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Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke
- Markenmanagement sichert Unternehmenserfolg Hans Herrmann, Frank Meyrahn
Erschienen im: Branchenreport-Zulieferer, 2003

Hans Herrmann ist Geschäftsführer der HMC Market Consulting, Michelstadt (www.marketconsulting.eu); vormals der 3hm Automotive GmbH.
Frank Meyrahn ist Geschäftsführer der 2hm & Associates GmbH, Mainz (www.2hm.com).

Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved.

1
Der Automobilzulieferermarkt ist zum einen

Zulieferer-Marken haben keine

geprägt durch Globalisierungs- und Konzentra-

eigene Identität

tionstendenzen auf der Herstellerseite. Zum
anderen sehen sich die Zulieferer einem hohen
Innovationsdruck ausgesetzt. Viele Teileproduzenten erzielen mehr als Dreiviertel ihres
Umsatzes mit dem Hersteller und nur ein Viertel mit dem Handel. Beim Ertrag ist die Situation dagegen umgekehrt. Angesichts anhaltender Preisabschlagsforderungen der Hersteller muss befürchtet werden, dass diese Relation sich weiter verschlechtert.
Demnach liefern die Gewinne aus dem so genannten Ersatzgeschäft einen essenziellen
Beitrag zur Finanzierung von Innovationen der
Teileproduzenten für das Erstausrüstungsgeschäft. Die Veränderungen in der Serviceland-

Nachdem nicht zu erwarten ist, dass sich die
Ertragssituation im Geschäft mit der Automobilindustrie wesentlich verbessern wird, muss
der Fokus auf den Aftermarket gesetzt werden.
Fakt ist, dass es sich bei den Kfz-Teilen um
typische Low-Involvement-Produkte handelt,
das heißt der Autofahrer selbst setzt sich mit
Kfz-Teilen und deren Hersteller kaum auseinander. So können sich beispielsweise nicht
einmal 40 Prozent der Winterreifenkäufer
erinnern, welche Marke sie erworben haben.
Eine eigens initiierte, repräsentative Befragung von 1625 Autofahrern hat ergeben, dass
lediglich ein Fünftel der Autofahrer eine Teile-

schaft durch die Freistellung der GVO sowie

herstellermarke nennen können. (s. Abb.1

der steigende Wettbewerbsdruck stellen die

nächste Seite). Dieses Ergebnis muss als äu-

Teilehersteller mehr denn je vor die Herausfor-

ßerst unbefriedigend für die Branche bezeich-

derung, sich im Markt zu behaupten. Dies

net werden. Für den Endverbraucher ist der

trifft umso mehr zu, als die Automobilherstel-

Hersteller des Kfz-Teiles weitgehend aus-

ler im Zuge der Freigabe des Teilemarktes für

tauschbar, unabhängig von der Tatsache,

sämtliche Anbieter mit hoher Wahrscheinlich-

Erstausrüstungslieferant zu sein. Die Konse-

keit den Druck auf die Händler noch erhöhen

quenz kann hieraus nur lauten: Aufbau einer

werden.

unverwechselbaren Marke.

Mehr und mehr börsennotierte mittelständische Zulieferer sind zur Pflege des eigenen
Aktienkurses gefordert, in der Öffentlichkeit
präsent zu sein. Die Kundenorientierung umfasst demnach neben den Abnehmern im Original Equipment und Aftermarket (Handel und
Endverbraucher) auch die Aktionäre des Unternehmens.

2

Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved.
Markenbekanntheit von Kfz-Teilemarken niedrig nur 22 % der Autofahrer können ungestützt eine Marke nennen
78 %
NichtMarkenkenner

22 %
Markenkenner

Abb.1: Spontane Markenbekanntheit von Kfz-Teilemarken;
Quelle: 3hm „CAR TRACKER“ 2002/2003, n=1.625 Autofahrer

Markenwert schafft Konsumententreue

hoher Markenwert positiv auf den Aktienkurs

Eine Marke zeichnet sich gegenüber „anony-

des Unternehmens aus.

men“ Waren dadurch aus, dass sie einerseits
dem Konsumenten als Qualitäts- und Innova-

Erfolgreiches Markenmanagement

tionsträger mit hoher Verkehrsgeltung gezielte

ist kein Zufallsergebnis

Wiederholungskäufe ermöglicht und anderer-

Wie ist eine Marke zu führen, damit über ihr

seits dem Hersteller die nötige Differenzie-

Potenzial der Unternehmenserfolg herbeige-

rungsfähigkeit bietet, die gezielte Kommuni-

führt werden kann? Es ist ein systematisches

kation erst möglich macht.

Markenmanagement zu betreiben, damit ein

Bezogen auf Kfz-Teile soll die Marke ein Ge-

konsistenter Marktauftritt in den Mittelpunkt

gengewicht zur Nachfragermacht des Handels

aller absatzgerichteten Aktivitäten gestellt

und eine Widerstandskraft gegen dessen Ope-

werden kann. (Abb.2)

ratoren schaffen, alternativ zu anonymen bzw.

Damit der Wert einer Marke auch einen we-

Low-Involvement-Produkten eine unmittelbare

sentlichen Beitrag zum Gesamtunternehmens-

Vertrauensbeziehung zwischen dem Teileher-

wert leistet, bedarf es einer Vielzahl aufeinan-

steller und Autofahrer begründen und

der abgestimmter Einzelmaßnahmen. Die mar-

zur Unternehmensprofilierung beitragen.

kenpolitischen Aktivitäten sollten möglichst

Marken mit einem hohen Markenwert erfreuen

dauerhaft und gezielt ineinander greifen.

sich großer Konsumententreue. Dieser Markenwert wirkt sich positiv auf die Beurteilung
einzelner Markeneigenschaften aus, verstärkt
die Wettbewerbsposition und baut Wettbewerbsbarrieren auf. Daneben wirkt sich ein

Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved.

3
Wesentliche Maßnahmen innerhalb des Markenmanagements sind:

Kontrolle und Steuerung der Marke mit

Definition und Festlegung der

Hilfe des Markenstärkeansatzes

Markenidentität

(Markenpersönlichkeitsmessung)

Gestaltung der Markenarchitektur

Mitarbeiteridentifikation mit der Marke

Identifikation einer erfolgreichen

(Markenkultur)

Markenposition

Ermittlung des Markenwertes

Aufbau einer Marke

Entwicklung einer Brand Scorecard

Entwicklung einer Markenstrategie

Abb.2: Systematisches Markenmanagement; Quelle: 2hm & Associates

Der Schlüssel zum Unternehmenserfolg

absatzorientierte Maßnahmen darauf auszu-

Zulieferer-Marken mit einem überdurchschnitt-

richten, starke Marken zu schaffen und ein

lich hohen Bekanntheitsgrad wie Bosch,

eindeutiges und differenziertes Markenbild

SiemensVDO oder Recaro sind ein Beispiel für

sowohl in den „Köpfen“ der Automobilherstel-

professionelles Markenmanagement und ent-

ler, Händler und Werkstätten als auch bei den

sprechenden Unternehmenserfolg. Jedoch

Autofahrern zu verankern.

zeichnet sich in der Branche eine schwache
Profilierung der Kfz-Teile-Marken ab. Um zukünftig im Markt bestehen zu können, genügt
es für Teilehersteller folglich nicht mehr, lediglich die Innovationskraft weiter zu steigern. Vielmehr kommt es darauf an, sämtliche

Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved.

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Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke

  • 1. Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke - Markenmanagement sichert Unternehmenserfolg Hans Herrmann, Frank Meyrahn Erschienen im: Branchenreport-Zulieferer, 2003 Hans Herrmann ist Geschäftsführer der HMC Market Consulting, Michelstadt (www.marketconsulting.eu); vormals der 3hm Automotive GmbH. Frank Meyrahn ist Geschäftsführer der 2hm & Associates GmbH, Mainz (www.2hm.com). Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved. 1
  • 2. Der Automobilzulieferermarkt ist zum einen Zulieferer-Marken haben keine geprägt durch Globalisierungs- und Konzentra- eigene Identität tionstendenzen auf der Herstellerseite. Zum anderen sehen sich die Zulieferer einem hohen Innovationsdruck ausgesetzt. Viele Teileproduzenten erzielen mehr als Dreiviertel ihres Umsatzes mit dem Hersteller und nur ein Viertel mit dem Handel. Beim Ertrag ist die Situation dagegen umgekehrt. Angesichts anhaltender Preisabschlagsforderungen der Hersteller muss befürchtet werden, dass diese Relation sich weiter verschlechtert. Demnach liefern die Gewinne aus dem so genannten Ersatzgeschäft einen essenziellen Beitrag zur Finanzierung von Innovationen der Teileproduzenten für das Erstausrüstungsgeschäft. Die Veränderungen in der Serviceland- Nachdem nicht zu erwarten ist, dass sich die Ertragssituation im Geschäft mit der Automobilindustrie wesentlich verbessern wird, muss der Fokus auf den Aftermarket gesetzt werden. Fakt ist, dass es sich bei den Kfz-Teilen um typische Low-Involvement-Produkte handelt, das heißt der Autofahrer selbst setzt sich mit Kfz-Teilen und deren Hersteller kaum auseinander. So können sich beispielsweise nicht einmal 40 Prozent der Winterreifenkäufer erinnern, welche Marke sie erworben haben. Eine eigens initiierte, repräsentative Befragung von 1625 Autofahrern hat ergeben, dass lediglich ein Fünftel der Autofahrer eine Teile- schaft durch die Freistellung der GVO sowie herstellermarke nennen können. (s. Abb.1 der steigende Wettbewerbsdruck stellen die nächste Seite). Dieses Ergebnis muss als äu- Teilehersteller mehr denn je vor die Herausfor- ßerst unbefriedigend für die Branche bezeich- derung, sich im Markt zu behaupten. Dies net werden. Für den Endverbraucher ist der trifft umso mehr zu, als die Automobilherstel- Hersteller des Kfz-Teiles weitgehend aus- ler im Zuge der Freigabe des Teilemarktes für tauschbar, unabhängig von der Tatsache, sämtliche Anbieter mit hoher Wahrscheinlich- Erstausrüstungslieferant zu sein. Die Konse- keit den Druck auf die Händler noch erhöhen quenz kann hieraus nur lauten: Aufbau einer werden. unverwechselbaren Marke. Mehr und mehr börsennotierte mittelständische Zulieferer sind zur Pflege des eigenen Aktienkurses gefordert, in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Die Kundenorientierung umfasst demnach neben den Abnehmern im Original Equipment und Aftermarket (Handel und Endverbraucher) auch die Aktionäre des Unternehmens. 2 Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved.
  • 3. Markenbekanntheit von Kfz-Teilemarken niedrig nur 22 % der Autofahrer können ungestützt eine Marke nennen 78 % NichtMarkenkenner 22 % Markenkenner Abb.1: Spontane Markenbekanntheit von Kfz-Teilemarken; Quelle: 3hm „CAR TRACKER“ 2002/2003, n=1.625 Autofahrer Markenwert schafft Konsumententreue hoher Markenwert positiv auf den Aktienkurs Eine Marke zeichnet sich gegenüber „anony- des Unternehmens aus. men“ Waren dadurch aus, dass sie einerseits dem Konsumenten als Qualitäts- und Innova- Erfolgreiches Markenmanagement tionsträger mit hoher Verkehrsgeltung gezielte ist kein Zufallsergebnis Wiederholungskäufe ermöglicht und anderer- Wie ist eine Marke zu führen, damit über ihr seits dem Hersteller die nötige Differenzie- Potenzial der Unternehmenserfolg herbeige- rungsfähigkeit bietet, die gezielte Kommuni- führt werden kann? Es ist ein systematisches kation erst möglich macht. Markenmanagement zu betreiben, damit ein Bezogen auf Kfz-Teile soll die Marke ein Ge- konsistenter Marktauftritt in den Mittelpunkt gengewicht zur Nachfragermacht des Handels aller absatzgerichteten Aktivitäten gestellt und eine Widerstandskraft gegen dessen Ope- werden kann. (Abb.2) ratoren schaffen, alternativ zu anonymen bzw. Damit der Wert einer Marke auch einen we- Low-Involvement-Produkten eine unmittelbare sentlichen Beitrag zum Gesamtunternehmens- Vertrauensbeziehung zwischen dem Teileher- wert leistet, bedarf es einer Vielzahl aufeinan- steller und Autofahrer begründen und der abgestimmter Einzelmaßnahmen. Die mar- zur Unternehmensprofilierung beitragen. kenpolitischen Aktivitäten sollten möglichst Marken mit einem hohen Markenwert erfreuen dauerhaft und gezielt ineinander greifen. sich großer Konsumententreue. Dieser Markenwert wirkt sich positiv auf die Beurteilung einzelner Markeneigenschaften aus, verstärkt die Wettbewerbsposition und baut Wettbewerbsbarrieren auf. Daneben wirkt sich ein Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved. 3
  • 4. Wesentliche Maßnahmen innerhalb des Markenmanagements sind: Kontrolle und Steuerung der Marke mit Definition und Festlegung der Hilfe des Markenstärkeansatzes Markenidentität (Markenpersönlichkeitsmessung) Gestaltung der Markenarchitektur Mitarbeiteridentifikation mit der Marke Identifikation einer erfolgreichen (Markenkultur) Markenposition Ermittlung des Markenwertes Aufbau einer Marke Entwicklung einer Brand Scorecard Entwicklung einer Markenstrategie Abb.2: Systematisches Markenmanagement; Quelle: 2hm & Associates Der Schlüssel zum Unternehmenserfolg absatzorientierte Maßnahmen darauf auszu- Zulieferer-Marken mit einem überdurchschnitt- richten, starke Marken zu schaffen und ein lich hohen Bekanntheitsgrad wie Bosch, eindeutiges und differenziertes Markenbild SiemensVDO oder Recaro sind ein Beispiel für sowohl in den „Köpfen“ der Automobilherstel- professionelles Markenmanagement und ent- ler, Händler und Werkstätten als auch bei den sprechenden Unternehmenserfolg. Jedoch Autofahrern zu verankern. zeichnet sich in der Branche eine schwache Profilierung der Kfz-Teile-Marken ab. Um zukünftig im Markt bestehen zu können, genügt es für Teilehersteller folglich nicht mehr, lediglich die Innovationskraft weiter zu steigern. Vielmehr kommt es darauf an, sämtliche Vom No-Name-Produkt zur unverwechselbaren Marke © 2003 2hm – All Rights Reserved. 4