrenselemente, namentlich die Gestellung, real zu verwirklichen bezie- hungsweise zu fingieren. Auch fehlt die Gestellung als Fachteil 5/2011
  • 4. F28 Grundlage für das sich anschließende Verfahren, nämlich sowohl hinsichtlich der summarischen Anmeldung (Art. 43 ZK, ab 1. Januar 2011: Art. 186 DVO), als auch der vorüber- gehenden Verwahrung (Art. 50 ZK). Es hätte also vorzugs- weise einer gesetzlich geregelten Fiktion der Gestellung bedurft. Denn insbesondere im Zusammenhang mit dem seit 2005 obligaten NCTS-Verfahren findet eine Gestellung im Sinne des Art. 4 Nr. 19 ZK kaum noch statt, namentlich fehlte es meistens an einer Mitteilung an die Zollbehörden beziehungsweise am Zugang einer solchen, aufgrund derer die Zollstelle Entscheidungen treffen könnte. An die Stelle zollamtlicher Tätigkeit ist vor allem die automatische, also personalfreie Dienstleistung durch das IT-System getreten. Die Rechtslage zum 1. Juli 2008 Im Dezember 2008 wurde die DVO erneut revidiert, und zwar rückwirkend zum 1. Juli 2008. Art. 406 (2) DVO Der Hauptverpflichtete hat seine Pflichten nach Arti- kel 96 Absatz 1 Buchstabe a des Zollkodex erfüllt, und das Versandverfahren gilt als beendet, sobald die Waren zusammen mit dem Versandbegleitdokument, das die Sendung begleitet hat, dem zugelassenen Empfänger innerhalb der vorgeschriebenen Frist unverändert in seinem Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher bestimmten Ort übergeben und die zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen beachtet worden sind. Durch diese Neufassung wurde die systematische Unsau- berkeit in punkto Gestellung beseitigt, indem die in Art. 92 (1) ZK vorgesehene Gestellung zur Beendigung nicht weg- fällt, sondern fingiert wird. (Im Nachhinein eröffnet sich die Frage, ob der Fassung aus dem Jahre 2001 nicht ein Über- setzungsfehler zugrunde gelegen hat). Bewilligung des ZE-Verfahrens Gem. Art. 399 DVO wird in der Bewilligung insbesondere Folgendes geregelt: a) der Empfänger eingehender Waren, b) die Frist sowie die sonstigen Einzelheiten der Anzeige des Eingangs der Waren durch den zugelassenen Empfänger bei der Bestimmungsstelle, damit diese gegebenenfalls bei deren Eintreffen Kontrollen vornehmen kann, c) die ausgeschlossenen Warenarten oder die ausgeschlos- senen Warenverkehre, d) sonstige Pflichten des Bewilligungsinhabers, wie zum Beispiel Vermerke über den Zeitpunkt des Eingangs der Waren oder den Zustand angebrachter Verschlüsse. Ferner sollte festgelegt werden, ob und gegebenenfalls wie der ZE über die übernommenen Waren ohne Mitwirkung der Bestimmungsstelle verfügen kann. Dazu ist grundsätz- lich ein Anschreibeverfahren zur Überführung der betref- fenden Waren in das Anschlusszollverfahren erforderlich (Art. 76 (1) –c) ZK, 253 ff. DVO, vergleiche Verfahrensanwei- sung ATLAS Nr. 4.8.5.3.3 Abs. 5). Beendigung des gVV beim ZE Fa. K erhält Vorerzeugnisse für Kartoffelroder, die im Rah- men einer bewilligten aktiven Veredelung (AV) hergestellt werden sollen. Die Waren werden von der Spedition Impex- trans (T) als HV aus Hamburg im Betrieb der ZE angeliefert. 1. Das zuständige HZA Münster hat K den Status eines ZE und das Anschreibeverfahren zur Überführung in die AV bewilligt. 2. T als HV liefert die Waren in den Betrieb der K und bietet die Übergabe an. 3. K setzt die für den bewilligten Übergabeort zuständige Bestimmungsstelle (ZA Rheine) unverzüglich über die Ankunft der im gVV beförderten Waren mit der IT-techni- schen Ankunftsanzeige in Kenntnis, nachdem sie den frist- und nämlichkeitsgerechten Zustand festgestellt hat (vgl. Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.8.5.3.1). 4. K erwartet die grundsätzlich automatisiert erstellte Ent- ladeerlaubnis des ZA Rheine, die alsbald eintrifft. K über- nimmt die Waren und unterrichtet die Bestimmungsstel- le über das Ergebnis der Prüfung der Waren und den Zustand der Verschlüsse mit dem IT-technisch verfassten Entladekommentar (Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.8.5.3.2). Das gVV gilt als beendet, T hat seine Pflichten erfüllt. 5. Weil K das Anschreibeverfahren zur Überführung der Waren in die AV in ein Zollverfahren bewilligt worden ist, kann sie den Entladekommentar auch erst nach der Anschreibung in seiner Buchführung zeitnah übermitteln, ohne Pflichten zu verletzen (siehe Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.8.5.3.3). Dabei muss K gegebenenfalls die Vor- schriften zum Anlegen und Bestätigen einer vorzeitigen SumA beachten (siehe Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.5.3.1 Abs. 4). Informationsfluss und Besonderheiten infolge ATLAS-Versand 1. K erhält als ZE die Waren des Versandverfahrens unter Vorlage des VBD/ VBD-S. Er unterrichtet die zuständige BS über den Eingang der Warensendung durch Übermitt- lung einer Ankunftsanzeige (E_AN). Ist für den Versandvorgang von der Abgangsstelle bereits das Erhebungsverfahren eingeleitet worden, wird eine E_Fehler mit entsprechendem Inhalt übermittelt. 2. Die BS übermittelt dem ZE grundsätzlich automatisiert unmittelbar nach Eingang der fehlerfreien Ankunftsan- zeige die Entladeerlaubnis (E_UP), die die Daten der Ver- sandanmeldung enthält und anhand derer der ZE die Vollständigkeit der eingetroffenen Waren sowie den Zustand gegebenenfalls angelegter Verschlüsse überprü- fen muss. 3. Nach Überprüfung der Ware übernimmt der ZE die Waren und übermittelt den Entladekommentar (E_UR) an die BS. 4. Führen die Überprüfung und die Verarbeitung in der BS zu keinem Fehler, so gilt das Versandverfahren mit Über- nahme als beendet (Art. 92 (1) ZK, 406 (2) DVO). Daten werden automatisiert übergeben (ab 2011: VVSumA gem. Art. 186 DVO) und dort ein (VV)SumA-Vorgang angelegt (Verwahrungsmitteilung CUSTST) und die Zoll- nummer des ZE (Verwahrer) an (VV)SumA übergeben (Art. 43, 50 ZK). Gegebenenfalls wird auf einen bereits angelegten (VV)SumA-Vorgang verwiesen. 5. Aufgrund des Entladekommentars wird grundsätzlich die Kontrollergebnisnachricht (C_DES_CON) automatisiert erstellt und an die Abgangsstelle übermittelt und das gVV erledigt (Art. 92 (2) ZK, vgl. Verfahrensanweisung ATLAS Nr. 4.8.5.3.4 Abs. 1, 4.8.6.1 VA ATLAS). [Zu den Mitteilungen s. Merkblatt für TN Nr. 4.7.2.3.2, 4.1.4 sowie Verfahrensanweisung ATLAS Nrn. 4.8.5.3]. Fachteil 5/2011
  • 5. F29 A. Grundlagen Der Europäische Rat (Artikel 13, 15 EUV, Artikel 235–236 AEUV1 ) ist mit dem Vertrag von Lissabon zu einem Organ der EU geworden. Der Europäische Rat gibt der EU die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allge- meinen politischen Ziele fest, er wird jedoch nicht gesetz- geberisch tätig (Artikel 15 Abs. 1 EUV). Keine andere europäische Institution gestaltete in der Ver- gangenheit und gestaltet in der Gegenwart die Weiterent- wicklung und Architektur der Europäischen Union so nach- haltig wie der Europäische Rat, wobei dieser bislang recht- lich und wissenschaftlich schwer umschreibbar gewesen ist.2 Der Europäische Rat war an der Schaffung der EU und des EUV, an der Formulierung der Verträge von Maastricht, Amsterdam, Nizza und Lissabon sowie am gescheiterten Verfassungsvertrag für Europa maßgeblich beteiligt. Bereits in der Europäischen Akte, die am 1. Juli 1987 in Kraft trat, wurde festgelegt, dass der Europäische Rat aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten und dem Vorsitzenden der Europäischen Kommission besteht. Rats- vorsitzender war bislang der Staats- oder Regierungschef des Landes, das die jeweilige Präsidentschaft innehatte. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde am 1. Dezember 2009 ein neuer Präsident des Europäischen Rates geschaffen (Artikel 15 Abs. 6 EUV). Zu unterscheiden ist der Europäische Rat vom Rat der Europäischen Union (früher EU-Ministerrat)3 , dem die Europäischen Fachminister angehören. Er darf auch nicht verwechselt werden mit dem Europarat, einem völker- vertragsrechtlichen Zusammenschluss europäischer Staa- ten.4 B. Aufgaben und Ziele Der Europäische Rat gibt der EU die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest (Artikel 15 Abs. 1 EUV). Er wird jedoch (im Gegensatz zum Rat der EU, zum Europäischen Parlament und der Kommission) nicht gesetzgeberisch tätig. Bei der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) kann sich der Europäische Rat über die Vorgabe von Grundsätzen und allgemeinen Leitlinien hinaus auf konkretere Ziele festlegen (Gemeinsame Strate- gie) mit dem Ziel einer größeren Kohärenz der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Die Ergebnisse der jeweiligen Ratstagungen werden als sogenannte Schlussfolgerungen veröffentlicht. Das Euro- päische Parlament wird vom Präsidenten des Europäischen Rates über die Ergebnisse aller Tagungen unterrichtet (Arti- kel 15 Abs. 6 Buchst. d EUV). C. Zusammensetzung des Europäischen Rats Die Zusammensetzung des Europäischen Rats änderte sich auf Grund des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon. Der Europäische Rat besteht aus den Staats- und Regierungs- chefs der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten der Europäi- schen Kommission und dem neuen Präsidenten des Europä- ischen Rats (Artikel 15 Abs. 2 EUV). Der neue Präsident des Europäischen Rats wird für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren gewählt (Artikel 15 Abs. 5 EUV). Der Präsident des Europäischen Rates hat folgende Aufga- ben (Artikel 15 Abs. 6 EUV): > führt den Vorsitz des Europäischen Rates, > ist Impulsgeber, > arbeitet mit dem Kommissionspräsidenten zur Vorberei- tung des Europäischen Rates zusammen, > fördert Zusammenhalt und Konsenz im Europäischen Rat, > legt dem Europäischen Parlament im Anschluss an jede Tagung des Europäischen Rats einen Bericht vor. D. Arbeitsweise des Europäischen Rats Der Europäische Rat tritt mindestens zweimal pro Halbjahr zusammen (Artikel 15 Abs. 3 EUV). Diese Gipfeltreffen finden zumeist in der Mitte und am Ende jedes Halbjahres, also im März, Juni, September und Dezember, statt. Außerdem kann es sogenannte Sondergipfel geben, auf denen über aktuelle wichtige Themen beraten wird. Im Rahmen der Lissabon- Strategie wurde im Jahr 2000 vereinbart, die Märzgipfel künf- tig der Erörterung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und umweltpolitischer Themen vorzubehalten. Die Sitzungen des Europäischen Rates sind nicht öffentlich, allerdings informiert der Ratspräsident das Europäische Parlament über die Ergeb- nisse und legt diesem einen schriftlichen Bericht vor. Außer- dem werden am Ende der Sitzungen des Europäischen Rates die „Schlussfolgerungen des Vorsitzes“ veröffentlicht. Diese Schlussfolgerungen sind im Internet abrufbar unter der URL: http://ue.eu.int/de/info/eurocouncil/intex.htm. Der Europäische Rat hat sich erstmals eine Geschäftsord- nung gegeben mit dem Beschluss des Europäischen Rates vom 1. Dezember 2009, 2009/882/EU.5 Sitzungen des Europäischen Rates dauern gewöhnlicher- weise zwei Tage, wobei es bei besonders schwierigen Ver- handlungen auch zu Verlängerungen kommen kann. Es rei- sen jeweils eine große Anzahl an Diplomaten und nationalen Beamten an, außerdem halten sich die Mitglieder des Aus- schusses der Ständigen Vertreter bereit, um ihre jeweiligen Regierungen zu beraten. Bei den eigentlichen Verhandlungen im Konferenzraum sind jedoch nur die offiziellen Teilnehmer des Gipfels anwesend. Daneben gibt es Dolmetscher, da die Fachteil 5/2011 Der Europäische Rat – Aufgaben, Struktur und Zusammensetzung Von Dr. Carsten Weerth Bsc, Bremen 1 Der Vertrag von Lissabon ist am 1.12.2009 in Kraft getreten. Dadurch wurde der EG-Vertrag umbenannt in „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäi- schen Union“ (AEUV); fast alle Fundstellen änderten sich, viele Neuerungen sind im EUV und AEUV enthalten, u.a. viele Bestandteile des Gescheiterten Europäischen Verfassungsvertrags. 2 Vgl. Wessels, Europäischer Rat, in: Weidenfeld/Wessels, Europa von A bis Z, 10. Auflage 2007, S. 207 und ausführlich de Schoutheethe/Wallace, The European Council, 2002, URL: http://www.notre-europe.eu/fileadmin/ IMG/pdf/Etud19-en.pdf (06.12.2009). 3 Vgl. Weerth, BDZ-Fachteil 2008, F-102 ff. und BDZ-Fachteil 2009, F-6. 4 Vgl. Weerth, BDZ-Fachteil 2008, F-85 f. 5 ABl. EU 2009 Nr. L 315/51.
  • 6. F30 Teilnehmer jede der 23 EU-Amtssprachen verwenden kön- nen. Außerdem dürfen pro Mitgliedstaat zwei Beamte für die Übermittlung von Nachrichten den Raum betreten. Der Europäische Rat handelt grundsätzlich im Konsens, also einstimmig (Artikel 15 Abs. 4 EUV). Die einzelnen Mitglied- staaten müssen daher zwischen ihren Positionen Kompro- misse finden, um eine Blockade der EU zu vermeiden. Bei Abstimmungen kann sich jedes Mitglied das Stimmrecht eines anderen Mitglieds übertragen lassen (Artikel 235 Abs. 1 UA 1 AEUV). An Abstimmungen nehmen der Kommis- sionspräsident und der Präsident des Europäsichen Rates nicht teil (Artikel 235 Abs. 1 UA 3 AEUV). Um die Verhand- lungen so flexibel wie möglich zu halten, gibt es bei den Sitzungen des Europäischen Rates neben den „Plenarsitzun- gen“ auch Zeit für informelle Gespräche. In besonderen Fäl- len wird das sogenannte „Beichtstuhlverfahren“ angewandt. Hier lotet der Präsident des Europäischen Rates jeweils in Einzelgesprächen mit den Staats- und Regierungschefs den Verhandlungsspielraum der verschiedenen Länder aus und schlägt dann einen Kompromiss vor. Dadurch sollen bei ein- gefahrenen Verhandlungen Blockaden überwunden werden. Bestimmte Entscheidungen wie die Nominierung des Kom- missionspräsidenten werden mit qualifizierter Mehrheit getroffen, wobei dieselben Stimmgewichtungen gelten wie im Rat der EU (Artikel 235 Abs. 1 UA 2 AEUV i.V.m. Artikel 238 Abs. 2 AEUV6 ). Allerdings wird auch bei diesen Entschei- dungen üblicherweise so lange verhandelt, bis ein Konsens aller Mitgliedstaaten erreicht ist. Mindestens vier Wochen vor jeder ordentlichen Tagung des Europäischen Rates im Sinne des Artikels 1 Abs. 1 muss ein Entwurf einer erläuter- ten Tagesordnung vorliegen (Artikel 3 Abs. 1 UA 1 der Geschäftsordnung), damit sich die Teilnehmer der Sitzung auf die Inhalte vorbereiten können. E. Tagungen des Europäischen Rates Seit Ende 2003 finden die Tagungen des Europäischen Rates immer in Brüssel statt, meistens in einem vierteljährlichen Rhythmus. Oftmals finden am Anfang und insbesondere am Ende einer Präsidentschaft sogenannte „Sondergipfel“ des Europäischen Rates statt, um strittige Fragen, die auf Ministerebene im Rat der EU nicht geklärt werden konnten, zu entscheiden. Traditionell nehmen die Außenminister an den Tagungen des Europäischen Rates teil.7 F. Arbeitssprachen Die Arbeitssprachen des Europäischen Rates sind alle 23 Amtssprachen der EU, die Beiträge werden simultan übersetzt. G. Homepage des Europäischen Rates URL: http://www.consilium.europa.eu/. 6 Durch den Vertrag von Lissabon wurden die Abstimmungsregelungen schrittweise verändert: bis 31. Oktober 2014 gelten die bisherigen Regelun- gen im System der Stimmengewichtungen; ab 1. November 2014 gilt auf jeweiligen Antrag eines einzelnen Mitgliedstaates eine Übergangsregelung bis zum 31. März 2017, nach welcher die bisherige Stimmengewichtung verlangt werden kann; ab 1. April 2017 gilt endgültig das neue System der doppelten Mehrheit, wonach die qualifizierte Mehrheit erreicht ist, wenn mindestens 72 % der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 % der EU-Bevölke- rung repräsentieren, den Gesetzgebungsvorschlag unterstützen (Artikel 238 Abs. 2 AEUV). 7 Vgl. Auswärtiges Amt, URL: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/ Europa/Allgemein/Institutionen/ europaeischer-rat.html (06.12.2009). Fachteil 5/2011 Bearbeitungszeit: 4 Zeitstunden Hilfsmittel: EZT Sachverhalte (Die Sachverhalte wurden der EBTI-Datenbank zu Verbind- lichen Zolltarifauskünften entnommen und für Übungs- zwecke überarbeitet und angepasst.) 1. Haarspange Zur Einfuhr kommen Haarspangen, bestehend aus einem ca. 8 cm langen und 1 cm breiten Clipverschluss aus Stahl und einer auf der Oberseite befindlichen ca. 9 cm langen stilisierten Kunststoffkrawatte (Fliege). Die Haarspange dient zum Zusammenhalten des Haares. Darüber hinaus besitzt sie auch eine schmückende Funktion. Im Material- wert und im Umfang dominiert der Kunststoff. 2. Regenmesser Bei dem Regenmesser handelt es sich um ein elektronisches Gerät, das in der Meteorologie eingesetzt wird. Er besteht aus einer Haupteinheit mit einem Display zur Anzeige der Niederschlagsmenge und einer separaten Sensoreinheit mit einem Funksendemodul. Dieses überträgt die Messdaten per Funk an die Haupteinheit. Stofflich besteht der Regenmesser aus unedlem Metall und Kunststoff. 3. Gewebe Das Gewebe stellt sich als ungesäumte Meterware im Bal- len in einer Breite von 1,30 m dar. Es besteht aus 60 GHT Flachs, 35 GHT Viskose und 5 GHT Seide und ist gefärbt. 4. Schlagmetall Bei der Ware handelt es sich um unregelmäßig geformte feine Metallfolien. Diese sind plastisch verformbar, haben eine Dicke von ca. 0,14 mm und bestehen aus einer Legie- rung mit 78 GHT Kupfer und 22 GHT Zink. Das Erzeugnis ist in Tütchen abgepackt und wird als Bastelbedarf zum Ver- kauf gebracht. Es handelt sich stofflich um kein nicht raffi- niertes Kupfer. Übungsaufgabe zur Vorbereitung auf die Laufbahnprüfung des gehobenen Zolldienstes Studienfach Zolltarifrecht
  • 7. F31 Aufgabe Die unter 1. bis 4. beschriebenen Waren sind bis zur elfstel- ligen Codenummer in den Gemeinsamen Zolltarif einzurei- hen. Es ist zu jedem Sachverhalt ein Arbeitsblatt anzufertigen. Lösung zur Übungsaufgabe 1. Haarspange Möglichkeit Folgerung 1. Pos. 9615? – Haarspange? – ja – keine Ausweisung aus Kap. 96; Anm. 1 Kap. 96? – ja, also Pos. 9615 2. Weitere Pos.? – in Abs XV als Ware aus Stahl; Anm. 1 m) ABS XV? – nein – in Kap. 39 als Ware aus Kunststoff; Anm. 2 z) Kap. 39? – nein – in Kap. 71 als Fantasieschmuck; Anm. 11 Kap. 71? – nein, also keine weiteren Pos. 3. UPos. 9615 11; AV 3 b) i.V.m. AV 6? – Ware aus verschiedenen Stoffen? –– UPos. 9615 11? ––– Haarspange? – ja ––– aus Kunststoff? –––– zumindest teilweise i.S.d. AV 2 b) i.V.m. AV 6? – ja –––– AV 2 b) i.V.m. AV 6 anwendbar? – ja, also aus Kunststoff, somit UPos. 9615 11 — UPos 9615 19? ––– Haarspange? – ja ––– andere als aus Kunststoff? –––– zumindest teilweise i.S.d. AV 2 b) i.V.m. AV 6? – ja –––– AV 2 b) i.V.m. AV 6 anwendbar? – ja, also andere als aus Kunststoff, somit UPos. 9615 19, also Ware aus versch. Stoffen – keine Einreihung nach AV 3 a) i.V.m. AV 6; AV 3 a) Satz 2? – ja – charakterverleihender Stoff feststellbar? – ja, hier Kunststoff (vgl. ErlKN AV 3(HS)RZ 19.1) wegen Menge und Wert, somit UPos. 9615 11, also Codenum- mer 9615 11 00 00 0 Anmerkung zu Sachverhalt 1: Bei Konkurrenzen im Unterpositionsbereich sollte aus Ratio- nalitätsgründen die Auflösung immer auf jener Ebene erfol- gen, wo die Konkurrenz entsteht. Im vorliegenden Fall ist dies die UPos.(HS). Da nach dieser Warenlinie keine weite- ren Untergliederungen erfolgen, können die mit „0“ bezif- ferten Stellen unmittelbar angefügt werden. Die Formulie- rung „andere“ in UPos. 9615 19 ist zu verstehen als „aus anderen Stoffen als Kunststoff“. Aus diesem Grund wird die Anwendung der AV 2 b) i.V.m. AV 6 erforderlich. 2. Regenmesser Möglichkeit Folgerung 1. Pos. 9015; Anm. 4 ABS XVI i.V.m. Anm. 3 Kap. 90? – aus voneinander getrennten Einzelkomponenten? – ja – gemeinsam eine genau bestimmte, in einer Pos. des Kap. 90 erfasste Funktion ausübend? –– Pos. 9015? ––– Gerät für die Meteorologie? – ja (vgl. ErlKN Pos.9015(HS)RZ 37.0) ––– kein Kompass? – ja ––– keine Ausweisung aus Kap. 90; Anm. 1 Kap. 90? – ja, also Pos. 9015, somit gemeinsam eine genau bestimmte, in einer Pos. des Kap. 90 erfasste Funktion ausübend, also Pos. 9015 2. Weitere Pos.? – in ABS XV als Ware aus unedlem Metall; Anm. 1 h) ABS XV? – nein – in Kap. 39 als Ware aus Kunststoff; Anm. 2 u) Kap. 39? – nein, also keine weiteren Pos. 3. Codenummer 9015 80 11 90 0? – anderes Gerät als in UPos. 9015 10 bis 9015 40? – ja – elektronisch? – ja – für die Meteorologie? – ja – andere als für Luftfahrzeuge? – ja, also Codenum- mer 9015 80 11 90 0 Anmerkung zu Sachverhalt 2: Bei der einzureihenden Ware handelt es sich um eine funk- tionelle Einheit. Ausgehend von Anm. 4 ABS XVI ist die von der Gesamtheit der Einzelkomponenten ausgeübte Funk- tion einreihungsentscheidend. Auf die Einreihung der Ein- zelkomponenten selbst ist nicht einzugehen. Ferner ist die tarifliche Zuordnung dieser Komponenten irrelevant. Die funktionelle Zuordnung zu einer Position bedingt die kom- plette Einreihung unter diese Position bei Prüfung aller tat- bestandsmäßigen Voraussetzungen. Damit ist nicht allein der Positionswortlaut hinreichend. Darüber hinaus sind auch alle einschlägigen Anmerkungen zu prüfen. Der in Anm. 4 ABS XVI enthaltene Maschinenbegriff ist jedoch in der Beweisführung nicht zu problematisieren. Dies liegt ein- erseits darin begründet, dass im vorliegenden Sachverhalt die Anwendung der Anm. 4 ABS XVI nach Maßgabe der Anm. 3 Kap. 90 in einem Nomenklaturbereich erfolgt, der keine Maschinen erfasst. Andererseits ist der Maschinenbe- griff in Anm. 4 ABS XVI selbst dann kein echtes Tatbestands- merkmal, wenn eine Einreihung in den Maschinenbereich Fachteil 5/2011
  • 8. F32 des ABS XVI erfolgen soll. Das deshalb, weil immer dann, wenn alle weiteren Merkmale der Anmerkung 4 erfüllt sind, zwingend auch eine Maschine i.S.d. Anm. 5 ABS XVI vorliegt. 3. Gewebe Möglichkeit Folgerung 1. Pos. 5309? – Gewebe? – ja – aus Flachs; Anm. 2 A ABS XI? –– aus zwei oder mehr Spinnstoffen? ––– Flachs = Spinnstoff des Kap. 53? – ja ––– Viskose = Chemiefaser und damit Spinnstoff der Kap. 54/55; Anm. 1 b) Kap. 54? – ja ––– Seide = Spinnstoff des Kap. 50? – ja, also aus drei Spinnstoffen –– Flachs gegenüber Viskose und Seide gewichtsmäßig vorherrschend? – ja, also aus Flachs – keine Ausweisung aus Kap. 53 Anm. 8 ABS XI? –– konfektioniert; Anm. 8 a) ABS XI i.V.m. Anm. 7 ABS XI? – nein –– Ware der Kap. 56 bis 59; Anm. 8 b) ABS XI? (vgl. Wortlaut der Pos. d. Kap. 56 bis 59) – nein, also keine Aus- weisung aus Kap. 53 – keine Ausweisung aus ABS XI; Anm. 1 ABS XI? – ja, also Pos. 5309 2. Codenummer 5309 29 00 00 0? – mit Anteil an Flachs von weniger als 85 GHT? – ja – anderes als roh oder gebleicht? – ja, also Codenum- mer 5309 29 00 00 0 Anmerkung zu Sachverhalt 3: Der Ausschluss der Kap. 56 bis 59 kann hier global und im Block erfolgen, da die beschriebene Ware keine Anhalts- punkte für ein Spezialerzeugnis dieser Kapitel gibt. Anders ist dies regelmäßig bei der Einreihungsbegründung für Gar- ne der Kap. 50 bis 55. Hier ist immer zumindest zu prüfen, ob Bindfäden der Pos. 5607 vorliegen. 4. Schlagmetall Möglichkeit Folgerung 1. Pos. 7410? – Folien? – ja – aus Kupfer; Anm. 6 ABS XV? –– nichts anderes bestimmt? – ja –– Legierung nach Anm. 5 dem Kupfer gleichgestellt? ––– andere als Ferrolegierung oder Kupfervorlegierung; Anm. 1 c) Kap. 72/74? – ja ––– Legierung unedler Metalle; Anm. 5 a) ABS XV? –––– Kupfer und Zink = unedle Metalle; Anm. 3 ABS XV? – ja, also Legierung unedler Metalle ––– Kupfer gegenüber Zink gewichtsmäßig vorherrschend? – ja, also Legierung nach Anm. 5 dem Kupfer gleichgestellt, somit aus Kupfer – Dicke von 0,15 mm oder weniger? – ja, hier 0,14 mm – keine Ausweisung aus Kap. 74; Anm. 2 ABS XV letzter Satz? –– Ware der Kap. 82/83? (vgl. Wortlaut der Pos. der Kap. 82/83) – nein, also keine Aus- weisung aus Kap. 74 – keine Ausweisung aus ABS XV; Anm. 1 ABS XV? – ja, also Pos. 7410 2. Codenummer 7410 12 00 00 0? – ohne Unterlage? – ja – aus Kupferlegierung; Anm. 1 b) Kap. 74? –– metallischer Stoff? – ja –– kein nicht raffiniertes Kupfer? – ja –– Kupfer gegenüber jedem anderen Element gewichtsmäßig vorherrschend? – ja –– Gehalt an Zink mehr als 1 GHT; Anm. 1 b) Ziff. 1 Kap. 74? – ja –– Gesamtgehalt anderer Elemente mehr als 2,5 GHT; Anm. 1 b) Ziff. 2 Kap. 74? – ja, also aus Kupfer- legierung, somit Codenummer 7410 12 00 00 0 3. Verpackung ebenfalls Codenummer 7410 12 00 00 0; AV 5 b) i.V.m. AV 6? – kein Behältnis gem. AV 5 a)? – ja – übliche Verpackung? – ja – Ware in Verpackung? – ja – nicht zur mehrfachen Verwendung? – ja – AV 5 b) i.V.m. AV 6 anwendbar? – ja, also Verpackung ebenfalls Codenum- mer 7410 12 00 00 0 Anmerkung zu Sachverhalt 4: Die Besonderheit bei der Falllösung besteht hier darin, dass im Wortlaut der Position das Tatbestandsmerkmal „aus Kupfer“ nachzuweisen ist. Die dafür einschlägige Regelung ist Anm. 6 ABS XV. Die Legaldefinition für Kupferlegierun- gen in Anm. 1 b) Kap. 74 spielt indes bei der Positionsbe- gründung keine Rolle. Deren Anwendung erfolgt immer nur dann, wenn unmittelbar unter den Begriff „Kupferlegie- rung“ zu subsumieren ist. Eine Erwähnung der AV 6 bei Anwendung von Anm. 1 b) Kap. 74 ist nicht zwingend erforderlich, da diese Vorschrift expressis verbis für das gesamte Kap. 74 gilt. Zu diesem gehören natürlich auch die UPos., womit die Anwendungs- breite der Vorschrift auch die Unterpositionslinien mit einbezieht. Die letzten beiden Fragen vor der Bestätigung der Codenummer sind alternativ. Anm. 1 g) Kap. 74 muss bei vorliegendem Sachverhalt nicht geprüft werden, da laut Warenbeschreibung Folien vorliegen und grundsätzlich von der Richtigkeit des Sachverhaltes auszugehen ist. Anders wäre dies, wenn statt des Begriffes „Folien“ die Ware als massives Erzeugnis etc. beschrieben wäre oder wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden wären, dass die gewählte Bezeichnung als Metallfolie nicht korrekt ist. Fachteil 5/2011