2. „Hö{t!” sagte eines Abends der alte Löwenzahn
zu seinen Kindern, „ihr seid je^t alle groß und
sollte in die weite Welt reisen. Ihr könnt ni<t
alle bei mir bleiben, hier rei<t die Nahrung
ni<t für alle. Heute mi#ag war der Südwind
hier, er will eu< mitnehmen. Morgen wird er
anklopfen und eu< holen. Wo es eu< gefällt,
da laßt eu< nieder. Die Welt ist groß. Ihr findet
überall ein Plä^<en, wo es eu< behagt.”
Am andern Morgen ha#e si< der Südwind früh
eingestellt. Aufgeregt ma<ten si< die Fru<t-
körn<en reisefe{tig, nahmen Abs<ied, und fo{t
gings auf den Flügeln des Windes in die weite
Welt über He>en und Sträu<er, über Bäume
und Häuser, bald ho< zu den Wolken, dann
wieder bis fast an die Erde. Sie spielten auf ihrer
großen Reise mit den bunten S<me#erlingen
und den lustigen Vögeln; aber au< des Spielens
wird man endli< müde. Eines von ihnen flog
3. ABBB a B
6702 (12 pt) a b
DD C D
6703 (12 pt) a b
eFF E F
6704 (12 pt) a b
gHhH G H
6705 (12 pt) a b
IJ I J
6706 (12 pt) a b
QRSQS Q R S
6709 (12 pt) a b c
MNOPLNOPM L M N O P
6711 (12 pt) a b c d e
UVUVUt T U V
6713 (12 pt) a b c
2121212 0 1 2
6707 (24 pt) a b c
212 0 1 2
6708 (36 pt) a b c
WX W X
6715 (24 pt) a b
43 3 4 5
6716 (24 pt) a b c
777 6 7
6717 (24 pt) a b
l
4. Socrates ergo primus uniuersam philosophiam
ad corrigendos componendosque mores flexisse
memoratur, cum ante illum omnes magis physi-
cis, id est naturalibus, rebus perscrutandis operam
maximam inpenderent. non mihi autem uidetur
po$$e ad liquidum colligi, utrum Socrates, ut hoc
faceret, taedio rerum obscurarum et incertarum ad
aliquid apertum et certum reperiendum animum
intenderit, quod esset beatae uitae necessarium,
propter quam unam omnium philosophorum
inuigilasse ac laborasse uidetur industria, an uero,
Die 12 Punkt Antiqua der Bremer Presse.
ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTU
VWXYZ ÄÖÜ abcdeƒfghijklmno
pqrs$#t+uvwxyzäöüâêîôûáéíóú
àèìòùãµ ¿¡¬ /“”«»‹›≤≥()[]·†*-–—~
,.:;!?’,.:;!?¶fl<<>>1234567890
Na< Entwürfen von Willy Wiegand / 1922
Der Bu<s<reiber errei<t – vom Bu<dru>er nie-
mals erstrebar – seine einmaligen künstleris<en
Leistungen im maleris<en Aneinanderfügen,
Bu<stabe an Bu<stabe, indem er den Bu<staben
mit dem zuvor entstandenen in Einklang bringt,
si< zuglei< auf den dana< kommenden konzen-
triert und so das Wort in bewusster Gestaltung zu
einem Wort-Bild formt. Er, der S<reiber, der diese
Kunst in einem universaleren Sinne zu einer le-
bendigen S<au des Ganzen verbindet, und, vom
Sinngehalt des Textes innerli< selbst bewegt, die
l
12. Zur Type II sagte Herr Wunderli< : „I< habe versu<t, eine
Antiqua zu entwerfen, bei wel<er der Unters<ied
zwis<en fetten und feinen Linien ni<t sehr hervortreten
soll. Dieser Gedanke ers<ien zunä<st s<wierig, dann es
mußte dabei au< die Gestaltung der Serifen bea<tet
werden, bei denen si< natürli<erweise eine Verstärkung
bildet. Die Bu<staben wurden mit der Rohrfeder ge-
s<rieben. Es kam darauf an, die flüssigen Formen au<
ABCDEFGHIJKLMN
OPQRSTUVWXYZÄ
ÖÜabcdefghijklmno
pqrstuvwxyz<>ß◊
fifl@äöü&.,:;»-—!?†’[)
1234567890
Antiqua 58 · Gert Wunderli<
Ho<s<ule für Grafik 1964
in der Typengestaltung zu erhalten. Jedo< mußte auf
man<en reizvollen Zug, der dur< das S<reiben entstand,
verzi<tet werden. Alle nebensä<li<en und zufälligen
Formen, die ni<t den Charakter der S<ri@ fördern und
beständig gestalten, wurden entfernt. Die Versalien
orientieren si< auf klassis<e Vorbilder, zeigen jedo<
persönli<e Eigenarten. Die Serifen sind jeweils links der
Geraden etwas mehr betont, ihre Länge ergibt eine gute
l
14. ABCDEFGHIJKLM Im befreundeten riesigen Rei< der Mitte ist eine
Kulturrevolution im Gange, die eine S<riftreform
eins<ließt. In vers<iedenen Etappen wird die pho-
NOPQRSTUVWX netis<e S<rift eingeführt, die heute s<on an allen
S<ulen gelehrt wird und von einem großen Teil
des Volkes gelesen werden kann. Die gegenwärtig
YZ & ÄÖÜ in Dru>ereien Volks<inas vorhandenen Antiqua-
s<riften sind re<t zufällig zusammengetragen wor-
abcdefghijklmno den. Auf diesem Gebiet die ho<stehende <ine-
sis<e Kalligrafie weiterzuführen, ist ein verständ-
li<es Anliegen. Die S<riftgießerei in Shanghai be-
pqrstuvwxyz äöü sitzt jedo< zur Herstellung von Antiquas<riften
keinerlei Erfahrung.
» ß <> *†) [-—.,:;’!?„ Mit Fließ und Enthusiasmus widmete si< der be-
gabte <inesis<e Student Yü Bing-nan seinem Stu-
dium an der Ho<s<ule für Grafik und Bu<kunst in
¡234567890 Leipzig. Er hatte bereits vor seiner Delegierung in die
Deuts<e Demokratis<e Republik drei Jahre an der
Kunstho<s<ule in Mukden studiert und war unter
Freunds<afts-Antiqua (Chinesis<e Antiqua)
anderem im die <inesis<e Kalligrafie eingeführt
Yü Bing-nan · Ho<s<ule für Grafik 1960
worden. Au< in Leipzig zeigte er großes Talent zum
S<reiben, aber es erwu<s für uns das Problem, wie
man beim S<reiben der Antiqua bestimmte <ine-
sis<e Eigentümli<keiten einfließen lassen könnte.
Die Verwendung des Pinsels bewährte si< ni<t,
do< errei<te Yü bald mit der wei<en aus Bambus-
rohr ges<nitten Feder gute Ergebnisse. Mit Sorgfalt
versu<te ere diese Besonderheiten in der Zei<nung
zu erhalten, und Meister Erler unterstützte ihn da-
bei. Die Probezuri<tung hat in China gut gefallen.
Überras<end s<nell konnten wir sogar s<on die
S<rift in einer <inesis<en Zeits<rift angewendet
sehen, aber die Justierung war ni<t befriedigend.
0 Der vom VEB Typoart fertiggestellte 28-p-Grad und
der 9/10-p-Grad hingegen ma<en einen sehr guten
Eindru>. Matrizen und Typen wurden der Akade-
mie in Peking als Ges<enk übergeben, an der Herr
Yü als Dozent für S<rift und Bu<gestaltung tätig
sein wird. Der Name der S<rift wurde von Yü Bing-
Alfred Brü>ner
1958 nan vorges<lagen und soll daran erinnern, daß
diese Typen im Sinne der <inesis<-deuts<en
Freunds<aft entstanden sind.
l
15. ABCDEFGHIJKLMNO
PQRSTUVWXYZ&ÄÖÜ
abcdefghijklmnopqrstuvwxyz
äöü<>◊fifl@ß áèïôç (.,:;’!?«
Typo-Skript 1234567890
Na< Entwürfen von Hildegard Korger · VEB Typoart 1968
Ürsprüngli<keit und maßvolle Rationalität vereinigt
diese von Hildegard Korger entworfene Type.
Als kalligraphis<e S<ri@ verleiht sie Ihren Privat-
dru>sa<en das Fluidum der Individualität. Dur< ihre
gute Mis<barkeit mit anderen Typen eignet sie si<,
au< als reine Versals<ri@, zu belebender Auszei<nung
für Bu< und Zeits<ri@.
l
16. ABCDEFGHIJKLMNO
PQRSTUVWXYZ † ÄÖÜ
abcdefghijklmnopqrs{tuvwxyz & äöü
<>◊fifl@~}|=ß^
1234567890 ¶ (-/·.,:;„”’!?)
Claudiu{ na< dem Entwurf von Rudolf Koch
Gebr. Klingspor 1937
Da{ Bu<
enthält die Vergangenheit
de{ Men~en,
seine Gegenwart
und Zukun@.
Die Kultur der Men~heit
be}^t ni<t{ Ehrwürdigere{
al{ da{ Bu<,
ni<t{ Wunderbarere{
und ni<t{,
wa{ wi<tiger wäre.
Gerhart Hauptmann
l
19. 23G-60 (2.8) Raffia | Crous-Vidal Dashes (Amsterdam) l www.rafaeli.co.uk
AB CD E FG
HIJKLM
NOPQRST
UVWXYZ
1234567890
Raffia {nitiale^
Henk Krijger
Typefoundry Amsterdam 1952
abcde 2d 3d 4d 5d 6d
fghi 1c 7d 8d 9d
Ornaments by Crous-Vidal
20. ABCDE=FGHIJKL
MNOPQRSTUVWXYZ
ÄÅÆÇÑÖØŒÜ
abcdefghijklmnopqrstuvwxyz
<>◊fifl^{ß|}&
äáàâåãæçëéèêïíìî~ñöóòôøõœüúùû
1234567890
.,:;-!?’()*„“«»¡¿–
Bravo
E. A. Neukomm
Haas’s<e S<ri@giesserei 1945
Die Kunst des S<reibens verlangt neben
dem handwerkli<en Können das tiefe
Erfü{tsein vom Wort. Ein Wort, das
im Wissen um die tiefen Gese}e der
Bu<staben und mit der Kra^ der
Spontaneität ges<rieben wurde, ver-
ankert si< im Ewigen. Deshalb so{te
der Ehrfur<t vor der Spra<e die
vor der S<ri^ ni<t na<stehen.
Alfred Finsterer
l