4. 1 Geschichtliches
2 Versuch einer Definition
3 Symptomatik
G 3.1 Erkennung (Diagnostik)
3.2 Positiv- und Negativsymptome
L 3.3 nach ICD-10
3.4 Subtypen
I 4 Verlauf
E 4.1 »Versteckspiel«
4.2 Zerspaltung des Geistes
D 4.3 soziale Exklusion
E 5 Ätiologie
5.1 soziofamiläres Entwicklungsumfeld
R 5.2 »Doppelbindungstheorie«
5.3 biologischer Aspekt
U 5.4 neurobiochemische Erscheinungen
N 6 Behandlung
6.1 Pharmakotherapie
G 6.2 Psychotherapie
6.3 Soziotherapie
6.4 Multitherapie und Ausblick
7 Quellen
8 Buch- und Filmempfehlungen
4
5. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Geschichtliches
Geschichtliches
Antike: magisch-mystische und »göttliche« Eingebung
Antike+Mittelalter: von Teufeln oder Dämonen besessen
»künstliche« Schizophrenie bei Naturvölker:
ausgelöst durch religiöse Drogen-Rituale
(heute: Psychodelika bei Neoschamanisten)
Ende 19. Jh. (Emil Kraepelin):
dementia praecox und
manisch-depressives Irresein (Zyclothymie)
1911: Eugen Bleuler erweitert Psychosenbegriff der
vorzeitigen Demenz zu »Gruppe der Schizophrenien«
bis heute nicht vollständig (kausal) erklärt
5
6. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Versuch einer Definition
Versuch einer Definition
altgriech.: »Spaltung der Seele«
»Die Schizophrenien sind eine Gruppe endogener Psychosen,
derer zugrunde neuronale Störungen liegen.
Pathogene Veränderungen im Denken, Fühlen und Verhalten
sind akut und/oder chronisch die Folgen.«
6
7. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Symptomatik
Symptom-Diagnostik
nicht eindeutig; oft Fehldiagnosen
Differentialdiagnostik notwendig!
(... autistische, manisch-depressive, schizoide,
schizoaffektive, dementielle Persönlichkeitsstörung)
Symptome werden meist nur bei akut-psychotischem
Anfall bemerkt, obwohl Ausbruch früher geschieht
Bleuler teilte Symptomatik in
Grundsymptome und akzessorische Symptome
heute meist verwandt: Positiv- und Negativsymptomik
7
8. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Symptomatik Negativsymptom
Positivsymptom e
e kognitive Defizite:
akustische, haptische und optische kausales Denken schwierig
Halluzinationen keine Zusammenhänge
sprachliche Armut
Ich-Störung: (Alogie bis Mutismus)
Gedankeneingabe Perseverationen treten auf
Gedankenausbreitung
Gedanken-, Handlungs- und motorische Defizite:
Gefühlsentzug Reduktion der emotionalen
Gestiken und Mimiken
formale Denkstörung
Wahn: unerschütterliche, unwider- Kommunikationsstörung,
legbare Überzeugung soziale Isolation, Gefahr der
(»Wahngewissheit«) Invalidität (Autismus?)
Depressivität
Initiale Symptome: kann aber auch residual auftreten
Schlafstörungen
8
9. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Symptomatik
Leitsymptome
1. Gedankenlautwerden,
nach ICD-10
-eingebung, -entzug, -ausbreitung
2. Kontroll- oder Beeinflussungswahn;
Gefühl des Gemachten bzgl. Körperbewegungen,
Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen;
Wahnwahrnehmungen
3. Kommentierende oder dialogische Stimmen. nötig für Diagnose:
4. Anhaltender, kulturell unangemessener oder 1 Symptom der Gruppe 1-4
völlig unrealistischer Wahn (bizarrer Wahn) 2 Symptome der Gruppe 5-8
5. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität ... über längeren Zeitraum
6. Gedankenabreißen oder -einschiebungen
7. Katatone Symptome: nicht zu diagnostizieren bei:
Erregung, Haltungsstereotypien, Intoxikation
Negativismus oder Stupor. Hirnerkrankung
8. Negative Symptome: Drogenentzug
Apathie, Sprachverarmung,
verflachter oder inadäquate Affekte
9
10. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Symptomatik
Paranoide Schizophrenie:
Subtypen Wahnvorstellungen
agitatorisches Verhalten gegen (nicht)vorhandene
Personen
Bedeutsam: Positivsymptomatik
Hebephrene Schizophrenie:
beginnt meist im Jugendalter
Störungen des Affektzustandes, des Antriebs
und des Denkens
Abfall der sozialen, kognitiven und
emotionalen Verhältnisse
Schizophrenia simplex:
beginnt meist im Erwachsenenalter
'schleichende' Entwicklung der Krankheit
schwer diagnostizierbar
hohe Suizidrate!
Katatone Schizophrenie:
psychomotorische Störungen:
katatone Stupor
ungewöhnliche Haltungsstereotypien
motorische Hyperaktivität
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11. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Verlauf
»Versteckspiel«
schizophrene Person versucht sich nichts anmerken zu lassen
versucht Symptome zu verstecken und
versucht sich vor den »schreienden Geistern« im Kopf zu verstecken
erhebliche Konzentrations- und Schlafstörungen
zu Beginn »gelingt« Versteckspiel, da:
Komorbidität
»schubweiser« Beginn
Unkenntnis des soziofamilären Umfeldes
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12. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Verlauf
Zerspaltung des Geistes
Verlauf meist akut, sonst chronisch
Beginn: Adoleszenz oder zwischen 30. und 45 LJ
prä- und postakut:
Depression
emotionale Abstumpfung
Vernachlässigung sozialer Kontakte, der Arbeit, der Hygiene
und sonstiger Aktivitäten
Um- und Innenwelt wird »sinnlich« intensiver wahrgenommen
Person kann dies nicht verarbeiten,
kann keinen klaren Gedanken mehr fassen
das »Denken« (Fühlen->nicht mehr vorhanden) wird von
den negativen Stimmen übernommen
(auto)aggressives Denken und Verhalten:
»Alle hassen mich – zu recht, denn ich bin schlecht.«
»Die Stimmen hasse und liebe ich, sie zerfressen mich innerlich.«
»Den Stimmen vertraue ich.«
»Nichts hat Sinn – Ich bringe mich um!«
Suizidversuche + stationäre Psychiatrieaufenthalte
verhindern ein Lindern
schlechte Medikation verstärken Negativsymptome
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13. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Verlauf
Soziale Exklusion
schizophrene Person kann sich und »seine«
Stimmen nicht mehr verstecken
Schule/Ausbildung/Arbeit muss abgebrochen
werden
für Familie/Bekanntschaft/Freunde:
»peinlich«, teuer und anstrengend
sinn- und hoffnungslos
Konsum »anderer« Drogen und
Klinikaufenthalte inklusive Neuroleptika unterstreichen dies
»Stimmen« sind die einzigen Vertrauten und
der Tod der einzige Ausweg
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14. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Ätiologie
Soziofamiläres
Entwicklungsumfeld
Psychotische Schübe treten oft bei
kritischen, belastenden Lebenssituationen auf
gutes sozioökonomisches Umfeld ist besser für Erkennung
Veränderung wird schneller bemerkt
finanzieller und hoffentlich emotionaler Rückhalt
es gibt keine »schizophrenogene« Mutter
frühe (Ich-)Entwicklungsstörungen erhöhen Vulnerabilität
(»Vulnerabilitäts-Stress-Modell«)
paradoxe Kommunikationsmuster haben Einfluss
(»double-bind theory«)
Fazit: Umfeld wirkt (-/+)-verstärkend, wenn nicht gar auslösend,
aber nicht ursächlich
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15. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Ätiologie
Doppelbindungstheorie
Botschaft mit widersprüchlichen Aufforderungen auf
Inhalts- und Beziehungsebene
für den Betroffenen
bleibt keine Wahl, alles entpuppt sich als Schein
Abhängigkeit zwingt ihn zur »falschen« Handlung
erkennt paradoxes Sprachmuster nicht
ausweglose Situation
bei Schizophrenie: besonders in der Familie
Beispiele:
Mutter verhielt sich oft ambivalent:
konnte Kind nicht leiden, äußerlich hielt sie
den Schein der »einfühlsamen Bemutterung«
Mutter besucht schizophrenes Kind in der Klinik.
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16. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Ätiologie
Biologischer Aspekt
perinatale Hirnschäden
(metabolisch, Virusinfektion, fötale Komplikationen,
Probleme bei der Schwangerschaft etc.)
genetische Disposition:
Fehler bei Dysbindin- und Neuregulingen
(Synapsenbildung und Übertragung)
Vererbungsrate hoch:
eineiige Zwillinge > 50%
zweiige Zwillinge ~ 10%
normale Geschwister < 10%
Kinder von schizophrenen Eltern ~ 35%
bei einem Elternteil ~ 10%
Neurotransmittersystem ist gestört
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17. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Ätiologie
Neurobiochemische
Erscheinungen
Neuroanatomische Anomalien:
Fehler im limbischen System
Dopamin-Überschuss
Schäden bei der extrapyramidalen Motorik
Schaden der Sexualität, des Wohlbefindens,
des (An-)Triebes
Störungen bei serotonergen und glutamergen
Haushalt erkennbar
diese Störungen sind aber auch bei anderen
organischen und psychischen Erkrankungen
(z.B. Epilepsie) vorzufinden
Fazit: neurologische Basis der Vulnerabilität
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18. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Behandlung
Pharmakotherapie
atypische Antipsychotika
Dopamin-Antagonisten
Besserung der Positivsymptomatik
(formale Denkstörungen, Halluzinationen,
Wahnvorstellungen und Leistungseinschränkungen)
negative Nebeneffekte
Aber: Amphetamine bessern Negativsymptomatik (!)
(Apathie, Alogie, Anhedonie, flacher Affekt,
Asozialität und Aufmerksamkeitsprobleme)
Zusammenspiel mit endogenen Drogen
mehr Beachtung schenken (z.B. Melatonin)
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19. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Behandlung
Psychotherapie
nicht tiefenpsychologisch (psychoanalytisch), eher
psychodynamische Multitherapie! (z.B. Verhaltenstherapie)
konstante, vertraute Therapeuten!
Realitätsbezug muss wiederhergestellt werden
Therapieziele in der Akutphase:
Etablierung einer therapeutischen Beziehung
Aufklärung über Krankheits- und Behandlungskonzepte
Beseitigung/Verminderung der Krankheitserscheinungen
und der krankheitsbedingten Beeinträchtigung
Verhinderung/Behandlung von Selbst- und Fremdgefährdung
Einbeziehung von Bezugspersonen
Verhinderung/Verminderung sozialer Folgen
Motivation zur Selbsthilfe
Vorbereitung der postakuten Stabilisierungsphase
durch Einleitung rehabilitativer Maßnahmen
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20. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Behandlung
Therapieziele in der postakuten Stabilisierungsphase:
Festigung der therapeutischen Beziehung
Stabilisierung bei Remission
Behandlung kognitiver, sozialer Defizite sowie weiterer Negativsymptomatik
Förderung von Partizipation, Krankheitseinsicht und Compliance
Intensivierte Aufklärung über Krankheits- und Behandlungskonzepte
Verstärkte Einbeziehung von Bezugspersonen in Aufklärung,
Rückfallprävention und Behandlung
Früherkennung drohender Rückfälle
Entwicklung individueller Coping-Strategien
Harmonisierung von Konflikten in der Familie und Umwelt
Verständniserarbeitung der
individuellen Bedeutung der Erkrankung (Sinngebung)
Stabilisierung/Erweiterung sozialer Kontakte
Vorbereitung und Weiterführung rehabilitativer Maßnahmen
Motivation zur Selbsthilfe
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21. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Behandlung
Therapieziele in der Remissionsphase:
Aufrechthaltung der therapeutischen Beziehung
Ggf. Symptomsuppression
Förderung sozialer Integration
Rückfallprophylaxe, -früherkennung und -frühintervention
Suizidprophylaxe
Verbesserung der Lebensqualität
Berufliche Rehabilitation
Motivation zur Selbsthilfe
21
22. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
> Behandlung
Soziotherapie
sollte begleitend und folgend erfolgen
Wohn- und Lebensgemeinschaft mit Betreuern
Leben mit anderen psychisch Kranken durch
Regeln
Aufgaben
Freiheiten
arbeitsähnlichen Verhältnissen
externe Pharmakopsychotherapie
bester Ansatz:
»Soteria« :
Wohnheim mit max. 10 »Bewohnern«
2 Therapeuten
ganzheitliche Psychosenbegleitung
personelle und konzeptuelle Kontinuität
Partizipation, also keine Hierarchie (interpersonell)
Therapie nach Situation und Bedarf
gemeinsame Entwicklung des Alltags und der Behandlung
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23. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
Quellen
»blinking, alpha brain waves and smoking in schizophrenia«
(Andresen Klein)
»Einführung in die Neurosenlehre und
Psychosomatische Medizin« (Hoffmann und Hochapfel)
»GEO Themenlexikon – Medizin und Gesundheit« (GEO)
»www.psychiatriegespräch.de«
»Schizophrenie und Familie« (u.a. Gregory Bateson)
»Soteria im Gespräch« (Luc Ciompi)
»Therapie schizophrener Erkrankungen«
(Anti-Stigma-Kampagne München)
»Wahnsinn im Kopf« (Lori Schiller)
Wikipedia-Artikel u.a. zu
Schizophrenie
Soteria
Doppelbindungstheorie
...
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24. [Marcel Arnold – Präsentation »Morbus Bleuler«]
Buch- und Filmempfehlungen
Bücher:
»Das weisse Land der Seele« (Olga Khartidi)
»Die Anstalt« (John Katzenbach!)
»Die Menschenkrankheit« (..)
»Die Therapie« (Sebastian Filzek)
»Ich hab dir nie einen Rosengarten
versprochen« (Hannah Green)
»Wahnsinn im Kopf« (Lori Schiller)
Filme:
»A beautiful mind«
»Das weisse Rauschen«
»Butterfly Effect 1 und 2«
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