Interview für "ICH LIEBE EUCH AUCH" von Felix Kosok (HfG, Offenbach)
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Lange Zeit arbeitete Kai Platschke in verschiedenen, internationalen
Werbeagenturen, wobei er sich auf den Bereich des Online Marke-
ting spezialisierte. Als er jedoch merkte, dass klassische Agenturen
immer weniger den Herausforderungen der Zeit gewachsen sind,
machte er sich als Berater unter dem Namen HappyHappyJoyJoy
selbstständig und hilft nun Marken dabei weniger falsche Verspre-
chen zu machen, um mehr echte Relevanz zu erreichen. Wer dabei
die Gewinner sind und wer auf der Strecke bleiben wird, verrät er
in diesem Interview.
Kai Platschke / Unternehmensberater
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KAIPLATSCHKE–GLÜCKGLÜCKFREUDEFREUDE
miteinander verknüpft. Als dann um
die Jahrtausendwende so etwas wie
Strategie langsam auch in der deut-
schen Werbebranche ankam – in der
Agentur in der ich damals arbeitete kam
extra eine Plannerin aus London – da
standen wir dann zwischen der Bera-
tung und der Kreation und verfassten
gemeinsam das Briefing. Trotzdem war
die Strategie noch immer ein bisschen
außen vor. Wohingegen heute alles so
miteinander vermischt ist, dass ich gar
nicht mehr strategisch arbeiten kann
ohne dabei sofort auf kreative Ideen zu
kommen. Nachdem ich also circa eine
halbe Stunde vor mich hingegrübelt
habe, brauche ich sofort einen Krea-
tiven an meiner Seite, der mir dabei
hilft die Ideen in Bildern, Filmen und
Texten auszudrücken, damit sie auch
ankommen. Kreation und Strategie sind
also extrem miteinander vermischt.
Wenn ich zum Beispiel einen meiner
Hauptkunden, der keine externe Krea-
tivagentur hat, frage, wer eigentlich die
kreativen Ideen für Sie entwickelt, dann
sagen die immer: »Na Du!«. Dabei bin
ich nur Stratege. Aber wenn man zu-
sammensitzt und die Strategie erarbei-
tet, dann kommen auch ganz oft kreati-
ve Ideen dabei raus, die man intern oder
mit einem Freelancer umsetzen kann,
sodass eine service-orientierte Agentur
gar keine Kreativagentur mehr braucht,
weil die Strategie, die eigentliche Idee
schon so stark ist.
Also besteht Werbung aus einem
mathematisch Business-Teil und
einem kreativen, die man beide
zusammenbringen muss? Naja Busi-
ness heißt ja nicht gleich mathematisch.
Man muss dafür zwar BWL studieren
aber meine Arbeit in der Werbung heute
hat wenig mit Zahlen zu tun. Früher, als
Kontakter in der klassischen Werbung,
war ich derjenige der vom Kunden das
Briefing abholen und den Designern
dann ständig auf die Finger hauen muss-
te, damit sie das auch richtig umsetzen.
Gleichzeitig organisiert man den Rese-
arch für die Projekte. Insgesamt war das
also eine sehr an Prozessen ausgerichtete
Arbeit die von Organisation angetrieben
war. Jetzt mit der Zeit, dem Wandel in der
Werbung und meinem eigenen Werde-
gang, ist das ganze viel eher zu Beratung
geworden, im Sinne davon, dass ich dem
Kunden dabei helfe Business-Modelle zu
entwerfen und Strategien aufzustellen.
Meine Arbeit ist also weniger mathema-
tisch als viel mehr strategisch.
Entgegen dem Klischee vom ratio-
nalen Marketing, hat dieses strategi-
sche Arbeiten auch kreative Anteile?
Natürlich. Enorm große kreative Anteile
und das jetzt mehr denn je. Als ich ‘98
in der Werbung angefangen habe gab es
nicht einmal eine Strategie Abteilung.
Da war das noch die klassische Auftei-
lung von Beratung, die mit dem Kunden
verhandelt, und der Kreation, die hinter
verschlossenen Türen irgendwas erarbei-
tet. Das ganze war noch nicht so richtig
Kai, wie bist du eigentlich in die
Werbung gekommen? Ich wollte ja
ursprünglich was Kreatives machen. Im-
merhin hatte ich Kunst als Leistungskurs,
meine Mutter malte und ich dachte, ich
gehe auch in die kreative Richtung. Ich
fand Werbung aber immer schon span-
nend und habe damals in Darmstadt,
wo ich aufgewachsen bin, einen Vortrag
von einem Professor der Hochschule
Pforzheim gehört, welcher diesen ganzen
Business-Teil von Werbung abdeckte.
Das hat mich so fasziniert, dass ich mich
direkt nach der Schule beworben habe
und dann auch genommen wurde. Als
ich dann tatsächlich in der Werbung
arbeitete war ich froh, dass ich mich für
den wirtschaftlichen und nicht für den
kreativen Teil entschieden hatte, denn,
um soviel vorweg zunehmen, ich glaube
das ich als Kreativer in der Werbung ent-
täuscht worden wäre.
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A
I
D
A
Der Name diese Werbewirkungsprinzipes steht für
Attention, Interest, Desire und Action. Die vier Stufen
des Modelles beschreiben die Phasen, die ein Kunde
während eines Konsumaktes durchläuft. Es wird auf
Elmo Lewis zurückgeführt, der es 1897 zum ersten
mal beschrieb. Obwohl es heute noch Verwendung
findet, wird es häufig auf Grund von Ungenauigkeit
kritisiert und wurde mittlerweile von einem neue-
ren Modell abgelöst …
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DAG MAR
Diese Modell der Werbewirkung ist sehr viel genauer
als das ADIA-Modell. Entwickelt wurde es 1967 von dem
amerikanischen Werbeforscher Russell H. Colley. Das
Akronym steht für : Defining Advertising Goals for Mea-
sured Advertising Results und bezieht in den Werbeer-
folg auch die Kommunikationsaufgabe mit ein. Trotz der
höheren Differenziertheit bleibt das AIDA Modell wei-
terhin das Bekanntere der beiden.
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STRATEGIEIST
ARBEITAM
REISSBRETT
Hat sich in den letzten Jahren etwas
in der Werbung verändert? Ja auf
jeden Fall. Deswegen arbeite ich ja jetzt
auch selbstständig. Weil dieser große
Bedarf nach einer Koordinierung dieser
Veränderung da ist, um den sich viel
zu wenige kümmern. Die ganze Branche
ist aufgrund der Umwälzungen, die die
sozialen Medien und das Internet mit
ich gebracht haben, auf einer Art Selbst-
suche. Und irgendwie weiß noch keiner
ganz genau wo sie am Ende landet. Ich
habe wirklich lange in der klassischen
Werbung gearbeitet. Fokusgruppen,
Storyboard-Tests und dann am Ende
der TV-Spot Dreh für Actimel. Das war
ganz klassisch und hier würde ich zum
Beispiel auch fast schon ‘mathematisch’
sagen. Da wusste der Kunde genau, dass,
wenn er einen Tag seinen TV-Spot nicht
laufen lässt, der Absatz sofort zurück
geht. Also war die Schlussfolgerung:
Wir sind 365 Tage im Jahr im Fernsehen
zu sehen und dann verkauft sich unser
Produkt auch wie blöd. Das hat damals
auch noch funktioniert. Dass hat sich
aber damit verändert, dass, wenn Leute
herausfinden, dass Actimel eigentlich
nur Mist ist, sich das ganz schnell übers
Internet verbreiten lässt. Da merkt man
dann, dass einem ein TV-Spot alleine
nichts mehr bringt. In der Fernsehewer-
bung kann ich soviel erzählen wie ich
will aber die Leute glauben das einfach
weniger. Das ist natürlich nur ein Bei-
spiel. Sowohl die Marken als auch die
Agenturen sind jetzt dabei zu überlegen,
wie sie mit dieser neuen Welt zurecht
kommen. Da ist vieles noch ein ganz
Obwohl sie ja nichts mit Mathematik
zu tun hat, hört sich Strategie immer
so nach Berechnung und Planung
an. Wie viel Abenteuer bleibt da
am Ende? Es ist natürlich immer ein
Abenteuer. Obwohl die Strategie Arbeit
am Reißbrett ist. Als Berater verbringe
ich, wenn ich zum Kunden gehe, min-
destens zwei bis drei Tag damit mir die
Grundbedingungen anzuhören. Was ist
das Problem? Was sind die Kriterien?
Wer will eigentlich genau was und wo
ist zwischen all dem der Weg, den man
gehen kann? In dem Moment ist die
Spielwiese natürlich gar nicht mehr so
groß. Aber das ist auch der Teil, der mir
Spaß macht: sich zwei Tage lang hin zu
setzen, alles in sich auf zu saugen und
ganz viele blöde Fragen zu stellen. Am
Ende habe ich dann einen Berg an Infor-
mationen der irgendwie sortiert werden
muss, um herauszufinden, was am Ende
funktionieren kann. Es ist natürlich
immer schön, sich etwas zu überlegen,
das dem Konsumenten gefallen wird.
Aber der ist nicht die einzige Zielgruppe
bei meiner Arbeit. Der Firmenvorstand
muss es erstmal kaufen, der Händler
muss es dann auch noch gut finden und
es muss auf weitere Ebenen getragen
werden, wo man denen auch wieder
was Gutes tun muss. Dafür braucht man
eine Argumentationskette, die man sich
vom Anfang her überlegen muss. das ist
dann die Strategie. Trotzdem bleibt es
ein Abenteuer.
Der visuelle Rahmen ist dann gleich-
zeitig so etwas wie eine Brücke
zwischen der Idee und dem Konsu-
menten? Genau. Eine Idee braucht
diese Brücke, sonst nimmt der Kunde sie
nicht außerhalb der normalen Marke-
ting Kommunikation wahr. Ich hab oft
das Gefühl bei Projekten, denen dieser
kreative Rahmen noch fehlt, dass sich
meine ganze Arbeit nur in PowerPoint
abspielt. Als könnte man dann einfach
ohne diese visuelle Brücke eine Power-
Point Kampagne auf einen Flyer oder
ein Poster drucken, in irgendeinem
Standart Layout wo vielleicht noch eine
Headline drauf kommt. Wobei, genau das
ist mir gerade erst passiert,dass es eine
Headline aus meiner PowerPoint auf den
Messe Banner eines Kunden geschafft
hat. Da dachte ich so: »Wow, dass ist das
erste mal, dass was Kreatives aus meiner
Präsenta-
tion den
Weg in die
Wirklichkeit
geschafft
hat.«
Okay, starke Strategie bringt also den
funktionalen und den kreativen Teil
zusammen. Welchen Stellenwert hat
das klassische Grafikdesign dabei?
Für mich persönlich immer einen sehr
großen, weil ich ja selber aus einer krea-
tiven Familie komme, das selber aber nie
umgesetzt habe. So hatte ich immer das
Gefühl, dass ich da einen Designer an mei-
ner Seite brauche, der aus der Idee auch
noch etwas macht, was gut aussieht. Die
schönste Strategie kann noch so gut sein,
wenn sie dann aber nicht in einem über-
geordneten kreativen Rahmen um-gesetzt
wird verliert sie sich. Jede strategische
Kampagne braucht immer einen eigenen
Look, so was wie eine Mini Corporate De-
sign. Viele meiner Kunden meinen dann,
dass sie bereits eins hätten und einfach
nur ihr Logo auf die Aktion drauf klat-
schen müssen. Aber ich finde so eine ge-
schlossene Aktion – und sei sie auch noch
so kurz – braucht ein eigenes Design, so
einen eigenen Namen damit sie einen
Wiedererkennungswert hat. Wenn sie an
verschiedenen Orten umgesetzt wird und
die Leute auch darüber reden sollen, dann
braucht das Ganze ein eigenes Design. Mir
persönlich
ist dieser
visuelle
Rahmen für
eine Idee
besonders
wichtig.
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Einer Marke muss es dabei um den ganzen Lebensablauf gehen. Da kommt
zur Relevanz dann das hinzu, was ich immer Playground nenne. Was ist ein
Thema im Leben der Konsumenten, das mich als Marke auch interessiert, für das ich
einstehe und das nicht einfach nur aufgesetzt ist? Wenn ich eine Butter bin kann ich
nicht auf einmal anfangen über Fußball zu sprechen und Fußball-Events veranstal-
ten. Da fragt sich doch jeder: »Was hat jetzt die Butter mit Fußball zu tun?« Das ist
dann wortwörtlich das falsche Spielfeld, der falsche Playground für die Marke. Ein
perfektes Beispiel, wo das richtig umgesetzt wurde, ist Redbull und der Extremsport.
Das passt doch wie die Faust aufs Auge. Und Redbull lebt das dann auch richtig. Die
kleben dann nicht einfach nur ihr Logo auf irgendwelche Formel Eins Rennwagen
und zahlen ein bisschen was für ein Sponsoring, sondern die nehmen wirklich Geld in
die Hand, eignen sich die Expertise an und bauen sich eigene Rennwagen für ihr eige-
nes Team. Das ist dann wirklich Machen statt Sagen.
großes Ausprobieren. Wenn klassische
Werbeagenturen eigene Digitalagen-
turen aufbauen aber dann gar nicht
wissen wie sie die richtig in den klassi-
schen Arbeitsablauf integrieren sollen.
Das hat sich auch sehr rasant entwickelt
als es vor 5 bis 6 Jahren noch größere
unabhängige Digitalagenturen gab, die
damals sagten: »Wir sind jetzt hier! Wir
übernehmen die Welt!«. Ich habe noch
gestern eine alte Präsentation von 2006
gefunden, in der drinnen stand »Dem
Digitalen gehört die Welt. Fernsehen
ist tot«. Aber die Zeit ist ja auch schon
wieder vorbei. Jetzt geht es vielmehr
darum zu schauen, wie man das ganze
ineinander integriert.
Wenn sich eine Marke über permanente TV-Spots nicht mehr diesen Heili-
genschein bewahren kann und auf Unaufrichtigkeit Shitstorms folgen, dann
hat sich durch das digitale Zeitalter doch auch grundlegend was an der
Werbung verändert, oder? Genau! Alles was ich jetzt dazu sagen werde ist na-
türlich super subjektiv und das kann ich nicht mit Fakten belegen, aber der Gedanke
von HappyHappyJoyJoy basiert ja darauf, dass ich glaube, dass die Marken heutzutage
eine relevante Rolle im Leben der Menschen spielen müssen. Das ist mein großes
Credo. Und dafür muss man eben anders an die Sache ran gehen. Wirkliche Relevanz
zu erzeugen ist schon eine Sache, die wahnsinnig schwierig ist. Und darauf aufbauend
muss man auch noch Sympathie und Verwendung schaffen. Als Werber ist man da
ganz neu gefragt und die Markenkommunikation steht vor ganz anderen Aufgaben als
früher. »Do or Die!« – nun geht es nicht mehr darum einfach Sachen zu behaupten,
sondern man muss sie auch machen. Am Anfang wurde das von vielen missverstan-
den und die dachten sich »Ich mach halt einfach ‘ne App, damit rette ich die Welt!«.
Aber die Frage des Mediums – ob mobile Application, Event oder Online – stell sich
für mich heute gar nicht mehr. Für mich geht es bei der Strategie nur um die Frage
der Relevanz und was ich als Marke machen muss, um am Ende des Tages wirklich
diese Rolle im Leben der Menschen spielen zu können. Für was will ich im Leben und
Alltag der Menschen als Marke da sein? Und das ganze auch noch so, dass ich eine
Bedeutung für sie habe und sie mich nicht vergessen. Ich will ja nicht einfach nur das
Klopapier sein, dass halt da ist, um sich damit den Arsch ab zu wischen.
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PHASE1 PHASE2
Und einen Shitstorm lostreten? Das passiert glaube ich oft, wenn eine Marke et-
was nicht authentisch macht, sondern sich einfach nur irgendeine Hashtag Kampag-
ne ausgedacht wird, weil es eben gerade angesagt ist. Dann wird den Leuten nach dem
Maul getwittert. Genau das wäre ja die klassische Strategie einer Marke: heraus-
zufinden, was die Leute gerade interessant finden und das dann einfach als Marke
auch toll finden und mit auf den Zug aufzuspringen. So etwas wird dann meistens
ganz schnell der Zahn gezogen und man merkt, dass da überhaupt kein Biss dahin-
ter steckte. So eine wirkliche Haltung zu entwickeln ist eine schwierige Sache. Das
kann man nicht einfach mal so in einer Woche während eines Workshops erledi-
gen. Marken, die es da tatsächlich einfacher haben, sind die kleineren und neueren
Marken, die jetzt schon mit einer Vision auf die Welt kommen. Zum Beispiel das
Duschgel »Stop the water while using me«. Da war von Anfang an mit dem Produkt
auch eine Haltung verbunden. Oder ein bisschen größer gedacht auch die Jungs
hinter Ben & Jerry’s, die eine Eiscreme mit politischer Meinung sein wollten. Die
sind wirklich mit einem Van durch Amerika gefahren und haben Obama während
des Wahlkampfes unterstützt. Das kommt vielleicht mittlerweile nicht mehr so
durch jetzt wo sie auch zu Unilever gehören, aber die beiden Jungs sind trotzdem
noch da. Kleinere Marken, die von Anfang an mit einer Vision entstanden sind,
haben es natürlich viel einfacherer authentisch zu sein. Wenn dann bei größeren
Marken die Verkaufszahlen nicht mehr stimmen und die sich deswegen umposi-
tionieren wollen, dann sitzt da erstmal ein Riesenunternehmen und muss sich
überlegen, was es eigentlich genau sein will. Und das ist echt schwer. Denn selbst
wenn man sich die Mühe macht, kann man nicht erwarten, dass mit einem netten
TV-Spot und einer tollen Facebook Seite die Leute einem das alles nach nur drei
Monaten abkaufen. Authentizität und eine damit verbundene Haltung muss man
sich wirklich erarbeiten.
Wenn du von Marken sprichst, hört sich das so an wie
als würdest du von Menschen sprechen. Menschen und
Marken sind sich ja auch näher gekommen. Es gibt eine richtige
Personifizierung der Marke. Das merke ich immer, wenn Kunden
ihre Facebook Seite aufbauen. Das sieht natürlich dann erstmal
gut aus aber auf einmal muss die Marke auch anfangen über
irgendetwas zu reden. So ein Facebook Post sieht ja wirklich so
aus, als würde die Marke etwas sagen, direkt kommunizieren,
wohingegen sie früher nur irgendwelche Leute im Fernsehen hat
für sich sprechen lassen. Und wenn so eine Marke plötzlich was
sagen soll, dann muss sie auch was zu sagen haben. Da braucht
eine Marke auf einmal eine Haltung. Die hatten sie ja vorher nie.
Es gibt ganze Marketing Modelle – seien es Kreuze, Stufen oder
Pyramiden – zum Markenaufbau, wo dann natürlich auch einge-
baut ist für was die Marke einsteht. Meinentwegen für perfekte
Sauberkeit. Aber eine wirkliche Haltung zu gesellschaftlichen
Themen war das nie. Durch die sozialen Medien muss sich eine
Marke jetzt fragen, wie sie zur Regenwaldabholtzung oder zu
Pegida steht. Muss ich also als Ferrero Küsschen eine Haltung zu
Pegida haben? Ja vielleicht, weil meine drei Millionen Facebook
Fans das beschäftigt. Da kann dann auch eine Marke wie ein
Mensch Fehler machen.
SHIT STORM
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gabe gemacht mit allem was sie tun
das Selbstbewusstsein ihrer Kundinnen
zu stärken, die unter falschen Schön-
heitsidealen leiden müssen. Sie wollen
also durch ihr Marketing den Frauen
ein besseres Gefühl geben. Das ist doch
erstmal ein total guter Ansatz. Wenn
man dann weiß, dass es Marken gibt,
die im Jahr fünf Milliarden Euro ausge-
ben, um zu sagen »Mein Joghurt ist der
Beste!«, dann ist doch so eine Marke
viel angenehmer, die diese fünf Milli-
arden ausgibt um den Frauen zu sagen
»Macht euch nicht so einen Kopf, ihr
seid schön so wie ihr seid!« Da muss
man sich garnicht so weit aus dem Fens-
ter lehnen, wenn man behauptet, dass
Marken so einen Beitrag zur Gesellschaft
leisten können. Und da müssen mehr
Marken hinkommen, denn das wird
immer relevanter und vom Konsumenten
wertgeschätzt werden.
Kann man ein Produkt eigentlich auch ohne Image haben? Oder kommt
das am Ende immer noch oben drauf? Bei multinationalen Konzernen kommt
sicherlich zuerst das Image. Da ist es eigentlich fast egal, welches Produkt dahinter
steht. Es gibt zwar Produktentwicklung, die beispielsweise für ein Deo entscheidet,
ob es eher funktional oder am guten Geruch ausgerichtet ist, aber das bestimmt
dann einfach nur das kompetitive Umfeld, in dem sich das Produkt vermarkten
muss. Sprich im funktionalen oder im wohlriechenden Deo-Segment. Aber wie ich
mich in diesem Bereich dann von der Konkurrenz absetzte ist reines Image und
hat relativ wenig mit dem Produkt zu tun. Wenn man jetzt aber anders herum an die
kleineren und neueren Marken denkt, die mit einer Vision auf die Welt kommen, da
steht dann ganz klar das Produkt im Vordergrund. Und die Philosophie muss gar
nicht erst dazu erfunden werden, weil die ja durch das Produkt schon da ist. Wenn
das Produkt seine Versprechen hält, dann kommt das Image ganz automatisch
hinterher. Wenn das Produkt schlecht ist, braucht man eben eine mega Imagekampa-
gne. Wobei das eigentlich nie funktioniert, das geht immer nach hinten los.
gefahren. Und der war echt richtig gut,
den Unterschied zu einem VW Golf
merkte man kaum. Trotzdem fühlst du
dich, wenn du einen Kia fährst, wie ein
armer Schlucker und in einem Golf fühlst
du dich richtig geil. Und das Gefühl ist
gemacht. Genau das ist das Phänomen
Marke. Und deshalb finde ich das so
extrem spannend, dass man
diese feinen Unterschie-
de erzeugen. Das
finde ich auch
gar nicht
negativ, im
Sinne von
Manipu-
lation.
Das Ge-
fühl ist
ja trotz-
dem echt.
Und wenn
sich dann
eine Marke
mit einer Hal-
tung und einer
Vision ver-knüpft,
dann wird Werbung
auch wieder sinnvoll. Nicht,
dass alle Marken jetzt die Welt retten
müssen. Das können sie alleine wahr-
scheinlich gar nicht. Aber sie können für
etwas in der Gesellschaft einstehen und
dann kann dieses Gefühl, das man mit
der Marke hat, auch echt gut sein. Mein
Lieblingsbeispiel hierfür ist ja gerade
Dove. Denn obwohl sie eigentlich nur ein
Duschgel oder irgendeine Creme sind,
haben sie es sich als Marke Dove zur Auf-
Wenn ich also im Supermarkt vor
hundert verschiedenen Joghurts
stehe, die rein theoretisch alle
gleich sind, dann reicht oberfläch-
liche Werbung nicht mehr aus, um
mich zu überzeugen? Das spannen-
de an der ganzen Sache ist, dass es am
Ende trotzdem ein Marketingkonstrukt
bleibt. Dieses Phänomen von
Marken hat mich schon
immer fasziniert.
Da sind vielleicht
wirklich diese
hundert Jo-
ghurts, die
möglicher-
weise alle
irgendwie
gleich
sind. Und
trotz-
dem hat
jedes dieser
Joghurts ein
eigenes Image
und eine ganz ei-
gene Wirkung auch
auf mich, da geht es mir
ja genauso wie jedem anderen
auch. Und ich würde bestimmt die Hälfte
dieser hundert Joghurts nie in meinem
Leben kaufen. Und ein weiteres Viertel
nur dann, wenn ich gerade Geld sparen
will, weil sie ein bisschen günstiger
sind. Aber eigentlich weiß ich ganz
genau, welches Joghurt ich am geilsten
finde. Bei Autos ist das noch krasser. Ich
bin selber eine Weile lange einen Kia –
so ziemlich das billigste Auto der Welt –
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BITTEKEINEWERBUNG!Will Werbung dann eigentlich noch Werbung sein? Wie ich schon gesagt
habe, versucht man eine Rolle zu definieren, die die Marke spielen kann und will.
Das ist eher so, als würde man das Leben eines Menschen beschreiben und weniger
bloßes Ausfüllen von Werbemitteln. Es ist auch eigentlich unmöglich so etwas bei
einer reinen Media-Agentur zu buchen. Wenn Hornbach sich Beispielsweise vorge-
nommen hat, das Projekte-Möglichmacher-Unternehmen für Heimwerker zu sein,
dann ist die Frage ja nicht, welches Medium da bedient werden soll. So geht das
eben nicht mehr. Klar haben die dann daraus auch irgendwie noch einen TV-Spot
gezaubert und Litfaßsäulen beklebt, aber wenn man sich einmal überlegt, welche
Rolle man spielen möchte, dann muss man auch den richtigen Weg da rein finden.
Da geht vieles über den direkten Kontakt, wirklich im Leben der Menschen über
Events stattzufinden. Wie auch immer man das dann macht, ganz viele Sachen sind
nicht mehr wirklich als Werbung erkennbar. Und das geht natürlich ganz klar gegen
klassische Media-Agenturen. Eigentlich sollte man die fünf Millionen Euro, die man
in Media stecken möchte, gerade nicht in klassische Werbung stecken, raus nehmen
und damit ein Jahr lang ein Marketing-Experiment machen, um herauszufinden, wer
man eigentlich als Marke sein möchte. Damit macht man sich natürlich alle klassi-
schen Media-Agenturen zum Feind, aber das sind nun mal die, die als nächstes leiden
müssen. Denn in den klassischen Medien gibt es mittlerweile endlose Möglichkeiten,
wie man Werbung vermeiden kann. Sei es durch Ad-Blocker, dadurch das man Serien
nur noch online schaut oder einfach ein »Bitte keine Werbung«-Schild am Briefkas-
ten kleben hat.
Und vor allem hat er auch Men-
schen erreicht, die sich aufgrund
des Inhaltes freiwillig diesen Wer-
bespot angeschaut haben und so
vielleicht auch eine viel größere
Wirkung erzielt? Genau. Und bei You-
tube zahlt man für einen Pre-Roll, also
einen Clip der vor einem Video läuft
und den man nach fünf Sekunden weg-
klicken kann, nur, wenn sich der User
den Clip ganz anschaut. Also nur wenn
sich jemand den Clip bis zum Ende an-
schauen will, muss ich als Marke dafür
an Youtube zahlen. Das sorgt natürlich
zum einen dafür, dass viele Marken
versuchen in den ersten drei Sekunden
schnell Logo und Produkt zu platzieren,
damit, obwohl der Clip weggeklickt
wurde, der Werbeeffekt da war. Auf der
anderen Seite werden Marken auch ge-
nau dadurch dazu getrieben, relevanter
zu sein. Sonst werden sie nämlich immer
weggeklickt. Damit hat Google auch
schon ganz früh angefangen, als es Goo-
gle Ads startete. Da werden die Anzeigen
ja nach Beliebtheit aufgelistet. Wenn ich
über Google Ads Werbung schalte, die
so schlecht ist, dass keiner sie anklickt,
dann wird sie auch gar nicht mehr in der
Liste auftauchen.
Kann Werbung so ein Image heut-
zutage noch mit einem TV-Spot pro
Tag, sprich permanente Penetration,
aufrechterhalten? Oder ist die Zeit
vorbei? Die Zeit ist noch nicht vorbei.
Es funktioniert halt immer noch. Und
Fernsehen ist auch immer noch nicht
tot, obwohl selbst ich das 2006 schon
behauptet habe. Wenn man mit einem
neuen Produkt auf den Markt will, dann
muss man als größeres Unternehmen im-
mer noch ins Fernsehen, weil es das ein-
zige Medium mit dieser demographisch
extrem breiten Reichweite ist. Und ich
glaube für so Sachen wie Produkt-Neu-
ankündigungen wird es auch noch eine
ganze Weile relevant bleiben. Wenn man
den Big Bang zum Markenstart haben
will, so dass es auch wirklich jeder mit-
bekommt, sollte man auch heute noch
ins Fernsehen gehen. Aber dieser Film
von Dove – Beauty Sketches; der lief zum
Beispiel nie im Fernsehen. Der wurde in
der ersten Woche auf Youtube von über
3,5 Millionen Menschen angesehen und
hatte damit eine größere Reichweite als
jeder TV-Spot in Deutschland sie jemals
haben könnte.
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auch eine Be- wertung, ohne,
dass mich die Marke dazu
aufgefordert hätte. Genauso schau
ich mir dann an, was ich von Freunden
empfohlen bekommen habe und bin
dann echt dankbar dafür, weil es mir bei
der Auswahl hilft.
Kann Werbung, egal ob online oder
klassisch, eigentlich nur mit Einzel-
konsumenten kommunizieren oder
auch eine breitere Gesellschaft an-
sprechen? Im Digitalen wird das ganze
natürlich immer mehr personalisiert.
Wovon wir es ja gerade hatten: Retarge-
ting, Google Ads. Das ganze sitzt extrem
nahe auf dem individuellen Verhalten
auf. Vor allem über Facebook Anzeigen.
Da kann ich die Zielgruppe so sehr ein-
engen, dass ich nur alle rothaarigen Jungs
in Buxtehude ansprechen will und auch
nur die fünf mit meiner Werbung errei-
cheche. Aber Dove versucht natürlich
lich. Da klickt man einmal
eine Sache an
und bekommt
dann auf den
nächsten Folgeseiten
automatisch einen
Banner mit
der Wer-
bung dazu
geschaltet. Wo man
sich dann immer fragt:
»Woher weiß denn
jetzt stern.de, dass
ich mir vor 27
Seiten einen Was-
serfilter angeschaut habe?«. Das
ganze ist eben noch nicht so weit,
dass, wenn ich irgendwo zwischen
Seite 1 und Seite 27 in einem On-
line-Shop den Wasserfilter gekauft
habe, die Bannerwerbung sich verändert.
Ich bekomme trotzdem weiterhin Was-
serfilter vorgeschlagen. Aber ich denke
diese Systeme werden noch schlauer
werden und uns weniger nerven. Ich fin-
de, das ist tatsächlich etwas Praktisches.
Indirekt tritt man durch Empfehlun-
gen ja auch über die Marke mit sei-
nen Freunden in Kontakt, oder? Na
klar. Man fragt sich ja oft genug, welches
Buch man lesen, welchen Film man sich
anschauen soll, wo ein gutes Restaurant
ist. Und wenn mir dann was gefallen
hat, dann habe ich das auch schon aktiv
über Social Media mit meinen Freunden
geteilt. Da wären wir wieder bei der Pro-
duktqualität. Wenn mir etwas wirklich
gefallen hat, dann schreibe ich darüber
Horror. Dass das eine Sackgasse ist, ist
doch auch schon längst klar. Liebe Marke,
mach du doch mal ein Foto oder ein Vi-
deo, dass ich so toll finde, dass ich dir ein
Like dafür gebe!
Viele sehen ja im Digitalen nur noch
einen Daten-Kraken, der rein infor-
mationsbasiert Werbung berechnet
und sie dir dann passend zuspielt.
Zum Beispiel Empfehlungen auf
Facebook oder Amazon. Glaubst du,
dass das die effektivere Werbung ist
und die kreative Werbung irgend-
wann ablöst? Ich weiß gar nicht genau,
ob man immer so von einer Konkurrenz
sprechen kann und das eine das andere
irgendwann ablösen wird. Ich persönlich
empfinde berechnete Empfehlungen als
Bereicherung. Wenn ich bei Netflix zum
Beispiel mit dem Menü nicht klar komme
und nichts Gescheites zum anschauen
finden, dann gibt es da die Funktion die
Sachen zu sehen, die meine Freunde ge-
schaut haben. Und bei bestimmten Freun-
den weiß ich dann auch, dass das unge-
fähr meinen Geschmack treffen wird und
schau mir das natürlich dann an. Hier ist
das mehr eine Hilfestellung für mich als
irgendeine blöde Werbung der Marke oder
der entsprechenden Serie. Klar, Amazon
schlägt einem ganz oft nur Schrott vor. Da
sucht man einmal nach einer Klobrille,
findet noch nicht einmal eine gescheite
und bekommt dann aber für die nächsten
drei Jahre Klobrillen vorgeschlagen. Da
sind auf vielen Ebenen noch technische
Probleme, die gelöst werden müssen. Das
ganze funktioniert auch noch nicht wirk-
Durch Social Media hat sich neue
Werbung ja auch extrem der Parti-
zipation durch den Konsumenten
geöffnet, sodass dieser am Ende
selber wieder Werbung macht.
Aber das Ganze so sein, dass es dabei
den Konsumenten nicht missbraucht.
Es gibt so viele Marken, die das genau
falsch machen und dem Konsumenten
vorschreiben wollen, was er machen soll.
Mercedes will, dass du fünf deiner Freun-
de einlädst, ihre Seite zu liken, damit
du am Ende eine Probefahrt bekommst.
Oder Milka will, dass du über sie eine
Liebesbotschaft verschickst unter der
dann ‘sponsored by Milka’ steht. Hier
soll ganz eindeutig der Konsument über
Social Media benutzt werden, um wieder
Werbung für die Marke zu machen. Das
ist von der Logik her genau die falsche
Richtung der Partizipation, um eine Rele-
vanz zu erzeugen. Nicht der Konsument
sollte über Social Media etwas für die
Marke tun, sondern die Marke sollte sich
überlegen, was sie über die neuen Medi-
en machen kann, um etwas sinnvolles für
den Konsumenten anzubieten. So be-
zieht man den Konsumenten mit ein. Von
Engagement haben natürlich alle gehört,
das wurde hoch und runter gepredigt,
und jetzt denken die klassischen Marken,
sie müssten eine Kampagne starten wo
Leute Fotos hochladen sollen mit dem
passenden Hashtag dazu. Das machen
alle! Das ist doch furchtbar! Alle Marken
schreien den Konsumenten über die sozi-
alen Netzwerke an »Mach ein Foto! Mach
ein Video! Mach verdammt nochmal
Werbung für mich!«. Das ist der totale
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Kai Platscke wurde 1974 in
Darmstadt geboren. Er studierte
Marketing an der FH Pforzheim
und arbeite nach seinem Stu-
dium für diverse internationale
Werbeagenturen in Frankfurt
am Main. Durch seine Spezia-
lisierung auf den digitalen Be-
reich des Marketing wurde er
leitender online Stratege einer
Pariser Werbeagentur, für die er
2012 ein Berliner Büro als Ma-
naging Director eröffnete. Nach-
dem er aber merkte, dass klassi-
sche Agenturen mit den neuen
Herausforderungen nur schwer
zurecht kommen, machte er sich
selbstständig und ist jetzt unab-
hängiger Unternehmensberater.
Er unterrichtete an der Hoch-
schule Pforzheim und betreibt
nebenher noch eine Bar in Berlin
Mitte.
zu lassen. Das Verständnis dafür, dass sich etwas substantielles in der Markenkom-
munikation ändern muss, sollte sich noch weiter durchsetzen. Und mehr Marken
müssen den Mut aufbringen, von der klassischen Werbung weg zu kommen, die
immer schon so wie ein Automatismus abläuft, und müssen wirklich mal was Neues
probieren. Denn die Einzigen, die von klassischer Werbung profitieren, sind die Werbe-
agenturen.
Das Wetter heute könnte auch mal
wieder mutiger sein und was neues
ausprobieren, oder? Auf jeden Fall.
mit seiner Kampagne zum Thema »Real Beauty« gesellschaftlich zu sein. Zum einen
richtet es sich an die individuellen Konsumentinnen mit dem Produkten und der Mar-
ke, zum anderen spricht es aber auch ein größeres gesellschaftliches Thema an. Eine
wirkliche Haltung kann immer eine gesellschaftliche Rolle spielen.
Gibt es etwas, was nur Werbung kann? Verkaufen! Ganz klar hat Werbung ja
eine wirtschaftliche Funktion. Die Idee ist: »Ich stecke 5 Millionen Euro in die Wer-
bung und bekomme 15 bei den Verkäufen wieder raus.«. Deswegen investieren Mar-
ken, die das ganze intelligent machen wollen, ja auch in ihre Werbung. In die Marken-
kommunikation. Das ist natürlich die Funktion der Werbung, sonst würden wir das
alle nicht machen. Wenn man aber darüber hinaus weiter denkt, dass Marken immer
mehr eine gesellschaftliche Rolle spielen wollen, um relevant zu sein, dann kann
das natürlich über die bloße Verkaufsfunktion hinausgehen. Wenn das ganze Geld,
dass bisher für klassische Media-Werbung ausgegeben wurde, dafür verwendet wird,
die Konsumenten zu unterstützen und auch durch tatsächliches Handeln relevant
zu sein, dann ist die Bedeutung natürlich eine ganz andere, vielleicht auch größere.
Wenn es denn mal wirklich soweit kommt. Das ist nämlich immer die Stelle an der
ich in den Workshops gefragt werden, ob wirklich jede Marke eine gesellschaftlich
relevant Rolle übernehmen kann. Eine ist für den Regenwald zuständig, die andere
für Straßenhunde und dann wieder eine für die Kinder in Bangladesh. Das ist natür-
lich Unsinn und soweit sind wir ja auch bei weitem noch nicht. Es geht dabei auch
gar nicht um Corporate Social Responsibility oder falsches Greenwashing, sondern
darum eine echt relevante Rolle zu spielen. Nicht jede Marke muss die Welt retten,
manche können auch einfach unterhaltsam sein und mir ein gutes Gefühl geben.
Beides widerspricht ja auch nicht der Werbung. Das ist ja immer der Vor-
wurf, dass zum Verkaufen jedes Mittel recht ist. Wenn eine Marke Geld in eine
Filmförderung steckt, weil sie junge Talente unterstützen will und die staatliche
Förderung bei weitem nicht ausreichen kann, dann können wir darüber doch nur
froh sein, wenn Marken entdeckt haben, dass sie so eine relevante Rolle im Leben
der Menschen spielen können. Klar wollen sie am Ende auch ihr Produkt verkaufen.
Aber so ist das ganze doch besser als wenn sie einfach nur ihr Budget in klassische
TV-Werbung investieren würden. Außerdem kommt hier wieder die Haltung ins
Spiel. Die Marke kann nicht einfach nur behaupten: »Kauf mich, ich finde Filme auch
toll!«, sondern muss wirklich beweisen, worum es ihr bei der Sache geht. Nämlich
um ihre Haltung. Ich würde mir auch wünschen, dass mehr Marken das ernst neh-
men und nicht nur irgendwelche Junioren abordern, um ihre Facebook Seite machen