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D 1.1
Äußerungsrechtliche Fragestellungen




                                                                    Gernot Lehr



Entwicklungen im Bereich der Wissenschaft stehen immer wieder im Mittelpunkt der gesellschaft-
lichen Diskussion. Die Medien dürfen derartige Entwicklungen aufgreifen und kritisch berichten.
Zulässige kritische Berichterstattung ist jedoch nicht mit einer Falschberichterstattung zu verwech-
seln. Gegen falsche Tatsachenbehauptungen steht ein sehr effektiv einsetzbares presserechtliches
Instrumentarium zur Verfügung. Insbesondere das Privileg der Medien, bereits über einen bloßen
Verdacht zu berichten, verlangt besondere Vorkehrungen.



Gliederung                                                                                    Seite

1.      Einführung                                                                                2
1.1     Die Rolle der Medien im gesellschaftlichen Willensbildungsprozess                         2
1.2     Notwendigkeit eines gestaltenden Umgangs mit der Medienöffentlichkeit                     3
2.      Presserechtliche Angriffsziele                                                            4
2.1     Die unrichtige Information                                                                4
2.2     Sonderfall: Die mehrdeutige Äußerung                                                      5
2.3     Schmähungen: Kein Schutz durch Meinungsfreiheit                                           5
2.4     Die Äußerung eines Tatsachenverdachts                                                     5
2.5     Grenzen der identifizierenden Berichterstattung                                           8
3.      Das presserechtliche Instrumentarium                                                      9
3.1     Der Unterlassungsanspruch                                                                10
3.2     Die Gegendarstellung                                                                     12
3.3     Richtigstellung                                                                          14
3.4     Schadensersatz                                                                           14
3.5     Geldentschädigung                                                                        14




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D 1.1                                          Alles was Recht ist: Was darf ich, was nicht?

Medienrechtliche Fragestellungen




                              1.    Einführung

                              1.1 Die Rolle der Medien im gesellschaftlichen
                                  Willensbildungsprozess

Sowohl Medium als auch        Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Hörfunk und Internetangebote
Faktor für die politische     sind sowohl Medium als auch Faktor für die politische Meinungsbil-
Meinungsbildung und           dung und gesellschaftliche Wertebildung in der modernen Demokratie.
gesellschaftliche             Die freiheitlich demokratische Grundordnung verlangt einen freien
Wertebildung                  und funktionierenden Prozess der Kommunikation, der ohne die Me-
                              dien nicht aufrechterhalten werden kann. Über die Medien werden
                              einerseits Informationen und Meinungen verbreitet, andererseits zu-
                              gleich auch Wahrnehmungsbilder und Meinungen gebildet. Diese
                              zentrale Integrationsfunktion ist in den Grundrechten der Meinungs-,
                              Informations-, Presse- und Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Grund-
                              gesetz geschützt. Sie erstreckt sich nicht nur auf den politischen Be-
                              reich, sondern auf den gesamten gesellschaftlichen und damit auch auf
                              den wissenschaftlichen Bereich. Gerade Vorgänge und Entwicklungen
                              im Bereich der Wissenschaft stehen immer wieder im Mittelpunkt der
                              gesellschaftlichen Diskussion.

                              Vor diesem Hintergrund stellt es nicht nur eine legitime, sondern eine
                              geforderte Aufgabe der Medien dar, etwaige gesellschaftliche Fehlent-
                              wicklungen oder Missstände zu erkennen und hierüber zu berichten.
                              Der verfassungsrechtliche Schutz der Informations- und Berichterstat-
                              tungsfreiheit ist jedoch nicht grenzenlos. Im Mittelpunkt der Begren-
                              zung der Kommunikations- und Medienfreiheit steht das Verbot, falsche
                              Tatsachen zu berichten oder zu verbreiten. Der sehr weitgehende Schutz
                              der Meinungsfreiheit wird dadurch korrigiert, dass diese Freiheit der
                              Meinungsbildung nicht durch falsche Tatsachenbehauptungen manipu-
                              liert werden darf. Insoweit steht im Mittelpunkt der presserechtlichen
                              oder kommunikationsrechtlichen Debatte die Abgrenzung zwischen
                              Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen.

                              Zwischen den Medien findet ein scharfer Konkurrenzkampf um Leser,
                              Zuhörer oder Zuschauer statt. Zentrales Kampfinstrument um die Auf-
                              lage oder die Quote ist das knappe Gut der neuen interessanten Nach-
                              richt. Das Aufdecken eines vermeintlichen Skandals, z. B. die (ver-
                              meintliche) rechtswidrige Inanspruchnahme öffentlicher Fördergelder
                              für Forschungsvorhaben oder der (vermeintliche) Einsatz neuentwi-
                              ckelter Medikamente an Patienten ohne deren Zustimmung, sind
                              Themenfelder, die mit höchster Wahrscheinlichkeit innerhalb kürzes-
                              ter Zeit medienöffentlich werden und einem Millionenpublikum prä-
                              sentiert werden können. Die hohe Sensibilität der Öffentlichkeit für
                              Fehlentwicklungen im Bereich des Wirtschaftslebens, aber auch in der
                              Wissenschaft hat den publizistischen und wirtschaftlichen Wert einer
                              entsprechenden intensiven Berichterstattung erhöht. Der öffentliche
                              Pranger der Medienberichterstattung wird durch die einzigartige Sug-




2                                                                                     HWK 1 00 08 03
Alles was Recht ist: Was darf ich, was nicht?                                                  D 1.1

                                                                     Medienrechtliche Fragestellungen




gestivkraft, Breitenwirkung und Aktualität des Fernsehens und dessen
vermittelten Anscheins von Authentizität potenziert. Die suggestive
Kraft des Bildes, die oft mit einem simplifizierenden Informationswert
einhergeht, darf nicht unterschätzt werden.


1.2 Notwendigkeit eines gestaltenden Umgangs mit
    der Medienöffentlichkeit

Das Presserecht bietet entgegen mancher Einschätzung vielfältige,                 Presserecht bietet
wirkungsvolle und schnelle Instrumente, mit denen zumindest die                       wirkungsvolle
weiteren Folgen einer bereits veröffentlichten unzulässigen Berichter-                  Instrumente
stattung eingeschränkt werden kann. Darüber hinaus kann oftmals im
Vorfeld der Berichterstattung und außerhalb der eigentlichen presse-
rechtlichen Schritte die (drohende) Berichterstattung beeinflusst oder
gestaltet werden. Sowohl aus publizistischen als auch aus presserecht-
lichen Gründen ist es erforderlich, dass bereits erste Anzeichen eines
Medieninteresses an einem bestimmten Sachverhalt zu Reaktionen
führen. Es ist unter presserechtlichen Gesichtspunkten bei Vorliegen
derartiger Anzeichen gänzlich verfehlt, „den Kopf in den Sand zu
stecken“ und ohne vorausgegangene presserechtliche Analyse eine
sogenannte „Betonbunker-Mentalität“ aufzubauen. Im Idealfall kann
eine frühzeitige presserechtliche und publizistische Beratung zu dem
Ergebnis führen, dass es gar nicht erst zu der Enthüllungsstory eines
vermeintlich erfolgreichen investigativen Journalismus kommt. Auch
besteht kein Anlass für die resignierende Annahme, dass die Medien
ohnehin am längeren Hebel säßen.

Dieser Hinweis auf Reaktionsmöglichkeiten darf jedoch nicht zu der
Fehleinschätzung führen, dass eine drohende oder erfolgte kritische
Berichterstattung sofort zu lautstarken Protesten und Ankündigungen
von presserechtlichen Schritten führen sollte. Vielmehr ist es erforder-
lich, mit einer schnellen effizienten, aber lautlosen Hintergrundarbeit
ohne Rücksicht auf interne Vorbehalte, insbesondere Hierarchien, die
Berichterstattung und den ihr zugrunde liegenden Sachverhalt zu prü-
fen, um so dann eine publizistische und presserechtliche Verteidi-
gungsstrategie aufzubauen. Für die Bewältigung einer Kommunikati-
onskrise haben sich gerade auch aus medienrechtlicher Sicht drei
Grundsätze herauskristallisiert, die man stets beherzigen sollte:

  1. Gefahrenbewusstsein und keine Verdrängung
  2. Abbau von Hierarchien
  3. zunächst lautlose Hintergrundarbeit




HWK 1 00 08 03                                                                                      3
Alles was Recht ist: Was darf ich, was nicht?                                                       D 1.1

                                                                         Medienrechtliche Fragestellungen




  Informationen zum Autor:
  Gernot Lehr, geboren 1957 in Bonn. Studium der Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in
  Bonn und München. 1982 erstes, 1986 zweites jur. Staatsexamen. Von 1981 bis 1985 Mitarbeiter
  am Lehrstuhl für Kirchenrecht und öffentliches Recht der Universität Bonn, Prof. Dr. Schlaich. 1986
  Mitarbeit im Justitiariat einer Rundfunkanstalt. 1987 Eintritt in die Anwaltskanzlei. Vorstandsmitglied
  des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit, Stuttgart; Vorstandsmitglied des Instituts für
  Europäisches Medienrecht, Saarbrücken; Berater der Publizistischen Kommission der Deutschen
  Bischofskonferenz; Dozent des Fachlehrgangs Urheber- und Medienrecht der Deutschen Anwalt-
  Akademie.
  Veröffentlichungen zum Rundfunk-, Presse- und Glücksspielrecht.
  Schwerpunkte: Verfassungsrecht; Rundfunkrecht; Presse- und Äußerungsrecht; Recht der Infor-
  mationstechnologien; Urheberrecht; Glücksspielrecht.

  Internet: www.redeker.de




HWK 1 00 08 03                                                                                          15

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Gernot Lehr: Äußerungsrechtliche Fragestellungen

  • 1. D 1.1 Äußerungsrechtliche Fragestellungen Gernot Lehr Entwicklungen im Bereich der Wissenschaft stehen immer wieder im Mittelpunkt der gesellschaft- lichen Diskussion. Die Medien dürfen derartige Entwicklungen aufgreifen und kritisch berichten. Zulässige kritische Berichterstattung ist jedoch nicht mit einer Falschberichterstattung zu verwech- seln. Gegen falsche Tatsachenbehauptungen steht ein sehr effektiv einsetzbares presserechtliches Instrumentarium zur Verfügung. Insbesondere das Privileg der Medien, bereits über einen bloßen Verdacht zu berichten, verlangt besondere Vorkehrungen. Gliederung Seite 1. Einführung 2 1.1 Die Rolle der Medien im gesellschaftlichen Willensbildungsprozess 2 1.2 Notwendigkeit eines gestaltenden Umgangs mit der Medienöffentlichkeit 3 2. Presserechtliche Angriffsziele 4 2.1 Die unrichtige Information 4 2.2 Sonderfall: Die mehrdeutige Äußerung 5 2.3 Schmähungen: Kein Schutz durch Meinungsfreiheit 5 2.4 Die Äußerung eines Tatsachenverdachts 5 2.5 Grenzen der identifizierenden Berichterstattung 8 3. Das presserechtliche Instrumentarium 9 3.1 Der Unterlassungsanspruch 10 3.2 Die Gegendarstellung 12 3.3 Richtigstellung 14 3.4 Schadensersatz 14 3.5 Geldentschädigung 14 HWK 1 00 08 03 1
  • 2. D 1.1 Alles was Recht ist: Was darf ich, was nicht? Medienrechtliche Fragestellungen 1. Einführung 1.1 Die Rolle der Medien im gesellschaftlichen Willensbildungsprozess Sowohl Medium als auch Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Hörfunk und Internetangebote Faktor für die politische sind sowohl Medium als auch Faktor für die politische Meinungsbil- Meinungsbildung und dung und gesellschaftliche Wertebildung in der modernen Demokratie. gesellschaftliche Die freiheitlich demokratische Grundordnung verlangt einen freien Wertebildung und funktionierenden Prozess der Kommunikation, der ohne die Me- dien nicht aufrechterhalten werden kann. Über die Medien werden einerseits Informationen und Meinungen verbreitet, andererseits zu- gleich auch Wahrnehmungsbilder und Meinungen gebildet. Diese zentrale Integrationsfunktion ist in den Grundrechten der Meinungs-, Informations-, Presse- und Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Grund- gesetz geschützt. Sie erstreckt sich nicht nur auf den politischen Be- reich, sondern auf den gesamten gesellschaftlichen und damit auch auf den wissenschaftlichen Bereich. Gerade Vorgänge und Entwicklungen im Bereich der Wissenschaft stehen immer wieder im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion. Vor diesem Hintergrund stellt es nicht nur eine legitime, sondern eine geforderte Aufgabe der Medien dar, etwaige gesellschaftliche Fehlent- wicklungen oder Missstände zu erkennen und hierüber zu berichten. Der verfassungsrechtliche Schutz der Informations- und Berichterstat- tungsfreiheit ist jedoch nicht grenzenlos. Im Mittelpunkt der Begren- zung der Kommunikations- und Medienfreiheit steht das Verbot, falsche Tatsachen zu berichten oder zu verbreiten. Der sehr weitgehende Schutz der Meinungsfreiheit wird dadurch korrigiert, dass diese Freiheit der Meinungsbildung nicht durch falsche Tatsachenbehauptungen manipu- liert werden darf. Insoweit steht im Mittelpunkt der presserechtlichen oder kommunikationsrechtlichen Debatte die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen. Zwischen den Medien findet ein scharfer Konkurrenzkampf um Leser, Zuhörer oder Zuschauer statt. Zentrales Kampfinstrument um die Auf- lage oder die Quote ist das knappe Gut der neuen interessanten Nach- richt. Das Aufdecken eines vermeintlichen Skandals, z. B. die (ver- meintliche) rechtswidrige Inanspruchnahme öffentlicher Fördergelder für Forschungsvorhaben oder der (vermeintliche) Einsatz neuentwi- ckelter Medikamente an Patienten ohne deren Zustimmung, sind Themenfelder, die mit höchster Wahrscheinlichkeit innerhalb kürzes- ter Zeit medienöffentlich werden und einem Millionenpublikum prä- sentiert werden können. Die hohe Sensibilität der Öffentlichkeit für Fehlentwicklungen im Bereich des Wirtschaftslebens, aber auch in der Wissenschaft hat den publizistischen und wirtschaftlichen Wert einer entsprechenden intensiven Berichterstattung erhöht. Der öffentliche Pranger der Medienberichterstattung wird durch die einzigartige Sug- 2 HWK 1 00 08 03
  • 3. Alles was Recht ist: Was darf ich, was nicht? D 1.1 Medienrechtliche Fragestellungen gestivkraft, Breitenwirkung und Aktualität des Fernsehens und dessen vermittelten Anscheins von Authentizität potenziert. Die suggestive Kraft des Bildes, die oft mit einem simplifizierenden Informationswert einhergeht, darf nicht unterschätzt werden. 1.2 Notwendigkeit eines gestaltenden Umgangs mit der Medienöffentlichkeit Das Presserecht bietet entgegen mancher Einschätzung vielfältige, Presserecht bietet wirkungsvolle und schnelle Instrumente, mit denen zumindest die wirkungsvolle weiteren Folgen einer bereits veröffentlichten unzulässigen Berichter- Instrumente stattung eingeschränkt werden kann. Darüber hinaus kann oftmals im Vorfeld der Berichterstattung und außerhalb der eigentlichen presse- rechtlichen Schritte die (drohende) Berichterstattung beeinflusst oder gestaltet werden. Sowohl aus publizistischen als auch aus presserecht- lichen Gründen ist es erforderlich, dass bereits erste Anzeichen eines Medieninteresses an einem bestimmten Sachverhalt zu Reaktionen führen. Es ist unter presserechtlichen Gesichtspunkten bei Vorliegen derartiger Anzeichen gänzlich verfehlt, „den Kopf in den Sand zu stecken“ und ohne vorausgegangene presserechtliche Analyse eine sogenannte „Betonbunker-Mentalität“ aufzubauen. Im Idealfall kann eine frühzeitige presserechtliche und publizistische Beratung zu dem Ergebnis führen, dass es gar nicht erst zu der Enthüllungsstory eines vermeintlich erfolgreichen investigativen Journalismus kommt. Auch besteht kein Anlass für die resignierende Annahme, dass die Medien ohnehin am längeren Hebel säßen. Dieser Hinweis auf Reaktionsmöglichkeiten darf jedoch nicht zu der Fehleinschätzung führen, dass eine drohende oder erfolgte kritische Berichterstattung sofort zu lautstarken Protesten und Ankündigungen von presserechtlichen Schritten führen sollte. Vielmehr ist es erforder- lich, mit einer schnellen effizienten, aber lautlosen Hintergrundarbeit ohne Rücksicht auf interne Vorbehalte, insbesondere Hierarchien, die Berichterstattung und den ihr zugrunde liegenden Sachverhalt zu prü- fen, um so dann eine publizistische und presserechtliche Verteidi- gungsstrategie aufzubauen. Für die Bewältigung einer Kommunikati- onskrise haben sich gerade auch aus medienrechtlicher Sicht drei Grundsätze herauskristallisiert, die man stets beherzigen sollte: 1. Gefahrenbewusstsein und keine Verdrängung 2. Abbau von Hierarchien 3. zunächst lautlose Hintergrundarbeit HWK 1 00 08 03 3
  • 4. Alles was Recht ist: Was darf ich, was nicht? D 1.1 Medienrechtliche Fragestellungen Informationen zum Autor: Gernot Lehr, geboren 1957 in Bonn. Studium der Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Bonn und München. 1982 erstes, 1986 zweites jur. Staatsexamen. Von 1981 bis 1985 Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kirchenrecht und öffentliches Recht der Universität Bonn, Prof. Dr. Schlaich. 1986 Mitarbeit im Justitiariat einer Rundfunkanstalt. 1987 Eintritt in die Anwaltskanzlei. Vorstandsmitglied des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit, Stuttgart; Vorstandsmitglied des Instituts für Europäisches Medienrecht, Saarbrücken; Berater der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz; Dozent des Fachlehrgangs Urheber- und Medienrecht der Deutschen Anwalt- Akademie. Veröffentlichungen zum Rundfunk-, Presse- und Glücksspielrecht. Schwerpunkte: Verfassungsrecht; Rundfunkrecht; Presse- und Äußerungsrecht; Recht der Infor- mationstechnologien; Urheberrecht; Glücksspielrecht. Internet: www.redeker.de HWK 1 00 08 03 15