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Human Leadership –
eine Selbstverständlichkeit?
Warum das Entwickeln von Führungskompetenzen
Top-Prio sein sollte
klar.führen
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HERO MAGAZINE 1|15 – www.werdewelt.info
klar.führen
HERO MAGAZINE 1|15
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Mitarbeiter* haben eine Leistung zu erbringen – das steht außer
Frage. Doch wie gut schaffen Führungskräfte mit ihren Führungs-
kompetenzen und ihrem Verhalten ideale Rahmenbedingungen
für diese Leistung? Der 2014 abgeschlossene St. Gallen Executive
EducationReport(SEER)bestätigt,dass„einedeutlicheMehrheit
von Führungskräften mit dem Stand der Weiterbildung und Ent-
wicklungvonFührungskräfteninihremUnternehmenunzufrieden
sind“. Kurzfristiger Erfolg steht nach Angaben der Befragten an
erster Stelle und „verhindert den langfristigen und systematischen
AufbaueinereffektivenLernarchitektur“.Führungskräftesindnach
eigenemErmessenheutedemnachnurunzureichendbefähigt,gute
Führungsarbeitzuleisten.SiewünschensichdeutlichmehrUnter-
stützung in der Weiterentwicklung ihrer Führungskompetenzen.
Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung der Mitarbeiterseite
durch das Beratungsunternehmen Gallup belegt, dass rund die
Hälfte der Führungskräfte in den Augen ihrer Mitarbeiter einen
ungenügenden Job macht. Die vielzitierte Aussage „Menschen
bewerben sich bei Unternehmen – und sie verlassen Vorgesetzte“
istnichtnurprovokantsondernstimmtnachdenklichzugleich,weil
siedenKernderSachetrifft. VielzuseltengebenVorgesetzteihren
Mitarbeitern die nötigen Handlungsspielräume, um eigenverant-
wortlich und deshalb auch engagiert im Sinne des Unternehmens
zu handeln. Viel zu wenig werden dadurch die Kompetenzen und
Potenziale der Mitarbeiter wirklich optimal genutzt.
Tatsächlich gibt es in Unternehmen große Unterschiede bezüg-
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Gründe dafür?
Ist Führung eine Selbstverständlichkeit?
Führung wird auch heute noch oft als etwas Selbstverständliches
gesehen, das mal eben nebenher gemacht wird und das die einen
einfach besser können, als die anderen. Eine Auffassung, die be-
sonders in kleinen und mittleren Unternehmen leider noch immer
weit verbreitet ist.
Zudem wird häufig demjenigen Mitarbeiter eine Führungsrol-
le anvertraut, der sich in einem Team bisher fachlich am besten
bewährt hat. Auf diese Weise wird oft der beste Verkäufer ganz
selbstverständlichzumVerkaufsleiter,oderderbesteSpezialistzum
Teamleiter. Die Erfahrung zeigt jedoch: wer fachlich top ist, kann
deswegen noch lange kein Team führen. In vielen Fällen kommt
der Wechsel in eine Führungsrolle sogar fast einem Berufswechsel
gleich, wenn man sich die Anforderungen der neuen Rolle einmal
genauer ansieht. Die dafür notwendigen neuen Kompetenzen, die
besonders in den Bereichen der Selbst-, Sozial- und Methoden-
kompetenz liegen, werden oftmals nicht erkannt und in der Folge
auch nicht systematisch entwickelt. Der oft gehörte Satz „Machen
Sie einfach mal, Sie kriegen das schon hin!“ zeigt, wie sehr die
Anforderungen an eine Führungsrolle häufig unterschätzt werden.
Im schlimmsten Fall verliert man so den besten Fachspezialisten
und gewinnt eine mäßig gute Führungskraft, die sich mehr oder
wenigergutschlägtundmitderZeitzunehmendfrustriertundun-
zufrieden wird. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die
Zufriedenheit und das Engagement der so geführten Mitarbeiter.
Es liegt auf der Hand, dass jemand, der unter diesen Umständen
zum Vorgesetzten geworden ist, kaum zu einem charismatischen
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die männliche Form gewählt. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten natürlich auch für die weibliche Form.
klar.führen
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www.werdewelt.info – HERO MAGAZINE 1|15
undleidenschaftlichenLeaderwird,dendieMitarbeiteralsVorbild
akzeptieren und dem sie folgen, weil sie es wollen – nicht weil sie
es müssen. Gerade letzteres kann aber nur auf Basis einer stabilen
und vertrauensvollen Beziehung zwischen Mitarbeitern und Vor-
gesetzten funktionieren.
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Vorgesetzten und Mitarbeitern
Ein respektvoller und wertschätzender Umgang sowie eine offe-
ne, transparente Kommunikation sind absolut essenziell, wenn
beide Seiten voneinander profitieren wollen. Gerade die jüngeren
Mitarbeiter der Generation Y, die seit einigen Jahren auf den Ar-
beitsmarkt kommen, setzen dies zu Recht voraus.
Nun spricht die Realität leider oft eine andere Sprache – je nach
Branche mehr oder weniger ausgeprägt: Häufig weht auch heute
noch ein rauer Umgangston und Vorgesetzte variieren ihren Füh-
rungsstil, wenn überhaupt, zwischen hoher und geringer Wert-
schätzung – je nach subjektiv wahrgenommener Leistung der
Mitarbeiter. Da kann es durchaus auch einmal laut und respektlos
werden, oder sogar unter die Gürtellinie gehen, was in einem mo-
dernen und professionellen Führungsverständnis heute definitiv
keinen Platz mehr hat.
Der Grund dafür liegt meist in fehlenden Handlungsalternativen,
d. h. der Vorgesetzte weiß schlichtweg nicht, wie er sonst damit
umgehensoll,dasseinMitarbeiterdiegesetztenErwartungennicht
erfüllt oder Fehler macht.
klar.führen
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HERO MAGAZINE 1|15 – www.werdewelt.info
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HERO MAGAZINE 1|15
Über Thomas Gelmi
Executive Consultant Thomas Gelmi unterstützt Unter-
nehmen in der nachhaltigen und messbaren Umsetzung
ihrerFührungsentwicklung. Erverfügtselbstüberlangjäh-
rige Führungserfahrung und vermittelt sein Wissen auch
alsDozentfürLeadershipandiversenSchweizerBildungs-
institutionen.
www.gelmi-consulting.com
Führungskompetenzen entwickeln
steht an erster Stelle
SogesehenmussalsodassystematischeEntwickelnvonFührungs-
kompetenzen in jedem Unternehmen ganz oben auf der Prioritä-
tenliste stehen. Das erkennt glücklicherweise auch bereits eine
zunehmende Anzahl von Unternehmen, was sich in einer deutli-
chenZunahmeanAnfragenfürFührungsentwicklungsprogramme
in den letzten Jahren zeigt. In Kombination mit praxisorientierten
Trainings gehört ein individuelles Führungscoaching dabei zu den
wirkungsvollstenundnachhaltigstenMaßnahmen,umdienötigen
Kompetenzen zu entwickeln.
So gibt es beispielsweise Unternehmen, in denen jeder Mitarbei-
tende, der neu in eine Führungsrolle kommt, ein Startcoaching
erhält. Dabei handelt es sich um eine mehrmonatige, individuelle
Begleitung in die neue Rolle hinein. Die Ergebnisse sind sehr po-
sitiv und vor allem nachhaltig, weil die Teilnehmenden an ihren
ganz persönlichen Themen und Engpässen arbeiten und dadurch
von Anfang an die nötige Sicherheit gewinnen, die sie in ihrer
Führungsarbeit dann auch entsprechend ausstrahlen.
Wertschätzendes Führen erhöht
Profitabilität für Unternehmen
GeradeFirmenmithoherProduktivitätundProfitabilitätzeichnen
sich erwiesenermaßen besonders dadurch aus, dass deren Füh-
rungskräfte nicht nur führen dürfen, sondern auch führen können
und wollen. Und das weil sie über die nötigen Kompetenzen und
Instrumente verfügen und sich deshalb dazu in der Lage fühlen.
Von allen Faktoren den höchsten Einfluss auf die Profitabilität hat
dabei die Fähigkeit eines Vorgesetzten, die persönlichen Motive,
Hoffnungen und Schwierigkeiten seiner Teammitglieder zu ver-
stehen. Auch kann er Rahmenbedingungen und Unterstützungs-
mechanismen schaffen, mit denen jeder Mitarbeiter im Team so
gut wird, wie er sein kann. Dadurch kann der Mitarbeiter seinen
FokusaufdenKundenrichten,wassichwiederumaufdieKunden-
zufriedenheit und in letzter Konsequenz auf die Profitabilität aus-
wirkt.DieseWeiterentwicklungverlangtabereinenKulturwechsel:
weg vom Instrumentalisieren und Nutzen der Mitarbeiter als reine
Ressource (= Human Resources), hin zu einer wertschätzenden
Führungskultur,inderPotenzialentwicklung,Eigenverantwortung
und Selbstorganisation die Basis für die Zusammenarbeit bilden
(= Human Leadership).
Fazit
Eswirddeutlich,dassdassystematischeEntwickelnvonFührungs-
kompetenz heute ein unverzichtbarer Motor für die Profitabilität
eines jeden Unternehmens ist – insbesondere für KMUs. Im heu-
tigen Arbeitsumfeld gehört zu wirkungsvoller Führung nicht nur
die Fähigkeit eines Vorgesetzten, vertrauensvolle und belastbare
Beziehungen aufzubauen und diese auch unter schwierigen Be-
dingungen zu erhalten. Ganz besonders gehört dazu auch eine
stabilePersönlichkeit,dieihreeigenenKompetenzenundGrenzen
kennt und deshalb mit sich und anderen authentisch, gelassen und
wertschätzend umgeht.
Quellen:
ĵĵ St. Gallen Executive Education Report (SEER) 2014
ĵĵ 	Gallup Engagement Index 2012
ĵĵ 	Geoff Aigner: Leadership Beyond Good Intentions: What It Takes To Really
Make A Difference 2012
ĵĵ 	David Maister, Practice what you preach, 2003
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  • 2. Mitarbeiter* haben eine Leistung zu erbringen – das steht außer Frage. Doch wie gut schaffen Führungskräfte mit ihren Führungs- kompetenzen und ihrem Verhalten ideale Rahmenbedingungen für diese Leistung? Der 2014 abgeschlossene St. Gallen Executive EducationReport(SEER)bestätigt,dass„einedeutlicheMehrheit von Führungskräften mit dem Stand der Weiterbildung und Ent- wicklungvonFührungskräfteninihremUnternehmenunzufrieden sind“. Kurzfristiger Erfolg steht nach Angaben der Befragten an erster Stelle und „verhindert den langfristigen und systematischen AufbaueinereffektivenLernarchitektur“.Führungskräftesindnach eigenemErmessenheutedemnachnurunzureichendbefähigt,gute Führungsarbeitzuleisten.SiewünschensichdeutlichmehrUnter- stützung in der Weiterentwicklung ihrer Führungskompetenzen. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung der Mitarbeiterseite durch das Beratungsunternehmen Gallup belegt, dass rund die Hälfte der Führungskräfte in den Augen ihrer Mitarbeiter einen ungenügenden Job macht. Die vielzitierte Aussage „Menschen bewerben sich bei Unternehmen – und sie verlassen Vorgesetzte“ istnichtnurprovokantsondernstimmtnachdenklichzugleich,weil siedenKernderSachetrifft. VielzuseltengebenVorgesetzteihren Mitarbeitern die nötigen Handlungsspielräume, um eigenverant- wortlich und deshalb auch engagiert im Sinne des Unternehmens zu handeln. Viel zu wenig werden dadurch die Kompetenzen und Potenziale der Mitarbeiter wirklich optimal genutzt. Tatsächlich gibt es in Unternehmen große Unterschiede bezüg- lich Qualität und Effektivität in der Führung. Doch was sind die Gründe dafür? Ist Führung eine Selbstverständlichkeit? Führung wird auch heute noch oft als etwas Selbstverständliches gesehen, das mal eben nebenher gemacht wird und das die einen einfach besser können, als die anderen. Eine Auffassung, die be- sonders in kleinen und mittleren Unternehmen leider noch immer weit verbreitet ist. Zudem wird häufig demjenigen Mitarbeiter eine Führungsrol- le anvertraut, der sich in einem Team bisher fachlich am besten bewährt hat. Auf diese Weise wird oft der beste Verkäufer ganz selbstverständlichzumVerkaufsleiter,oderderbesteSpezialistzum Teamleiter. Die Erfahrung zeigt jedoch: wer fachlich top ist, kann deswegen noch lange kein Team führen. In vielen Fällen kommt der Wechsel in eine Führungsrolle sogar fast einem Berufswechsel gleich, wenn man sich die Anforderungen der neuen Rolle einmal genauer ansieht. Die dafür notwendigen neuen Kompetenzen, die besonders in den Bereichen der Selbst-, Sozial- und Methoden- kompetenz liegen, werden oftmals nicht erkannt und in der Folge auch nicht systematisch entwickelt. Der oft gehörte Satz „Machen Sie einfach mal, Sie kriegen das schon hin!“ zeigt, wie sehr die Anforderungen an eine Führungsrolle häufig unterschätzt werden. Im schlimmsten Fall verliert man so den besten Fachspezialisten und gewinnt eine mäßig gute Führungskraft, die sich mehr oder wenigergutschlägtundmitderZeitzunehmendfrustriertundun- zufrieden wird. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Zufriedenheit und das Engagement der so geführten Mitarbeiter. Es liegt auf der Hand, dass jemand, der unter diesen Umständen zum Vorgesetzten geworden ist, kaum zu einem charismatischen *Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die männliche Form gewählt. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten natürlich auch für die weibliche Form. klar.führen 35 www.werdewelt.info – HERO MAGAZINE 1|15
  • 3. undleidenschaftlichenLeaderwird,dendieMitarbeiteralsVorbild akzeptieren und dem sie folgen, weil sie es wollen – nicht weil sie es müssen. Gerade letzteres kann aber nur auf Basis einer stabilen und vertrauensvollen Beziehung zwischen Mitarbeitern und Vor- gesetzten funktionieren. Maßgebend: die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern Ein respektvoller und wertschätzender Umgang sowie eine offe- ne, transparente Kommunikation sind absolut essenziell, wenn beide Seiten voneinander profitieren wollen. Gerade die jüngeren Mitarbeiter der Generation Y, die seit einigen Jahren auf den Ar- beitsmarkt kommen, setzen dies zu Recht voraus. Nun spricht die Realität leider oft eine andere Sprache – je nach Branche mehr oder weniger ausgeprägt: Häufig weht auch heute noch ein rauer Umgangston und Vorgesetzte variieren ihren Füh- rungsstil, wenn überhaupt, zwischen hoher und geringer Wert- schätzung – je nach subjektiv wahrgenommener Leistung der Mitarbeiter. Da kann es durchaus auch einmal laut und respektlos werden, oder sogar unter die Gürtellinie gehen, was in einem mo- dernen und professionellen Führungsverständnis heute definitiv keinen Platz mehr hat. Der Grund dafür liegt meist in fehlenden Handlungsalternativen, d. h. der Vorgesetzte weiß schlichtweg nicht, wie er sonst damit umgehensoll,dasseinMitarbeiterdiegesetztenErwartungennicht erfüllt oder Fehler macht. klar.führen 36 HERO MAGAZINE 1|15 – www.werdewelt.info 36 HERO MAGAZINE 1|15
  • 4. Über Thomas Gelmi Executive Consultant Thomas Gelmi unterstützt Unter- nehmen in der nachhaltigen und messbaren Umsetzung ihrerFührungsentwicklung. Erverfügtselbstüberlangjäh- rige Führungserfahrung und vermittelt sein Wissen auch alsDozentfürLeadershipandiversenSchweizerBildungs- institutionen. www.gelmi-consulting.com Führungskompetenzen entwickeln steht an erster Stelle SogesehenmussalsodassystematischeEntwickelnvonFührungs- kompetenzen in jedem Unternehmen ganz oben auf der Prioritä- tenliste stehen. Das erkennt glücklicherweise auch bereits eine zunehmende Anzahl von Unternehmen, was sich in einer deutli- chenZunahmeanAnfragenfürFührungsentwicklungsprogramme in den letzten Jahren zeigt. In Kombination mit praxisorientierten Trainings gehört ein individuelles Führungscoaching dabei zu den wirkungsvollstenundnachhaltigstenMaßnahmen,umdienötigen Kompetenzen zu entwickeln. So gibt es beispielsweise Unternehmen, in denen jeder Mitarbei- tende, der neu in eine Führungsrolle kommt, ein Startcoaching erhält. Dabei handelt es sich um eine mehrmonatige, individuelle Begleitung in die neue Rolle hinein. Die Ergebnisse sind sehr po- sitiv und vor allem nachhaltig, weil die Teilnehmenden an ihren ganz persönlichen Themen und Engpässen arbeiten und dadurch von Anfang an die nötige Sicherheit gewinnen, die sie in ihrer Führungsarbeit dann auch entsprechend ausstrahlen. Wertschätzendes Führen erhöht Profitabilität für Unternehmen GeradeFirmenmithoherProduktivitätundProfitabilitätzeichnen sich erwiesenermaßen besonders dadurch aus, dass deren Füh- rungskräfte nicht nur führen dürfen, sondern auch führen können und wollen. Und das weil sie über die nötigen Kompetenzen und Instrumente verfügen und sich deshalb dazu in der Lage fühlen. Von allen Faktoren den höchsten Einfluss auf die Profitabilität hat dabei die Fähigkeit eines Vorgesetzten, die persönlichen Motive, Hoffnungen und Schwierigkeiten seiner Teammitglieder zu ver- stehen. Auch kann er Rahmenbedingungen und Unterstützungs- mechanismen schaffen, mit denen jeder Mitarbeiter im Team so gut wird, wie er sein kann. Dadurch kann der Mitarbeiter seinen FokusaufdenKundenrichten,wassichwiederumaufdieKunden- zufriedenheit und in letzter Konsequenz auf die Profitabilität aus- wirkt.DieseWeiterentwicklungverlangtabereinenKulturwechsel: weg vom Instrumentalisieren und Nutzen der Mitarbeiter als reine Ressource (= Human Resources), hin zu einer wertschätzenden Führungskultur,inderPotenzialentwicklung,Eigenverantwortung und Selbstorganisation die Basis für die Zusammenarbeit bilden (= Human Leadership). Fazit Eswirddeutlich,dassdassystematischeEntwickelnvonFührungs- kompetenz heute ein unverzichtbarer Motor für die Profitabilität eines jeden Unternehmens ist – insbesondere für KMUs. Im heu- tigen Arbeitsumfeld gehört zu wirkungsvoller Führung nicht nur die Fähigkeit eines Vorgesetzten, vertrauensvolle und belastbare Beziehungen aufzubauen und diese auch unter schwierigen Be- dingungen zu erhalten. Ganz besonders gehört dazu auch eine stabilePersönlichkeit,dieihreeigenenKompetenzenundGrenzen kennt und deshalb mit sich und anderen authentisch, gelassen und wertschätzend umgeht. Quellen: ĵĵ St. Gallen Executive Education Report (SEER) 2014 ĵĵ Gallup Engagement Index 2012 ĵĵ Geoff Aigner: Leadership Beyond Good Intentions: What It Takes To Really Make A Difference 2012 ĵĵ David Maister, Practice what you preach, 2003 klar.führen 37 www.werdewelt.info – HERO MAGAZINE 1|15