Die Lokalredaktion hat vielleicht nicht das beste Image – doch nicht die Politik-, die Wirtschaftsoder
die Feuilletonredaktion, sondern das Lokale bindet die Leser in erster Linie an ihre Zeitung und wird auch am intensivsten gelesen. Dies gilt es für die Wissenschaft zu nutzen. Denn wer auch im Lokalteil steht, wird besser wahrgenommen.
Michael Seifert: So spannend kann Wissenschaft sein
Andreas Archut: All business is local
1. E 4.7
All business is local
Wie Wissenschaft in die Lokalmedien kommt
Andreas Archut
Die Lokalredaktion hat vielleicht nicht das beste Image – doch nicht die Politik-, die Wirtschafts-
oder die Feuilletonredaktion, sondern das Lokale bindet die Leser in erster Linie an ihre Zeitung
und wird auch am intensivsten gelesen. Dies gilt es für die Wissenschaft zu nutzen. Denn wer auch
im Lokalteil steht, wird besser wahrgenommen.
Gliederung Seite
1. Lokalmedien sind nah am Menschen 2
2. Wissenschaftseinrichtungen im Lokalteil 3
3. Wie arbeiten Lokaljournalisten? 5
4. Alle lokale Medien einbeziehen 7
5. Spielregeln des Lokaljournalismus 9
5.1 Personalisieren Sie Ihre Nachrichten 9
5.2 Lokalisierung 11
6. Gemeinsame Aktionen und Veranstaltungen 12
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2. E 4.7 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür??
Was wollen Redaktionen?
1. Lokalmedien sind nah am Menschen
Obwohl in den vergangenen Jahren die Zahl der Zeitungsleser deutlich
zurückgegangen ist und voraussichtlich auch noch weiter sinken wird,
halten noch immer sehr viele Deutsche ihrer Regional- oder Lokalzei-
tung die Treue. Laut einer 2008 von der Arbeitsgemeinschaft Medien-
Analyse veröffentlichten Studie lesen drei von vier Deutschen über 14
Jahre täglich eine Zeitung (siehe Handout).
Lokalzeitungen werden gelesen
In der Gesamtbevölkerung beträgt die Reichweite der Tageszeitungen
72,4 % (rund 47 Millionen) oder anders ausgedrückt: Knapp drei von
vier Deutschen über 14 Jahren lesen täglich mindestens eine Zeitung.
Die Gunst der deutschen Leser ist unterschiedlich verteilt. So erfreu-
en sich die regionalen Abonnementzeitungen mit einer Reichweite
von 60,7 % (der Bevölkerung über 14 Jahren) der größten Beliebtheit.
Jeder fünfte Deutsche greift zu einer Kaufzeitung, wobei die überregi-
onalen Tageszeitungen nur einen Marktanteil von 5,5 % aufweisen.
Die höchsten Reichweitenwerte erzielen die Tageszeitungen traditio-
nell bei den 40- bis 69-jährigen Lesern. In diesen Altersgruppen lie-
gen die Reichweiten zwischen rund 73,7 und 83,8 %. Von den über
70-jährigen greifen 82,9 % regelmäßig zur Tageszeitung, und bei den
30- bis 39-jährigen sind es 66 %. Alarmierend ist jedoch, dass in der
Gruppe der 14- bis 19-jährigen die Zahl der Zeitungsleser weiterhin
rückläufig ist: Derzeit liegt sie bei 47 %.
Quelle: Media-Analyse Tageszeitungen 2008
http://www.die-zeitungen.de/leistung/werbeleistung/
aktuelle-reichweiten/
Handout E 4.7-1 Lokalzeitungen werden gelesen: Analyse
Natürlich gehören auch die Berichterstattung zur Jahreshauptver-
sammlung des Kaninchenzüchtervereins, das Krippenspiel der Ad-
ventgemeinde und der Tag der offenen Tür in der Altentagesstätte zum
Pflichtrepertoire des Lokalteils. Nicht alles ist für jeden Leser glei-
chermaßen von Bedeutung. Dennoch ist die Bereitschaft, sich auch
mit persönlich nicht so favorisierten Themen auseinanderzusetzen, im
Lokalen verhältnismäßig groß. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die
handelnden Personen Menschen von nebenan sind, die man oft per-
sönlich oder zumindest „vom Sehen her“ kennt.
Der Lokalteil wird am Der Lokalteil ist darum der mit Abstand am intensivsten und regelmä-
intensivsten gelesen ßigsten gelesene Teil der Tageszeitung. Kein Wunder, denn diese Rubrik
bedient das Nachrichtenkriterium „Nähe“ (siehe Kap. E 2.3) besonders
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3. Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?? E 4.7
Was wollen Redaktionen??
gut. Leser empfinden sich häufig selbst als Gegenstand der Berichter-
stattung oder sind zumindest mittelbar von dem Berichteten betroffen.
Was hier für Lokalzeitungen gesagt wurde, gilt ebenso für die elektro-
nischen Medien Lokalradio und Lokalfernsehen.
2. Wissenschaftseinrichtungen im Lokalteil
Auch Institutionen, deren Aufgabe überregionaler Natur ist, haben ihre Alle Institutionen
Wurzeln an ihrem Standort. Aber auch Niederlassungen von Einrich- haben ihre Wurzeln
tungen, die ihre Zentrale woanders haben, „schlagen“ in gewissem Sin- am Standort
ne „Wurzeln“. Die Einrichtung selbst – und natürlich vor allem ihre
Mitarbeiter – ist ein Teil des Gemeinwesens, in dem sie angesiedelt ist.
So haben nicht nur die unmittelbaren Nachbarn, sondern auch die Bür-
ger in der Umgebung ein Interesse daran, was in dieser Institution vor
sich geht. Viele Einwohner sind Mitarbeiter oder Nutzer der Institution,
oder sie kennen jemanden, der bei der Institution arbeitet oder sie nutzt.
Universitäten sind in der Regel sehr stark mit der jeweiligen Stadt
verbunden und tragen erheblich zu deren Selbstverständnis bei. In
Bonn, einer Großstadt mit über 300.000 Einwohnern, gibt es bei-
spielsweise fast 30.000 Studenten, und an der Universität und am Uni-
versitätsklinikum sind etwa 10.000 Menschen beschäftigt. Das ent-
spricht 13 % der Gesamtbevölkerung. Wenn man nun noch Angehöri-
ge und Freunde der Universitätsmitglieder hinzunimmt, kann man
davon ausgehen, dass mindestens ein Drittel der Bevölkerung „per-
sönlichen Kontakt“ zur Universität hat. Die Zahl wird noch größer,
wenn man auch diejenigen einbezieht, die gelegentlich für die Univer-
sitätseinrichtungen und -angehörigen arbeiten und von ihnen leben.
Auch wenn eine Einrichtung in ihrem Tagesgeschäft einen überregio-
nalen Fokus hat, so ist doch eine gute Einbindung am Standort ein
wesentlicher Erfolgsfaktor. Spätestens, wenn Neu- und Erweiterungs-
bauten anstehen oder Krisen zu bewältigen sind, zahlt es sich aus, in
der Zwischenzeit als „guter Nachbar“ Vertrauen aufgebaut zu haben.
Die Industrie hat diesen Umstand schon vor langer Zeit erkannt und
misst in ihrer Kommunikation der so genannten Standort-PR und dem
heute gern unter dem Begriff „Corporate Citizenship“ summierten
bürgerschaftlichen Engagement eine große Bedeutung bei.
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Was wollen Redaktionen??
Informationen zum Autor:
Dr. Andreas Archut ist seit 2000 Leiter der Abteilung Presse und Kommunikation und Pressesprecher
der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Von 2004 bis 2008 war er Vorsitzender der Ar-
beitsgemeinschaft der Hochschulpressestellen in Deutschland (heute: Bundesverband Hochschulkom-
munikation). Der promovierte Chemiker war nach Abschluss seiner akademischen Ausbildung freier
Mitarbeiter der Bonner Rundschau und ab 1998 als Redakteur im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsar-
beit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Forschungskommunikation verantwortlich. Er
unterrichtete in Medientrainings Kollegiaten von DFG-geförderten Graduiertenkollegs. Journalistische
Erfahrung sammelte Archut bereits als Schüler und Student als freier Mitarbeiter der Frankfurter Allge-
meinen Zeitung, der Bonner Rundschau, der Honnefer Volkszeitung und bei Radio Bonn/Rhein-Sieg.
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