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Warum Wissenschaft kommunizieren?




                                             Andreas Archut
                                            Eva-Maria Streier



“Jetzt soll ich also auch noch Öffentlichkeitsarbeit machen?!“ – Zugegeben: Wissenschaftler haben
eine Menge Aufgaben. Neben Forschung und Lehre verbringen sie viel Zeit in endlosen Gremien-
sitzungen der akademischen Selbstverwaltung, kümmern sich um Personalangelegenheiten, seufzen
unter der Hochschulbürokratie, fertigen ohne Murren Gutachten um Gutachten, arbeiten Vorträge
für die nächste Tagung aus und verfassen Anträge für neue Drittmittel. Mancher mag sich da fra-
gen: Gibt es für die Kommunikation nicht die Pressestelle? Die Antwort lautet: Ja und nein. Denn
die Kommunikation der Wissenschaft mit der Öffentlichkeit ist komplex, und selbst wenn Ihre
Organisation hauptamtliche Kommunikatoren beschäftigt, kommen diese ohne Ihre Unterstützung
nicht weit. Wir behaupten darum: Kommunikation ist neben Forschung und Lehre eine der Kern-
aufgaben von Wissenschaftlern. Und bekanntlich steht man auf drei Beinen am stabilsten!


Gliederung                                                                                 Seite

1.      Alles ist Kommunikation                                                                2
2.      Öffentlichkeitsarbeit prägt das Image der Wissenschaft                                 3
3.      Drittmittelgeber fordern Kommunikation                                                 4
4.      Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Fach                                              5
5.      Studierende gewinnen                                                                   5
6.      Kontakte anbahnen                                                                      7
7.      Krisen-Kommunikation                                                                   7
8.      Was denken die Kollegen                                                                8
9.      Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit                                                      9




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                          1.    Alles ist Kommunikation
                          „Man kann nicht nicht kommunizieren!“ – Diese einfache Erkenntnis stammt
                          von dem berühmten österreichischen Psychoanalytiker und Kommunikations-
                          wissenschaftler Paul Watzlawick. Vom Abteilungsmeeting bis zum „Schatz wie
                          war dein Tag“-Gespräch am Abend kommunizieren Sie unentwegt. Kommuni-
                          kation ist gerade für Wissenschaftler das tägliche Brot. Sie verfügen über ein
                          weltweites Netzwerk, das Sprach- und Fächergrenzen überschreitet. Sind in der
                          Lage, sich schnell in andere Fachgebiete einzuarbeiten und Kollegen aus ande-
                          ren Disziplinen ihr eigenes Gebiet näher zu bringen. Allerdings mit den Kom-
                          munikationsmechanismen der jeweiligen Wissenschaft –das heißt ihrer Fach-
                          sprache, der erforderlichen Komplexität und mit den eingespielten Verhaltens-
                          weisen der Scientific Community. Dem steht auf der anderen Seite die Öffent-
                          lichkeit mit ihrer Forderung nach klaren, verständlichen Botschaften, Redukti-
                          on von Komplexität und Veranschaulichung entgegen. Die Frage ist also nicht
                          ob, sondern wie Sie als Wissenschaftler kommunizieren wollen, und wen Sie in
                          die Kommunikation einbeziehen möchten.


                          Entscheiden Sie, wen Sie erreichen wollen
Legen Sie Zielgruppen     Es muss nicht immer die breite Öffentlichkeit sein, mit der Sie in Kontakt tre-
und Kommunikationsziele   ten. Denn ohnehin gilt: „Die“ Öffentlichkeit gibt es gar nicht. Vielmehr ist in
fest!                     der Literatur häufig von Teilöffentlichkeiten oder so genannten Dialoggruppen
                          die Rede und die sind so unterschiedlich wie die Kommunikation mit ihnen.
                          Für Ihre Praxis kann das heißen, sich den Medien als Experte für Fachfragen
                          zur Verfügung stellen, auch Kinderuni-Vorlesungen zu halten. Oder Sie gehen
                          in Schulen, um angehende Abiturienten für ihr Studienfach zu begeistern. Der
                          Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das gilt auch für die Zielsetzung, mit der
                          Sie kommunizieren. Kommunikatoren sind nicht notwendigerweise Altruisten,
                          die um der Sache willen in die „Bütt“ steigen. Wenn Kommunikation die Ziele
                          erreichen soll, die Sie sich selbst, die Ihre Organisation oder Ihre Fachgesell-
                          schaft gesteckt haben, gilt es, angemessene Formate zu finden.


                          Wissenschaft im Dialog mit Laien
Im Gespräch mit Laien     Freilich haben Sie im Dialog mit Laien nicht immer so leichtes Spiel wie bei
sollten Sie keine         Ihren Kollegen. So müssen Sie sich schon etwas umstellen, wenn Sie Ihrem
Fachkenntnisse            Friseur, der Wissenschaft nur aus Krimiserien im Privatfernsehen kennt, erklä-
voraussetzen              ren, womit Sie sich beruflich beschäftigen. Aber auch Ihre Verwandten fragen
                          gelegentlich nach, womit Sie Ihre Familie ernähren. Nachwuchswissenschaftler
                          kommen spätestens in ihrem ersten Vorstellungsgespräch nicht um die Aufgabe
                          herum, einem Laien zumindest im Kern zu erklären, womit sie sich in den ver-
                          gangenen Jahren beschäftigt haben.

                          Anders als bei Ihren Fachkollegen können Sie im Gespräch mit Laien keine
                          Fachkenntnisse voraussetzen. Nicht einmal das Abitur dürfte jeder Ihrer Ge-
                          sprächspartner in der Tasche haben. Die Reduktion auf zentrale und verständli-
                          che Informationen fällt vielen Wissenschaftlern schwer. Andererseits ist dies




2                                                                                  HWK 1 00 08 03
A                                                        Warum Wissenschaft kommunizieren?




     Informationen zu den Autoren:
     Dr. Andreas Archut ist seit 2000 Leiter der Abteilung Presse und Kommunikation und Pressesprecher der
     Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seit Herbst 2004 ist er Vorsitzender der
     Arbeitsgemeinschaft der Hochschulpressestellen in Deutschland. Der promovierte Chemiker war nach
     Abschluss seiner akademischen Ausbildung freier Mitarbeiter der Bonner Rundschau und ab 1998 als
     Redakteur im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für
     die Forschungskommunikation verantwortlich. Er unterrichtete in Medientrainings Kollegiaten von DFG-
     geförderten Graduiertenkollegs. Journalistische Erfahrung sammelte Archut bereits als Schüler und Student
     als freier Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Bonner Rundschau, der Honnefer
     Volkszeitung und bei Radio Bonn/Rhein-Sieg.
     Dr. Eva-Maria Streier, promovierte Literaturwissenschaftlerin (Amerikanistik), gelernte Journalistin,
     Erfahrungen im Print, Hörfunk- und Fernsehbereich. Seit 1985 verantwortlich für den Bereich Presse- und
     Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die DFG ist der größte
     Forschungsförderer Deutschlands mit einem Gesamthaushalt von 2 Milliarden Euro, fünf Auslandsbüros
     und der Satzungsaufgabe der Beratung von Parlamenten und Regierungen in wissenschaftlichen Fragen.




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A. Archut, E.- M. Streier: Warum Wissenschaft kommunizieren?

  • 1. A Warum Wissenschaft kommunizieren? Andreas Archut Eva-Maria Streier “Jetzt soll ich also auch noch Öffentlichkeitsarbeit machen?!“ – Zugegeben: Wissenschaftler haben eine Menge Aufgaben. Neben Forschung und Lehre verbringen sie viel Zeit in endlosen Gremien- sitzungen der akademischen Selbstverwaltung, kümmern sich um Personalangelegenheiten, seufzen unter der Hochschulbürokratie, fertigen ohne Murren Gutachten um Gutachten, arbeiten Vorträge für die nächste Tagung aus und verfassen Anträge für neue Drittmittel. Mancher mag sich da fra- gen: Gibt es für die Kommunikation nicht die Pressestelle? Die Antwort lautet: Ja und nein. Denn die Kommunikation der Wissenschaft mit der Öffentlichkeit ist komplex, und selbst wenn Ihre Organisation hauptamtliche Kommunikatoren beschäftigt, kommen diese ohne Ihre Unterstützung nicht weit. Wir behaupten darum: Kommunikation ist neben Forschung und Lehre eine der Kern- aufgaben von Wissenschaftlern. Und bekanntlich steht man auf drei Beinen am stabilsten! Gliederung Seite 1. Alles ist Kommunikation 2 2. Öffentlichkeitsarbeit prägt das Image der Wissenschaft 3 3. Drittmittelgeber fordern Kommunikation 4 4. Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Fach 5 5. Studierende gewinnen 5 6. Kontakte anbahnen 7 7. Krisen-Kommunikation 7 8. Was denken die Kollegen 8 9. Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit 9 HWK 1 00 08 03 1
  • 2. A Warum Wissenschaft kommunizieren? 1. Alles ist Kommunikation „Man kann nicht nicht kommunizieren!“ – Diese einfache Erkenntnis stammt von dem berühmten österreichischen Psychoanalytiker und Kommunikations- wissenschaftler Paul Watzlawick. Vom Abteilungsmeeting bis zum „Schatz wie war dein Tag“-Gespräch am Abend kommunizieren Sie unentwegt. Kommuni- kation ist gerade für Wissenschaftler das tägliche Brot. Sie verfügen über ein weltweites Netzwerk, das Sprach- und Fächergrenzen überschreitet. Sind in der Lage, sich schnell in andere Fachgebiete einzuarbeiten und Kollegen aus ande- ren Disziplinen ihr eigenes Gebiet näher zu bringen. Allerdings mit den Kom- munikationsmechanismen der jeweiligen Wissenschaft –das heißt ihrer Fach- sprache, der erforderlichen Komplexität und mit den eingespielten Verhaltens- weisen der Scientific Community. Dem steht auf der anderen Seite die Öffent- lichkeit mit ihrer Forderung nach klaren, verständlichen Botschaften, Redukti- on von Komplexität und Veranschaulichung entgegen. Die Frage ist also nicht ob, sondern wie Sie als Wissenschaftler kommunizieren wollen, und wen Sie in die Kommunikation einbeziehen möchten. Entscheiden Sie, wen Sie erreichen wollen Legen Sie Zielgruppen Es muss nicht immer die breite Öffentlichkeit sein, mit der Sie in Kontakt tre- und Kommunikationsziele ten. Denn ohnehin gilt: „Die“ Öffentlichkeit gibt es gar nicht. Vielmehr ist in fest! der Literatur häufig von Teilöffentlichkeiten oder so genannten Dialoggruppen die Rede und die sind so unterschiedlich wie die Kommunikation mit ihnen. Für Ihre Praxis kann das heißen, sich den Medien als Experte für Fachfragen zur Verfügung stellen, auch Kinderuni-Vorlesungen zu halten. Oder Sie gehen in Schulen, um angehende Abiturienten für ihr Studienfach zu begeistern. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das gilt auch für die Zielsetzung, mit der Sie kommunizieren. Kommunikatoren sind nicht notwendigerweise Altruisten, die um der Sache willen in die „Bütt“ steigen. Wenn Kommunikation die Ziele erreichen soll, die Sie sich selbst, die Ihre Organisation oder Ihre Fachgesell- schaft gesteckt haben, gilt es, angemessene Formate zu finden. Wissenschaft im Dialog mit Laien Im Gespräch mit Laien Freilich haben Sie im Dialog mit Laien nicht immer so leichtes Spiel wie bei sollten Sie keine Ihren Kollegen. So müssen Sie sich schon etwas umstellen, wenn Sie Ihrem Fachkenntnisse Friseur, der Wissenschaft nur aus Krimiserien im Privatfernsehen kennt, erklä- voraussetzen ren, womit Sie sich beruflich beschäftigen. Aber auch Ihre Verwandten fragen gelegentlich nach, womit Sie Ihre Familie ernähren. Nachwuchswissenschaftler kommen spätestens in ihrem ersten Vorstellungsgespräch nicht um die Aufgabe herum, einem Laien zumindest im Kern zu erklären, womit sie sich in den ver- gangenen Jahren beschäftigt haben. Anders als bei Ihren Fachkollegen können Sie im Gespräch mit Laien keine Fachkenntnisse voraussetzen. Nicht einmal das Abitur dürfte jeder Ihrer Ge- sprächspartner in der Tasche haben. Die Reduktion auf zentrale und verständli- che Informationen fällt vielen Wissenschaftlern schwer. Andererseits ist dies 2 HWK 1 00 08 03
  • 3. A Warum Wissenschaft kommunizieren? Informationen zu den Autoren: Dr. Andreas Archut ist seit 2000 Leiter der Abteilung Presse und Kommunikation und Pressesprecher der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seit Herbst 2004 ist er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Hochschulpressestellen in Deutschland. Der promovierte Chemiker war nach Abschluss seiner akademischen Ausbildung freier Mitarbeiter der Bonner Rundschau und ab 1998 als Redakteur im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Forschungskommunikation verantwortlich. Er unterrichtete in Medientrainings Kollegiaten von DFG- geförderten Graduiertenkollegs. Journalistische Erfahrung sammelte Archut bereits als Schüler und Student als freier Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Bonner Rundschau, der Honnefer Volkszeitung und bei Radio Bonn/Rhein-Sieg. Dr. Eva-Maria Streier, promovierte Literaturwissenschaftlerin (Amerikanistik), gelernte Journalistin, Erfahrungen im Print, Hörfunk- und Fernsehbereich. Seit 1985 verantwortlich für den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die DFG ist der größte Forschungsförderer Deutschlands mit einem Gesamthaushalt von 2 Milliarden Euro, fünf Auslandsbüros und der Satzungsaufgabe der Beratung von Parlamenten und Regierungen in wissenschaftlichen Fragen. 10 HWK 1 00 08 03