Bewerberpools aus Sicht der Bewerber - Ähnlich wirksam wie eine Job-Zusage oder genauso Image schädigend wie eine Absage? - Vortrag DGPs Fachgruppentagung AO-Psychologie Wien 2009
„Ich darf nichts verpassen“ - „Fear of Missing Out (FoMO)“ als Prädiktor fü...
Similaire à Bewerberpools aus Sicht der Bewerber - Ähnlich wirksam wie eine Job-Zusage oder genauso Image schädigend wie eine Absage? - Vortrag DGPs Fachgruppentagung AO-Psychologie Wien 2009
Similaire à Bewerberpools aus Sicht der Bewerber - Ähnlich wirksam wie eine Job-Zusage oder genauso Image schädigend wie eine Absage? - Vortrag DGPs Fachgruppentagung AO-Psychologie Wien 2009 (20)
Exploring recruitment databases from the applicant's perspective - Poster Con...
Bewerberpools aus Sicht der Bewerber - Ähnlich wirksam wie eine Job-Zusage oder genauso Image schädigend wie eine Absage? - Vortrag DGPs Fachgruppentagung AO-Psychologie Wien 2009
1. UniversitUniversitäät zu Kt zu Köölnln
Institut fInstitut füür Wirtschaftsr Wirtschafts-- undund
SozialpsychologieSozialpsychologie
Christian Bosau, Hendrik Wichelmann &
Nicole Moiser-Beek
BewerberBewerber--Pools aus Sicht der BewerberPools aus Sicht der Bewerber
ÄÄhnlich wirksam wie eine Jobhnlich wirksam wie eine Job--Zusage oder genauso ImageZusage oder genauso Image
schschäädigend wie eine Absage?digend wie eine Absage?
2. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 2
AusgangspunktAusgangspunkt
Aktuelle Problemfelder:
„war of talent“
demographischer Wandel
interdisziplinäre, ganzheitliche Rekrutierungsstrategien
Forschungslage:
Unterbelichtung der Bewerberseite im Rekrutierungsprozeß
Praxis im Personalmanagement:
unkritische Implementierung von Bewerber-Pools
keine Überprüfung der Wirksamkeit und Akzeptanz
vielfach zu technischer Fokus bei Projekt-Umsetzung
3. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 3
AusgangspunktAusgangspunkt
Beispiel Bewerberpools:
Unternehmen schicken bei Initiativbewerbungen keine Absagen mehr raus,
sondern nehmen vielmehr jeden Bewerber in einen Pool auf
Bewerber sollen dann selbst ihre Daten aktualisieren
Unternehmen greifen dann bei passender Gelegenheit auf diese aktuellen Pools
zurück
Unternehmen erhoffen sich dadurch:
- administrative Kostenersparnis
- quantitativ (und z.T. auch qualitativ) höherwertigen Bewerberfundus
- vor allem jedoch:
kein Abschrecken von Bewerbern durch Absagen
und somit auch kein Schaden des Unternehmensimages
4. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 4
Kommunikation mit Bewerbern ist entscheidend, da Bewerber auch potentielle Kunden sind
(Brice & Waung, 1995)
Bisherige ForschungslageBisherige Forschungslage
Einfluß der Art des Rekrutierungsprozesses:
die Wahrnehmung des Auswahlprozesses seitens der Bewerber hat einen entscheidenden
Einfluß auf die Einstellung zum Unternehmen (Hausknecht et al., 2004)
einzelne Untersuchungen zur Reaktion von Bewerbern auf Ablehnungsschreiben und
Personalauswahlverfahren (Hausknecht et al., 2004; Chambers, 2002; Gilliland et al., 2001;
Ployhart, Ryan und Bennet, 1999)
bisherige Studien sind jedoch alles ‚Querschnitts-Studien‘, keine
Vorher-Nachher-Designs
Absageschreiben, die einen Grund für die Absage enthalten, werden positiver
wahrgenommen, als Absagen ohne Grund (Gilliland et al. 2001)
sog. „Eis-Schreiben“ werden positiver wahrgenommen als Standardabsagen (Müller &
Moser, 2006)
Beziehungsmanagement steht in Bezug zum Unternehmensimage (Keim & König, 2005)
5. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 5
Die UntersuchungenDie Untersuchungen
Ablauf der Untersuchung:
Probanden erhielten Beschreibung von Unternehmen
Bewertung von Unternehmen hinsichtlich Unternehmensimage, Produktbewertung/-kauf
und Bewerbungsintention
nach ca. 1½ - 2 Stunden:
Bewerbungsszenario, daß Personen auf der Jobsuche sind und Initiativbewerbung an das
Unternehmen geschickt haben
Antwortschreiben des Unternehmens (Studie 1: Aufnahme in Bewerberpool; Studie 2:
Aufnahme in Bewerberpool, Absage oder Einladung zu Bewerbungsgespräch)
erneute Bewertung von Unternehmen hinsichtlich Unternehmensimage, Produktimage und
Bewerbungsintention
zusätzlich: Erfassung der Reaktion auf die Antwort des Unternehmens
Fragestellung:
Resultiert die Aufnahme in Bewerber-Pools tatsächlich in positiven Konsequenzen oder wird
das Image tatsächlich eher abgewertet, da der Bewerber sein Ziel – einen Job zu erhalten –
nicht erreicht hat.
6. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 6
Die UntersuchungsinstrumenteDie Untersuchungsinstrumente
Unternehmensimage:
in Anlehnung an vorhandene Skalen und Items in der Literatur wurden Items zum
Unternehmensimage erstellt:
Faktorenanalytische Aggregation (PCA mit Varimax): α Studie 1 α Studie 2
vorher, nachher vorher, nachher
1) Organisationsklima/-kultur .77, .79 .85, .85
2) allg. Attraktivität/Sympathie .67, .77 .72, .82
Bewerbungsintention: „Ich würde mich gerne (erneut) bei dem Unternehmen bewerben.“
Arbeitgeberimage (α Studie 1 = .71, .86; Studie 2 = .75, .88):
„Ich kann mir vorstellen, bei dem Unternehmen zu arbeiten.“
„Ich denke, dass ich sehr gut in das Unternehmen passe.“
„Das Unternehmen wäre für mich der perfekte Arbeitgeber.“
7. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 7
Die UntersuchungsinstrumenteDie Untersuchungsinstrumente
Produktbewertung/-kauf:
Produktimage: „Die Produkte des Unternehmens sind mir bekannt.“
„Ich habe bereits Produkte der Marke gekauft.“
„Ich finde die Produkte qualitativ hochwertig.“
„Die Produkte finde ich unattraktiv.“
Kaufintention: „Ich werde in Zukunft Produkte der Marke kaufen.“
8. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 8
UntersuchungsdesignUntersuchungsdesign –– Studie 1Studie 1
Design:
1 Faktor: ‚Zeit‘ (meßwiederholt):
Vorher-Nachher-Messung von Unternehmensimage, Produktbewertung/-kauf
und Bewerbungsintention
zusätzlich:
drei verschiedene Branchen, die jeder Befragte selbst auswählen konnte (BMW, L´Oreal,
Coca-Cola), um ‚fit‘ zwischen Vorlieben und Unternehmen zu verbessern
Stichprobe:
n=270 Studenten
Wirtschaftsstudenten, die kurz vor ihrem Abschluß standen
Durchschnittsalter = 25 Jahre
alle Probanden mit Vorerfahrung in Bewerbungssituationen
12. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 12
UntersuchungsdesignUntersuchungsdesign –– Studie 2Studie 2
2x2 Design:
Faktor 1: ‚Zeit‘ (meßwiederholt):
Vorher-Nachher-Messung von Unternehmensimage, Produktbewertung/-kauf
und Bewerbungsintention
Faktor 2: ‚Art des Schreibens‘:
Einladung zum Gespräch vs. Absage vs. Aufnahme in Bewerberpool
zusätzlich:
drei verschiedene Branchen, die jeder Befragte selbst auswählen konnte (BMW, L´Oreal,
Coca-Cola), um ‚fit‘ zwischen Vorlieben und Unternehmen zu verbessern
Stichprobe:
n=327 Studenten
Wirtschaftsstudenten, die kurz vor ihrem Abschluß standen
Durchschnittsalter = 23,6 Jahre
alle Probanden mit Vorerfahrung in Bewerbungssituationen
16. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 16
1,52
3,30
3,52
1
2
3
4
5
Einladung Absage Bewerberpool
4,15
2,77
2,50
1
2
3
4
5
Einladung Absage Bewerberpool
3,50
2,27
1,83
1
2
3
4
5
Einladung Absage Bewerberpool
ErgebnisseErgebnisse –– Studie 2Studie 2
Reaktion auf das SchreibenReaktion auf das Schreiben
Hoffnung auf Anstellung (α =.72): Verunsicherung/Hinhalten (α = .60):
Freude über Reaktion (α = .77): Enttäuschung/Frustration/Wut (α = .88):
F(2) = 155,54; p < .000; η² = 0,50
2,00
3,57
2,97
1
2
3
4
5
Einladung Absage Bewerberpool
F(2) = 87,61; p < .000; η² = 0,36
F(2) = 151,17; p < .000; η² = 0,49
F(2) = 201,86; p < .000; η² = 0,57
17. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 17
FazitFazit -- II
Reaktion auf die Aufnahme in Bewerber-Pools:
die Aufnahme in solche Pools hat – entgegen der Erwartungen von Unternehmen –
negative Konsequenzen:
das Unternehmensimage wird abgewertet
das Arbeitgeberimage wird abgewertet
die Bewerbungsintention geht zurück
selbst die Attraktivität von Produkten und die Kaufintention sinken
Vergleich zur Absage:
Die Aufnahme in einen Bewerberpool erzeugt ähnliche Reaktion bei den
Bewerbern wie eine Absage.
Bewerberpools wirken wie Absagen!
18. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 18
FazitFazit -- IIII
Der Grund:
Bewerber sehen keineswegs die Aufnahme in solche Pools als ersten Schritt im
Bewerbungsprozeß an und als eine Chance, bei dem Unternehmen eine Stelle
zu bekommen.
Vielmehr wird eine Bewerberpool-“Zusage“ als „Absage“ interpretiert.
Bewerber-Pools = eher Image schädigend
Bewerber-Pools = sinnvoll rekrutieren
19. Bosau, Wichelmann & Moiser-Beek – Bewerber-Pools 10.09.2009 – 6. Tagung der Fachgruppe AO-Psychologie Seite 19
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
christian.bosau@uni-koeln.de