1. Personalarbeit ist in die staatliche Modernisierungspolitik zu integrieren
Verwaltungsführung und Personalentwicklung
Führungskräfte der öffentlichen Verwaltung »entwickeln«:
Coaching für wirkliche Verwaltungsmodernisierung
von Rainer Pitschas, Speyer*
Das erfolgreiche strategische Personalmanagement ist unverzicht- den konkrete Modernisierungsmaßnahmen
bare Voraussetzung für eine effektive Verwaltungsmodernisierung. in Angriff genommen haben.5 Deren wich-
tigste Ziele sind weiterhin die Erhöhung
Die verfügbaren empirischen Daten zeigen indessen der Verwal- der Verwaltungseffizienz sowie die Ver-
tungsführung, dass namentlich die Personalentwicklung große De- besserung der Bürgerorientierung im
fizite aufweist. Vor allem stagniert die »Entwicklung« der Füh- Dienstleistungsangebot.6 Dementsprechend
rungskräfte. Dementsprechend sollten künftige Bemühungen liegen die Schwerpunkte der Reforman-
strengungen im Haushalts- und Rechnungs-
hierum vor allem individuell ansetzen und auf die Instrumente des wesen, in der Organisationsentwicklung
Mentoring und Coaching zurückgreifen. und eben auch im Personalsektor. Aller-
dings hatten im Jahr 2000 erst dreißig Pro-
zent der Städte ihre Personalentwicklung
Verwaltungsmodernisierung und nals als entscheidender Modernisierungs- und Fortbildung an der Bedeutung des Per-
Personal im 21. Jahrhundert faktor erkennbar.2 Zugleich wird die Rolle sonals als entscheidender Faktor für den
der Führung (»Leadership«) sowie des Modernisierungserfolg orientiert. Im Jahr
Die zu Beginn des letzten Jahrzehnts des Change-Managements für den Erfolg des 2004 waren es dann bereits 46 Prozent.7
20. Jahrhundert begonnene Modernisie- Strukturwandels offenkundig. Ebenso
rung von Staat und Verwaltung in deutlich wird aber auch, dass Verwal-
Deutschland hat inzwischen erhebliche tungsmodernisierung im Kern Personalent- Die Bedeutung des Personals
Fortschritte gemacht. Ungeachtet der be- wicklung bedeutet.3 Der »personale Fak- als entscheidender
stehenden finanziellen Engpässe, des fort- tor« ist von maßgeblichem Gewicht für die Modernisierungsfaktor
gesetzten Personalabbaus in den Behörden Strukturanpassung der öffentlichen Ver-
und trotz erheblicher Arbeitsbelastung waltung an die sozio-ökonomischen und Voraussetzung für eine die Zukunft gewin-
durch die Umsetzung der großen Sozialre- ökologischen Herausforderungen, denen nende Strategie dürfte somit eine Personal-
formen verfolgen alle deutschen Verwal- sich das Staatswesen zu Beginn des 21. arbeit sein, die mehr als bisher in die staatli-
tungen auf den Ebenen von Bund, Ländern Jahrhunderts gegenüber sieht. Leadership, che Modernisierungspolitik integriert wird
und Kommunen konsequent das Ziel, die Change-Management, Personalentwick- (»Strategische Personalentwicklung«). So-
Strukturen und Abläufe in den einzelnen lung und die Rolle der Führungskräfte prä- mit reicht es nicht aus, sich für deren Erfolg
Behörden zugunsten höherer Wirtschaft- gen gemeinsam den Veränderungskontext; auf reine »Personalverwaltung« zu be-
lichkeit öffentlichen Verwaltens einerseits sie geben auf, sich der Möglichkeiten zu schränken und die übrige Personalarbeit bei
und der Verbesserung der Dienstleistungs- vergewissern, etwaigen Handlungsbedar- der Entwicklung von Programm- und Reor-
orientierung andererseits zu verändern.1 fen in diesen Aktionsfeldern nachzuspüren ganisationsstrategien lediglich »mitlaufen«
Allerdings ist es nicht immer ganz ein- und ggf. für deren Deckung entsprechende zu lassen. Statt dessen ist die Bedeutung des
fach, den Stand der Modernisierungsan- Strategien und Konzepte vorzuschlagen. Personals als entscheidender Modernisie-
strengungen und deren Erfolg festzustel- Diese müssen sich vor allem auf ein inno- rungsfaktor zu würdigen.
len. Unterzieht man sich dieser Mühe, so vatives Personalmanagement beziehen.4
wird sehr schnell die Bedeutung des Perso-
Stand und Probleme der
Verwaltungsmodernisierung in * Vortrag am 23. März 2006 in der DHV Speyer
Deutschland im Rahmen der 1. Speyerer Führungswerkstatt
Univ.-Professor Dr. »Moderne Instrumente der Führungskräfteent-
Rainer Pitschas ist wicklung«.
Inhaber des Lehrstuhls Hierauf verweisen nicht zuletzt die empi- 1 Bundesministerium des Innern 2005, S. 6 ff.,
für Verwaltungswissen- risch gesättigten Erfahrungen mit dem Ver- 44 ff.; Jann/Bogumil et al. 2004; Knipp 2005 a.
schaft, Entwicklungs- lauf der Verwaltungsmodernisierung in der 2 Drescher 2005, S. 36; Pitschas 1998, S. 274 ff.
politik und Öffentliches Bundesrepublik Deutschland. Versucht 3 KGST 3/2000, S. 15 ff.; Korintenberg 1997,
Recht an der Deutschen S. 117 ff., 201 ff., 269 ff.
man, den Stand der Verwaltungsmoderni-
Hochschule für Verwal- 4 Thom/Ritz 2006, S. 359.
sierung am Beispiel der Kommunen her- 5 Knipp 2005 b, S. 27.
tungswissenschaften auszuarbeiten, so zeigt sich, dass heute cir- 6 Pitschas 2000, S. 97 ff.
Speyer.
ka siebzig Prozent der Städte und Gemein- 7 Knipp 2005 b, S. 27.
172 Verwaltung und Management
12. Jg. (2006), Heft 4, S. 172-176
2. Rainer Pitschas, Verwaltungsführung und Personalentwicklung
In der Folge dessen ergeben sich vorweg Verwaltungsführung vor neuen in dessen Verlauf ältere Beschäftigte in
zwei zentrale Aufgaben für die Verwal- Anforderungen: Führungsqualität Qualifizierungsprozesse integriert werden
tungsentwicklung. Einerseits sind für den und Führungsverantwortung müssen. Hierfür mögen »Patensysteme«
binnenadministrativen Anpassungsbedarf oder auch altersgemischte Teams wichtige
die maßgeblichen Modernisierungsziele zu Auch die Führungspolitik in der öffentli- Hilfsmittel sein.17
»schärfen«. Sie erfließen den »fünf Moder- chen Verwaltung sieht sich damit vor neue
nisierungen« der Staatsfunktion im Wohl- Anforderungen gestellt. Einerseits wird
Erfolgsfaktoren der
fahrtsstaat. Zu diesen gehört einerseits die »Leadership« zum tragenden Faktor im
Personalentwicklung
Neubestimmung des Verhältnisses von Wettbewerb der Behörden untereinander
Staat und Gesellschaft, so insbesondere zur um größtmögliche Effizienz und Bürgero- Das auf die Entwicklung des Personals im
Wirtschaft unter den Bedingungen einer rientierung.13 Dabei gilt es, die maßgebli- öffentlichen Sektor bedachtnehmende Per-
weltwirtschaftlichen Entwicklung (»Globa- che Situation zu analysieren, ohne im Pro- sonalmanagement ist von bekannten Er-
lisierung«). In Verbindung damit stehen der zess der »Ökonomisierung« öffentlicher folgsfaktoren abhängig. Zu diesen zählen
erkennbar notwendige Rückschnitt des Verwaltung die tragenden Wertegrundla- nun einmal die im anglo-amerikanischen
Wohlfahrtsstaates und die verbreitete Stär- gen zu vergessen, um aus der Integration Sektor so genannten »Three C’s«, was
kung individueller und gesellschaftlicher beider eine solide Führungspolitik zu ent- meint, dass einerseits Qualifizierungsmaß-
Verantwortungen, wie sie auch in der Aus- wickeln.14 Bei den Mitarbeitern und Mitar- nahmen in einen Bezug zu den Zielen und
formung einer spezifischen »Governance« beiterinnen ist ein entsprechendes Füh- Zielveränderungen der Behörde (»Com-
erkennbar wird.8 Weiterhin und andererseits rungsverständnis ebenso wie unter den pany«) gestellt werden müssen, anderer-
ist der in allen Gesellschaften dieser Welt Führungskräften zu schaffen. In der Bin- seits aber – wie dies zum Verständnis der
feststellbare Wertewandel von Belang.9 nenperspektive verknüpft sich damit die Personalentwicklung gehört – auch die ei-
Hinzu treten schließlich die demografischen Aufgabe, Konflikte durch Moderation und gene Karriere (»Career«) der Mitarbeite-
Entwicklungsfaktoren, die zu einem »er- Mediation zu lösen sowie Führungsqualität rinnen und Mitarbeiter gefördert werden
grauenden Europa« führen.10 messbar zu machen.15 muss. Hinzu kommt allerdings das, was
Aus diesen Entwicklungsprägungen der
Moderne resultieren interne Rationalisie-
rungstendenzen des öffentlichen Sektors.
Sie bilden eine eigene Gruppe übergeordne-
»Es wird deutlich, dass
ter Modernisierungsziele der Verwaltung
mit Konsequenzen für die Personalarbeit
Verwaltungsmodernisierung im Kern
aus. Ihnen sind die konkreten Management- Personalentwicklung bedeutet.«
prozesse der öffentlichen Verwaltungs-
führung verpflichtet. Dabei geht es insbe-
sondere und einerseits um die Pluralisierung Personalentwicklung als wir als »Verwaltungskultur« (»Culture«)
und Internationalisierung der Verwaltung11, Modernisierungsressource bezeichnen. Personalentwicklung ist in
andererseits um die behördliche Dienstlei- Reichweite und Durchschlagskraft abhän-
stungsorientierung bei gleichzeitiger staatli- gig von den verwaltungskulturellen Eigen-
cher Gewährleistungsverantwortung für das Verantwortung der Verwaltungs- heiten einer Behörde. Das erst noch
privatverantwortete Handeln. führung für Personalentwicklung flächendeckend in deutschen Verwaltun-
Zusammenfassend lässt sich von der In diese spezifische Führungsverantwor- gen18 auszuformende dynamische Ent-
Notwendigkeit eines »Change-Manage- tung ist auch die Personalentwicklung ein- wicklungskonzept für innovatives Perso-
ment« der öffentlichen Verwaltung zur beschlossen. Denn Veränderungsprozesse nalmanagement sollte sich auf die Umset-
Umsetzung der skizzierten Modernisie- fordern das Personal ebenso heraus, wie zung der genannten Faktoren beziehen und
rungsziele sprechen. Dessen Abhängigkeit dessen »Entwicklung« die Veränderungs- dazu Abstand von einem statischen Lern-
von der Personalarbeit darf nicht überse- prozesse unterstützt, mehr noch: sie erst bzw. Bildungsbegriff nehmen.19
hen werden. Diese muss dazu beitragen, ermöglicht und trägt. Diese Erkenntnis hat
die Veränderungsbedürfnisse der operati- Maßnahmen nicht nur zur Qualifizierung
ven Verwaltungsführungen zu erfüllen. des Verwaltungsmanagers zum »Change
Die Folge ist ein entsprechendes Human Agent« zur Folge; sie beruft ebenso die
8 Schuppert 2005.
Resource Management, das in einem mit Wandlungsbereitschaft der Führungskräfte
9 Klages 1997, S. 463 ff.; Hollender-Matatko/
dem Change-Management verbundenen des Personalbereichs16. Er hat dafür Sorge Brauweiler 2005, S. 168 f.; Pitschas 2002, S.
System als Basis für Rekrutierung, Beur- zu tragen, dass qualifizierte Mitarbeiter im 20 ff.
teilung, Potentialidentifikation und Ent- Unternehmen »Verwaltung« tätig sind; 10 Böhret 2004 a, S. 16 ff.; Pitschas 1997, S. 355
wicklung von Führungskräften steht. Es darüber hinaus zwingt ihn die demografi- ff.
11 Koch 2002, S. 51 ff.
muss freilich für eine veränderte Arbeits- sche Entwicklung unter den Angehörigen
12 Thom/Ritz 2006, S. 318 ff.; Becker 2005, S.
organisation mit zukunftsgewendeten Ver- der öffentlichen Verwaltung zu ergänzen- 62 ff.
fahrensstrukturen andersartige Personal- den sowie weitsichtigen Maßnahmen der 13 Siedentopf 1997, S. 485; Thom/Ritz 2006, S.
konzepte bereithalten, die sich an den Personalentwicklung. 386 ff., 397.
übergeordneten Modernisierungszielen der Speziell bei diesen kommt es darauf an, 14 Pitschas 2006.
öffentlichen Verwaltung ausrichten und das vorhandene Erfahrungswissen der Äl- 15 Jumpertz 2002, S. 55 ff.; Jaschok 2005, S.
251.
den sichtbar werdenden Wandel der Ver- teren mit neuem Wissen intelligent zu ver- 16 Becker 2005, S. 56 ff., 60.
waltungsorientierung zur Leitlinie einer knüpfen und dadurch neues Wissen zu 17 Pröhl 2005, S. 281.
Re-Strukturierung des Personalmanage- schaffen sowie institutionell zu nutzen. 18 Knipp 2005 b, S. 27.
ments ausformen.12 Das Stichwort ist »lebenslanges Lernen«, 19 Thom/Ritz 2006, S. 358.
VM 4/2006 173
3. Personalarbeit ist in die staatliche Modernisierungspolitik zu integrieren
Eine besondere Rolle spielt in diesem kraft und der entscheidende Erfolgsfaktor Feld der sozialen Kompetenz und des
Kontext die Frage, wie die Führungskräfte »wirksamer« Führung. Sie ist insofern Be- Führungsverhaltens abzuschreiten. Damit
der öffentlichen Verwaltung in den Prozess standteil eines »wirkungsorientierten« Per- hat es aber nicht sein Bewenden. Vielmehr
der Personalentwicklung eingebunden sind. sonalmanagements zur Verwirklichung der sind Beratung und Begleitung bei der Um-
Feststeht, dass sie eine wichtige Aufgabe genannten fünf Modernisierungen. Dazu setzung von Personalentwicklungsinstru-
der unmittelbaren Führungskraft und ein gehört unter anderem, für die Mitarbeite- menten erforderlich. Es muss auch in der
entscheidender Erfolgsfaktor »wirksamer« rinnen und Mitarbeiter des eigenen Be- öffentlichen Verwaltung so etwas wie eine
Führung, das heißt prozesshaft verlaufender reichs Anforderungsprofile zu entwickeln, »Supervision« geben. Vor allem aber
Zielverwirklichung ist. Personalentwick- die erforderlichen Mitarbeitergespräche zu könnte ein gezieltes Coaching hilfreich
lung bedeutet aus dieser Perspektive, ein führen, Potentiale einzuschätzen, dienstli- Führungskräfte bei der Aufgabenfindung
Mitarbeiterentwicklungsmodell zu bevorzu- che Beurteilungen durchzuführen, Ziele und -wahrnehmung und insbesondere bei
gen und der Erkenntnis Raum zu geben, der Tätigkeit zu vereinbaren und die Per- der Personalentwicklung unterstützen.25
dass »führen« und »geführt werden« ein sonaleinsatzplanung entsprechend den zu
wechselseitiger Prozess ist, in dessen Ver- bewältigenden Aufgaben auszuarbeiten.
Im Mittelpunkt: Mitarbeiterorientiertes
lauf der Erfolg von Führung – und damit Im Rahmen der Personalentwicklung sind
Führungsverhalten
der Verwaltungsmodernisierung – vor al- ferner Qualifizierungsmaßnahmen zu pla-
lem aus der Perspektive der »Geführten« er- nen und durchzuführen, ferner ist ein de- An dieser Stelle ist – um Missverständnis-
reicht werden muss und bestimmt wird.20 zentrales Personalentwicklungscontrolling se zu vermeiden – erneut daran zu erin-
Personalentwicklung ist deshalb (auch) eine aufzubauen.23 nern, dass »führen« und »geführt werden«
Frage nach der Mitarbeiterorientierung des In der Bundesrepublik Deutschland ha- einen wechselseitigen Prozess darstellt, in
Personalmanagements, will sagen, auch die ben Führungskräfte, wie empirische Befra- dessen Verlauf die Mitarbeiterorientierung
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind durch gungen zeigen, diese »Kernaufgabe« und in den Mittelpunkt des Führungsverhaltens
entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen damit ihre Rolle im Personalentwicklungs- rückt.26 Dieser Schritt ist Teil eines ständi-
und Anreize zu »entwickeln«. Andernfalls prozess immerhin zu insgesamt fünfzig gen Prozesses, der flexibel und dezentral
muss Führung unwirksam bleiben. Prozent erkannt – wenngleich nur knapp abläuft. Er wird keinesfalls mit einer
Richtlinie qualitativ »verordnet«, sondern
im Diskurs und interaktiv vorangetrieben.
Wie auch sonst könnte man Menschen in
»Der Erfolg von Führung bestimmt sich vor Organisationen dazu bringen, etwas Neues
zu akzeptieren, umzusetzen und für sich
allem aus der Perspektive der ›Geführten‹.« selbst sowie für die Organisation positiv
zu nutzen?
Die Stärkung der Führungskompetenz
ist daher letztlich ein Lernprozess, in den
Stärkung der Personalentwicklung als die Hälfte hiervon sie auch tatsächlich alle Beschäftigten in der öffentlichen Ver-
Handlungsbedarf in der Praxis wahrnimmt. Dies mag unterschiedliche waltung einbezogen sind. Denn nichts an-
Gründe haben. Vielfach sehen sich deres ist Personalentwicklung: Die An-
Empirisch gestützte Aussagen über die Ver- Führungskräfte durch den intensiven Ein- gehörigen der Verwaltung sind aufgefor-
wirklichung dieser Maßgaben in der Ver- satz der PE-Instrumente – zum Beispiel dert, ihr persönliches Potential auch
waltungspraxis stimmen indes nicht gerade Mitarbeitergespräche, Führungsfeedback, zugunsten der Modernisierungsziele zu
froh. Führungskräfte versagen häufig in ih- Beurteilungs- und Zielvereinbarungsge- entwickeln, das heißt die Eigenschaften
rer Rolle als Personalentwickler. Als die spräche – oftmals zeitlich, aber auch der der Teamfähigkeit, Flexibilität, mehrdi-
größte Herauforderung für Personalent- Sache nach überfordert.24 mensionalen Mobilität, des strategischen
wicklung wurde in einer umfangreichen Denkens, der kulturellen Sensibilität und
empirischen Studie von den Befragten am der Risikobereitschaft zu entfalten. Auch
Stärkung der Führungskompetenz –
häufigsten die Stärkung der Führungskom- die Serviceorientierung muss im Übrigen
aber wie?
petenz angeführt, gefolgt von der Finanz- gelernt werden.27 Der formelle Rahmen
entwicklung mit dem damit einhergehenden Deshalb geht es zukünftig bei der Fortset- hierfür ist die lernende Verwaltung. In die-
Stellenabbau und dem gleichzeitig zu lei- zung der Verwaltungsmodernisierung um ser sind Lernvorgänge organisatorisch zu
stenden Motivationserhalt der Beschäftig- die Stärkung der Führungskompetenz. unterstützen und personell abzusichern.
ten.21 Nur etwa 25 Prozent der Befragten Denn das Rollenversagen der Führungs-
nehmen die Aufgabe der Personalentwick- kräfte begrenzt zutiefst die Personalent-
lung tatsächlich wahr.22 wicklung. Dementsprechend zeigt sich zur
Überwindung dieser Grenze ein entspre-
chender Handlungsbedarf: Führungskräfte 20 In Anlehnung an Neuberger 2002; Wunderer
1997.
Personalentwicklung als müssen bei der Wahrnehmung ihrer 21 Knipp 2005, S. 27; Drescher 2005, S. 37 ff.
»Kernaufgabe« der Führungs- Führungsrolle und insbesondere im Rah- 22 Drescher 2005, S. 37.
kräfte men der ihnen obliegenden Verantwortung 23 Thom/Ritz 2006, S. 288 f., 326.
für Personalentwicklungsprozesse mehr als 24 Drescher 2005, S. 38.
zuvor unterstützt werden. 25 Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Zur Rolle der Führungskräfte im 2006, S. 57; Klimecki/Gmür 2005, 211 f.;
Dies sollte einmal im Zusammenhang
Personalentwicklungsprozess Kremin 2002, S. 343 ff.; Pitschas 1998, S.
mit Weiterbildungsveranstaltungen, das 278; Rauen, 2005, passim.
Personalentwicklung ist jedoch eine wich- heißt durch Qualifizierungsmaßnahmen 26 Klages 1998, S. 51 ff.; Thom 1999, S. 433 ff.
tige Aufgabe der unmittelbaren Führungs- geschehen. Insbesondere ist hierbei das 27 Homann 2005, 144.
174
4. Rainer Pitschas, Verwaltungsführung und Personalentwicklung
Führungskräfte als Mentoren/Paten wie vor die Frage zu beantworten, wie sind und Bedarf im Personalsektor, der Formu-
Führungskräfte strukturell im dienstrechtli- lierung von Zielen, in eine personalbezo-
Erfahrungen aus der Privatwirtschaft zei- chen System zu verankern, Leistungsunter- gene Maßnahmenplanung und -durch-
gen, dass die konsequente Umsetzung von schiede zu berücksichtigen und Arbeits- führung einschließlich ihrer Evaluation so-
Modernisierungszielen häufig nur mit Hilfe strukturen auf ihre entsprechende Nutzung wie in eine Zielanpassung eingebettet.
entsprechender Begleitung durch ein Men- hin anzupassen. Gerade aber die »Führung Dann gewinnt sie strategischen Charakter.
toring gesichert ist: Dessen Position wird in auf Zeit« scheint mir dabei neue Abhän- Eine zentrale Rolle spielen vor diesem
Personalentwicklungsprogrammen zentrale gigkeiten zu erzeugen; sie ist deshalb kein Hintergrund die Förderung der Kommuni-
Bedeutung zugemessen.28 Einen stärkeren flächendeckend geeignetes Instrument.30 kations- und Moderationsfähigkeiten, die
Hilfecharakter haben daneben Patensyste- Was bei alledem in erster Linie die Förderung der Fähigkeit, Mitarbeiterge-
me, die abteilungs- und ebenenübergreifen- »Führungskräfteentwicklung« ausmacht, ist spräche zu führen sowie Fähigkeiten zur
de Kooperation und Lernpatenschaften er- jedoch die Schulung der Analyse und Reak- Teamentwicklung und zur Durchführung
möglichen. Dadurch kann unter anderem tionsfähigkeit der einzelnen Führungsnach- von Führungsfeedbacks. Einen herausge-
das ganzheitliche Verständnis zwischen den wuchskraft. Weder das Verhältnis von Staat hobenen Stellenwert nimmt auch die Schu-
verschiedenen Aufgabenbereichen einer und Gesellschaft (Wirtschaft), noch die In- lung in Konfliktlösung und Mediation ein.
Behörde gefördert werden. ternationalisierung der Verwaltung oder die Für die kommunale Ebene zeigen aller-
Effizienzsteigerung der Verwaltungsvor- dings empirische Befragungen, dass nur
gänge sind abgeschlossene Prozesse. Glei- 11,6 Prozent der Städte ein Coachingange-
»Führungskräfteentwicklung« durch
ches gilt für den Wertewandel in Gesell- bot bereithalten.34
Coaching
Führungskräfte in der öffentlichen Verwal-
tung, die den skizzierten Anforderungen
von vorneherein entsprechen, werden nur
»Vor allem könnte ein gezieltes Coaching
höchst selten »geboren«. Auf die Übernah- Führungskräfte bei der
me entsprechender Verantwortung ist des-
halb in der öffentlichen Verwaltung und im Personalentwicklung unterstützen.«
Austausch mit der Wirtschaft bzw. mit an-
deren gesellschaftlichen Sektoren, wie zum
Beispiel in der Sozialverwaltung, langfristig schaft und Verwaltung oder auch die Situative Orientierung und Konflikt-
vorzubereiten. Im Mittelpunkt der Verwal- Dienstleistungsorientierung der letzteren. handhabung – »Moderation« und
tungsmodernisierung muss deshalb unbe- Befinden sich also die Modernisierungszie- »Mediation«
dingt die Führungskräfte- und Führungs- le selbst im Fluss, so bedeutet »Führungs-
nachwuchskräfte-Entwicklung stehen. Ne- kräfteentwicklung«, Veränderungen zu ana- Gleiches gilt für die Gestaltung von Ent-
ben der bedarfsorientierten Weiterbildung lysieren lernen, deren Dynamik wie Konti- scheidungs- und Beteiligungsprozessen in
und den Mitarbeitergesprächen bildet sie nuität herauszuarbeiten, ihre Vereinbarkeit einer Behörde bzw. zwischen dieser und
das in der Verwaltungspraxis am häufigsten mit traditionellen Werten und deren Erhalt Bürgern/Unternehmen. Zur situativen Ver-
gewünschte Instrument der Personalent- zu prüfen, die Überlegungen zu alledem in fahrensführung und Konfliktbewältigung
wicklung. Danach kommen dann in der einen Lernprozess mit notwendigen Rück- werden Konfliktmoderation und mediation
Reihenfolge ihrer Bedeutung Beurteilungs- meldungen einzubringen und dann eigenbe- erforderlich – wohlverstanden in der jedem
verfahren bzw. solche zur Leistungsmes- stimmt zu handeln. Dies zu erreichen, geht dieser Formate eigene Anwendungsweise
sung, Gesundheitsmanagement, Zielverein- allerdings nicht ohne Begleitung Dritter: und reichweite.35 Um diese Differenzie-
barungen und strukturierte Auswahlverfah- Notwendig wird der Coach, der einer rung der Formate und den entsprechend
ren.29 Führungskraft in ihrer Entwicklung auf al- geeigneten Einsatz zu erkennen, bedarf es
Personalentwicklung ist deshalb nicht len Ebenen zur Seite steht und der in inten- bei der Führungskräfteentwicklung der
nur eine »Leitungsaufgabe« der Führungs- sivem Kontakt sowie ständiger Kommuni- Förderung »situativer Führungsqualität«.
kräfte gegenüber Mitarbeiterinnen und kation zum Führungspersonal und zu den Führungskräfteentwicklung ist demgemäss
Mitarbeitern, sondern das Führungsperso- Führungsnachwuchskräften steht.31 Nichts auch Schulung in Konflikthandhabung.
nal (und solche Personen, die dazugehören wäre heute in meinen Augen und im Zuge
sollen) bedarf seinerseits einer spezifi- der Staats- und Verwaltungsmodernisierung
schen Personalentwicklung. Diese Aufga- auch notwendiger als das »Coaching« von Zusammenfassung mit Thesen
be ist in den öffentlichen Verwaltungen politisch Führungsverantwortlichen in einer
Deutschlands noch kaum erkannt. Bereitet Behörde bzw. der darunter agierenden Füh- Zusammengefasst lassen sich drei Thesen
es schon Schwierigkeiten, Führungskräfte rungskräften.32 Dies schließt die Vermitt- zur Rolle des Personals und insbesondere
in ihrer Rolle als eigentliche Personalent- lung und Reflexion interkultureller Füh- der Führungskräfte öffentlicher Verwal-
wickler »zu begeistern«, so wird umge- rungs- und Managementanforderungen tung bei der Verwaltungsmodernisierung
kehrt deren eigene Entwicklung in ihrer ein.33 im 21. Jahrhundert formulieren:
strategischen Bedeutung noch nicht hinrei-
chend gefördert. Sie müsste gerade in stra- 28 Hilb 1997, S. 25 ff.; Rauber 2006, S. 10 ff.
Rückmeldungen und Hilfe zum 29 Pamme/Eßing 2005, S. 320 f.
tegische Modernisierungsentscheidungen
Selbstmanagement: »Coaching« 30 A. A. Siedentopf 1995, S. 13 ff.
immer stärker einbezogen werden.
31 Kühl 2006, 48 f.; Domsch 1993, S. 56 ff.
Dabei ist einerseits die Innovations- Führungskräfteentwicklung ist deshalb und 32 Böhret 2004 b, S. 377 ff.
kompetenz von Führungsnachwuchskräf- von ihrem Selbstverständnis her eher pro- 33 Weber/Festing et al. 2001, S. 12 ff., 170 ff.
ten als Gegenstand der Förderung hervor- zessorientiert. Ihre Instrumente sind in 34 Pamme/Eßing 2005, S. 321.
zuheben. So ist im Hinblick hierauf nach eine kontinuierliche Analyse von Bestand 35 Pitschas 2004, S. 396 ff.; Vetter 2004, passim.
VM 4/2006 175
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