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Alternate Reality Games
                           Master Thesis
                zur Erlangung des akademischen Grades


                  Master of Science – MSc
                        im Universitätslehrgang
                  MSc Interactive Media Management 1



                                verfasst von

                           Gerolf Nikolay


Eingereicht am Department für Interaktive Medien und Bildungstechnologien
der Fakultät für Bildung und Medien an der Donau-Universität Krems

Betreuer: Rektor Univ.-Prof. Dr. Michael Wagner, MBA

Tag der mündlichen Prüfung: 15.11.2011

Krems, November 2011
Abstract

Die vorliegende Master Thesis versucht einen Einblick in die Welt der Alternate
Reality Games (ARGs) zu geben und deren Einsatzgebiete aufzuzeigen. Aufgrund des
verstärkten Einsatzes von Pervasive Technology und ihres immersiven Charakters
empfiehlt es sich dieses Genre als ‚nongame‘ Phänomen, unter Berücksichtigung des
sozialen Aspekts zu betrachten. ARGs schaffen für die Teilnehmer eine Alternate
Reality in dem sie Game Mechanics in das reale Leben der Spieler integrieren.
Die Thesis versucht die Alleinstellungsmerkmale von ARGs herauszuarbeiten,
insbesondere als neue Form des Geschichtenerzählens und angewandte kollektive
Intelligenz. Anhand dieser speziellen Merkmale wird zunächst eine Begriffsdefinition
vorgenommen. Die zahlreichen Einflüsse auf dieses Genre, seit Beginn des 20.
Jahrhunderts, wurden intensiv studiert, die zum ersten ARG namens The Beast im
Jahr 2001 führten. Daraufhin folgt ein Versuch der Kategorisierung von ARGs, die
keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit hat, sondern die Vielfältigkeit der
Einsatzzwecke aufzeigen soll. Analysiert wurde das ARG 1-18-08, als Fallstudie eines
Promotional ARG zum Kinofilm Cloverfield, sowie World Without Oil, EVOKE und
Ghosts of a Chance, als Stellvertreter der sogenannten Serious ARGs, unter
Berücksichtigung des Aspekts der Bildung von Communities und als Einsatz als
Social Learning Tool.
Da die unklaren Grenzen zwischen Fiktion und Realität auch zu Problemen führen
können, werden in einem Kapitel, zudem die Ethik und der soziale Kontext
diskutiert. Zum Schluss gibt diese Master Thesis Ausblick auf die zukünftige
Entwicklung von ARGs und aktuelle technologische Einflüsse, die maßgeblich an der
Weiterentwicklung dieses Genres beteiligt sind.




                                           i
Inhaltsverzeichnis

Abstract .......................................................................................................................................................... i

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................................................ ii

1       Einführung ........................................................................................................................................... 1

2       Definition ..............................................................................................................................................5

        2.1.1           Merkmale .............................................................................................................................. 7

    2.2         Definition als Spiel ..................................................................................................................... 13

    2.3         Transmedia Storytelling ............................................................................................................ 15

    2.4         Collective Intelligence ............................................................................................................... 23

        2.4.1           Smart Mobs ....................................................................................................................... 24

        2.4.2           Spoiling .............................................................................................................................. 28

3       Geschichte .......................................................................................................................................... 30

    3.1         Einflüsse ..................................................................................................................................... 33

        3.1.1           Orson Welles’ War of the Worlds ..................................................................................... 33

        3.1.2           Paul-Is-Dead Conspiracy ................................................................................................. 34

        3.1.3           Ong’s Hat: Incunabula ..................................................................................................... 35

        3.1.4           Treasure Hunts ..................................................................................................................37

        3.1.5           London’s treasure hunt riots ............................................................................................ 38

        3.1.6           We Lost Our Gold .............................................................................................................. 39

        3.1.7           Publius Enigma .................................................................................................................. 41

    3.2         The Beast .................................................................................................................................... 43

    3.3         Majestic ...................................................................................................................................... 45

4       Kategorien ..........................................................................................................................................47

    4.1         Cloverfield .................................................................................................................................. 48

        4.1.1           In-Game Websites .............................................................................................................. 51

        4.1.2           Out of game ....................................................................................................................... 58

        4.1.3           Cloverfield Communities .................................................................................................. 60

        4.1.4           Weiterentwicklung der Cloverfield Communities .......................................................... 65

    4.2         Serious Games ........................................................................................................................... 69


                                                                                 ii
4.2.1          World Without Oil ..............................................................................................................72

      4.2.2          EVOKE: A Crash Course in Changing the World ............................................................74

      4.2.3          Ghosts of a Chance ............................................................................................................ 78

    4.3       ARGs als Social-Learning Tool ................................................................................................. 81

    4.4       Erfolgsmessung ......................................................................................................................... 83

    4.5       Partizipation in ARGs ............................................................................................................... 84

5     Ethik und sozialer Kontext ............................................................................................................... 88

    5.1       Unaware Participation ............................................................................................................. 89

      5.1.1          Jackass Entführung .......................................................................................................... 89

      5.1.2          Totes Mädchen auf Google Street View ........................................................................... 90

    5.2       Ethik und Selbstverantwortung ............................................................................................... 90

    5.3       Verantwortung der Puppet Masters ........................................................................................ 92

    5.4       Kultureller Kontext .................................................................................................................... 95

    5.5       Vem gråter ..................................................................................................................................97

    5.6       Real World Detectives ............................................................................................................... 98

    5.7       Lynch Mobs .............................................................................................................................. 100

6     Ausblick ............................................................................................................................................. 101

    6.1       Location Based Gaming .......................................................................................................... 102

    6.2       SCVNGR ................................................................................................................................... 104

    6.3       Augmented Reality .................................................................................................................. 106

    6.4       Dexter ARG - Hunt for Infinity Killer .................................................................................... 108

    6.5       ARGs im deutschsprachigen Raum......................................................................................... 110

7     Schlussfolgerungen .......................................................................................................................... 112

8     Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................................... 116

9     Bibliographie .................................................................................................................................... 118




                                                                            iii
Einführung




Einführung

Gezeigt werden wackelige Videoaufnahmen einer Abschiedsparty eines jungen
Mannes namens Rob in einer New Yorker Wohnung. Plötzlich wird die Party von
einem metallischen Dröhnen und einem Stromausfall unterbrochen. Es verbreitet
sich Panik als brennende Objekte aus dem Himmel explodierend in die Straßen
stürzen. Alles flüchtet, das wilde Gewackel der Kamera verzerrt Bild und Ton, als
plötzlich der Kopf der Freiheitsstatue auf der Straße landet. Dann die Einblendung
„IN THEATERS 1-18-08“. Kein Titel, kein Star, keine Erklärung. (Reeves 2007)

Dieser Teaser wurde vor dem Kinofilm Transformers (Bay 2007) gezeigt. Zahlreiche
User analysierten diesen darauf Bild für Bild, um mehr darüber in Erfahrung zu
bringen, und nach weiterführenden Hinweisen zu suchen.

Nach und nach entdeckten die Teilnehmer eine Reihe von Websites, die mit dieser
Geschichte in Verbindung standen. Daraus entwickelte sich eine regelrechte
Schnitzeljagd im World Wide Web, über zahlreiche Websites, Videoclips, MySpace
Profile und auch Manga-Comics. Die Spieler mussten Communities bilden, um
gemeinsam die Puzzleteile zusammenzusetzen und die Rätsel lösen zu können.

„Having all the information isn't always better.” so J.J. Abrams (2009, p.2),
Produzent dieses Kinofilms. Und genau diese Geheimniskrämerei brachte auch den
gewünschten Erfolg.
1-18-08, wie es in Spielerkreisen hieß, ist eine neue Form von „Interactive Fiction“
(Rose 2011, chap.1), ein sogenanntes Alternate Reality Game (ARG).
In diesem ARG erforschten die Spieler die Vorgeschichte des Kinofilms Cloverfield,
rund um die Monsterattacke auf New York. Der Kinofilm selbst war nur ein Teil der
Geschichte und bildete den Abschluss dieses ARG. Viele Details und die gesamte
Hintergrundgeschichte kamen darin nicht vor. Dies war rein den Spielern, die am
ARG teilnahmen, vorbehalten.

Die Geburtsstunde der ARGs war aber bereits im April 2001, als aufmerksame
Zuschauer im Abspann des Trailers zu dem Kinofilm A.I. Artificial Intelligence
(Spielberg 2001) einen Eintrag namens ‚Jeanine Salla, Sentient Machine Therapist’


                                          1
entdeckten. Wenn man nach ‚Jeanine Salla’ googlete, führte dies zum nächsten
Einführung


Hinweis. Diese Schnitzeljagd entwickelte sich über zahlreiche Websites, bei der
Tausende von Menschen daran teilnahmen. Das Ziel war herauszufinden, wer die
fiktionale Person namens Evan Chan ermordet hat.
Drei Monate später, als das Spiel endete, nahmen insgesamt ca. 7-10.000 Spieler
daran teil. Weitere Zigtausend Leute kamen, aufgrund der Berichterstattung in den
Medien und des WWW, damit in Berührung. The Beast, so wurde dieses Spiel
inoffiziell bezeichnet, legte damit den Grundstein eines neuen Spielgenres.

Drei Jahre später, im Sommer 2004, fand das zweite ARG statt, welches
richtungsweisend für dieses Genre war. I Love Bees war Teil einer Promotion
Kampagne zum Computerspiel Halo 2. Die Hinweise und Rätsel waren hier quer in
den USA verteilt, sodass es unmöglich für den einzelnen Spieler war, sämtliche
Puzzleteile auf eigene Faust zu finden.

Die Neuen Medien und der Zugang zu Technologie haben unser Verhalten verändert,
wie wir zusammenarbeiten und Probleme lösen. Insbesondere das World Wide Web
und mobile Internettechnologie in Form von Smartphones erlaubt uns, innerhalb des
Kollektivs zusammenarbeiten, auch wenn wir uns an unterschiedlichen Orten
befinden.
Digitale Spiele waren schon immer Vorreiter, wenn es darum ging, neue
Technologien einzusetzen, deren Potenzial auszuschöpfen und die damit
verbundenen Möglichkeiten und Einsatzzwecke aufzuzeigen.

Alternate Reality Games sind speziell dazu gestaltet, um kollektives Problemlösen zu
fördern, indem sie umfangreiche Game Mechanics in eine spannende Geschichte
einbetten.
Die Erfahrung der Spieler bei ARGs beschränkt sich dabei nicht nur auf die virtuelle
Welt, sondern weitet sich dabei auf die reale Welt bzw. auf das Leben der Spieler
selbst aus. Telefonnachrichten, SMS Nachrichten und auch Begegnungen mit
fiktionalen Personen im realen Leben können Bestandteile der Spielerfahrung sein.

Beschränkten sich ARGs vor 2007 noch hauptsächlich auf Promotion- und
Marketingzwecke, so ist in den letzten Jahren ein Trend Richtung Serious Games zu
erkennen, nämlich Spiele, die auch einen positiven Einfluss auf das reale Leben der
Spieler haben. Dabei setzt man auf das enorme Potenzial der Teilnehmer, als



                                          2
Einführung


Community und deren Fähigkeiten Probleme kollektiv zu lösen, die in unserer realen
Welt von Bedeutung sind.

Alternate Reality Games sind daher mehr als nur virales Marketing und bieten sich
für zahlreiche Anwendungsgebiete an. Da es sich um ein sehr junges Genre handelt,
entdecken wir erst allmählich deren volles Potenzial.

In meiner Arbeit untersuche ich daher ARGs als Beispiel für kollektives
Problemlösen und neue Form des Geschichtenerzählens.

Die Arbeit gliedert sich in fünf Teile:

Im ersten Abschnitt befasse ich mich mit der Definition von ARGs. Aufgrund der
sehr unterschiedlichen und vielschichtigen Einflüsse ist ein Definitionsversuch
schwierig, da die Grenzen zu anderen Spielformen oft sehr fließend sind. Trotzdem
bilden gewisse Merkmale die Basis solcher Spiele, die dieses Genre einzigartig
machen und auszeichnen.

Im zweiten Teil werfe ich einen Blick auf die zahlreichen Einflüsse der ARGs, die erst
diese neue Spielform ermöglichten. Ich beschränke mich in diesem Fall auf die
Neuzeit, seit Beginn des 20. Jahrhunderts.

Im dritten Teil nehme ich den Versuch einer Einteilung der ARGs in unterschiedliche
Kategorien vor. Dies erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dient in
erster Linie dazu, aufzuzeigen, wie vielfältig deren Einsatzzweck sein kann. Zudem
lassen sich viele ARGs oft keiner eindeutigen Kategorie zuteilen, sondern sind
zumindest zwei oder sogar mehreren zuordenbar.
Dabei analysiere ich einige dieser Spiele und zeige deren Möglichkeiten auf. Das ARG
zum Kinofilm Cloverfield dient als Fallstudie eines Promotional ARG.
Anhand von Serious Games zeige ich den Trend der letzten Jahre auf, die wieder
Aufschwung in dieses Spielgenre gebracht haben. Beispiele dafür sind Fallstudien
von World Without Oil, EVOKE und Ghosts of a Chance. Abschluss bildet, als
Beispiel eines Organizational ARG, nämlich die New Yorker Charter School Quest to
Learn. Dabei werden Spiele nicht nur im Unterricht eingesetzt, sondern das Konzept
wird auf die gesamte Schule und das Leben der Schüler ausgeweitet.




                                          3
Einführung


Im vierten Teil beleuchte ich die Ethik und den sozialen Kontext, in dem ARGs
stehen. Da die Grenze zwischen Fiktion und Realität dabei ganz bewusst verwischt
wird, wirft dies allerdings auch einige Fragen und Probleme auf.

Im fünften und letzten Teil versuche ich, einen Ausblick auf die Zukunft von ARGs zu
geben. Pervasive Technology, in Form von Smartphones und mobilem Internet,
eröffnet seit Kurzem komplett neue Möglichkeiten, um solche Spiele in das reale
Leben zu integrieren. Social Networks, wie Facebook, Twitter oder SCVNGR, spielen
dabei ebenso eine große Rolle, wie Augmented Reality Technologien. ARGs bauen in
der Regel auf bestehende Technologien auf und integrieren sich so nahtlos in das
Leben der Spieler. Noch nie gab es so viele Möglichkeiten, wie bisher, die als
Spielplattform für ARGs dienen können. Neuere ARGs schöpfen bereits aus diesem
Potenzial und zeigen deren Einsatzzwecke auf.




                                           4
Definition




Definition

Alternate Reality Games (ARGs) sind relativ leicht zu erkennen, aber schwierig zu
definieren.

Im Grunde gehören sie im weitesten Sinn der Kategorie der Pervasive Games an, die
eine Vielzahl von Bezeichnungen haben können:

       „adaptronic games, alternate reality games, ambient games, appropriative
       games, augmented reality games, big games, brink games, context aware
       games, crossmedia games, geogames, hybrid games, immersive games,
       invasive games, location-based games, locative games, massive games,
       mixed reality games, mobile games, pervasive games, reality games,
       supergames, total games, transreality games, ubiquitous games, urban
       games, …” (Montola et al. 2009, p.xix)

Das bekannteste Genre darunter sind die Alternate Reality Games. Viele dieser
Begriffe sind nicht immer ganz eindeutig und werden oft unterschiedlich gebraucht.
So kann es mitunter vorkommen, dass ARGs unter einer anderen Bezeichnung
auftauchen. Gemeint ist natürlich dasselbe.

Ebenso gibt es sehr unterschiedliche Definitionen um Alternate Reality Games zu
beschreiben.

Nieuwdorp (2007 cited in Montola et al. 2009, p.12) unterscheidet hierbei zwischen
einem technologischen und kulturellen Ansatz.
Aus technologischer Sicht wird untersucht, wie Pervasive-Computing-Technologie in
den Spielen verwendet wird, wohingegen der kulturelle Ansatz sich darauf
konzentriert, wie sich solche Spiele auf die reale Welt auswirken.
Sich nur auf den technologischen Aspekt zu konzentrieren hat den Nachteil, dass
manche Spiele aus dieser Kategorie herausfallen, manche andere aber wiederum
inkludiert werden.

ARGs, die anfangs ein rein nordamerikanisches Phänomen waren, werden oft mit
Pervasive Games, die hauptsächlich in Europa und Asien verbreitet sind, verglichen.


                                          5
Pervasive Games kombinieren auch Web-Fiction und Multiplayer-Communities mit
Definition


SMS und GPS Technologie. Beispiele dafür sind das Nokia Game, Supafly und
Botfighters. Der größte Unterschied zwischen den beiden Genres besteht darin, dass
Pervasive Games in der Regel ganz klar als Spiel erkennbar sind. Das gesamte
Interface ist als Spiel aufgebaut und die Spieler interagieren zwar mit anderen
Teilnehmern, arbeiten aber in der Regel nicht als Kollektiv zusammen. (McGonigal
2003, p.5)

Daher bevorzuge ich folgende Definition von Jane McGonigal, Game Designer von
zahlreichen Alternate Reality Games, da sie ARGs als ‚nongame‘ Phänomen
betrachtet:

       „An interactive drama played out online and in real-world spaces, taking
       place over several weeks or months, in which dozens, hundreds, or thousands
       of players come together online, form collaborative social networks, and
       work together to solve a mystery or problem that would be absolutely
       impossible to solve alone.” (McGonigal 2004)

Interessant ist auch bei dieser Definition, dass McGonigal es als ‚interactive drama’
und nicht als ‚game’ beschreibt, denn die wichtigste Philosophie von ARGs lautet
‚This Is Not A Game‘ (TINAG oder TING):

       „[The Players] must believe “this is not a game” in order to enjoy the
       immersive pleasures of its realistic aesthetic. They must disbelieve “this is not
       a game” in order to maintain the ludic mindset that makes realistic murders,
       apocalyptic science, cyberterrorism, and other dark plots pleasurably
       playable.” (McGonigal, 2006 cited in Montola et al. 2009, p.143)

Dieses Mantra, welches Sinnbild für Spieler und Entwickler wurde, stammt aus
einem Werbespot für den Kinofilm A.I. Artificial Intelligence, als für einen
Sekundenbruchteil, in roten Buchstaben, der Satz ‚This Is Not A Game’ zu lesen war.
Dies war Teil des ARG namens The Beast, welches als Promotionkampagne für
diesen Film entwickelt wurde. The Beast wurde niemals als Spiel angepriesen, und es
wurde stets von den Entwicklern bestritten, dass es sich hierbei um ein solches
handelt. Daher gab es niemals einen offiziellen Titel für dieses ARG. ‚The Beast‘ war
der inoffizielle ‚Spitzname’.




                                           6
Definition


Die Grundidee hinter ARGs ist die, dass Spieltechnologie dazu verwendet wird,
Aktivitäten im realen Leben zu organisieren. Dieses Konzept versucht das, was wir an
Spielen am meisten mögen mit dem was wir am meisten an unserem realen Leben
schätzen, zu kombinieren, indem eine Alternate Reality geschaffen wird. (McGonigal
2011, chap.7)


1.1.1 Merkmale
Laut McGonigal (2004) gibt es sechs Merkmale die ARGs näher beschreiben:

    •   cross-media

    •   pervasive

    •   persistent

    •   collaborative

    •   constructive

    •   expressive




                                         7
Definition



Cross-media
Die Handlung des Spiels, Hinweise, Rätsel und Missionen werden auf mehrere
Medien aufgeteilt und komplettieren sich untereinander - dies können digitale, aber
genauso gut, traditionelle Medien, wie Zeitungen oder, aber auch reale Artefakte
sein.

Folgende Medien können Bestandteil eines ARG sein:

    •   Websites
    •   Emails
    •   Blogs
    •   Telefonanrufe
    •   MP3s and DVDs
    •   USB Sticks
    •   Webcams
    •   Text-Nachrichten (SMS)
    •   Instant Messages/Chat
    •   Spielkonsolen
    •   GPS Geräte
    •   Post/Pakete
    •   Artefakte aus der realen Welt, die mit dem Spielgeschehen in Zusammenhang
        stehen
    •   Zeitungsartikel, Kleinanzeigen
    •   Smartphones




                                         8
Definition




Abbildung 1 Ein reales Artefakt aus dem ARG zur Fernsehserie Dexter: „This morning, a knock on my door
woke me up. A package greeted me on my doorstep, addressed to me. Inside was a tiny, elegant package and a
postcard with the picture of a grisly kill room and a bloody infinity sign. […] Inside the box was a realistic
chocolate heart, along with a USB taped to the lid of the box containing a video message […].“ (Andersen 2010)

ARGs sind meist durch eine Vielzahl von Websites charakterisiert. Dadurch ist es
manchmal sehr schwierig zu unterscheiden, ob eine Internetseite Bestandteil des
Spiels ist oder es sich gar um eine ‚reale‘ Website handelt, die mit der Geschichte gar
nicht in Zusammenhang steht (‚Out of Game‘ – OOG). Diese Websites bilden das
Fundament des Spiels. Sie werden dazu verwendet, um die Handlung
voranzutreiben. Oben genannte Medien kommen meist zusätzlich zum Einsatz.

‚Cross-media‘ ist das einzige Merkmal, welches auch die technologische Komponente
beinhaltet. Da ARGs immer sehr eng an die technologische Entwicklung gekoppelt
sind, ist diese Liste auch ständig zu erweitern. Social Networks, wie Facebook und
Twitter, gehören ebenso dazu, wie Augmented Reality Technologien. ARGs sind so
vielschichtig, dass beinahe jedes erdenkliche Medium, Bestandteil der Geschichte
sein kann.

Diese Form des Geschichtenerzählens bezeichnet man auch als Transmedia
Storytelling.




                                                      9
Definition



Pervasive
Die Spielfläche wird dabei auf die reale Welt erweitert. ARGs können in gewohnter
Umgebung stattfinden - dies können Straßen, leer stehende Fabrikshallen,
aufgelassene Bergwerksstollen und auch Restaurants sein.
Aber auch Events und Veranstaltungen in der realen Welt, bei denen Schauspieler
mit den teilnehmenden Spielern interagieren, können Bestandteil sein.

Die Hinweise und Rätsel können auch in dieser realen Umgebung eingebettet sein.
Eine der wichtigsten Aufgaben der Spieler ist es, dabei herauszufinden, welche Orte,
Objekte, Gebäude, Fahrzeuge oder Gegenstände Bestandteil des Spiels sind. Es gibt
oft keine klaren Regeln um deren Relevanz im Spiel zu erkennen. (Montola et al.
2009, p.77) Dies ist eine ähnliche Problematik, wie man sie von ‚Out of Game‘
Inhalten bei Websites kennt. Allerdings kann dies auch Teil der Herausforderung an
die Spieler sein.

Moderne mobile Internettechnologie wird oft gerne dafür eingesetzt, um Spielern
eine Hilfestellung zu geben, indem realen Gegenständen und Plätzen eine zusätzliche
virtuelle und ludische Bedeutung verliehen wird, aber auch, um die Position der
Teilnehmer und deren Fortschritt im Spiel bestimmen zu können.




Abbildung 2 I Love Bees Payphone Gathering: Einige Spieler warten bei einer Telefonzelle auf einen Anruf.
(Unfiction, 2004 cited in McGonigal 2004)




                                                     10
Definition



Persistent
Im Idealfall entfaltet sich die Geschichte eines ARG in Echtzeit, 24 Stunden am Tag,
7 Tage die Woche, und das über einen mehrwöchigen Zeitraum.
Die Ungewissheit der Spieler, nie zu wissen, wann es weitergeht, macht den
besonderen Reiz aus und trägt zu einem besonders intensiven Erlebnis bei.

Durch mobiles Internet und Smartphone Technologie lässt sich das ‚Always on’
Konzept sehr gut realisieren. Man ist immer und jederzeit erreichbar und kann von
überall aus auf die Geschehnisse im Spiel reagieren.

Dies kann aber auch zu einem erheblichen Stressfaktor für die Spieler werden, z. B.
wenn diese gerade am Arbeitsplatz befinden. Manche dieser Spielprinzipien sind oft
schlecht in den beruflichen Alltag integrierbar.
Daher haben die meisten ARGs einen inoffiziellen Zeitplan zur Veröffentlichung
neuer Hinweise, Rätsel und Aufgaben entwickelt (z. B. immer an einem bestimmten
Wochentag bzw. Uhrzeit). Eine gewisse Routine, auch wenn sie diesem Prinzip
widerspricht, ist oft sehr förderlich für das Spielgeschehen.
Auch die verschiedenen Rollen, die Spieler im Verlauf des ARG annehmen, können
Abhilfe schaffen, da diese ohnehin kollaborativ ausgelegt sind.

Collaborative
ARGs sind so gestaltet, dass es unmöglich ist, die Rätsel und Aufgaben alleine oder
als kleine Gruppe zu lösen bzw. zu entschlüsseln. Durch den sehr hohen
Schwierigkeitsgrad kann eine Lösung nur im Kollektiv gefunden werden. Eine
Zusammenarbeit mit anderen Spielern ist dabei zwingend erforderlich.

Um die komplizierten und zeitaufwendigen Puzzles zu lösen, sind oft sehr
unterschiedliche Fähigkeiten gefragt, wie das Beherrschen von verschiedenen
Programmiersprachen, Hacking, und das Wissen über Literatur, Geschichte und
Kunst. Es ist daher ein wesentliches Spielmerkmal, kollaborative Communities zu
schaffen, um sich gegenseitig austauschen zu können. Zudem verbergen sich
Hinweise oft an geographisch sehr unterschiedlichen Orten, sodass es praktisch
unmöglich ist, allen auf eigene Faust nachzugehen.




                                          11
Definition



Constructive
Die Spielplattform muss in der Regel von den Spielern selbst entwickelt werden.
Zudem müssen sich die daraus entstandenen Communities selbst organisieren. Die
Spieler nehmen dabei im Verlauf des ARG oft unterschiedliche Rollen an, wie die der
Organizers, Detectives oder Hunters, die ihren Fähigkeiten bzw. Bedürfnissen
entsprechen.

Selbst Kommunikationssysteme werden des Öfteren auch von den Spielern selbst
entwickelt, um sich während des Spiels besser austauschen zu können.
Durch die Entwicklung der Social Networks ist allerdings vieles einfacher geworden,
da die Teilnehmer die bestehende Infrastruktur nützen und darauf aufbauen können.
Auch eine internationale Vernetzung und Informationsaustausch ist somit einfacher
realisierbar. Zudem wird die Hemmschwelle an der Teilnahme für neue Spieler
herabgesetzt und eine größere Zielgruppe erreicht.

Expressive
Teilnehmende Spieler werden auch zum Selbstausdruck ermutigt.
Dies findet sich vor allem in von Spielern gestalteten Websites und Blogs wieder, die
zum Teil eine wichtige Kommunikationsplattform mit anderen Teilnehmern sind.
Aus diesem Umfeld heraus entsteht oftmals Fan-Art, Fan-Fiction aber auch Fan-
ARGs. Im Rahmen des BIOS Programs des ARG Majestic wurden Spieler sogar
ermutigt, eigene Spiele und Rätsel zu entwerfen.

Bei umfangreichen ARGs werden oft sehr ausführliche Wikis und Player Guides
entwickelt. Zum einen ermöglicht dies Quereinsteigern sich über die bisherigen
Geschehnisse zu informieren und das bisher gewonnene Wissen zentral zu sammeln,
und zum anderen, Interessierten indirekt am ARG teilzunehmen bzw. dessen
Vorgänge mitzuverfolgen:

        „Over 7,000 Cloudmakers made the experience of The Beast possible for
       over 3 million people, and around 10,000 players answered payphones so
       that nearly two-and-a-half million people could casually trace I Love Bees. It
       is because of the cultural production of grassroots communities that people
       are able to watch.“ (Dena, 2008 a cited in Montola et al. 2009, p.121)



                                         12
Definition



1.2 Definition als Spiel
ARGs schöpfen auch aus seiner Vielzahl an Einflüssen, sodass alleine schon
deswegen eine Einordnung sehr schwierig ist. Auch die unterschiedlichen
eingesetzten Medien machen dies nicht leichter.

Nach Johan Huizinga prägten Katie Salen und Eric Zimmerman das Konzept des
‚Magic Circle‘. Der Magic Circle ist die Grenze, die das reale Leben vom
Spielgeschehen trennt. Nach Huizinga muss Spiel in einem bestimmten Bereich zu
einem bestimmten Zeitpunkt stattfinden.
Salen und Zimmerman sehen dagegen den Magic Circle eher metaphorisch.
(Montola et al. 2009, p.7)




Abbildung 3 Nicht immer ist es so klar, wie beim Sumo Ringen, bei dem das gesamte Spiel innerhalb des Kreises
stattfindet (Montola et al. 2009, p.8)

Bei ARGs hingegen wird der Magic Circle erweitert. Die Grenzen zwischen Realität
und Spiel verschwimmen. Die Spieler nehmen den Magic Circle überall mit sich mit:

        „[An ARG] is a game that has one or more salient features that expand the
        contractual circle of play spatially, temporally, or socially.” (Montola et al.
        2009, p.12)

                                                     13
Definition


Der Magic Circle ist keine Grenze mehr, der die ludischen Elemente von den realen
trennt, sondern eine geheime Vereinbarung, welche Aktionen sich von den normalen
Handlungen unterscheiden. Die Handlungen im Magic Circle bekommen eine
besondere soziale Bedeutung.
Sowohl das Spiel als auch das normale Leben können von dieser unklaren Grenze
profitieren:

       „[ARGs] can take the pleasure of the game to ordinary life.“ und „[ARGs] can
       take the thrill of immediacy and tangibility of ordinary life to the game.”
       (Montola et al. 2009, p.21)

Der Magic Circle verschwimmt, das reale Leben und das Spiel ergänzen sich dabei.
Dies eröffnet Chancen, birgt aber auch einige Risiken in sich. Aus diesem Grund
sollten ARGs nicht nur als Spiel, sondern auch als ‚nongame‘ Phänomen betrachtet
werden. (Montola et al. 2009, p.19)




                                          14
Definition



1.3 Transmedia Storytelling
Traditionelle Geschichten wurden bisher immer für ein einzelnes und spezifisches
Medium geschaffen, z. B. um auf einer Theaterbühne aufgeführt, in einem Buch
abgedruckt oder als Kinofilm verfilmt zu werden. Manchmal wurden diese aber auch
im Nachhinein für ein weiteres Medium adaptiert. Diese Adaptionen wurden aber
selten im Vorfeld geplant. (Miller 2008, p.150)




Abbildung 4 Traditionelles Modell: Das einzelne Media-Artefakt ist dafür verantwortlich, die ‚Story World‘ zum
Vorschein zu bringen (Watson 2010, p.5)

In den letzten Jahren hat sich eine neue Form des Geschichtenerzählens etabliert,
nämlich das ‚Transmedia Storytelling‘. Im Gegensatz zum traditionellen Modell wird
diese Geschichte gleichzeitig über unterschiedliche Medien erzählt:

        „Transmedia storytelling represents a process where integral elements of a
        fiction get dispersed systematically across multiple delivery channels for the
        purpose of creating a unified and coordinated entertainment experience.
        Ideally, each medium makes its own unique contribution to the unfolding of
        the story. […]There is no one single source or ur-text where one can turn to
        gain all of the information needed to comprehend the [Story World].”
        (Jenkins 2007)




                                                     15
Definition




Abbildung 5 Das Transmedia Modell: Es gibt keinen ‚Ur-Text‘, der die gesamte Geschichte erzählt; die ‚Story-
World‘ setzt sich dagegen aus mehreren Texten/Media-Artefakten zusammen.

Da Transmedia Storytelling noch relativ jung ist, gibt es viele Bezeichnungen dafür,
die aber nicht immer ganz richtig sind. ‚Multiplatforming‘ oder auch ‚Cross-Media
Producing‘ wird es manchmal genannt. Manche kennen es auch als ‚Networked
Entertainment‘ oder ‚Integrated Media‘. Bei Projekten, bei denen die Geschichte
eine besondere Rolle spielt, heißt es ‚Distributed Narrative‘, bei welchen mit einer
spielerischen Komponente ist es eben ein Alternate Reality Game.

Bekannt ist Transmedia Storytelling in erster Linie durch das Blair Witch Project
aus dem Jahre 1999 geworden. Es bestand aus zwei Komponenten: dem Film und
der Website.
Der Film erzählt die Geschichte von drei jungen Filmemachern, die bei Dreharbeiten
zu einer Dokumentation über eine legendäre Hexe, unter mysteriösen Umständen in
den Wäldern verschwinden.
Der Film selbst ist aus dem Material der Videokassetten geschnitten, die angeblich,
nach deren Verschwinden gefunden wurden. Es wird als Dokumentation über ein
fiktives Ereignis präsentiert, welches tatsächlich stattgefunden haben soll.

Die Website konzentriert sich auf dieselbe Geschichte, um den ‚dokumentarischen‘
Inhalt des Films zu unterstreichen. Es handelt sich hierbei um keine übliche
Promotion-Website, bei der Interviews mit Schauspielern und Backstage Fotos
präsentiert werden. Es ist nicht einmal der Hinweis zu finden, dass es sich hierbei

                                                     16
Definition


um einen Film handelt.
Stattdessen wurden Tagebuchauszüge der Filmemacher, Interviews mit deren
Verwandten, Dorfbewohnern und Polizisten präsentiert, sowie weiteres
Archivmaterial.
Dies war anscheinend so glaubwürdig, dass viele Fans dachten, The Blair Witch
Project sei tatsächlich real. Jeder konnte sich daraus seine eigene Geschichte über,
die stattgefunden Geschehnisse konstruieren. (Miller 2008, p.150)




Abbildung 6 The Blair Witch Website zeigte eine Vielzahl an ‚realem’ Material inklusive einem fiktiven Tagebuch
(The Blair Witch website cited in Askwith 2008, p.16)

Selbst der Soundtrack wurde als Audiokassette aus dem verlassenen Auto
präsentiert. Statt der üblichen Kinoplakate wurden ‚Missing Person‘ Flyer verteilt
und Zeitungsanzeigen geschaltet, die jeden mit der Bitte um Hinweise über die
‚verschollenen‘ Filmemacher auf die Website blairwitch.com weiterleiteten. (Askwith
2008, p.16)




                                                     17
Definition


Als Ed Sanchez (cited in Jenkins 2008, p.103), ein Mitglied des Projekt Teams, ein
Diskussions-Forum auf der Website hinzufügte, war er überrascht, wie rasch sich
eine große Fan-Basis bildete, die von der Blair Witch Mythologie fasziniert war:

       „What we learned from Blair Witch is that if you give people enough stuff to
       explore they will explore. Not everyone but some of them will. The people
       who do explore and take advantage of the whole world will forever be your
       fans, will give you an energy you can’t buy through advertising… We ended
       up exploiting the web in ways that as far as movies were concerned, nobody
       had ever done before.”

The Blair Witch Project, welches an sich, noch kein echtes ARG war, ist einer der
wesentlichen Einflüsse und Grundstein für dieses Spielgenre.

Im Herbst 2002 wurde das Transmedia Projekt Push, Nevada ins Leben gerufen.
Dieses basierte auf der gleichnamigen Fernsehserie und versuchte dabei die Grenze
zwischen Fiktion und Realität verschwimmen zu lassen, in dem Geschichte und Spiel
miteinander verbunden wurden. Es hatte viele Charakteristiken eines ARG, aber da
die Geschichte, die über mehrere Medien erzählt wurde, den Mittelpunkt bildete,
lässt sich Push, Nevada eher als ‚Distributed Narrative‘ einordnen.
Dieses Projekt wurde von LivePlanet produziert, einer gemeinsamen Firma von Ben
Affleck und Matt Damon.
Die Mystery Fernsehserie war zwar ein zentrales Element, aber eben nur ein
Bestandteil der Geschichte. Komplettiert wurde diese durch zahlreiche Websites,
Wireless Applications, ein Buch und ein Telefon Nachrichten Service.
Schon in der Vorproduktion wurde großes Augenmerk auf die nahtlose Integration
der Elemente untereinander gelegt. LivePlanet konzipierte dafür eine ‚Integrated
Media Bible‘, sowie eine ‚Integrated Media Timeline‘, die die Abhängigkeiten der
unterschiedlichen Medien untereinander zeigen. (Miller 2008, pp.153–154)




                                         18
Definition




Abbildung 7 Integrated Media Timeline (LivePlanet cited in Miller 2008, p.154)

LivePlanet bezeichnete dies als ‚Integrated Media Approach‘. Push, Nevada machte
sich dabei drei Plattformen zunutze:

    •   traditionelle Medien (TV, Film und Radio), der Ausgangspunkt dieses Projekts
    •   interaktive Medien (Internet, Wireless Devices, …), welche es erlauben den
        Konsumenten an der Geschichte teilzunehmen zu lassen
    •   und im Endeffekt die physische Welt, welche die Geschichte in das reale
        Leben der Leute integriert.

Das Ziel war es, diese drei Plattformen so zu überlappen, dass sich diese im Zentrum
‚integrieren‘. (Miller 2008, p.155)

Bailey (cited in Rose 2011, chap.13) bezeichnete dies auch als die „three-ball theory“:

        “Our content lived in all three.”




                                                     19
Definition




Abbildung 8 Integrated Media Approach: three-ball-theory (LivePlanet cited in Miller 2008, p.155)

Laut dem Fernsehsender ABC nahmen ca. 600.000 Leute daran teil. Trotz der
ursprünglich hohen Erwartungen und der regen Teilnahme wurde Push, Nevada
nach nur sieben Folgen abgesetzt.

Bei dem Sequel zu The Matrix, ein Jahr nach Push, Nevada, wurde die Geschichte
wiederum über drei Kinofilme, eine animierte Kurzfilmserie, zwei Comic Book Serien
und mehrere Computerspiele transportiert. Es gibt dabei keine einzelne Quelle oder
‚Ur-Text‘, der die gesamte Information über das The Matrix Universum enthält.
Jemand der das Computerspiel spielt erlebt den Kinofilm anders, als jemand der
eben nur diesen gesehen hat. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
(Jenkins 2008, p.102)

Die Tiefe und Umfang des The Matrix Universums macht es zudem für ein
Individuum unmöglich, sämtliche Bestandteile der Geschichte und Hinweise zu
erfassen. Daraus bildeten sich eine Reihe von Fan-Websites und Diskussionsforen,
eine sogenannte ‚Knowledge Culture‘, um diese Informationsschnipsel zu sammeln
und auszutauschen. Es wurde Hinweisen nachgegangen, Zeittafeln angefertigt,

                                                     20
Definition


Dialoge transkribiert und auch die Geschichte durch eigene Fan Fiction erweitert.
(Jenkins 2008, p.127)

Laut Murray (cited in Jenkins 2008, p.119) sprechen solche Projekte drei
verschiedene Typen von Konsumenten an:

       „the actively engaged real-time viewers who must find suspense and
       satisfaction in each single episode and the more reflective long-term
       audience who will look for coherent patterns in the story as a whole … [and]
       the navigational viewer who takes pleasure in following the connections
       between different parts of the story and in discovering multiple
       arrangements of the same material.“

Die große Herausforderung besteht hierin, sämtliche Typen von Konsumenten zu
befriedigen.

Die Wachowski Brüder, Regisseure der The Matrix Trilogie, machten die Spiele,
Comics und die animierte Kurzfilmserie, zu einem zentralen Kern der Geschichte,
sodass sie das Risiko ganz bewusst eingingen, traditionelle Kinobesucher
abzuschrecken, indem sie ihnen wesentliche Teile der Geschichte vorenthielten.
(Jenkins 2008, p.111)

Wenn man solche Arbeiten nach traditionellen Kriterien beurteilt, erscheinen diese
stark fragmentiert. Aber diese Fragmentierung existiert deswegen, damit die
Konsumenten die Querverbindungen selbst herstellen können. Kinobesucher, die
mit nonlinearen Medien, wie Computerspiele, aufgewachsen sind, erwarten sich
eben eine neuartige Form der Unterhaltung. (Jenkins 2008, p.119)

Das Genre der Horrorfilme war, wenn man an The Blair Witch Project zurückdenkt,
immer sehr richtungsweisend für Transmedia Storytelling. Dies mag damit zu tun
haben, dass Filme, die eine fiktive Geschichte im Dokumentarstil erzählen, um diese
glaubwürdiger zu gestalten, eine sehr gute Ausgangsbasis dafür sind, um die Grenzen
zwischen Fiktion und Realität verschwimmen zu lassen.

Dass dafür immer wieder nach neuen Medien und Möglichkeiten gesucht wird, zeigt
auch das Beispiel der Promotionkampagne zum Kinofilm The Last Exorcism (2010).
Dieses nützte dafür Chatroulette, ein Video-Chat-Service, welches Teilnehmer nach


                                         21
dem Zufallsprinzip untereinander verbindet. Bekannt wurde dieses Service in erster
Definition


Linie durch die Nacktheit und Entblößung bestimmter Körperteile. Und genau dieses
Prinzip nützte die Kampagne zu The Last Exorcism aus.
Ein nettes Mädchen, welches den Anschein machte, sich vor laufender Webcam zu
enthüllen, zog die ahnungslosen Zuschauer zunächst in dessen Bann, bevor sie sich
in einen vom Teufel besessenen Dämonen verwandelte.




Abbildung 9 The Last Exorcism - BEST OF Chatroulette reactions (thelastexorcism 2010)

Die ‚besten‘ Reaktionen der Chatpartner wurden als Video auf YouTube hochgeladen.
Dieser Clip entwickelte sich unmittelbar zum viralen Erfolg mit über vier Millionen
Views.
Zunächst wurde vermutet, dass die gezeigten Reaktionen nicht echt seien, sondern
gestellt. Mittlerweile hat aber das dafür verantwortliche Filmstudio Lionsgate
bestätigt, dass diese in der Tat ‚real‘ sein sollen. (Tsotsis 2010)




                                                    22
Definition



1.4 Collective Intelligence
Die Spielercommunity der Cloudmakers, die aus dem ARG The Beast
hervorgegangen sind, bezeichneten sich nach dem Spiel in ihren Online-Profilen,
Websites und Email Signaturen als ‘a collective intelligence unparalleled in
entertainment history’. Als Kollektiv lösten sie Rätsel, die bisher als scheinbar
unlösbar galten. (McGonigal 2003, p.1)

Elan Lee (cited in McGonigal 2003, p.2), neben Jordan Weisman einer der
Produzenten von The Beast, erklärte 2002 auf der Games Developer Conference :

        „We created strings of puzzles that no single person could solve on their own
        and we found to our delight it was working. The audience was forming
        teams, sharing ideas, writing applications, posting theories, arranging
        group meetings, programming distributed-client password crackers,
        creating art.”

Sehr schnell lernten die Puppet Masters 1, dass die Cloudmakers sehr viel
intelligenter waren, als sie selbst. Die erstellten Puzzles wurden in Farbkategorien
eingeteilt, die die Schwierigkeitsgrade kennzeichneten. Es gab Puzzles, die geschätzt,
einen Tag oder eine Woche in Anspruch nehmen sollten. Aber es gab auch welche,
von denen gingen die Puppet Masters aus, dass diese gar nicht zu lösen seien.
Zumindest so lange nicht, bis sie den Spielern entsprechende Hinweise gaben. Die
Cloudmakers lösten alle Rätsel an einem einzigen Tag!
Auf Antwort auf diese äußerst effiziente kollektive Zusammenarbeit wurden die
Rätsel zunehmend schwieriger. Zudem wurden die Hinweise bei Live-Events in
unterschiedlichen Städten verteilt. Die Spieler in der jeweiligen Stadt
kommunizierten mit den zu Hause gebliebenen in Echtzeit, um die einzelnen
Puzzleteile aneinanderzufügen. (McGonigal 2003, pp.2–3)

Diese neu gewonnene kollektive Identität und damit verbundene kollektive
Intelligenz war für viele Cloudmakers das Highlight dieses Spiels. Eine Erfahrung,
die sie bisher noch nicht gemacht haben.

Ein Cloudmaker (cited in McGonigal 2003, p.7) beschrieb diese Erfahrung so:




                                                    23
1Ein Puppetmaster (PM) ist eine Person, die für das Gamedesign oder die Durchführung eines
verantwortlich ist.
Definition


         „The 7500+ people in this group … we are all one. We have made manifest
         the idea of an unbelievably intricate intelligence. We are one mind, one voice
         … made of 7500+ neurons… We sit back and look at our monitors, and our
         keyboards … our window to this vast collective consciousness… we are not
         alone. We are one person secluded from the rest of the world … kept apart by
         the technology we have embraced. We have become part of it through the
         technology. We have become a part of something greater than ourselves.”

Pierre Lévy (1999, pp.13–14) beschreibt diese Form von kollektiver Intelligenz, wie
folgt:

         „It is a form of universally distributed intelligence, constantly enhanced,
         coordinated in real time, and resulting in the effective mobilization of skills.
         […] No one knows everything, everyone knows something, all knowledge
         resides in humanity. […] knowledge is simply the sum of what we know.”

‚Knowledge Communities‘, wie Lévy diese bezeichnet, schöpfen aus der Vielfalt ihrer
Mitglieder und deren Fähigkeiten und Wissen. Vieles was wir als einzelne Personen
nicht bewerkstelligen können, schaffen wir als Kollektiv.

Diese kollektive Intelligenz zeigt sehr gut, welches Potenzial Spieler in sich selbst
sehen, um Probleme zu lösen und gemeinsame Herausforderungen anzunehmen.
Allerdings vorwiegend in Spielen und nicht in der realen Welt

Einige Game Designer haben das Potenzial dieser kollektiven Spielergruppierungen
erkannt und möchten dieses Spielprinzip zum Lösen von Problemen in der realen
Welt anwenden. Viele ARGs, die nach 2007 entstanden sind, zählen zur Kategorie
der Serious Games und nehmen sich dieser Thematik an.


1.4.1 Smart Mobs
Einen ähnlichen Ansatz wie Lévy, vertritt Howard Rheingold mit seinem Konzept der
Smart Mobs, welches kollektive Intelligenz beschreibt. Es setzt hingegen aber eine
technologische Komponente voraus.
Howard Rheingold (2003) beschreibt in seinem Buch Smart Mobs: The Next Social
Revolution, welches 2002 erstmals erschienen ist, wie vor allem ‚Pervasive
Technology’ mobähnliches Verhalten beeinflusst. Vor allem mobile Technologie ist


                                             24
dafür maßgeblich verantwortlich, dass sogenannte Smart Mobs entstehen können.
Definition


Als Howard Rheingold 2001 dieses Buch schrieb, klang vieles noch, wie Science
Fiction. Ein Jahrzehnt später ist vieles bereits alltäglich. Informations- und
Kommunikationstechnologien dringen in die physikalische Welt vor:

       „Watch smart mobs emerge when millions of people use location-aware
       mobile communication devices in computation-pervaded environments.
       Things we hold in our hands are already speaking to things in the world.
       Using our telephones as remote controls is only the beginning. At the same
       time that the environment is growing more sentient, the device in your hand
       is evolving from portable to wearable. A new media sphere is emerging from
       this process, one that could become at least as influential, lucrative, and
       ubiquitous as previous media spheres opened by print, telegraphy,
       telephony, radio, television, and the wired Internet.“ (Rheingold 2009)



Erst, als in den letzten Jahren mobile Internettechnologie in unser Leben Einzug
gehalten hat, und Smartphones allgegenwärtig sind, wissen wir, wie Facebook,
Twitter und Co. unser Leben beeinflussen können.
Diese Technologie fördert und ermöglicht die Bildung von erschwinglichen, Echtzeit
Kommunikations-Netzwerken, die die Menschen auf einfachste Art untereinander
verbinden und dabei die rasche Ausbreitung begünstigen.

Die daraus entstehenden Smart Mobs sind bei ARGs essenziell, da diese
Communities Voraussetzung für das kollektive Problemlösen sind.
Auch Flash-Mobs sind ein Abkömmling dieser Smart Mobs. Diese sind ein gutes
Beispiel dafür, wie rasch spontane Menschenaufläufe an öffentlichen oder
halböffentlichen Plätzen mittels digitaler Kommunikationslösungen organisiert
werden können.

Der Begriff Smart Mobs muss aber nicht zwangsmäßig positiv besetzt sein. So
beschreibt Rheingold (2003, p.4) eine beunruhigende Anekdote von ‚e-tribalism’ in
2001, als die Polizei fünf Teenager, die der virtuellen Motorrad-Gang ‚Mad Wing
Angels’ angehörten, festnahm. Die Mitglieder verständigten sich mittels SMS-
Technologie und versammelten sich nie an einem einzigen Ort zur selben Zeit. So
konnten sie sich lange Zeit der Verhaftung entziehen.



                                          25
Definition


Ein weiteres Negativbeispiel sind die sogenannten Lynch-Mobs, Bürger, die das
Gesetz selbst in die Hand nehmen und betroffene Personen, nach Gutdünken,
bestrafen. Oftmals kommen hier zu Unrecht beschuldigte Personen zu schaden, da in
vielen Fällen oft vorschnell geurteilt wird.

Ein besonderer Fall wurde im August 2010 bekannt, als eine Frau, in einem YouTube
Clip Hundewelpen in den Fluss warf. Die User der Website 4chan riefen darauf die
Jagd nach dieser Person aus. Als diese glaubten, im Video eine britische Frau
identifiziert zu haben, wurde deren Name und Adresse im Forum veröffentlicht.
Daraufhin gab es zahlreiche Todesdrohungen gegen die vermeintliche Täterin, die
seitdem unter Polizeischutz steht. Vieles deutet darauf hin, dass diese Frau
unschuldig ist, und sich dieser Zwischenfall gar nicht in Großbritannien ereignete,
sondern in Bosnien Herzegowina. (Martinez 2010)
Für Rheingold zählen diese Beispiele allerdings als Anomalie.

Anhand seiner Beobachtung auf Shibuya Crossing in Japan erläutert Rheingold
(Rheingold 2003, p.2) das Konzept der Smart Mobs näher:

       „The crosswalk works on the scramble system. Every time the light turns
       green, 1500 people cross from 8 directions at once, performing a complex,
       collective, ad hoc choreography that accomplishes the opposite of flocking;
       people coordinate with immediate neighbors to go in different directions.”

Zusätzlich zur Koordination mit den sich bewegenden Menschen, führen viele
parallel dazu noch Telefongespräche mit Leuten, die sich an an anderen Orten
befinden. Und das alles zur selben Zeit.
Dieses ‚Scramble System’ zeigt die Unterschiede in Motivation, Aktion und Reaktion,
und keinesfalls unbeirrbares oder unkritisches mobähnliches Verhalten. (McGonigal
2003, p.8)




                                           26
Definition




Abbildung 10 Shibuya Crossing Tokyo - Scramble System (TOKYOLUV 2010)

Auch waren Smart Mobs wesentlich an politischen Ereignissen beteiligt. Die ‚People
Power II‘ Demonstrationen brachen 2001 auf den Philippinen aus, als Präsident
Estradas Amtsenthebungsverfahren plötzlich von den Senatoren gestoppt wurde. Die
Demonstrationen wurden mittels SMS-Technologie organisiert und koordiniert und
führten schließlich zur Amtsenthebung des Präsidenten. (Rheingold 2003, pp.157–
159)

Ähnliches ließ sich auch 2009 im Iran bei der Revolutionsbewegung, die auch unter
‚The Green Path of Hope‘ bekannt ist, beobachten.
Die Ereignisse im Iran zeigen aber, dass der Zugang zu digitalen Medien und Social
Networks kein Garant dafür ist, die Bevölkerung von der Unterdrückung zu befreien,
aber es macht es unmöglich die gesamte Welt nicht davon wissen zu lassen.

Die Macht und der Einfluss der Smart Mobs darf nicht unterschätzt werden, und
viele diktatorische Regimes sehen diese auch als große Bedrohung.
Nicht ohne Grund, lies Präsident Mubarak 2010 in Ägypten das Internet abschalten,
um den Protesten Einhalt zu gebieten. Dies führt zu einem Abfall von 90% des


                                                27
Internet-Datentransfers. Das wichtigste Kommunikationsmittel der Demonstranten
Definition


wurde damit massiv eingeschränkt. Online Aktivisten im In- und Ausland tauschten
aber Informationen aus, um diese ‚Abschaltung’ zu umgehen, z. B. mit Dial-Up
Connections in anderen Ländern. (Richtel 2011)

Howard Rheingold (2009) sieht aber Smart Mobs nicht als alleinige treibende Kraft
bei politischen Aufständen:

       „The victory of smart mobs is not guaranteed by the power of the tools they
       hold in their hands. That’s just magical thinking. However, the events I
       described in my book were real. There were other forces at work in the
       Philippines — there are always other forces at work — but the SMS-
       organized People Power II demonstrations were a large part of what
       brought down the Estrada regime.”


1.4.2 Spoiling
Spoiling ist angewandte kollektive Intelligenz. Dieses Phänomen beschreibt Henry
Jenkins (2008) in seinem Buch Convergence Culture, anhand der TV-Show
Survivor. Survivor ist eine der populärsten TV-Shows des Fernsehsender CBS, in der
18 Teilnehmer gegeneinander im Wettbewerb antreten. Diese TV-Show hat nicht nur
den Trend zu Reality-TV ins Leben gerufen, sondern ist für die Internetgeneration
geschaffen. Die Zuschauer sollten über die Show diskutieren, untereinander
debattieren, die Inhalte analysieren, und über den zukünftigen Verlauf spekulieren,
denn der Gewinner dieser TV-Show ist eines der bestgehütetsten Geheimnisse in der
Fernsehgeschichte.

Und genau daraus entwickelten sich sogenannte Spoiling-Communities. Ziel dieser
Gruppen ist es, den Gewinner vorauszusagen. Dabei werden einzelne Episoden Bild
für Bild analysiert, um versteckte Hinweise zu finden und Crew-Mitglieder
ausgeforscht und befragt. Auch Hotels, in denen sich die die Teilnehmer vor der
Show befinden, werden besucht und sogar Satelliten-Bilder ausgewertet.
Es entwickelt sich regelrecht zu einem Katz-und-Maus Spiel zwischen den
Mitgliedern dieser Gruppen, den sogenannten Spoilers, und den Produzenten der
TV-Show.
Diese Spoilers haben die Show komplett verinnerlicht und sind davon besessen, den
Gewinner herauszufinden, bevor dieser von den Produzenten der Sendung enthüllt


                                            28
wird. Dieser Prozess nennt sich Spoiling.
Definition


Spoiling ist aber nicht nur auf TV-Shows beschränkt. Man denke nur an die
Hersteller zahlreicher elektronischer Gadgets, wie Apple.
Alljährlich tauschen sich tausende von Usern in Online Foren und Blogs über die
neuesten Gerüchte der nächsten Generation des iPads oder der iPhones aus. Man
versucht einzelne Bauteile oder sogar fertige Prototypen in die Hände bekommen,
die zerlegt und genauestens analysiert werden, um möglichst viel darüber zu
erfahren.
Hier sind Paralellen zu Survivor ganz klar erkennbar. Ein Spiel zwischen
Konsumenten und Produzenten. Die Herausforderung an die ‚Spieler‘ ist, die
kommende Gerätegeneration vorherzusagen, noch bevor die Produkte der
Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Dieses Prinzip von Spoiling findet sich auch in aktuellen ARGs wieder. Bei
Cloverfield war das erklärte Ziel herauszufinden, wer oder was das Cloverfield
Monster ist. Diese wesentliche Frage bildete eine breite Basis für viele Fan-Sites und
Blogs und war auch Inspiration für Fan-Art.




                                          29
Geschichte




Geschichte

Es gibt zahlreiche Einflüsse und Beispiele, die das Genre der ARGs geprägt haben.
Viele davon reichen bis zu den prähistorischen Menschen zurück.

Martin Ericsson (2004 cited in Montola et al. 2009, p.53) untersuchte antike
ägyptische Religionsrituale nach den Kriterien eines Rollenspiels (Larp):

       „The Games at Abydos were not the first participatory dramas and they
       were not the last. Through the ages and across the globe we find similar
       spectacles of serious role-taking creating phenomena ranging from intimate
       initiatory rites to sprawling carnivals.”

Der italienische Schriftsteller Luigi Pirandello (1867-1936) schrieb einige
Theaterstücke, die die Grenze zwischen Fiktion und Realität verschwimmen ließen.
Die ‚Fourth Wall‘, die unsichtbare Grenze zwischen Schauspielern und Publikum,
wurde absichtlich durchbrochen. In seinem Theaterstück Six Characters in Search
for an Author durchbrach Pirandello diese Mauer, in dem sich Darsteller wie reale
Personen verhielten, und unter dem Publikum nach einem Autor für das
unvollendete Stück suchten. Für seine bahnbrechende Arbeit erhielt Pirandello 1934
den Literaturnobelpreis. (Miller 2008, p.16)

Aber auch ludische Literatur hatte einen wesentlichen Einfluss.
Die Asterix-Gamebooks der Alea Jacta Est Reihe, die um 1987 erschienen, weisen
bereits eine interaktive Rollenspiel Komponente und ein Kampfsystem auf.




                                          30
Geschichte




Abbildung 11 Asterix Abenteuerspiel Band 1: Das Gipfeltreffen (Goscinny & Uderzo 1987)

In diesem Abenteuerspiel Band nimmt man die Rolle von Grautvornix an und muss
verschiedene Abenteuer bestehen. Zu Beginn stattet man die eigene Person mit
persönlichen Eigenschaften, wie Kampfgeist, Geschicklichkeit und Charme aus. Das
Heft wird dann Abschnitt für Abschnitt gelesen, wobei man jeweils am Ende eine
Entscheidung treffen muss. Daraus entwickelt sich eine nonlineare Geschichte, die
sich unterschiedlich weiterentwickeln kann. Auch Kämpfe mit römischen Legionären
sind Bestandteil dieses Spiels, die man mit seinem Kampfgeist und dem Würfel
austrägt.

Hypertext Fiction, wie Zork (Blank & Lebling 1979), und ‚online real-time gaming
environments‘, wie Everquest (McQuaid et al. 1999), trugen ebenfalls zur
Entwicklung bei.

Die Campus Kultur von Universitäten war auch ein fruchtbarer Boden für die
Entwicklung von sogenannten Pervasive Games, von denen sich zahlreiche Elemente
in ARGs wiederfinden. Hier seien als Beispiel die sogenannten ‚Assassination
Games‘, wie Killer erwähnt.


                                                    31
Geschichte


Interessant ist auch die Wechselwirkung und der gegenseitige Einfluss von
Kinofilmen und den daraus resultierenden Spielen.

Das ‚Assassination Game‘ Killer wurde z. B. vom Kinofilm La decima vittima (Petri
1965) inspiriert. Daraus resultierten wiederum weitere Filme, die den
Spielmechanismus einem breiteren Publikum zugänglich machten (Montola et al.
2009, p.66)

Stephen Sondheims The Game, eine groß angelegte Schnitzeljagd quer durch Los
Angeles, wurde wiederum von den ‚high society treasure hunts’ aus den 1920er
Jahren und dem Film The Last of Sheila (Ross 1973) inspiriert.
Diese reale Schnitzeljagd diente wiederum für The Walt Disney Company als Vorlage
für den Kinofilm Midnight Madness (Nankin 1980).
Interessanterweise waren viele Teilnehmer bei Sondheims Schnitzeljagd The Game
Angestellte von Microsoft. Jahre später wurde The Beast, welches als erstes ARG gilt,
wiederum von Microsoft produziert (Montola et al. 2009, p.68)

Als Beispiel für das Pervasive Game schlechthin wird immer wieder gerne der
Kinofilm The Game (1997) von David Fincher erwähnt, bei dem die Grenzen
zwischen Fiktion und Realität verschwimmen. In diesem integriert sich das Spiel
nahtlos in das Leben der Protagonisten:
Zu seinem 48. Geburtstag bekommt Nicholas van Orton (Michael Douglas) ein
mysteriöses Geschenk von seinem Bruder. Ein Spiel, welches von der Firma
Consumer Recreation Services (CRS) angeboten wird.
Im Büro dieser Firma muss sich Nicholas einen ganzen Tag lang physischen und
psychischen Untersuchungen unterziehen. Die einzige Information, die er von CRS
(cited in Fincher 1997) zu diesem Spiel bekommt ist diese:

       „It’s a game. Specifically tailored for each participant. Think of it as great
       vacation, except you don’t go to it, it comes to you.”

Am nächsten Tag wird ihm von CRS mitgeteilt, dass er für dieses Spiel nicht geeignet
sei. Darauf beginnt das Spiel erst richtig, ganz im Sinne der TINAG Ästhetik.

Viele Konzepte daraus und auch aus Midnight Madness finden sich in ARGs, wie The
Beast und I Love Bees wieder.



                                           32
Geschichte



1.5 Einflüsse
Neben den oben genannten Beispielen gibt es weitere Einflüsse, die das Genre der
ARGs geprägt haben.
Dies sind vor allem Beispiele, die von den Puppet Masters oft explizit als
wesentlicher Einfluss zitiert werden. Von Orson Welles War of the Worlds bis hin zu
Publius Enigma, einem Vorläufer der späteren ARGs, welches bereits Bulletin
Boards verwendete.

Oftmals stellt sich die Frage, ob gewisse Spiele als ARG kategorisiert werden dürfen
oder nicht. Als wesentliches Merkmal eines ARG, sollte zumindest eine Website in
den Spielablauf integriert sein.
Das Genre der ARGs ist sehr eng mit der technologischen Entwicklung des Internets
und der Neuen Medien verbunden. Alleine aus diesem Grund sind diese Beispiele als
Vorläufer und Pre-ARG zu sehen.


1.5.1 Orson Welles’ War of the Worlds
Am 30. Oktober 1938 übertrug CBS Orson Welles Radioadaption von HG Welles
War of the Worlds, einem klassischen Roman, in dem eine Invasion der
Marsmenschen auf der Erde stattfindet.
Das Besondere daran war, dass es nicht als Hörspiel präsentiert wurde, sondern als
fiktive Reportage. Viele Hörer verpassten den Hinweis, dass es sich dabei um Fiktion
handelt, und glaubten, dass der Angriff der Außerirdischen tatsächlich stattfindet.
Laut einer Statistik gab es 6 Millionen Zuhörer dieser CBS-Übertragung; 1,7
Millionen glaubten es sei real und 1,2 Millionen waren richtig verängstigt. Orson
Welles nutzte damals die bestehenden Normen dieses neuen Mediums, um die
fiktiven Ereignisse, so real und immersiv, wie möglich, zu präsentieren. (Askwith
2008, p.12)

Schilderungen von landesweiter Massenpanik sind aber etwas mit Vorsicht zu
genießen, und dürften von den Zeitungen, die sich gegenseitig in der Auflage
übertrumpfen wollten, stark übertrieben worden sein. Auch das Anrufaufkommen
bei CBS dürfte wohl nur etwas höher als gewohnt gewesen sein. (Wikipedia 2010)




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Geschichte



1.5.2 Paul-Is-Dead Conspiracy
Am 12. Oktober 1969 rief ein Zuhörer bei einer Radiosendung an, und erklärte, dass
Paul McCartney bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei.
Dieses Gerücht griff, wie ein Lauffeuer, um sich und verbreitete sich rasend schnell.
Beatles-Fans trugen ominöse Beweise zusammen – von McCartneys nackten Füßen
auf dem Abbey Road-Cover über zahlreiche Symbole auf der Sgt. Peppers-
Plattenhülle bis hin zu Ausschnitten von Songtexten und versteckten Botschaften,
die man angeblich beim Rückwärtsspielen hören konnte. Ob die Beatles selbst das
Gerücht in die Welt setzten, ist bis heute unklar. Viele vermuten dies zwar, die
Beatles selbst haben es bisher immer bestritten.
Auf jeden Fall profitierten die Beatles von dieser ernormen kostenlosen Publicity.
Jordan Weisman, einer der Puppet Masters von The Beast, gab an, dass der Paul-Is-
Dead Scherz ein wesentlicher Einfluss auf das gesamte Genre der ARGs war.
(Askwith 2008, p.14)

Dieses Beispiel zeigt sehr gut die Stärken der This Is Not A Game (TINAG) Ästhetik,
wie diese zum einen die Neugierde der Leute weckt und zum anderen zu
kollaborativen Spekulationen und Diskussionen führt.




Abbildung 12 Paul McCartney is dead (Askwith 2008, p.14)




                                                   34
Geschichte



1.5.3 Ong’s Hat: Incunabula
Es lässt sich nach heutiger Sicht schwer nachvollziehen wann das interaktive Online-
Rätsel Ong’s Hat: Incunabula tatsächlich begann. Die Online-Aktivität lässt sich
durch die 1990er Jahre verfolgen. Hinweise auf dieses Spiel gab es aber bereits schon
1988, als Teile davon in diversen Science Fiction Magazinen erschienen.




Abbildung 13 Das Cover des Buchs Ong’s Hat: The Beginning (Szulborski 2005, p.86), ein Teil der Geschichte
von Ong’s Hat: Incunabula

Wie es für heutige ARGs üblich ist, wurde die Geschichte, die sich über Jahre
entwickelte, in Teilen über unterschiedliche Medien erzählt und erforderte oft die
Interaktion des Spielers um weiter in die geheimnisvolle Welt einzutauchen.
(Szulborski 2005, p.83)

Es war ein ‚literary/digital crossover‘ Spiel, welches Fotokopien, BBS 2, spätere
Internettechnologie, CD-ROMs und traditionelle Druckerzeugnisse, wie Bücher,




                                                     35
2A Bulletin Board System, or BBS, is a computer system running software that allows users to connect
and log in to the system using a terminal program.
Geschichte


verwendete. Auf der ursprünglichen CD-ROM befanden sich 23 Puzzles, wobei laut
Hersteller, viele nie gelöst wurden. (Szulborski 2005, p.84)

Denny Unger (2001 cited in Szulborski 2005, pp.85–87) versuchte den Ablauf des
Spiels, nachdem er jahrelang das Material von Ong’s Hat, analysierte, in fünf
einfachen Schritten zu beschreiben:

   1. Create an interactive medium that immerses the public in an addictive,
       tantalizing story but keep the content restricted to certain personality types.
       Reveal concepts and ideas that generally represent your beliefs.

   2. Along the way, feed this portion of the public information which may or may
       not be true about the story. (Filtration of the idiots)

   3. Those that breach the truths and untruths may pass to the next level of
       information. (Further idiot filtration)

   4. As this select group narrows, inject information that more specifically
       reveals their personal belief systems, ideals, and goals.

   5. If the users’ ideals, beliefs and goals have been properly modified by the
       process or the user already fits the mold, those persons are then accepted
       into the ‘fold’.

Unger schrieb diese Worte, im August 2001, also lange bevor man The Beast nach
diesen Kriterien analysierte.

Auch wenn Ong’s Hat: Incunabula nicht alle Kriterien eines ARG erfüllte, sind die
Ähnlichkeiten zu heutigen ARGs sehr stark.




                                           36
Geschichte



1.5.4 Treasure Hunts
1979 schrieb und illustrierte Kit Williams ein Kinderbuch namens Masquerade,
welches verborgene Hinweise auf jeder Seite und in den Bildern hatte. Diese sollten
zu einem sehr wertvollen versteckten Juwel führen, welches irgendwo in
Großbritannien vergraben ist.




                                            Abbildung 14 Masquerades vergrabener Schatz: Ein Juwel
                                            aus 18 Karat Gold und Edelsteinen, von Kit Williams
                                            persönlich angefertigt (Askwith, Ivan 2008, p.13)


Abbildung 15 Masquerade, eine der sogenannten
Armchair Treasure Hunts (Askwith 2008, p.13)

Die Schatzsuche dauerte bis 1982, als ein Geschäftsmann namens Ken Thomas das
Juwel im Bedforsdhire Park entdeckte.
Sechs Jahre später stellte sich aber heraus, dass dieser Ken Thomas in Wirklichkeit
Dugald Thompson hieß, und Williams Ex-Freundin ihm den Standort des
vergrabenen Juwels verriet.
1988 wurde das Juwel bei Sotheby’s um £ 31.900 versteigert.
Masquerade war einer von vielen Wettbewerben, die als ‚Armchair Treasure Hunts‘
bekannt wurden. Diese hatten auch einen großen Einfluss auf spätere ARGs, da sie
die reale Welt als Spielfläche nutzten. (Askwith 2008, p.13)




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1.5.5 London’s treasure hunt riots
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts waren sogenannte ‚Treasure Hunts‘ in
Großbritannien sehr populär.
1904 startete die britische Zeitung Weekly Dispatch The Greatest Treasure Hunt on
Record, um ihre Auflage zu steigern. Sie vergruben Medaillons, die gegen £ 50,- in
ihren Büros eingetauscht werden konnten.




Abbildung 16 Einige der glücklichen Gewinner (Slade 2006, p.6)

Trotz Hinweise und Warnungen gruben die Leute öffentliche Parks und private
Gärten um. Oftmals beschädigten sie auch Straßen und Gebäude. Dies nahm solche
Auswüchse an, dass sogar Polizei und Militär einschreiten mussten.Viele dieser
Schatzsucher wurden zwar vor Gericht bestraft, aber der Euphorie tat dies keinen
Abbruch.

„The interest taken in the treasure hunt has far surpassed the most optimistic
expectations” gab es von der Zeitung zu hören. Die Leute belagerten sogar deren
Büros, um als Erste eine aktuelle Ausgabe in die Hände zu bekommen, in der der



                                                    38
Geschichte


nächste Hinweis zu lesen war. In die Zeitungsredaktionen wurde sogar eingebrochen,
um die Standorte der Medaillons in Erfahrung zu bringen.

Es war natürlich nicht die erste, von einer Zeitung veranstaltete, Schatzsuche. Die
erste wird einem wöchentlichen Magazin namens Tib-Bits zugeschrieben. Bei dieser
gab es aber keinerlei Probleme. Dies wird darauf zurückgeführt, dass es sich hierbei
um eine intellektuellere Version des Spiels handelte und nicht für die breite Masse
konzipiert wurde.

Da die Probleme mit den Behörden stark zunahmen, beschloss die Zeitung Weekly
Dispatch im Endeffekt, deren Schatzsuche harmloser zu gestalten:

         „Readers would get another serialized story full of clues to hidden booty, but
         this time be asked to mark its location on a printed map. The first reader to
         send in a map marked in the right place would get his prize through the post.
         [...] Real-world treasure hunts caused too many headaches.” (Slade 2006)

Auf die Zeitungsauflage bezogen waren diese Schatzsuchen ein großer Erfolg und
wurden letztlich in ganz Europa kopiert.


1.5.6 We Lost Our Gold
Dass Schatzsuchen noch nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben, beweist das
ARG We Lost Our Gold, welches 2010 in New York City stattfand.

We Lost Our Gold 3 ist eine ‚true modern-day treasure hunt’ quer durch New York
City um einen $ 10.000 Schatz zu entdecken, der in einem der fünf Bezirke versteckt
ist. Offizieller Start für das Spiel war am 1. August 2010. Wer dahinter steckt, ist bis
heute unklar.

Drei Piraten und ein Ninja waren die Hauptcharaktere einer achtteiligen Mini-
Webserie, wobei jede Folge neue Hinweise beinhaltete, die einem dem Schatz näher
bringen sollten.

Die Protagonisten der Serie konnten auch per Email kontaktiert werden. Der Captain
und sein ‚first mate‘ Mulligan hatten zudem einen eigenen aktiven Twitter Account.




                                            39
3   www.welostourgold.com
Geschichte


Der Captain teilte darin Piraten-Tipps mit, und Mulligan lernte, die Stadt per U-
Bahn zu erkunden. Zudem gab es eine eigene Facebook Seite mit Updates.




Abbildung 17 We Lost Our Gold (Welostourgold 2010)

Den Puppet Masters dürften auch die einhergehenden Probleme bei Schatzsuchen
bekannt sein. Um Chaos zu verhindern, und dass der komplette Central Park
umgegraben wird, gab es folgenden Hinweis auf ihrer Website:

„…It’s buried. And it’s one of the five Boroughs of New York City. Also, don’t just
start digging randomly. You’ll know when you’ve found it. Oh, and for the record…
it’s NOT in Central Park.” (We Lost Our Gold 2010)

Der Schatz ist bisher nicht gefunden worden, und dürfte noch immer in New York
City vergraben sein.




                                                     40
Geschichte



1.5.7 Publius Enigma
1994, kurz nachdem Pink Floyd ihr Album The Division Bell veröffentlichte, postete
ein ‚Messenger‘ namens Publius kryptische Nachrichten in der Usenet
Diskussionsgruppe von Pink Floyd. Er gab an, dass ein Rätsel (Enigma) im Album
versteckt ist, und derjenige der es entziffert sollte einen Preis erhalten.




Abbildung 18 CD Cover von Pink Floyd’s Album The Division Bell (Askwith 2008, p.15)

Da viele der Fans sehr skeptisch waren, machte Publius eine Voraussage, um einen
Beweis für dessen Echtheit zu erbringen:

         „Monday, July 18, East Rutherford, New Jersey. Approximately 10:30pm.
        Flashing white lights. There is an enigma.”

An dem besagten Abend gaben Pink Floyd ein Konzert in East Rutherford. Um 10:30
Uhr wurden die Worte PUBLIUS und ENIGMA auf die Bühne projiziert. (Askwith
2008, p.15)




                                                    41
Geschichte




Abbildung 19 Ein Standbild aus dem Video des Pink Floyd Konzert vom 16. Juli 1994, welches das Wort
‚ENIGMA‘ zeigt. (Askwith 2008, p.15)

1997 postete Publius eine letzte Nachricht in die Usenet Gruppe.
Darauf folgte eine Nachricht eines Users, der angab, das Rätsel gelöst zu haben. An
der Authentizität der beiden Nachrichten wurde aber stark gezweifelt. (Szulborski
2005, p.90)

Erst Jahre später, im April 2005, enthüllte Nick Mason (cited in Askwith 2008, p.15),
der Drummer von Pink Floyd, dass Publius Enigma real war und von deren
Plattenlabel inszeniert wurde:

        „That was a ploy done by EMI. They had a man working for them who
        adored puzzles…. He was working for EMI and suggested that a puzzle be
        created that could be followed on the Web. The prize was never given out. To
        this day it remains unsolved.”

Auch hier gibt es zahlreiche Stimmen gegen die Klassifizierung als ARG, da keine
einzige Website im Rahmen von Publius Enigma verwendet wurde. Die
Ähnlichkeiten sind aber nach unserem heutigen Verständnis unübersehbar.
Außerdem wurden Medien und Techniken verwendet, die auch in heutigen ARGs
Anwendung finden. Es war die erste groß angelegte kommerzielle Kampagne um ein
Produkt zu bewerben, in dem man die Aufmerksamkeit auf eine mysteriöse
Geschichte lenkte, und einen Preis für die Lösung des Rätsels versprach.




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Geschichte



1.6 The Beast
Von vielen wird The Beast als erstes Alternate Reality Game bezeichnet. Es war Teil
einer Marketingkampagne für Steven Spielbergs Film A.I. Artificial Intelligence
(2001) und wurde von Microsoft für Dreamworks entwickelt.
Es kombinierte die Interaktionsmöglichkeiten des Internets mit einer fesselnden
Geschichte und legte mit seiner Umsetzung praktisch den Standard für alle
zukünftigen ARGs fest.

Jordan Weisman rief Sean Stewart im Sommer 2000 an und fragte ihn, ob er an
einem innovativen Marketing-Projekt von Microsoft für Steven Spielbergs
kommenden Film A.I.: Artificial Intelligence mitarbeiten möchte.
Deren Aufgabe sollte es sein, eine virtuelle Welt für das Jahr 2142 zu erschaffen, bei
denen unterschiedliche Aspekte zum Thema künstliche Intelligenz erforscht werden.
Es sollte keine Kopie der Geschichte des Films sein, sondern die Hintergründe
erörtern.
In seinen ‚Introductions to the A.I. Web Game’ legte Stewart (cited in Szulborski
2005, p.94) die Ziele für das Spiel fest:

             1. The narrative would be broken into fragments, which the players
                would be required to reassemble.

             2. The game would – of necessity – be fundamentally cooperative and
                collective, because of the nature of the internet.

             3. The game would be cooler if nobody knew who was doing it, or why.

             4. The game would be cooler if it came at you, through as many different
                conduits as possible.

Aus seiner Aufzählung lässt sich schon das Leitmotiv eines jeden ARG ableiten: ‚This
Is Not A Game.‘
Ein ARG würde sich niemals als Spiel bezeichnen. Nur so ist es möglich, die fiktive
und reale Welt miteinander zu verschmelzen. Das Geheimnis bleibt dadurch gewahrt
und der Nervenkitzel erhalten:

       „The mantra – this is not a game – had another meaning particularly
       important to me. I didn’t want this to be a strictly intellectual experience. I

                                             43
Geschichte


        didn’t want you to be able to view the characters as …. Game tokens. I
        wanted it to work like art. I wanted people to care, to laugh to cry – to be
        engaged the way a novel engages. To put all this ingenuity into the
        storytelling method, and then to tell a stupid story – that would be an
        unbearable waste.” (Stewart cited in Askwith 2008, p.17)

Sein Wunsch war es traditionelle Erzählungen und das Medium Spiel miteinander zu
verbinden. Ziel war es, diese neue Form der Geschichten über alltägliche
Kommunikationsmittel erlebbar zu machen und dabei eine immersive und fesselnde
‚Alternate Reality‘ zu schaffen.

Die ersten Hinweise für den Einstieg in das Spiel, die sogenannten Rabbit Holes,
waren im Trailer und in den Kinoplakaten enthalten.
In den Credits im Trailer war eine Person namens ‚Jeanine Salla, Sentient Machine
Therapist‘ angeführt. Viele taten dies anfangs als harmlosen Scherz ab, der im
Zusammenhang mit dem Thema des Films stand. Nach und nach wurden weitere
Hinweise gefunden. Diesmal waren es kleine Buchstaben auf der Rückseite der
Promotion Posters. Die Silber umrandeten Zeichen ergaben den Hinweis ‚Evan Chan
was murdered’, die anderen, die goldumrandet waren, ‚Jeanine is the key’.
Wenn man nach ‚Jeanine Salla‘ googlete, gelangte man über einen Link zur
Bangalore World University, einer der ersten ‚In-Game‘ Websites.

Ein weiterer Hinweis war im Trailer in den Worten ‚Summer 2001‘ verborgen. Wenn
man diesen korrekt entzifferte, ergab dies eine Telefonnummer, die bei Anruf, den
nächsten Hinweis preisgab.




Abbildung 20 This Is Not A Game (Artificial Intelligence Trailer, 2001 cited in Askwith 2008, p.18)


                                                      44
Geschichte


Dieser Pfad entwickelte sich zu einer unglaublich komplexen Geschichte und einer
Schnitzeljagd über mehr als 30 Websites und Hunderte von anderen ‚In-Game
Assets‘, wie Email Nachrichten, Video Clips und extrem schwierige Rätsel, die man
nur kollektiv lösen konnte.

Bis zu 10.000 Spieler kamen zusammen um The Beast zu lösen, die später als ‚the
Cloudmakers‘ bekannt wurden. Alleine in den vier Monaten gab es ca. 43.000
Online-Nachrichten, um gemeinsam die Rätsel und Hinweise zu entziffern.
(Szulborski 2005, p.98)

The Beast legte den Grundstein für viele ARGs in den kommenden Jahren und
definierte gemeinsam mit dem sehr erfolgreichen I Love Bees, einem ARG zur
Promotion des Computerspiels Halo 2 von Microsoft, dieses neue Spielgenre.


1.7 Majestic
Nach dem Erfolg von The Beast gab es seitens einiger Spielehersteller den Wunsch
solche ARGs zu kommerzialisieren. Sie wollten ein profitables Produkt, welches nicht
Teil einer kostenlosen Marketingkampagne ist.

Beschrieben wurde Majestic als ‚the first Internet-based suspense thriller’ und mit
‚the game plays you!’. Hinter diesem Projekt stand der Spielehersteller EA, und
dieses Online-Spiel sollte jedem Spieler $ 10,- pro Monat kosten. Dies war einer der
ersten Versuche ein subskriptionsbasiertes Spiel auf den Markt zu bringen, lange
bevor World of Warcraft ein Welthit wurde.

Dass EA im Vorfeld Majestic als Spiel bezeichnete, war generell etwas Neues und
eigentlich verpönt im Genre der Alternate Reality Games. Es ist damit praktisch
ausgeschlossen, dass Spieler sich fragen, ob die Geschichte nun real sei oder nicht. Es
widersprach dem Grundsatz This Is Not A Game, von dem eigentlich die große
Faszination ausging.

Das Besondere an Majestic war aber, dass es sich zwar anfangs als Spiel bezeichnete,
um ein größeres Publikum anzusprechen, aber kurz nach dem Start bekamen alle
Teilnehmer eine automatisierte Nachricht, dass das Spiel auf unbestimmte Zeit
verschoben werden musste. Der Grund dafür war ein Brand im Hauptquartier des
Herstellers. Danach begann das Spiel erst wirklich. Dies war Teil der fiktiven


                                          45
Geschichte und es stellte sich im Verlauf des Spiels heraus, dass es sich hierbei um
Geschichte


einen Terroranschlag handelte. Damit wurde Majestic auch wieder dem
Grundgedanken von This Is Not A Game gerecht. (McGonigal 2003, p.4)

Die ‚Majestic Alliance application‘ war der Mittelpunkt dieses ARGs und
benachrichtigte die Spieler über alle relevanten Neuerungen und Inhalte im Spiel.
Die Inhalte selbst wurden episodenweise aufbereitet und bestanden aus Websites,
Rätseln, Videos und Telefonanrufen, in denen Audiodateien Teile der Geschichte
erzählten.
Es war so gedacht, dass jeder Spieler täglich nur eine bestimmte Zeit in das Spiel
investieren musste. Den Großteil des Tages war das Spiel aber auf ‚Stand-by‘ - in
dieser Zeit konnten die Spieler auch nicht mit der Welt von Majestic interagieren.
Dies trug dazu bei, dass das Spiel nicht als besonders immersiv empfunden wurde.
Als die erste Saison des Spiels fortschritt, wurde die Anzahl der Episoden deutlich
verringert. Viele Spieler beschwerten sich auch wegen des geringen Umfangs der
einzelnen Episoden und erlebten dabei auch noch technische Schwierigkeiten, z. B.
beim Abspielen der Videos. Dadurch versäumten sie wichtige Hinweise, die sie in der
Geschichte weiterbringen hätten sollen.
Einer der Gründe, warum das Spiel frühzeitig endete, dürfte die Unterbrechung nach
den Terror Attacken am 11. September 2001 gewesen sein. Der Grund dafür war,
unnötige Belastungen für das nationale Telefonsystem zu vermeiden. Auch gab EA
an, dass manche fiktionale Elemente der Geschichte zur Zeit nicht angemessen seien.
Im November 2001 brachte EA eine CD-ROM mit den bisherigen 4 Episoden und der
Einführungsepisode heraus. Viele Spieler sahen dies bereits als das Ende des Spiels
und behielten damit auch recht, als am 19. Dezember Majestic eingestellt wurde.
Einiges machten die Entwickler von EA richtig, vieles aber auch falsch.
Eine der größten Errungenschaften von Majestic war, dass es die Spieler ermutigte,
im Rahmen des ‚BIOS Programs‘, selbst Minigames, Fan-Fiction, Fan-Sites und
kleine ARGs selbst zu entwickeln. (Szulborski 2005, pp.105–117)




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Kategorien




Kategorien

Ivan Askwith (2008, pp.22–27) unterteilte die ARGs in vier Kategorien: Promotional
ARGs, Grassroots ARGs, Narrative Extension ARGs und Monetized ARGs.
Ich möchte hier noch die Kategorie der Serious Games ergänzen, die seit 2007 an
Bedeutung gewonnen haben.
Ein Promotional ARG ist z. B. The Beast oder I Love Bees, die ein konkretes Produkt
oder einen Kinofilm bewerben. Grassroots ARGs sind Spiele, die von unabhängigen
Entwicklern produziert werden. Exocog zählt zum Beispiel dazu. Mit wenig
personellen Ressourcen und beschränkten finanziellen Mitteln werden ARGs für
gleichgesinnte Spieler geschaffen. Diese entstehen aus Begeisterung für dieses Spiele
Genre oder als eine Art Fan Fiction, in der die Geschichte vorangegangener ARGs
weiterentwickelt wird. Oft stehen diese Spiele den professionellen Vorbildern um
nicht viel nach.

Zu den Narrative Extension ARGs zählt z. B. Push Las Vegas, in dem die Geschichte
der Fernsehserie vertieft und erweitert wird, und bei den Monetized ARGs ist
Majestic das bekannteste Beispiel. Monetized ARGs sind wohl die problematischte
Form von ARGs, da es den Entwicklern bisher nicht gelungen ist, dafür ein
funktionierendes Modell auf die Beine zu stellen.

Die meiner Meinung nach zukunftsträchtigste Kategorie sind aber die Serious
Games, auf die ich in diesem Teil meiner Arbeit noch näher eingehen werde. Die
kollektive Problemlösungsfähigkeit der Communities wird hierbei auf reale Probleme
angewendet. Ein Einsatzzweck für solche ARGs wäre z. B. als Social Learning Tool.

Die Einordnung von ARGs ist generell schwierig, da auf viele oft mehrere Kategorien
zutreffen. The Beast ist z. B. ein Promotional ARG, aber ebenso ein Narrative
Extension ARG, da es die Geschichte hinter dem Film vertieft.
Diese Kategorisierung sollte daher lediglich beitragen, ein größtmögliches Abbild der
Vielfalt zu schaffen und unterschiedliche Einsatzzwecke aufzuzeigen.




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Kategorien



1.8 Cloverfield
Cloverfield (2008) ist ein Filmprojekt von Produzent J.J. Abrams, der durch Serien
wie Lost, Felicity oder Alias bekannt wurde. Regie führte Matt Reeves und das
Drehbuch stammt von Drew Goddard.

Der Film selbst wurde im Dokumentarstil, mit einer ‚Handkamera‘ gedreht, und als
‚gefundenes‘ Videomaterial, ähnlich, wie bei The Blair Witch Project präsentiert, um
die Authentizität zu verstärken.

Der erste Teaser zu diesem Film wurde erstmals vor dem Kinofilm Transformers
gezeigt. Allerdings ohne Titel. Es war lediglich ein Datum zu sehen (01-18-08 oder
18. Jänner 2008). Später stellte es sich heraus, dass dies das Datum des Kinostarts
bzw. der Geschehnisse im Film ist. Da kein anderer Titel bis zum zweiten Trailer
bekannt gegeben wurde, galt 01-18-08 auch als Arbeitstitel.




Abbildung 21 Cloverfield Teaser 1-18-08 (Reeves 2007)

Gezeigt werden wackelige Videoaufnahmen einer Abschiedsparty für einen jungen
Mann namens Rob in einer New Yorker Wohnung. Plötzlich wird die Party von
einem metallischen Dröhnen und einem Stromausfall unterbrochen. Es verbreitet
sich Panik als brennende Objekte aus dem Himmel explodierend in die Straßen
stürzen. Alles flüchtet, das wilde Gewackel der Kamera verzerrt Bild und Ton, als
plötzlich der Kopf der Freiheitsstatue auf der Straße landet. Dann die Einblendung
‚IN THEATERS 1-18-08‘. Kein Titel, kein Star, keine Erklärung. (Reeves 2007)



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Nur so viel lässt sich darüber in Erfahrung bringen: Es dreht sich um eine Monster-
Attacke auf New York aus der Sicht einer Handvoll Menschen.

Kurz darauf erschienen bereits die ersten mit Handy abgefilmten Kopien auf
YouTube, und amerikanischen Fernsehstationen, die darüber berichten wollten,
wurde eine Kopie des Teasers verweigert. Das Filmstudio Paramount leitete
rechtliche Schritte ein und forderte YouTube auf die Clips zu löschen. Wenige Tage
später wurde der Teaser auf Apples Quicktime Website veröffentlicht.

Am 19. November 2007 erschien der erste offizielle Trailer zum Film, in dem der
Titel Cloverfield offiziell vom Studio Paramount bestätigt wurde.
Nicht nur die Geheimhaltung seitens Paramount und J.J.Abrams verhalf dem Film
zu dem Hype, sondern auch das ARG, welches im Vorfeld zu Marketingzwecken
stattfand.

Mit einem geschätzen Budget von etwa $ 25 Millionen und einem Einspielergebnis
von über $ 170 Millionen, kann der Film durchaus als Erfolg angesehen werden.
(Wikipedia 2008)
Der Film selbst konnte zudem mit keinen bekannten Stars aufwarten. Lediglich
durch den Hype im Vorfeld konnte die hohe Erwartungshaltung geschürt werden.

Produzent J.J. Abrams hatte bereits diese Form von Marketing benutzt, um zwei
Lost-Staffeln zu überbrücken, und zwar mit dem Online-ARG The Lost Experience.
Seine dadurch gesammelten Erfahrungen haben gezeigt, wie schnell Communities
mit eigenen Theorien und Nachforschungen reagieren und für den Film Werbung
machen. Und das vor allem sehr kostengünstig:

       „When the trailer hit the screens right before Transformers, people freaked
       out. Not necessarily because of the content of the trailer, but because it was a
       surprise—they knew nothing about it beforehand. That was the point: The
       intended effect was to make a teaser trailer that actually teased. It worked
       like gangbusters, all because we hadn't prepublicized the film on
       entertainment shows and in magazines. It was a small experiment that
       proved what most everyone knows: Having all the information isn't always
       better.” (J.J. Abrams 2009, p.2)




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Im Fall von Cloverfield nutzte man die Möglichkeiten des Internets und eröffnete
verschiedene Websites, die von den Fans nach und nach entdeckt wurden. Der
Teaser/Trailer wurde von zahlreichen Usern Bild für Bild analysiert, um nach
möglichen weiterführenden Hinweisen zu suchen. Manche analysierten sogar die
Tonspur.

Die Geheimnistuerei brachte den gewünschten Hype und führte zu einer
Schnitzeljagd im World Wide Web. Es gab zahlreiche In-Game Websites, YouTube
Videoclips, MySpace Profile der Hauptdarsteller und auch Mangas, welche die
Vorgeschichte zu diesem Film erzählten. Details, die im Kinofilm selbst nicht
vorkamen, und einen tieferen Einblick in die Geschichte ermöglichten.

Selbst der Soundtrack wurde im Rahmen der TINAG Ästhetik als Rob’s Party Mix
veröffentlicht. Es war das ‚Mixed-Tape‘ des Protagonisten Rob Hawkins, für den die
Abschiedsparty im Film veranstaltet wurde.
In Cloverfield selbst kam selbst, bis auf den Abspann, keine Musik vor.




Abbildung 22 Rob’s Party Mix: iTunes Has the Cloverfield Soundtrack (djspankypants 2007)

Daneben spielte der User Generated Content eine große Rolle. Dies waren Wikis, in
denen die Spieler sämtliche Hinweise austauschten, aber auch Fan-Art, um z. B. das
Aussehen des Monsters, welches das bestgehüteste Geheimnis des Films war, zu


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rekonstruieren.
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1.8.1 In-Game Websites

1-18-08.com
Dies gilt als die erste offizielle Seite. Unmittelbar nach Erscheinen des ersten Teasers
wurde nach 01-18-08 gegoogelt und prompt diese Seite gefunden.




Abbildung 23 Cloverfield Website (Cloverfield 2007)

Sie stellt eine Fotosammlung mit Personen des Films dar, mit denen der Zuseher
bereits aus dem Trailer vertraut ist. Die Fotos lassen sich per Mausklick drehen und
wenden und auf geheimnisvolle Hinweise untersuchen. Alle Aufnahmen sind mit
Datum- und Zeitangaben versehen und lassen sich chronologisch in zwei Kategorien
einteilen: vor dem Monsterangriff und danach.
Im ersten Fall zeigen die Fotos Partygäste mit persönlicher Botschaft an ‚Rob‘ auf der
Rückseite. Die zweite Gruppe der Fotos zeigt den Verlauf der Monsterattacke. Das
Monster selbst wird nicht gezeigt. Fast jeden Monat kam ein neues Foto hinzu.

Obwohl von J.J. Abrams ‚01-18-08‘ als einzige offizielle Website genannt wird, sind
eine Reihe von anderen Seiten entstanden, die die Vorgeschichte des Films erzählen.

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MySpace.com
Alle Hauptdarsteller des Films sind mit einem eigenen Profil im sozialen Netzwerk
MySpace vertreten.




Abbildung 24 Rob Hawkins MySpace Profil (Hawkins 2008)

Es gibt zwar keine offizielle Bestätigung dieser Benutzerprofile, jedoch stellen hier
die im Film mitwirkenden Schauspieler ihre Charaktere dar. Als Beweis gelten die
jeweiligen Fotosammlungen der Charaktere.

Die Charaktere führen nicht nur einen regen Gedankenaustausch untereinander und
mit ihren Freunden. Die Besonderheit liegt in der Interaktivität dieser Profile. Fans
haben die Möglichkeit sich mit diesen fiktionalen Personen zu unterhalten, ihre
Tagebücher zu kommentieren und sogar an einer interaktiven Comic Geschichte
gemeinsam zu schreiben.



                                                52
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Genau diese Interaktivität erlaubt es, die Hintergründe bzw. die Beziehungen
zwischen den Charakteren kennenzulernen. Hinweise über das Monster sind keine
zu finden, da die Erzählzeit der jetzigen Zeit, also der, vor der Katastrophe glich und
der Angriff erst im Jänner 2008 stattfand.

In seinem letzten Blogeintrag am 5. Jänner 2008 berichtet Rob Hawkins (2008)
über seinen neuen Job als Marketing-Manager bei Slusho in Japan:

       „So I got a job offer, and it's everything I wanted. More money, more power,
       more creative freedom. I'd even have up to five people working under me,
       and you know how much I've always wanted underlings. One catch -- I need
       to move to freakin' JAPAN! The job is the V.P. of Marketing and Promotions
       for SLUSHO! brand "happy drink." […]”

Seine Abschiedsparty ist der Beginn des Films Cloverfield. Sie findet am 18. Jänner
2008 statt (01-18-08) statt, also jenem Tag, an dem das Monster über New York
herfällt.

Im Teaser zu Cloverfield trägt er auch jenes ominöse T-Shirt mit dem Logo-Aufdruck
von Slusho, einem der ersten wichtigen Hinweise des ARG.

Slusho.jp
Diese Seite wurde kurz nach Erscheinen des ersten Teasers entdeckt. Auf den ersten
Blick steht diese in keiner direkten Verbindung zum Film. Es ist eine Werbung für
das aus Japan stammende Getränk ‚Slusho!‘. Das Getränk wurde bereits in einer
anderen J.J. Abrams Serien, wie Alias gesichtet. Auch in der Fernsehserie Fringe hat
es schon einen Gastauftritt.

Slusho ist zudem Rob Hawkins zukünftiger Arbeitsgeber, da sie am westlichen Markt
Fuss fassen möchten. Zudem ist die Firma ein Tochterunternehmen von Sagruato,
einem Erdölkonzern, der auch in dieser Geschichte eine bedeutende Rolle spielt.

Die wichtigste Zutat diese Getränks ist der Seabed's Nectar (Kaitei no mitsu). Dieser
wird nur am Boden des Ozeans gefunden, unter hohem Druck und sehr niedrigen
Temperaturen. Zudem sollte das Getränk mit dem Slogan ‚You Can’t Drink Just Six.‘
stark süchtig machen, hat aber anscheinend ansonsten keine bedeutenden
Nebenwirkungen. Daher wurde es auch von der American Food Association

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zugelassen. (Cloverpedia 2007)
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Abbildung 25 Slusho Website des fiktiven Getränkeherstellers (Slusho 2007)

Auf der offiziellen Slusho Website konnten auch T-Shirts bestellt werden. Und zwar
dieselben, die auch Rob Hawkins im Teaser trägt.

Spieler berichten darüber, dass diese auch im japanischen Zeitungspapier eingepackt
waren. Einige von ihnen glaubten, dass diese Zeitungsseiten auch eine bestimmte
Bedeutung hatten. Lediglich verdeutlichten diese nur die Herkunft.

Tagruato
Tagruato ist eine Firma, die auf Tiefseebohrungen spezialisiert ist und ist zugleich
Mutterkonzern der Getränkemarke Slusho.

2007 wurde eine neue Bohrinsel namens Chaui Station, in der Nähe von New York,
eröffnet.In diesem Jahr schickte Tagruato auch deren ersten Satelliten ins All.
Dieser hatte die Aufgabe den abgestürzten Satelliten ChimpanzII, der am Ende des
Kinofilms Cloverfield kurz zu sehen ist, aufzuspüren. Zumindest dürfte dies der
Vorwand dafür gewesen sein.

Tatsächlich hatte er die Aufgabe, Aufnahmen von Tiefseegräben rund um die
Bohrinsel Chaui Station zu machen. Dort dürften sie nicht nur den mysteriösen
Seabed’s Nectar entdeckt haben, sondern auch das Monster, wie Sonar Bilder

                                                     54
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beweisen. Diese hatte der ‚Whistle Blower‘, in Informat aus dem Tagruato HQ,
einigen Spielern übermittelt. (Cloverpedia 2008a)




Abbildung 26 Tagruato Firmenwebsite (Tagruato 2007)

Am 27. Dezember 2007, also kurz vor dem Angriff in New York, wurde Chaui Station
von einer mysteriösen Explosion zerstört.

Auf YouTube berichteten zahlreiche Fernsehsender darüber. Diese bestanden aus
fiktivem Videomaterial an Bord der Bohrinsel, sowie Luftaufnahmen. Diese
Fernsehberichte wurden in zahlreichen Sprachen veröffentlicht. Die Spieler selbst



                                                 55
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koordinierten sich untereinander und übersetzten diese Reportagen in deren
Landessprache um etwaige zusätzliche Hinweise zu finden.




Abbildung 27 Mysteriöse Explosion auf Ölplattform (26 Local 2008)

Mit etwas Fantasie ist ein dunkler Schatten unter der Meeresoberfläche zu erahnen,
der anscheinend das Cloverfield Monster sein dürfte.

Die Schuld an diesem Unglück wurde anfangs einer militanten Umweltschutzgruppe
namens TIDO zugewiesen, die den Anschlag verübt haben sollte. Tatsächlich
handelte es sich um den ersten Angriff des Cloverfield Monsters.

TIDO wave
Einer der erbittertsten Gegner von Tagruato ist eine Umweltschutz Gruppe namens
TIDO wave. Tagruato wird von ihnen beschuldigt durch ihre Bohraktivitäten die
Ozeane zu zerstören.

Auf ihrer Website verwendeten sie einen Geheimcode um untereinander zu
kommunizieren. Sie hatten das Ziel herauszufinden, wo sich die, zunächst geheime,
Chaui Station befindet, und welchen Zweck damit Tagruato verfolgte. (Cloverpedia
2008a)




                                                   56
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Abbildung 28 T.I.D.O. WAVE (T.I.D.O. WAVE 2007)


Manga
Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieser Transmedia Story ist das Manga zu
Cloverfield, welches monatlich online veröffentlicht wurde. Allerdings nur auf
japanisch. Die Spieler koordinierten sich online, um die jeweiligen Ausgaben ins
Englische zu übersetzen. So erfuhren sie mehr über die Vorgeschichte des Monsters
und den dunklen Machenschaften von Sagruato. Zeitlich ist dieses vor dem
Zwischenfall auf der Chaui Station einzuordnen. (Cloverpedia 2008b)




                                                  57
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Abbildung 29 Cloverfield Manga (Togawa 2008)




1.8.2 Out of Game
Der Begriff ‚Out of Game‘ (OOG) bezeichnet in der Terminologie von Alternate
Reality Games die Websites, Quellen und Themen, die zunächst von den ARG-
Teilnehmern in die Entwicklung der Hypothesen über die Alternate Reality
miteinbezogen werden, sich jedoch später als, in keinem (oder im zufälligen)
Zusammenhang stehende Elemente entpuppen.



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Alternate Reality Games - Master Thesis by Gerolf Nikolay

  • 1. Alternate Reality Games Master Thesis zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science – MSc im Universitätslehrgang MSc Interactive Media Management 1 verfasst von Gerolf Nikolay Eingereicht am Department für Interaktive Medien und Bildungstechnologien der Fakultät für Bildung und Medien an der Donau-Universität Krems Betreuer: Rektor Univ.-Prof. Dr. Michael Wagner, MBA Tag der mündlichen Prüfung: 15.11.2011 Krems, November 2011
  • 2. Abstract Die vorliegende Master Thesis versucht einen Einblick in die Welt der Alternate Reality Games (ARGs) zu geben und deren Einsatzgebiete aufzuzeigen. Aufgrund des verstärkten Einsatzes von Pervasive Technology und ihres immersiven Charakters empfiehlt es sich dieses Genre als ‚nongame‘ Phänomen, unter Berücksichtigung des sozialen Aspekts zu betrachten. ARGs schaffen für die Teilnehmer eine Alternate Reality in dem sie Game Mechanics in das reale Leben der Spieler integrieren. Die Thesis versucht die Alleinstellungsmerkmale von ARGs herauszuarbeiten, insbesondere als neue Form des Geschichtenerzählens und angewandte kollektive Intelligenz. Anhand dieser speziellen Merkmale wird zunächst eine Begriffsdefinition vorgenommen. Die zahlreichen Einflüsse auf dieses Genre, seit Beginn des 20. Jahrhunderts, wurden intensiv studiert, die zum ersten ARG namens The Beast im Jahr 2001 führten. Daraufhin folgt ein Versuch der Kategorisierung von ARGs, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit hat, sondern die Vielfältigkeit der Einsatzzwecke aufzeigen soll. Analysiert wurde das ARG 1-18-08, als Fallstudie eines Promotional ARG zum Kinofilm Cloverfield, sowie World Without Oil, EVOKE und Ghosts of a Chance, als Stellvertreter der sogenannten Serious ARGs, unter Berücksichtigung des Aspekts der Bildung von Communities und als Einsatz als Social Learning Tool. Da die unklaren Grenzen zwischen Fiktion und Realität auch zu Problemen führen können, werden in einem Kapitel, zudem die Ethik und der soziale Kontext diskutiert. Zum Schluss gibt diese Master Thesis Ausblick auf die zukünftige Entwicklung von ARGs und aktuelle technologische Einflüsse, die maßgeblich an der Weiterentwicklung dieses Genres beteiligt sind. i
  • 3. Inhaltsverzeichnis Abstract .......................................................................................................................................................... i Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................................................ ii 1 Einführung ........................................................................................................................................... 1 2 Definition ..............................................................................................................................................5 2.1.1 Merkmale .............................................................................................................................. 7 2.2 Definition als Spiel ..................................................................................................................... 13 2.3 Transmedia Storytelling ............................................................................................................ 15 2.4 Collective Intelligence ............................................................................................................... 23 2.4.1 Smart Mobs ....................................................................................................................... 24 2.4.2 Spoiling .............................................................................................................................. 28 3 Geschichte .......................................................................................................................................... 30 3.1 Einflüsse ..................................................................................................................................... 33 3.1.1 Orson Welles’ War of the Worlds ..................................................................................... 33 3.1.2 Paul-Is-Dead Conspiracy ................................................................................................. 34 3.1.3 Ong’s Hat: Incunabula ..................................................................................................... 35 3.1.4 Treasure Hunts ..................................................................................................................37 3.1.5 London’s treasure hunt riots ............................................................................................ 38 3.1.6 We Lost Our Gold .............................................................................................................. 39 3.1.7 Publius Enigma .................................................................................................................. 41 3.2 The Beast .................................................................................................................................... 43 3.3 Majestic ...................................................................................................................................... 45 4 Kategorien ..........................................................................................................................................47 4.1 Cloverfield .................................................................................................................................. 48 4.1.1 In-Game Websites .............................................................................................................. 51 4.1.2 Out of game ....................................................................................................................... 58 4.1.3 Cloverfield Communities .................................................................................................. 60 4.1.4 Weiterentwicklung der Cloverfield Communities .......................................................... 65 4.2 Serious Games ........................................................................................................................... 69 ii
  • 4. 4.2.1 World Without Oil ..............................................................................................................72 4.2.2 EVOKE: A Crash Course in Changing the World ............................................................74 4.2.3 Ghosts of a Chance ............................................................................................................ 78 4.3 ARGs als Social-Learning Tool ................................................................................................. 81 4.4 Erfolgsmessung ......................................................................................................................... 83 4.5 Partizipation in ARGs ............................................................................................................... 84 5 Ethik und sozialer Kontext ............................................................................................................... 88 5.1 Unaware Participation ............................................................................................................. 89 5.1.1 Jackass Entführung .......................................................................................................... 89 5.1.2 Totes Mädchen auf Google Street View ........................................................................... 90 5.2 Ethik und Selbstverantwortung ............................................................................................... 90 5.3 Verantwortung der Puppet Masters ........................................................................................ 92 5.4 Kultureller Kontext .................................................................................................................... 95 5.5 Vem gråter ..................................................................................................................................97 5.6 Real World Detectives ............................................................................................................... 98 5.7 Lynch Mobs .............................................................................................................................. 100 6 Ausblick ............................................................................................................................................. 101 6.1 Location Based Gaming .......................................................................................................... 102 6.2 SCVNGR ................................................................................................................................... 104 6.3 Augmented Reality .................................................................................................................. 106 6.4 Dexter ARG - Hunt for Infinity Killer .................................................................................... 108 6.5 ARGs im deutschsprachigen Raum......................................................................................... 110 7 Schlussfolgerungen .......................................................................................................................... 112 8 Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................................... 116 9 Bibliographie .................................................................................................................................... 118 iii
  • 5. Einführung Einführung Gezeigt werden wackelige Videoaufnahmen einer Abschiedsparty eines jungen Mannes namens Rob in einer New Yorker Wohnung. Plötzlich wird die Party von einem metallischen Dröhnen und einem Stromausfall unterbrochen. Es verbreitet sich Panik als brennende Objekte aus dem Himmel explodierend in die Straßen stürzen. Alles flüchtet, das wilde Gewackel der Kamera verzerrt Bild und Ton, als plötzlich der Kopf der Freiheitsstatue auf der Straße landet. Dann die Einblendung „IN THEATERS 1-18-08“. Kein Titel, kein Star, keine Erklärung. (Reeves 2007) Dieser Teaser wurde vor dem Kinofilm Transformers (Bay 2007) gezeigt. Zahlreiche User analysierten diesen darauf Bild für Bild, um mehr darüber in Erfahrung zu bringen, und nach weiterführenden Hinweisen zu suchen. Nach und nach entdeckten die Teilnehmer eine Reihe von Websites, die mit dieser Geschichte in Verbindung standen. Daraus entwickelte sich eine regelrechte Schnitzeljagd im World Wide Web, über zahlreiche Websites, Videoclips, MySpace Profile und auch Manga-Comics. Die Spieler mussten Communities bilden, um gemeinsam die Puzzleteile zusammenzusetzen und die Rätsel lösen zu können. „Having all the information isn't always better.” so J.J. Abrams (2009, p.2), Produzent dieses Kinofilms. Und genau diese Geheimniskrämerei brachte auch den gewünschten Erfolg. 1-18-08, wie es in Spielerkreisen hieß, ist eine neue Form von „Interactive Fiction“ (Rose 2011, chap.1), ein sogenanntes Alternate Reality Game (ARG). In diesem ARG erforschten die Spieler die Vorgeschichte des Kinofilms Cloverfield, rund um die Monsterattacke auf New York. Der Kinofilm selbst war nur ein Teil der Geschichte und bildete den Abschluss dieses ARG. Viele Details und die gesamte Hintergrundgeschichte kamen darin nicht vor. Dies war rein den Spielern, die am ARG teilnahmen, vorbehalten. Die Geburtsstunde der ARGs war aber bereits im April 2001, als aufmerksame Zuschauer im Abspann des Trailers zu dem Kinofilm A.I. Artificial Intelligence (Spielberg 2001) einen Eintrag namens ‚Jeanine Salla, Sentient Machine Therapist’ 1 entdeckten. Wenn man nach ‚Jeanine Salla’ googlete, führte dies zum nächsten
  • 6. Einführung Hinweis. Diese Schnitzeljagd entwickelte sich über zahlreiche Websites, bei der Tausende von Menschen daran teilnahmen. Das Ziel war herauszufinden, wer die fiktionale Person namens Evan Chan ermordet hat. Drei Monate später, als das Spiel endete, nahmen insgesamt ca. 7-10.000 Spieler daran teil. Weitere Zigtausend Leute kamen, aufgrund der Berichterstattung in den Medien und des WWW, damit in Berührung. The Beast, so wurde dieses Spiel inoffiziell bezeichnet, legte damit den Grundstein eines neuen Spielgenres. Drei Jahre später, im Sommer 2004, fand das zweite ARG statt, welches richtungsweisend für dieses Genre war. I Love Bees war Teil einer Promotion Kampagne zum Computerspiel Halo 2. Die Hinweise und Rätsel waren hier quer in den USA verteilt, sodass es unmöglich für den einzelnen Spieler war, sämtliche Puzzleteile auf eigene Faust zu finden. Die Neuen Medien und der Zugang zu Technologie haben unser Verhalten verändert, wie wir zusammenarbeiten und Probleme lösen. Insbesondere das World Wide Web und mobile Internettechnologie in Form von Smartphones erlaubt uns, innerhalb des Kollektivs zusammenarbeiten, auch wenn wir uns an unterschiedlichen Orten befinden. Digitale Spiele waren schon immer Vorreiter, wenn es darum ging, neue Technologien einzusetzen, deren Potenzial auszuschöpfen und die damit verbundenen Möglichkeiten und Einsatzzwecke aufzuzeigen. Alternate Reality Games sind speziell dazu gestaltet, um kollektives Problemlösen zu fördern, indem sie umfangreiche Game Mechanics in eine spannende Geschichte einbetten. Die Erfahrung der Spieler bei ARGs beschränkt sich dabei nicht nur auf die virtuelle Welt, sondern weitet sich dabei auf die reale Welt bzw. auf das Leben der Spieler selbst aus. Telefonnachrichten, SMS Nachrichten und auch Begegnungen mit fiktionalen Personen im realen Leben können Bestandteile der Spielerfahrung sein. Beschränkten sich ARGs vor 2007 noch hauptsächlich auf Promotion- und Marketingzwecke, so ist in den letzten Jahren ein Trend Richtung Serious Games zu erkennen, nämlich Spiele, die auch einen positiven Einfluss auf das reale Leben der Spieler haben. Dabei setzt man auf das enorme Potenzial der Teilnehmer, als 2
  • 7. Einführung Community und deren Fähigkeiten Probleme kollektiv zu lösen, die in unserer realen Welt von Bedeutung sind. Alternate Reality Games sind daher mehr als nur virales Marketing und bieten sich für zahlreiche Anwendungsgebiete an. Da es sich um ein sehr junges Genre handelt, entdecken wir erst allmählich deren volles Potenzial. In meiner Arbeit untersuche ich daher ARGs als Beispiel für kollektives Problemlösen und neue Form des Geschichtenerzählens. Die Arbeit gliedert sich in fünf Teile: Im ersten Abschnitt befasse ich mich mit der Definition von ARGs. Aufgrund der sehr unterschiedlichen und vielschichtigen Einflüsse ist ein Definitionsversuch schwierig, da die Grenzen zu anderen Spielformen oft sehr fließend sind. Trotzdem bilden gewisse Merkmale die Basis solcher Spiele, die dieses Genre einzigartig machen und auszeichnen. Im zweiten Teil werfe ich einen Blick auf die zahlreichen Einflüsse der ARGs, die erst diese neue Spielform ermöglichten. Ich beschränke mich in diesem Fall auf die Neuzeit, seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Im dritten Teil nehme ich den Versuch einer Einteilung der ARGs in unterschiedliche Kategorien vor. Dies erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dient in erster Linie dazu, aufzuzeigen, wie vielfältig deren Einsatzzweck sein kann. Zudem lassen sich viele ARGs oft keiner eindeutigen Kategorie zuteilen, sondern sind zumindest zwei oder sogar mehreren zuordenbar. Dabei analysiere ich einige dieser Spiele und zeige deren Möglichkeiten auf. Das ARG zum Kinofilm Cloverfield dient als Fallstudie eines Promotional ARG. Anhand von Serious Games zeige ich den Trend der letzten Jahre auf, die wieder Aufschwung in dieses Spielgenre gebracht haben. Beispiele dafür sind Fallstudien von World Without Oil, EVOKE und Ghosts of a Chance. Abschluss bildet, als Beispiel eines Organizational ARG, nämlich die New Yorker Charter School Quest to Learn. Dabei werden Spiele nicht nur im Unterricht eingesetzt, sondern das Konzept wird auf die gesamte Schule und das Leben der Schüler ausgeweitet. 3
  • 8. Einführung Im vierten Teil beleuchte ich die Ethik und den sozialen Kontext, in dem ARGs stehen. Da die Grenze zwischen Fiktion und Realität dabei ganz bewusst verwischt wird, wirft dies allerdings auch einige Fragen und Probleme auf. Im fünften und letzten Teil versuche ich, einen Ausblick auf die Zukunft von ARGs zu geben. Pervasive Technology, in Form von Smartphones und mobilem Internet, eröffnet seit Kurzem komplett neue Möglichkeiten, um solche Spiele in das reale Leben zu integrieren. Social Networks, wie Facebook, Twitter oder SCVNGR, spielen dabei ebenso eine große Rolle, wie Augmented Reality Technologien. ARGs bauen in der Regel auf bestehende Technologien auf und integrieren sich so nahtlos in das Leben der Spieler. Noch nie gab es so viele Möglichkeiten, wie bisher, die als Spielplattform für ARGs dienen können. Neuere ARGs schöpfen bereits aus diesem Potenzial und zeigen deren Einsatzzwecke auf. 4
  • 9. Definition Definition Alternate Reality Games (ARGs) sind relativ leicht zu erkennen, aber schwierig zu definieren. Im Grunde gehören sie im weitesten Sinn der Kategorie der Pervasive Games an, die eine Vielzahl von Bezeichnungen haben können: „adaptronic games, alternate reality games, ambient games, appropriative games, augmented reality games, big games, brink games, context aware games, crossmedia games, geogames, hybrid games, immersive games, invasive games, location-based games, locative games, massive games, mixed reality games, mobile games, pervasive games, reality games, supergames, total games, transreality games, ubiquitous games, urban games, …” (Montola et al. 2009, p.xix) Das bekannteste Genre darunter sind die Alternate Reality Games. Viele dieser Begriffe sind nicht immer ganz eindeutig und werden oft unterschiedlich gebraucht. So kann es mitunter vorkommen, dass ARGs unter einer anderen Bezeichnung auftauchen. Gemeint ist natürlich dasselbe. Ebenso gibt es sehr unterschiedliche Definitionen um Alternate Reality Games zu beschreiben. Nieuwdorp (2007 cited in Montola et al. 2009, p.12) unterscheidet hierbei zwischen einem technologischen und kulturellen Ansatz. Aus technologischer Sicht wird untersucht, wie Pervasive-Computing-Technologie in den Spielen verwendet wird, wohingegen der kulturelle Ansatz sich darauf konzentriert, wie sich solche Spiele auf die reale Welt auswirken. Sich nur auf den technologischen Aspekt zu konzentrieren hat den Nachteil, dass manche Spiele aus dieser Kategorie herausfallen, manche andere aber wiederum inkludiert werden. ARGs, die anfangs ein rein nordamerikanisches Phänomen waren, werden oft mit Pervasive Games, die hauptsächlich in Europa und Asien verbreitet sind, verglichen. 5 Pervasive Games kombinieren auch Web-Fiction und Multiplayer-Communities mit
  • 10. Definition SMS und GPS Technologie. Beispiele dafür sind das Nokia Game, Supafly und Botfighters. Der größte Unterschied zwischen den beiden Genres besteht darin, dass Pervasive Games in der Regel ganz klar als Spiel erkennbar sind. Das gesamte Interface ist als Spiel aufgebaut und die Spieler interagieren zwar mit anderen Teilnehmern, arbeiten aber in der Regel nicht als Kollektiv zusammen. (McGonigal 2003, p.5) Daher bevorzuge ich folgende Definition von Jane McGonigal, Game Designer von zahlreichen Alternate Reality Games, da sie ARGs als ‚nongame‘ Phänomen betrachtet: „An interactive drama played out online and in real-world spaces, taking place over several weeks or months, in which dozens, hundreds, or thousands of players come together online, form collaborative social networks, and work together to solve a mystery or problem that would be absolutely impossible to solve alone.” (McGonigal 2004) Interessant ist auch bei dieser Definition, dass McGonigal es als ‚interactive drama’ und nicht als ‚game’ beschreibt, denn die wichtigste Philosophie von ARGs lautet ‚This Is Not A Game‘ (TINAG oder TING): „[The Players] must believe “this is not a game” in order to enjoy the immersive pleasures of its realistic aesthetic. They must disbelieve “this is not a game” in order to maintain the ludic mindset that makes realistic murders, apocalyptic science, cyberterrorism, and other dark plots pleasurably playable.” (McGonigal, 2006 cited in Montola et al. 2009, p.143) Dieses Mantra, welches Sinnbild für Spieler und Entwickler wurde, stammt aus einem Werbespot für den Kinofilm A.I. Artificial Intelligence, als für einen Sekundenbruchteil, in roten Buchstaben, der Satz ‚This Is Not A Game’ zu lesen war. Dies war Teil des ARG namens The Beast, welches als Promotionkampagne für diesen Film entwickelt wurde. The Beast wurde niemals als Spiel angepriesen, und es wurde stets von den Entwicklern bestritten, dass es sich hierbei um ein solches handelt. Daher gab es niemals einen offiziellen Titel für dieses ARG. ‚The Beast‘ war der inoffizielle ‚Spitzname’. 6
  • 11. Definition Die Grundidee hinter ARGs ist die, dass Spieltechnologie dazu verwendet wird, Aktivitäten im realen Leben zu organisieren. Dieses Konzept versucht das, was wir an Spielen am meisten mögen mit dem was wir am meisten an unserem realen Leben schätzen, zu kombinieren, indem eine Alternate Reality geschaffen wird. (McGonigal 2011, chap.7) 1.1.1 Merkmale Laut McGonigal (2004) gibt es sechs Merkmale die ARGs näher beschreiben: • cross-media • pervasive • persistent • collaborative • constructive • expressive 7
  • 12. Definition Cross-media Die Handlung des Spiels, Hinweise, Rätsel und Missionen werden auf mehrere Medien aufgeteilt und komplettieren sich untereinander - dies können digitale, aber genauso gut, traditionelle Medien, wie Zeitungen oder, aber auch reale Artefakte sein. Folgende Medien können Bestandteil eines ARG sein: • Websites • Emails • Blogs • Telefonanrufe • MP3s and DVDs • USB Sticks • Webcams • Text-Nachrichten (SMS) • Instant Messages/Chat • Spielkonsolen • GPS Geräte • Post/Pakete • Artefakte aus der realen Welt, die mit dem Spielgeschehen in Zusammenhang stehen • Zeitungsartikel, Kleinanzeigen • Smartphones 8
  • 13. Definition Abbildung 1 Ein reales Artefakt aus dem ARG zur Fernsehserie Dexter: „This morning, a knock on my door woke me up. A package greeted me on my doorstep, addressed to me. Inside was a tiny, elegant package and a postcard with the picture of a grisly kill room and a bloody infinity sign. […] Inside the box was a realistic chocolate heart, along with a USB taped to the lid of the box containing a video message […].“ (Andersen 2010) ARGs sind meist durch eine Vielzahl von Websites charakterisiert. Dadurch ist es manchmal sehr schwierig zu unterscheiden, ob eine Internetseite Bestandteil des Spiels ist oder es sich gar um eine ‚reale‘ Website handelt, die mit der Geschichte gar nicht in Zusammenhang steht (‚Out of Game‘ – OOG). Diese Websites bilden das Fundament des Spiels. Sie werden dazu verwendet, um die Handlung voranzutreiben. Oben genannte Medien kommen meist zusätzlich zum Einsatz. ‚Cross-media‘ ist das einzige Merkmal, welches auch die technologische Komponente beinhaltet. Da ARGs immer sehr eng an die technologische Entwicklung gekoppelt sind, ist diese Liste auch ständig zu erweitern. Social Networks, wie Facebook und Twitter, gehören ebenso dazu, wie Augmented Reality Technologien. ARGs sind so vielschichtig, dass beinahe jedes erdenkliche Medium, Bestandteil der Geschichte sein kann. Diese Form des Geschichtenerzählens bezeichnet man auch als Transmedia Storytelling. 9
  • 14. Definition Pervasive Die Spielfläche wird dabei auf die reale Welt erweitert. ARGs können in gewohnter Umgebung stattfinden - dies können Straßen, leer stehende Fabrikshallen, aufgelassene Bergwerksstollen und auch Restaurants sein. Aber auch Events und Veranstaltungen in der realen Welt, bei denen Schauspieler mit den teilnehmenden Spielern interagieren, können Bestandteil sein. Die Hinweise und Rätsel können auch in dieser realen Umgebung eingebettet sein. Eine der wichtigsten Aufgaben der Spieler ist es, dabei herauszufinden, welche Orte, Objekte, Gebäude, Fahrzeuge oder Gegenstände Bestandteil des Spiels sind. Es gibt oft keine klaren Regeln um deren Relevanz im Spiel zu erkennen. (Montola et al. 2009, p.77) Dies ist eine ähnliche Problematik, wie man sie von ‚Out of Game‘ Inhalten bei Websites kennt. Allerdings kann dies auch Teil der Herausforderung an die Spieler sein. Moderne mobile Internettechnologie wird oft gerne dafür eingesetzt, um Spielern eine Hilfestellung zu geben, indem realen Gegenständen und Plätzen eine zusätzliche virtuelle und ludische Bedeutung verliehen wird, aber auch, um die Position der Teilnehmer und deren Fortschritt im Spiel bestimmen zu können. Abbildung 2 I Love Bees Payphone Gathering: Einige Spieler warten bei einer Telefonzelle auf einen Anruf. (Unfiction, 2004 cited in McGonigal 2004) 10
  • 15. Definition Persistent Im Idealfall entfaltet sich die Geschichte eines ARG in Echtzeit, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, und das über einen mehrwöchigen Zeitraum. Die Ungewissheit der Spieler, nie zu wissen, wann es weitergeht, macht den besonderen Reiz aus und trägt zu einem besonders intensiven Erlebnis bei. Durch mobiles Internet und Smartphone Technologie lässt sich das ‚Always on’ Konzept sehr gut realisieren. Man ist immer und jederzeit erreichbar und kann von überall aus auf die Geschehnisse im Spiel reagieren. Dies kann aber auch zu einem erheblichen Stressfaktor für die Spieler werden, z. B. wenn diese gerade am Arbeitsplatz befinden. Manche dieser Spielprinzipien sind oft schlecht in den beruflichen Alltag integrierbar. Daher haben die meisten ARGs einen inoffiziellen Zeitplan zur Veröffentlichung neuer Hinweise, Rätsel und Aufgaben entwickelt (z. B. immer an einem bestimmten Wochentag bzw. Uhrzeit). Eine gewisse Routine, auch wenn sie diesem Prinzip widerspricht, ist oft sehr förderlich für das Spielgeschehen. Auch die verschiedenen Rollen, die Spieler im Verlauf des ARG annehmen, können Abhilfe schaffen, da diese ohnehin kollaborativ ausgelegt sind. Collaborative ARGs sind so gestaltet, dass es unmöglich ist, die Rätsel und Aufgaben alleine oder als kleine Gruppe zu lösen bzw. zu entschlüsseln. Durch den sehr hohen Schwierigkeitsgrad kann eine Lösung nur im Kollektiv gefunden werden. Eine Zusammenarbeit mit anderen Spielern ist dabei zwingend erforderlich. Um die komplizierten und zeitaufwendigen Puzzles zu lösen, sind oft sehr unterschiedliche Fähigkeiten gefragt, wie das Beherrschen von verschiedenen Programmiersprachen, Hacking, und das Wissen über Literatur, Geschichte und Kunst. Es ist daher ein wesentliches Spielmerkmal, kollaborative Communities zu schaffen, um sich gegenseitig austauschen zu können. Zudem verbergen sich Hinweise oft an geographisch sehr unterschiedlichen Orten, sodass es praktisch unmöglich ist, allen auf eigene Faust nachzugehen. 11
  • 16. Definition Constructive Die Spielplattform muss in der Regel von den Spielern selbst entwickelt werden. Zudem müssen sich die daraus entstandenen Communities selbst organisieren. Die Spieler nehmen dabei im Verlauf des ARG oft unterschiedliche Rollen an, wie die der Organizers, Detectives oder Hunters, die ihren Fähigkeiten bzw. Bedürfnissen entsprechen. Selbst Kommunikationssysteme werden des Öfteren auch von den Spielern selbst entwickelt, um sich während des Spiels besser austauschen zu können. Durch die Entwicklung der Social Networks ist allerdings vieles einfacher geworden, da die Teilnehmer die bestehende Infrastruktur nützen und darauf aufbauen können. Auch eine internationale Vernetzung und Informationsaustausch ist somit einfacher realisierbar. Zudem wird die Hemmschwelle an der Teilnahme für neue Spieler herabgesetzt und eine größere Zielgruppe erreicht. Expressive Teilnehmende Spieler werden auch zum Selbstausdruck ermutigt. Dies findet sich vor allem in von Spielern gestalteten Websites und Blogs wieder, die zum Teil eine wichtige Kommunikationsplattform mit anderen Teilnehmern sind. Aus diesem Umfeld heraus entsteht oftmals Fan-Art, Fan-Fiction aber auch Fan- ARGs. Im Rahmen des BIOS Programs des ARG Majestic wurden Spieler sogar ermutigt, eigene Spiele und Rätsel zu entwerfen. Bei umfangreichen ARGs werden oft sehr ausführliche Wikis und Player Guides entwickelt. Zum einen ermöglicht dies Quereinsteigern sich über die bisherigen Geschehnisse zu informieren und das bisher gewonnene Wissen zentral zu sammeln, und zum anderen, Interessierten indirekt am ARG teilzunehmen bzw. dessen Vorgänge mitzuverfolgen: „Over 7,000 Cloudmakers made the experience of The Beast possible for over 3 million people, and around 10,000 players answered payphones so that nearly two-and-a-half million people could casually trace I Love Bees. It is because of the cultural production of grassroots communities that people are able to watch.“ (Dena, 2008 a cited in Montola et al. 2009, p.121) 12
  • 17. Definition 1.2 Definition als Spiel ARGs schöpfen auch aus seiner Vielzahl an Einflüssen, sodass alleine schon deswegen eine Einordnung sehr schwierig ist. Auch die unterschiedlichen eingesetzten Medien machen dies nicht leichter. Nach Johan Huizinga prägten Katie Salen und Eric Zimmerman das Konzept des ‚Magic Circle‘. Der Magic Circle ist die Grenze, die das reale Leben vom Spielgeschehen trennt. Nach Huizinga muss Spiel in einem bestimmten Bereich zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfinden. Salen und Zimmerman sehen dagegen den Magic Circle eher metaphorisch. (Montola et al. 2009, p.7) Abbildung 3 Nicht immer ist es so klar, wie beim Sumo Ringen, bei dem das gesamte Spiel innerhalb des Kreises stattfindet (Montola et al. 2009, p.8) Bei ARGs hingegen wird der Magic Circle erweitert. Die Grenzen zwischen Realität und Spiel verschwimmen. Die Spieler nehmen den Magic Circle überall mit sich mit: „[An ARG] is a game that has one or more salient features that expand the contractual circle of play spatially, temporally, or socially.” (Montola et al. 2009, p.12) 13
  • 18. Definition Der Magic Circle ist keine Grenze mehr, der die ludischen Elemente von den realen trennt, sondern eine geheime Vereinbarung, welche Aktionen sich von den normalen Handlungen unterscheiden. Die Handlungen im Magic Circle bekommen eine besondere soziale Bedeutung. Sowohl das Spiel als auch das normale Leben können von dieser unklaren Grenze profitieren: „[ARGs] can take the pleasure of the game to ordinary life.“ und „[ARGs] can take the thrill of immediacy and tangibility of ordinary life to the game.” (Montola et al. 2009, p.21) Der Magic Circle verschwimmt, das reale Leben und das Spiel ergänzen sich dabei. Dies eröffnet Chancen, birgt aber auch einige Risiken in sich. Aus diesem Grund sollten ARGs nicht nur als Spiel, sondern auch als ‚nongame‘ Phänomen betrachtet werden. (Montola et al. 2009, p.19) 14
  • 19. Definition 1.3 Transmedia Storytelling Traditionelle Geschichten wurden bisher immer für ein einzelnes und spezifisches Medium geschaffen, z. B. um auf einer Theaterbühne aufgeführt, in einem Buch abgedruckt oder als Kinofilm verfilmt zu werden. Manchmal wurden diese aber auch im Nachhinein für ein weiteres Medium adaptiert. Diese Adaptionen wurden aber selten im Vorfeld geplant. (Miller 2008, p.150) Abbildung 4 Traditionelles Modell: Das einzelne Media-Artefakt ist dafür verantwortlich, die ‚Story World‘ zum Vorschein zu bringen (Watson 2010, p.5) In den letzten Jahren hat sich eine neue Form des Geschichtenerzählens etabliert, nämlich das ‚Transmedia Storytelling‘. Im Gegensatz zum traditionellen Modell wird diese Geschichte gleichzeitig über unterschiedliche Medien erzählt: „Transmedia storytelling represents a process where integral elements of a fiction get dispersed systematically across multiple delivery channels for the purpose of creating a unified and coordinated entertainment experience. Ideally, each medium makes its own unique contribution to the unfolding of the story. […]There is no one single source or ur-text where one can turn to gain all of the information needed to comprehend the [Story World].” (Jenkins 2007) 15
  • 20. Definition Abbildung 5 Das Transmedia Modell: Es gibt keinen ‚Ur-Text‘, der die gesamte Geschichte erzählt; die ‚Story- World‘ setzt sich dagegen aus mehreren Texten/Media-Artefakten zusammen. Da Transmedia Storytelling noch relativ jung ist, gibt es viele Bezeichnungen dafür, die aber nicht immer ganz richtig sind. ‚Multiplatforming‘ oder auch ‚Cross-Media Producing‘ wird es manchmal genannt. Manche kennen es auch als ‚Networked Entertainment‘ oder ‚Integrated Media‘. Bei Projekten, bei denen die Geschichte eine besondere Rolle spielt, heißt es ‚Distributed Narrative‘, bei welchen mit einer spielerischen Komponente ist es eben ein Alternate Reality Game. Bekannt ist Transmedia Storytelling in erster Linie durch das Blair Witch Project aus dem Jahre 1999 geworden. Es bestand aus zwei Komponenten: dem Film und der Website. Der Film erzählt die Geschichte von drei jungen Filmemachern, die bei Dreharbeiten zu einer Dokumentation über eine legendäre Hexe, unter mysteriösen Umständen in den Wäldern verschwinden. Der Film selbst ist aus dem Material der Videokassetten geschnitten, die angeblich, nach deren Verschwinden gefunden wurden. Es wird als Dokumentation über ein fiktives Ereignis präsentiert, welches tatsächlich stattgefunden haben soll. Die Website konzentriert sich auf dieselbe Geschichte, um den ‚dokumentarischen‘ Inhalt des Films zu unterstreichen. Es handelt sich hierbei um keine übliche Promotion-Website, bei der Interviews mit Schauspielern und Backstage Fotos präsentiert werden. Es ist nicht einmal der Hinweis zu finden, dass es sich hierbei 16
  • 21. Definition um einen Film handelt. Stattdessen wurden Tagebuchauszüge der Filmemacher, Interviews mit deren Verwandten, Dorfbewohnern und Polizisten präsentiert, sowie weiteres Archivmaterial. Dies war anscheinend so glaubwürdig, dass viele Fans dachten, The Blair Witch Project sei tatsächlich real. Jeder konnte sich daraus seine eigene Geschichte über, die stattgefunden Geschehnisse konstruieren. (Miller 2008, p.150) Abbildung 6 The Blair Witch Website zeigte eine Vielzahl an ‚realem’ Material inklusive einem fiktiven Tagebuch (The Blair Witch website cited in Askwith 2008, p.16) Selbst der Soundtrack wurde als Audiokassette aus dem verlassenen Auto präsentiert. Statt der üblichen Kinoplakate wurden ‚Missing Person‘ Flyer verteilt und Zeitungsanzeigen geschaltet, die jeden mit der Bitte um Hinweise über die ‚verschollenen‘ Filmemacher auf die Website blairwitch.com weiterleiteten. (Askwith 2008, p.16) 17
  • 22. Definition Als Ed Sanchez (cited in Jenkins 2008, p.103), ein Mitglied des Projekt Teams, ein Diskussions-Forum auf der Website hinzufügte, war er überrascht, wie rasch sich eine große Fan-Basis bildete, die von der Blair Witch Mythologie fasziniert war: „What we learned from Blair Witch is that if you give people enough stuff to explore they will explore. Not everyone but some of them will. The people who do explore and take advantage of the whole world will forever be your fans, will give you an energy you can’t buy through advertising… We ended up exploiting the web in ways that as far as movies were concerned, nobody had ever done before.” The Blair Witch Project, welches an sich, noch kein echtes ARG war, ist einer der wesentlichen Einflüsse und Grundstein für dieses Spielgenre. Im Herbst 2002 wurde das Transmedia Projekt Push, Nevada ins Leben gerufen. Dieses basierte auf der gleichnamigen Fernsehserie und versuchte dabei die Grenze zwischen Fiktion und Realität verschwimmen zu lassen, in dem Geschichte und Spiel miteinander verbunden wurden. Es hatte viele Charakteristiken eines ARG, aber da die Geschichte, die über mehrere Medien erzählt wurde, den Mittelpunkt bildete, lässt sich Push, Nevada eher als ‚Distributed Narrative‘ einordnen. Dieses Projekt wurde von LivePlanet produziert, einer gemeinsamen Firma von Ben Affleck und Matt Damon. Die Mystery Fernsehserie war zwar ein zentrales Element, aber eben nur ein Bestandteil der Geschichte. Komplettiert wurde diese durch zahlreiche Websites, Wireless Applications, ein Buch und ein Telefon Nachrichten Service. Schon in der Vorproduktion wurde großes Augenmerk auf die nahtlose Integration der Elemente untereinander gelegt. LivePlanet konzipierte dafür eine ‚Integrated Media Bible‘, sowie eine ‚Integrated Media Timeline‘, die die Abhängigkeiten der unterschiedlichen Medien untereinander zeigen. (Miller 2008, pp.153–154) 18
  • 23. Definition Abbildung 7 Integrated Media Timeline (LivePlanet cited in Miller 2008, p.154) LivePlanet bezeichnete dies als ‚Integrated Media Approach‘. Push, Nevada machte sich dabei drei Plattformen zunutze: • traditionelle Medien (TV, Film und Radio), der Ausgangspunkt dieses Projekts • interaktive Medien (Internet, Wireless Devices, …), welche es erlauben den Konsumenten an der Geschichte teilzunehmen zu lassen • und im Endeffekt die physische Welt, welche die Geschichte in das reale Leben der Leute integriert. Das Ziel war es, diese drei Plattformen so zu überlappen, dass sich diese im Zentrum ‚integrieren‘. (Miller 2008, p.155) Bailey (cited in Rose 2011, chap.13) bezeichnete dies auch als die „three-ball theory“: “Our content lived in all three.” 19
  • 24. Definition Abbildung 8 Integrated Media Approach: three-ball-theory (LivePlanet cited in Miller 2008, p.155) Laut dem Fernsehsender ABC nahmen ca. 600.000 Leute daran teil. Trotz der ursprünglich hohen Erwartungen und der regen Teilnahme wurde Push, Nevada nach nur sieben Folgen abgesetzt. Bei dem Sequel zu The Matrix, ein Jahr nach Push, Nevada, wurde die Geschichte wiederum über drei Kinofilme, eine animierte Kurzfilmserie, zwei Comic Book Serien und mehrere Computerspiele transportiert. Es gibt dabei keine einzelne Quelle oder ‚Ur-Text‘, der die gesamte Information über das The Matrix Universum enthält. Jemand der das Computerspiel spielt erlebt den Kinofilm anders, als jemand der eben nur diesen gesehen hat. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. (Jenkins 2008, p.102) Die Tiefe und Umfang des The Matrix Universums macht es zudem für ein Individuum unmöglich, sämtliche Bestandteile der Geschichte und Hinweise zu erfassen. Daraus bildeten sich eine Reihe von Fan-Websites und Diskussionsforen, eine sogenannte ‚Knowledge Culture‘, um diese Informationsschnipsel zu sammeln und auszutauschen. Es wurde Hinweisen nachgegangen, Zeittafeln angefertigt, 20
  • 25. Definition Dialoge transkribiert und auch die Geschichte durch eigene Fan Fiction erweitert. (Jenkins 2008, p.127) Laut Murray (cited in Jenkins 2008, p.119) sprechen solche Projekte drei verschiedene Typen von Konsumenten an: „the actively engaged real-time viewers who must find suspense and satisfaction in each single episode and the more reflective long-term audience who will look for coherent patterns in the story as a whole … [and] the navigational viewer who takes pleasure in following the connections between different parts of the story and in discovering multiple arrangements of the same material.“ Die große Herausforderung besteht hierin, sämtliche Typen von Konsumenten zu befriedigen. Die Wachowski Brüder, Regisseure der The Matrix Trilogie, machten die Spiele, Comics und die animierte Kurzfilmserie, zu einem zentralen Kern der Geschichte, sodass sie das Risiko ganz bewusst eingingen, traditionelle Kinobesucher abzuschrecken, indem sie ihnen wesentliche Teile der Geschichte vorenthielten. (Jenkins 2008, p.111) Wenn man solche Arbeiten nach traditionellen Kriterien beurteilt, erscheinen diese stark fragmentiert. Aber diese Fragmentierung existiert deswegen, damit die Konsumenten die Querverbindungen selbst herstellen können. Kinobesucher, die mit nonlinearen Medien, wie Computerspiele, aufgewachsen sind, erwarten sich eben eine neuartige Form der Unterhaltung. (Jenkins 2008, p.119) Das Genre der Horrorfilme war, wenn man an The Blair Witch Project zurückdenkt, immer sehr richtungsweisend für Transmedia Storytelling. Dies mag damit zu tun haben, dass Filme, die eine fiktive Geschichte im Dokumentarstil erzählen, um diese glaubwürdiger zu gestalten, eine sehr gute Ausgangsbasis dafür sind, um die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen zu lassen. Dass dafür immer wieder nach neuen Medien und Möglichkeiten gesucht wird, zeigt auch das Beispiel der Promotionkampagne zum Kinofilm The Last Exorcism (2010). Dieses nützte dafür Chatroulette, ein Video-Chat-Service, welches Teilnehmer nach 21 dem Zufallsprinzip untereinander verbindet. Bekannt wurde dieses Service in erster
  • 26. Definition Linie durch die Nacktheit und Entblößung bestimmter Körperteile. Und genau dieses Prinzip nützte die Kampagne zu The Last Exorcism aus. Ein nettes Mädchen, welches den Anschein machte, sich vor laufender Webcam zu enthüllen, zog die ahnungslosen Zuschauer zunächst in dessen Bann, bevor sie sich in einen vom Teufel besessenen Dämonen verwandelte. Abbildung 9 The Last Exorcism - BEST OF Chatroulette reactions (thelastexorcism 2010) Die ‚besten‘ Reaktionen der Chatpartner wurden als Video auf YouTube hochgeladen. Dieser Clip entwickelte sich unmittelbar zum viralen Erfolg mit über vier Millionen Views. Zunächst wurde vermutet, dass die gezeigten Reaktionen nicht echt seien, sondern gestellt. Mittlerweile hat aber das dafür verantwortliche Filmstudio Lionsgate bestätigt, dass diese in der Tat ‚real‘ sein sollen. (Tsotsis 2010) 22
  • 27. Definition 1.4 Collective Intelligence Die Spielercommunity der Cloudmakers, die aus dem ARG The Beast hervorgegangen sind, bezeichneten sich nach dem Spiel in ihren Online-Profilen, Websites und Email Signaturen als ‘a collective intelligence unparalleled in entertainment history’. Als Kollektiv lösten sie Rätsel, die bisher als scheinbar unlösbar galten. (McGonigal 2003, p.1) Elan Lee (cited in McGonigal 2003, p.2), neben Jordan Weisman einer der Produzenten von The Beast, erklärte 2002 auf der Games Developer Conference : „We created strings of puzzles that no single person could solve on their own and we found to our delight it was working. The audience was forming teams, sharing ideas, writing applications, posting theories, arranging group meetings, programming distributed-client password crackers, creating art.” Sehr schnell lernten die Puppet Masters 1, dass die Cloudmakers sehr viel intelligenter waren, als sie selbst. Die erstellten Puzzles wurden in Farbkategorien eingeteilt, die die Schwierigkeitsgrade kennzeichneten. Es gab Puzzles, die geschätzt, einen Tag oder eine Woche in Anspruch nehmen sollten. Aber es gab auch welche, von denen gingen die Puppet Masters aus, dass diese gar nicht zu lösen seien. Zumindest so lange nicht, bis sie den Spielern entsprechende Hinweise gaben. Die Cloudmakers lösten alle Rätsel an einem einzigen Tag! Auf Antwort auf diese äußerst effiziente kollektive Zusammenarbeit wurden die Rätsel zunehmend schwieriger. Zudem wurden die Hinweise bei Live-Events in unterschiedlichen Städten verteilt. Die Spieler in der jeweiligen Stadt kommunizierten mit den zu Hause gebliebenen in Echtzeit, um die einzelnen Puzzleteile aneinanderzufügen. (McGonigal 2003, pp.2–3) Diese neu gewonnene kollektive Identität und damit verbundene kollektive Intelligenz war für viele Cloudmakers das Highlight dieses Spiels. Eine Erfahrung, die sie bisher noch nicht gemacht haben. Ein Cloudmaker (cited in McGonigal 2003, p.7) beschrieb diese Erfahrung so: 23 1Ein Puppetmaster (PM) ist eine Person, die für das Gamedesign oder die Durchführung eines verantwortlich ist.
  • 28. Definition „The 7500+ people in this group … we are all one. We have made manifest the idea of an unbelievably intricate intelligence. We are one mind, one voice … made of 7500+ neurons… We sit back and look at our monitors, and our keyboards … our window to this vast collective consciousness… we are not alone. We are one person secluded from the rest of the world … kept apart by the technology we have embraced. We have become part of it through the technology. We have become a part of something greater than ourselves.” Pierre Lévy (1999, pp.13–14) beschreibt diese Form von kollektiver Intelligenz, wie folgt: „It is a form of universally distributed intelligence, constantly enhanced, coordinated in real time, and resulting in the effective mobilization of skills. […] No one knows everything, everyone knows something, all knowledge resides in humanity. […] knowledge is simply the sum of what we know.” ‚Knowledge Communities‘, wie Lévy diese bezeichnet, schöpfen aus der Vielfalt ihrer Mitglieder und deren Fähigkeiten und Wissen. Vieles was wir als einzelne Personen nicht bewerkstelligen können, schaffen wir als Kollektiv. Diese kollektive Intelligenz zeigt sehr gut, welches Potenzial Spieler in sich selbst sehen, um Probleme zu lösen und gemeinsame Herausforderungen anzunehmen. Allerdings vorwiegend in Spielen und nicht in der realen Welt Einige Game Designer haben das Potenzial dieser kollektiven Spielergruppierungen erkannt und möchten dieses Spielprinzip zum Lösen von Problemen in der realen Welt anwenden. Viele ARGs, die nach 2007 entstanden sind, zählen zur Kategorie der Serious Games und nehmen sich dieser Thematik an. 1.4.1 Smart Mobs Einen ähnlichen Ansatz wie Lévy, vertritt Howard Rheingold mit seinem Konzept der Smart Mobs, welches kollektive Intelligenz beschreibt. Es setzt hingegen aber eine technologische Komponente voraus. Howard Rheingold (2003) beschreibt in seinem Buch Smart Mobs: The Next Social Revolution, welches 2002 erstmals erschienen ist, wie vor allem ‚Pervasive Technology’ mobähnliches Verhalten beeinflusst. Vor allem mobile Technologie ist 24 dafür maßgeblich verantwortlich, dass sogenannte Smart Mobs entstehen können.
  • 29. Definition Als Howard Rheingold 2001 dieses Buch schrieb, klang vieles noch, wie Science Fiction. Ein Jahrzehnt später ist vieles bereits alltäglich. Informations- und Kommunikationstechnologien dringen in die physikalische Welt vor: „Watch smart mobs emerge when millions of people use location-aware mobile communication devices in computation-pervaded environments. Things we hold in our hands are already speaking to things in the world. Using our telephones as remote controls is only the beginning. At the same time that the environment is growing more sentient, the device in your hand is evolving from portable to wearable. A new media sphere is emerging from this process, one that could become at least as influential, lucrative, and ubiquitous as previous media spheres opened by print, telegraphy, telephony, radio, television, and the wired Internet.“ (Rheingold 2009) Erst, als in den letzten Jahren mobile Internettechnologie in unser Leben Einzug gehalten hat, und Smartphones allgegenwärtig sind, wissen wir, wie Facebook, Twitter und Co. unser Leben beeinflussen können. Diese Technologie fördert und ermöglicht die Bildung von erschwinglichen, Echtzeit Kommunikations-Netzwerken, die die Menschen auf einfachste Art untereinander verbinden und dabei die rasche Ausbreitung begünstigen. Die daraus entstehenden Smart Mobs sind bei ARGs essenziell, da diese Communities Voraussetzung für das kollektive Problemlösen sind. Auch Flash-Mobs sind ein Abkömmling dieser Smart Mobs. Diese sind ein gutes Beispiel dafür, wie rasch spontane Menschenaufläufe an öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen mittels digitaler Kommunikationslösungen organisiert werden können. Der Begriff Smart Mobs muss aber nicht zwangsmäßig positiv besetzt sein. So beschreibt Rheingold (2003, p.4) eine beunruhigende Anekdote von ‚e-tribalism’ in 2001, als die Polizei fünf Teenager, die der virtuellen Motorrad-Gang ‚Mad Wing Angels’ angehörten, festnahm. Die Mitglieder verständigten sich mittels SMS- Technologie und versammelten sich nie an einem einzigen Ort zur selben Zeit. So konnten sie sich lange Zeit der Verhaftung entziehen. 25
  • 30. Definition Ein weiteres Negativbeispiel sind die sogenannten Lynch-Mobs, Bürger, die das Gesetz selbst in die Hand nehmen und betroffene Personen, nach Gutdünken, bestrafen. Oftmals kommen hier zu Unrecht beschuldigte Personen zu schaden, da in vielen Fällen oft vorschnell geurteilt wird. Ein besonderer Fall wurde im August 2010 bekannt, als eine Frau, in einem YouTube Clip Hundewelpen in den Fluss warf. Die User der Website 4chan riefen darauf die Jagd nach dieser Person aus. Als diese glaubten, im Video eine britische Frau identifiziert zu haben, wurde deren Name und Adresse im Forum veröffentlicht. Daraufhin gab es zahlreiche Todesdrohungen gegen die vermeintliche Täterin, die seitdem unter Polizeischutz steht. Vieles deutet darauf hin, dass diese Frau unschuldig ist, und sich dieser Zwischenfall gar nicht in Großbritannien ereignete, sondern in Bosnien Herzegowina. (Martinez 2010) Für Rheingold zählen diese Beispiele allerdings als Anomalie. Anhand seiner Beobachtung auf Shibuya Crossing in Japan erläutert Rheingold (Rheingold 2003, p.2) das Konzept der Smart Mobs näher: „The crosswalk works on the scramble system. Every time the light turns green, 1500 people cross from 8 directions at once, performing a complex, collective, ad hoc choreography that accomplishes the opposite of flocking; people coordinate with immediate neighbors to go in different directions.” Zusätzlich zur Koordination mit den sich bewegenden Menschen, führen viele parallel dazu noch Telefongespräche mit Leuten, die sich an an anderen Orten befinden. Und das alles zur selben Zeit. Dieses ‚Scramble System’ zeigt die Unterschiede in Motivation, Aktion und Reaktion, und keinesfalls unbeirrbares oder unkritisches mobähnliches Verhalten. (McGonigal 2003, p.8) 26
  • 31. Definition Abbildung 10 Shibuya Crossing Tokyo - Scramble System (TOKYOLUV 2010) Auch waren Smart Mobs wesentlich an politischen Ereignissen beteiligt. Die ‚People Power II‘ Demonstrationen brachen 2001 auf den Philippinen aus, als Präsident Estradas Amtsenthebungsverfahren plötzlich von den Senatoren gestoppt wurde. Die Demonstrationen wurden mittels SMS-Technologie organisiert und koordiniert und führten schließlich zur Amtsenthebung des Präsidenten. (Rheingold 2003, pp.157– 159) Ähnliches ließ sich auch 2009 im Iran bei der Revolutionsbewegung, die auch unter ‚The Green Path of Hope‘ bekannt ist, beobachten. Die Ereignisse im Iran zeigen aber, dass der Zugang zu digitalen Medien und Social Networks kein Garant dafür ist, die Bevölkerung von der Unterdrückung zu befreien, aber es macht es unmöglich die gesamte Welt nicht davon wissen zu lassen. Die Macht und der Einfluss der Smart Mobs darf nicht unterschätzt werden, und viele diktatorische Regimes sehen diese auch als große Bedrohung. Nicht ohne Grund, lies Präsident Mubarak 2010 in Ägypten das Internet abschalten, um den Protesten Einhalt zu gebieten. Dies führt zu einem Abfall von 90% des 27 Internet-Datentransfers. Das wichtigste Kommunikationsmittel der Demonstranten
  • 32. Definition wurde damit massiv eingeschränkt. Online Aktivisten im In- und Ausland tauschten aber Informationen aus, um diese ‚Abschaltung’ zu umgehen, z. B. mit Dial-Up Connections in anderen Ländern. (Richtel 2011) Howard Rheingold (2009) sieht aber Smart Mobs nicht als alleinige treibende Kraft bei politischen Aufständen: „The victory of smart mobs is not guaranteed by the power of the tools they hold in their hands. That’s just magical thinking. However, the events I described in my book were real. There were other forces at work in the Philippines — there are always other forces at work — but the SMS- organized People Power II demonstrations were a large part of what brought down the Estrada regime.” 1.4.2 Spoiling Spoiling ist angewandte kollektive Intelligenz. Dieses Phänomen beschreibt Henry Jenkins (2008) in seinem Buch Convergence Culture, anhand der TV-Show Survivor. Survivor ist eine der populärsten TV-Shows des Fernsehsender CBS, in der 18 Teilnehmer gegeneinander im Wettbewerb antreten. Diese TV-Show hat nicht nur den Trend zu Reality-TV ins Leben gerufen, sondern ist für die Internetgeneration geschaffen. Die Zuschauer sollten über die Show diskutieren, untereinander debattieren, die Inhalte analysieren, und über den zukünftigen Verlauf spekulieren, denn der Gewinner dieser TV-Show ist eines der bestgehütetsten Geheimnisse in der Fernsehgeschichte. Und genau daraus entwickelten sich sogenannte Spoiling-Communities. Ziel dieser Gruppen ist es, den Gewinner vorauszusagen. Dabei werden einzelne Episoden Bild für Bild analysiert, um versteckte Hinweise zu finden und Crew-Mitglieder ausgeforscht und befragt. Auch Hotels, in denen sich die die Teilnehmer vor der Show befinden, werden besucht und sogar Satelliten-Bilder ausgewertet. Es entwickelt sich regelrecht zu einem Katz-und-Maus Spiel zwischen den Mitgliedern dieser Gruppen, den sogenannten Spoilers, und den Produzenten der TV-Show. Diese Spoilers haben die Show komplett verinnerlicht und sind davon besessen, den Gewinner herauszufinden, bevor dieser von den Produzenten der Sendung enthüllt 28 wird. Dieser Prozess nennt sich Spoiling.
  • 33. Definition Spoiling ist aber nicht nur auf TV-Shows beschränkt. Man denke nur an die Hersteller zahlreicher elektronischer Gadgets, wie Apple. Alljährlich tauschen sich tausende von Usern in Online Foren und Blogs über die neuesten Gerüchte der nächsten Generation des iPads oder der iPhones aus. Man versucht einzelne Bauteile oder sogar fertige Prototypen in die Hände bekommen, die zerlegt und genauestens analysiert werden, um möglichst viel darüber zu erfahren. Hier sind Paralellen zu Survivor ganz klar erkennbar. Ein Spiel zwischen Konsumenten und Produzenten. Die Herausforderung an die ‚Spieler‘ ist, die kommende Gerätegeneration vorherzusagen, noch bevor die Produkte der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dieses Prinzip von Spoiling findet sich auch in aktuellen ARGs wieder. Bei Cloverfield war das erklärte Ziel herauszufinden, wer oder was das Cloverfield Monster ist. Diese wesentliche Frage bildete eine breite Basis für viele Fan-Sites und Blogs und war auch Inspiration für Fan-Art. 29
  • 34. Geschichte Geschichte Es gibt zahlreiche Einflüsse und Beispiele, die das Genre der ARGs geprägt haben. Viele davon reichen bis zu den prähistorischen Menschen zurück. Martin Ericsson (2004 cited in Montola et al. 2009, p.53) untersuchte antike ägyptische Religionsrituale nach den Kriterien eines Rollenspiels (Larp): „The Games at Abydos were not the first participatory dramas and they were not the last. Through the ages and across the globe we find similar spectacles of serious role-taking creating phenomena ranging from intimate initiatory rites to sprawling carnivals.” Der italienische Schriftsteller Luigi Pirandello (1867-1936) schrieb einige Theaterstücke, die die Grenze zwischen Fiktion und Realität verschwimmen ließen. Die ‚Fourth Wall‘, die unsichtbare Grenze zwischen Schauspielern und Publikum, wurde absichtlich durchbrochen. In seinem Theaterstück Six Characters in Search for an Author durchbrach Pirandello diese Mauer, in dem sich Darsteller wie reale Personen verhielten, und unter dem Publikum nach einem Autor für das unvollendete Stück suchten. Für seine bahnbrechende Arbeit erhielt Pirandello 1934 den Literaturnobelpreis. (Miller 2008, p.16) Aber auch ludische Literatur hatte einen wesentlichen Einfluss. Die Asterix-Gamebooks der Alea Jacta Est Reihe, die um 1987 erschienen, weisen bereits eine interaktive Rollenspiel Komponente und ein Kampfsystem auf. 30
  • 35. Geschichte Abbildung 11 Asterix Abenteuerspiel Band 1: Das Gipfeltreffen (Goscinny & Uderzo 1987) In diesem Abenteuerspiel Band nimmt man die Rolle von Grautvornix an und muss verschiedene Abenteuer bestehen. Zu Beginn stattet man die eigene Person mit persönlichen Eigenschaften, wie Kampfgeist, Geschicklichkeit und Charme aus. Das Heft wird dann Abschnitt für Abschnitt gelesen, wobei man jeweils am Ende eine Entscheidung treffen muss. Daraus entwickelt sich eine nonlineare Geschichte, die sich unterschiedlich weiterentwickeln kann. Auch Kämpfe mit römischen Legionären sind Bestandteil dieses Spiels, die man mit seinem Kampfgeist und dem Würfel austrägt. Hypertext Fiction, wie Zork (Blank & Lebling 1979), und ‚online real-time gaming environments‘, wie Everquest (McQuaid et al. 1999), trugen ebenfalls zur Entwicklung bei. Die Campus Kultur von Universitäten war auch ein fruchtbarer Boden für die Entwicklung von sogenannten Pervasive Games, von denen sich zahlreiche Elemente in ARGs wiederfinden. Hier seien als Beispiel die sogenannten ‚Assassination Games‘, wie Killer erwähnt. 31
  • 36. Geschichte Interessant ist auch die Wechselwirkung und der gegenseitige Einfluss von Kinofilmen und den daraus resultierenden Spielen. Das ‚Assassination Game‘ Killer wurde z. B. vom Kinofilm La decima vittima (Petri 1965) inspiriert. Daraus resultierten wiederum weitere Filme, die den Spielmechanismus einem breiteren Publikum zugänglich machten (Montola et al. 2009, p.66) Stephen Sondheims The Game, eine groß angelegte Schnitzeljagd quer durch Los Angeles, wurde wiederum von den ‚high society treasure hunts’ aus den 1920er Jahren und dem Film The Last of Sheila (Ross 1973) inspiriert. Diese reale Schnitzeljagd diente wiederum für The Walt Disney Company als Vorlage für den Kinofilm Midnight Madness (Nankin 1980). Interessanterweise waren viele Teilnehmer bei Sondheims Schnitzeljagd The Game Angestellte von Microsoft. Jahre später wurde The Beast, welches als erstes ARG gilt, wiederum von Microsoft produziert (Montola et al. 2009, p.68) Als Beispiel für das Pervasive Game schlechthin wird immer wieder gerne der Kinofilm The Game (1997) von David Fincher erwähnt, bei dem die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen. In diesem integriert sich das Spiel nahtlos in das Leben der Protagonisten: Zu seinem 48. Geburtstag bekommt Nicholas van Orton (Michael Douglas) ein mysteriöses Geschenk von seinem Bruder. Ein Spiel, welches von der Firma Consumer Recreation Services (CRS) angeboten wird. Im Büro dieser Firma muss sich Nicholas einen ganzen Tag lang physischen und psychischen Untersuchungen unterziehen. Die einzige Information, die er von CRS (cited in Fincher 1997) zu diesem Spiel bekommt ist diese: „It’s a game. Specifically tailored for each participant. Think of it as great vacation, except you don’t go to it, it comes to you.” Am nächsten Tag wird ihm von CRS mitgeteilt, dass er für dieses Spiel nicht geeignet sei. Darauf beginnt das Spiel erst richtig, ganz im Sinne der TINAG Ästhetik. Viele Konzepte daraus und auch aus Midnight Madness finden sich in ARGs, wie The Beast und I Love Bees wieder. 32
  • 37. Geschichte 1.5 Einflüsse Neben den oben genannten Beispielen gibt es weitere Einflüsse, die das Genre der ARGs geprägt haben. Dies sind vor allem Beispiele, die von den Puppet Masters oft explizit als wesentlicher Einfluss zitiert werden. Von Orson Welles War of the Worlds bis hin zu Publius Enigma, einem Vorläufer der späteren ARGs, welches bereits Bulletin Boards verwendete. Oftmals stellt sich die Frage, ob gewisse Spiele als ARG kategorisiert werden dürfen oder nicht. Als wesentliches Merkmal eines ARG, sollte zumindest eine Website in den Spielablauf integriert sein. Das Genre der ARGs ist sehr eng mit der technologischen Entwicklung des Internets und der Neuen Medien verbunden. Alleine aus diesem Grund sind diese Beispiele als Vorläufer und Pre-ARG zu sehen. 1.5.1 Orson Welles’ War of the Worlds Am 30. Oktober 1938 übertrug CBS Orson Welles Radioadaption von HG Welles War of the Worlds, einem klassischen Roman, in dem eine Invasion der Marsmenschen auf der Erde stattfindet. Das Besondere daran war, dass es nicht als Hörspiel präsentiert wurde, sondern als fiktive Reportage. Viele Hörer verpassten den Hinweis, dass es sich dabei um Fiktion handelt, und glaubten, dass der Angriff der Außerirdischen tatsächlich stattfindet. Laut einer Statistik gab es 6 Millionen Zuhörer dieser CBS-Übertragung; 1,7 Millionen glaubten es sei real und 1,2 Millionen waren richtig verängstigt. Orson Welles nutzte damals die bestehenden Normen dieses neuen Mediums, um die fiktiven Ereignisse, so real und immersiv, wie möglich, zu präsentieren. (Askwith 2008, p.12) Schilderungen von landesweiter Massenpanik sind aber etwas mit Vorsicht zu genießen, und dürften von den Zeitungen, die sich gegenseitig in der Auflage übertrumpfen wollten, stark übertrieben worden sein. Auch das Anrufaufkommen bei CBS dürfte wohl nur etwas höher als gewohnt gewesen sein. (Wikipedia 2010) 33
  • 38. Geschichte 1.5.2 Paul-Is-Dead Conspiracy Am 12. Oktober 1969 rief ein Zuhörer bei einer Radiosendung an, und erklärte, dass Paul McCartney bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Dieses Gerücht griff, wie ein Lauffeuer, um sich und verbreitete sich rasend schnell. Beatles-Fans trugen ominöse Beweise zusammen – von McCartneys nackten Füßen auf dem Abbey Road-Cover über zahlreiche Symbole auf der Sgt. Peppers- Plattenhülle bis hin zu Ausschnitten von Songtexten und versteckten Botschaften, die man angeblich beim Rückwärtsspielen hören konnte. Ob die Beatles selbst das Gerücht in die Welt setzten, ist bis heute unklar. Viele vermuten dies zwar, die Beatles selbst haben es bisher immer bestritten. Auf jeden Fall profitierten die Beatles von dieser ernormen kostenlosen Publicity. Jordan Weisman, einer der Puppet Masters von The Beast, gab an, dass der Paul-Is- Dead Scherz ein wesentlicher Einfluss auf das gesamte Genre der ARGs war. (Askwith 2008, p.14) Dieses Beispiel zeigt sehr gut die Stärken der This Is Not A Game (TINAG) Ästhetik, wie diese zum einen die Neugierde der Leute weckt und zum anderen zu kollaborativen Spekulationen und Diskussionen führt. Abbildung 12 Paul McCartney is dead (Askwith 2008, p.14) 34
  • 39. Geschichte 1.5.3 Ong’s Hat: Incunabula Es lässt sich nach heutiger Sicht schwer nachvollziehen wann das interaktive Online- Rätsel Ong’s Hat: Incunabula tatsächlich begann. Die Online-Aktivität lässt sich durch die 1990er Jahre verfolgen. Hinweise auf dieses Spiel gab es aber bereits schon 1988, als Teile davon in diversen Science Fiction Magazinen erschienen. Abbildung 13 Das Cover des Buchs Ong’s Hat: The Beginning (Szulborski 2005, p.86), ein Teil der Geschichte von Ong’s Hat: Incunabula Wie es für heutige ARGs üblich ist, wurde die Geschichte, die sich über Jahre entwickelte, in Teilen über unterschiedliche Medien erzählt und erforderte oft die Interaktion des Spielers um weiter in die geheimnisvolle Welt einzutauchen. (Szulborski 2005, p.83) Es war ein ‚literary/digital crossover‘ Spiel, welches Fotokopien, BBS 2, spätere Internettechnologie, CD-ROMs und traditionelle Druckerzeugnisse, wie Bücher, 35 2A Bulletin Board System, or BBS, is a computer system running software that allows users to connect and log in to the system using a terminal program.
  • 40. Geschichte verwendete. Auf der ursprünglichen CD-ROM befanden sich 23 Puzzles, wobei laut Hersteller, viele nie gelöst wurden. (Szulborski 2005, p.84) Denny Unger (2001 cited in Szulborski 2005, pp.85–87) versuchte den Ablauf des Spiels, nachdem er jahrelang das Material von Ong’s Hat, analysierte, in fünf einfachen Schritten zu beschreiben: 1. Create an interactive medium that immerses the public in an addictive, tantalizing story but keep the content restricted to certain personality types. Reveal concepts and ideas that generally represent your beliefs. 2. Along the way, feed this portion of the public information which may or may not be true about the story. (Filtration of the idiots) 3. Those that breach the truths and untruths may pass to the next level of information. (Further idiot filtration) 4. As this select group narrows, inject information that more specifically reveals their personal belief systems, ideals, and goals. 5. If the users’ ideals, beliefs and goals have been properly modified by the process or the user already fits the mold, those persons are then accepted into the ‘fold’. Unger schrieb diese Worte, im August 2001, also lange bevor man The Beast nach diesen Kriterien analysierte. Auch wenn Ong’s Hat: Incunabula nicht alle Kriterien eines ARG erfüllte, sind die Ähnlichkeiten zu heutigen ARGs sehr stark. 36
  • 41. Geschichte 1.5.4 Treasure Hunts 1979 schrieb und illustrierte Kit Williams ein Kinderbuch namens Masquerade, welches verborgene Hinweise auf jeder Seite und in den Bildern hatte. Diese sollten zu einem sehr wertvollen versteckten Juwel führen, welches irgendwo in Großbritannien vergraben ist. Abbildung 14 Masquerades vergrabener Schatz: Ein Juwel aus 18 Karat Gold und Edelsteinen, von Kit Williams persönlich angefertigt (Askwith, Ivan 2008, p.13) Abbildung 15 Masquerade, eine der sogenannten Armchair Treasure Hunts (Askwith 2008, p.13) Die Schatzsuche dauerte bis 1982, als ein Geschäftsmann namens Ken Thomas das Juwel im Bedforsdhire Park entdeckte. Sechs Jahre später stellte sich aber heraus, dass dieser Ken Thomas in Wirklichkeit Dugald Thompson hieß, und Williams Ex-Freundin ihm den Standort des vergrabenen Juwels verriet. 1988 wurde das Juwel bei Sotheby’s um £ 31.900 versteigert. Masquerade war einer von vielen Wettbewerben, die als ‚Armchair Treasure Hunts‘ bekannt wurden. Diese hatten auch einen großen Einfluss auf spätere ARGs, da sie die reale Welt als Spielfläche nutzten. (Askwith 2008, p.13) 37
  • 42. Geschichte 1.5.5 London’s treasure hunt riots Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts waren sogenannte ‚Treasure Hunts‘ in Großbritannien sehr populär. 1904 startete die britische Zeitung Weekly Dispatch The Greatest Treasure Hunt on Record, um ihre Auflage zu steigern. Sie vergruben Medaillons, die gegen £ 50,- in ihren Büros eingetauscht werden konnten. Abbildung 16 Einige der glücklichen Gewinner (Slade 2006, p.6) Trotz Hinweise und Warnungen gruben die Leute öffentliche Parks und private Gärten um. Oftmals beschädigten sie auch Straßen und Gebäude. Dies nahm solche Auswüchse an, dass sogar Polizei und Militär einschreiten mussten.Viele dieser Schatzsucher wurden zwar vor Gericht bestraft, aber der Euphorie tat dies keinen Abbruch. „The interest taken in the treasure hunt has far surpassed the most optimistic expectations” gab es von der Zeitung zu hören. Die Leute belagerten sogar deren Büros, um als Erste eine aktuelle Ausgabe in die Hände zu bekommen, in der der 38
  • 43. Geschichte nächste Hinweis zu lesen war. In die Zeitungsredaktionen wurde sogar eingebrochen, um die Standorte der Medaillons in Erfahrung zu bringen. Es war natürlich nicht die erste, von einer Zeitung veranstaltete, Schatzsuche. Die erste wird einem wöchentlichen Magazin namens Tib-Bits zugeschrieben. Bei dieser gab es aber keinerlei Probleme. Dies wird darauf zurückgeführt, dass es sich hierbei um eine intellektuellere Version des Spiels handelte und nicht für die breite Masse konzipiert wurde. Da die Probleme mit den Behörden stark zunahmen, beschloss die Zeitung Weekly Dispatch im Endeffekt, deren Schatzsuche harmloser zu gestalten: „Readers would get another serialized story full of clues to hidden booty, but this time be asked to mark its location on a printed map. The first reader to send in a map marked in the right place would get his prize through the post. [...] Real-world treasure hunts caused too many headaches.” (Slade 2006) Auf die Zeitungsauflage bezogen waren diese Schatzsuchen ein großer Erfolg und wurden letztlich in ganz Europa kopiert. 1.5.6 We Lost Our Gold Dass Schatzsuchen noch nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben, beweist das ARG We Lost Our Gold, welches 2010 in New York City stattfand. We Lost Our Gold 3 ist eine ‚true modern-day treasure hunt’ quer durch New York City um einen $ 10.000 Schatz zu entdecken, der in einem der fünf Bezirke versteckt ist. Offizieller Start für das Spiel war am 1. August 2010. Wer dahinter steckt, ist bis heute unklar. Drei Piraten und ein Ninja waren die Hauptcharaktere einer achtteiligen Mini- Webserie, wobei jede Folge neue Hinweise beinhaltete, die einem dem Schatz näher bringen sollten. Die Protagonisten der Serie konnten auch per Email kontaktiert werden. Der Captain und sein ‚first mate‘ Mulligan hatten zudem einen eigenen aktiven Twitter Account. 39 3 www.welostourgold.com
  • 44. Geschichte Der Captain teilte darin Piraten-Tipps mit, und Mulligan lernte, die Stadt per U- Bahn zu erkunden. Zudem gab es eine eigene Facebook Seite mit Updates. Abbildung 17 We Lost Our Gold (Welostourgold 2010) Den Puppet Masters dürften auch die einhergehenden Probleme bei Schatzsuchen bekannt sein. Um Chaos zu verhindern, und dass der komplette Central Park umgegraben wird, gab es folgenden Hinweis auf ihrer Website: „…It’s buried. And it’s one of the five Boroughs of New York City. Also, don’t just start digging randomly. You’ll know when you’ve found it. Oh, and for the record… it’s NOT in Central Park.” (We Lost Our Gold 2010) Der Schatz ist bisher nicht gefunden worden, und dürfte noch immer in New York City vergraben sein. 40
  • 45. Geschichte 1.5.7 Publius Enigma 1994, kurz nachdem Pink Floyd ihr Album The Division Bell veröffentlichte, postete ein ‚Messenger‘ namens Publius kryptische Nachrichten in der Usenet Diskussionsgruppe von Pink Floyd. Er gab an, dass ein Rätsel (Enigma) im Album versteckt ist, und derjenige der es entziffert sollte einen Preis erhalten. Abbildung 18 CD Cover von Pink Floyd’s Album The Division Bell (Askwith 2008, p.15) Da viele der Fans sehr skeptisch waren, machte Publius eine Voraussage, um einen Beweis für dessen Echtheit zu erbringen: „Monday, July 18, East Rutherford, New Jersey. Approximately 10:30pm. Flashing white lights. There is an enigma.” An dem besagten Abend gaben Pink Floyd ein Konzert in East Rutherford. Um 10:30 Uhr wurden die Worte PUBLIUS und ENIGMA auf die Bühne projiziert. (Askwith 2008, p.15) 41
  • 46. Geschichte Abbildung 19 Ein Standbild aus dem Video des Pink Floyd Konzert vom 16. Juli 1994, welches das Wort ‚ENIGMA‘ zeigt. (Askwith 2008, p.15) 1997 postete Publius eine letzte Nachricht in die Usenet Gruppe. Darauf folgte eine Nachricht eines Users, der angab, das Rätsel gelöst zu haben. An der Authentizität der beiden Nachrichten wurde aber stark gezweifelt. (Szulborski 2005, p.90) Erst Jahre später, im April 2005, enthüllte Nick Mason (cited in Askwith 2008, p.15), der Drummer von Pink Floyd, dass Publius Enigma real war und von deren Plattenlabel inszeniert wurde: „That was a ploy done by EMI. They had a man working for them who adored puzzles…. He was working for EMI and suggested that a puzzle be created that could be followed on the Web. The prize was never given out. To this day it remains unsolved.” Auch hier gibt es zahlreiche Stimmen gegen die Klassifizierung als ARG, da keine einzige Website im Rahmen von Publius Enigma verwendet wurde. Die Ähnlichkeiten sind aber nach unserem heutigen Verständnis unübersehbar. Außerdem wurden Medien und Techniken verwendet, die auch in heutigen ARGs Anwendung finden. Es war die erste groß angelegte kommerzielle Kampagne um ein Produkt zu bewerben, in dem man die Aufmerksamkeit auf eine mysteriöse Geschichte lenkte, und einen Preis für die Lösung des Rätsels versprach. 42
  • 47. Geschichte 1.6 The Beast Von vielen wird The Beast als erstes Alternate Reality Game bezeichnet. Es war Teil einer Marketingkampagne für Steven Spielbergs Film A.I. Artificial Intelligence (2001) und wurde von Microsoft für Dreamworks entwickelt. Es kombinierte die Interaktionsmöglichkeiten des Internets mit einer fesselnden Geschichte und legte mit seiner Umsetzung praktisch den Standard für alle zukünftigen ARGs fest. Jordan Weisman rief Sean Stewart im Sommer 2000 an und fragte ihn, ob er an einem innovativen Marketing-Projekt von Microsoft für Steven Spielbergs kommenden Film A.I.: Artificial Intelligence mitarbeiten möchte. Deren Aufgabe sollte es sein, eine virtuelle Welt für das Jahr 2142 zu erschaffen, bei denen unterschiedliche Aspekte zum Thema künstliche Intelligenz erforscht werden. Es sollte keine Kopie der Geschichte des Films sein, sondern die Hintergründe erörtern. In seinen ‚Introductions to the A.I. Web Game’ legte Stewart (cited in Szulborski 2005, p.94) die Ziele für das Spiel fest: 1. The narrative would be broken into fragments, which the players would be required to reassemble. 2. The game would – of necessity – be fundamentally cooperative and collective, because of the nature of the internet. 3. The game would be cooler if nobody knew who was doing it, or why. 4. The game would be cooler if it came at you, through as many different conduits as possible. Aus seiner Aufzählung lässt sich schon das Leitmotiv eines jeden ARG ableiten: ‚This Is Not A Game.‘ Ein ARG würde sich niemals als Spiel bezeichnen. Nur so ist es möglich, die fiktive und reale Welt miteinander zu verschmelzen. Das Geheimnis bleibt dadurch gewahrt und der Nervenkitzel erhalten: „The mantra – this is not a game – had another meaning particularly important to me. I didn’t want this to be a strictly intellectual experience. I 43
  • 48. Geschichte didn’t want you to be able to view the characters as …. Game tokens. I wanted it to work like art. I wanted people to care, to laugh to cry – to be engaged the way a novel engages. To put all this ingenuity into the storytelling method, and then to tell a stupid story – that would be an unbearable waste.” (Stewart cited in Askwith 2008, p.17) Sein Wunsch war es traditionelle Erzählungen und das Medium Spiel miteinander zu verbinden. Ziel war es, diese neue Form der Geschichten über alltägliche Kommunikationsmittel erlebbar zu machen und dabei eine immersive und fesselnde ‚Alternate Reality‘ zu schaffen. Die ersten Hinweise für den Einstieg in das Spiel, die sogenannten Rabbit Holes, waren im Trailer und in den Kinoplakaten enthalten. In den Credits im Trailer war eine Person namens ‚Jeanine Salla, Sentient Machine Therapist‘ angeführt. Viele taten dies anfangs als harmlosen Scherz ab, der im Zusammenhang mit dem Thema des Films stand. Nach und nach wurden weitere Hinweise gefunden. Diesmal waren es kleine Buchstaben auf der Rückseite der Promotion Posters. Die Silber umrandeten Zeichen ergaben den Hinweis ‚Evan Chan was murdered’, die anderen, die goldumrandet waren, ‚Jeanine is the key’. Wenn man nach ‚Jeanine Salla‘ googlete, gelangte man über einen Link zur Bangalore World University, einer der ersten ‚In-Game‘ Websites. Ein weiterer Hinweis war im Trailer in den Worten ‚Summer 2001‘ verborgen. Wenn man diesen korrekt entzifferte, ergab dies eine Telefonnummer, die bei Anruf, den nächsten Hinweis preisgab. Abbildung 20 This Is Not A Game (Artificial Intelligence Trailer, 2001 cited in Askwith 2008, p.18) 44
  • 49. Geschichte Dieser Pfad entwickelte sich zu einer unglaublich komplexen Geschichte und einer Schnitzeljagd über mehr als 30 Websites und Hunderte von anderen ‚In-Game Assets‘, wie Email Nachrichten, Video Clips und extrem schwierige Rätsel, die man nur kollektiv lösen konnte. Bis zu 10.000 Spieler kamen zusammen um The Beast zu lösen, die später als ‚the Cloudmakers‘ bekannt wurden. Alleine in den vier Monaten gab es ca. 43.000 Online-Nachrichten, um gemeinsam die Rätsel und Hinweise zu entziffern. (Szulborski 2005, p.98) The Beast legte den Grundstein für viele ARGs in den kommenden Jahren und definierte gemeinsam mit dem sehr erfolgreichen I Love Bees, einem ARG zur Promotion des Computerspiels Halo 2 von Microsoft, dieses neue Spielgenre. 1.7 Majestic Nach dem Erfolg von The Beast gab es seitens einiger Spielehersteller den Wunsch solche ARGs zu kommerzialisieren. Sie wollten ein profitables Produkt, welches nicht Teil einer kostenlosen Marketingkampagne ist. Beschrieben wurde Majestic als ‚the first Internet-based suspense thriller’ und mit ‚the game plays you!’. Hinter diesem Projekt stand der Spielehersteller EA, und dieses Online-Spiel sollte jedem Spieler $ 10,- pro Monat kosten. Dies war einer der ersten Versuche ein subskriptionsbasiertes Spiel auf den Markt zu bringen, lange bevor World of Warcraft ein Welthit wurde. Dass EA im Vorfeld Majestic als Spiel bezeichnete, war generell etwas Neues und eigentlich verpönt im Genre der Alternate Reality Games. Es ist damit praktisch ausgeschlossen, dass Spieler sich fragen, ob die Geschichte nun real sei oder nicht. Es widersprach dem Grundsatz This Is Not A Game, von dem eigentlich die große Faszination ausging. Das Besondere an Majestic war aber, dass es sich zwar anfangs als Spiel bezeichnete, um ein größeres Publikum anzusprechen, aber kurz nach dem Start bekamen alle Teilnehmer eine automatisierte Nachricht, dass das Spiel auf unbestimmte Zeit verschoben werden musste. Der Grund dafür war ein Brand im Hauptquartier des Herstellers. Danach begann das Spiel erst wirklich. Dies war Teil der fiktiven 45 Geschichte und es stellte sich im Verlauf des Spiels heraus, dass es sich hierbei um
  • 50. Geschichte einen Terroranschlag handelte. Damit wurde Majestic auch wieder dem Grundgedanken von This Is Not A Game gerecht. (McGonigal 2003, p.4) Die ‚Majestic Alliance application‘ war der Mittelpunkt dieses ARGs und benachrichtigte die Spieler über alle relevanten Neuerungen und Inhalte im Spiel. Die Inhalte selbst wurden episodenweise aufbereitet und bestanden aus Websites, Rätseln, Videos und Telefonanrufen, in denen Audiodateien Teile der Geschichte erzählten. Es war so gedacht, dass jeder Spieler täglich nur eine bestimmte Zeit in das Spiel investieren musste. Den Großteil des Tages war das Spiel aber auf ‚Stand-by‘ - in dieser Zeit konnten die Spieler auch nicht mit der Welt von Majestic interagieren. Dies trug dazu bei, dass das Spiel nicht als besonders immersiv empfunden wurde. Als die erste Saison des Spiels fortschritt, wurde die Anzahl der Episoden deutlich verringert. Viele Spieler beschwerten sich auch wegen des geringen Umfangs der einzelnen Episoden und erlebten dabei auch noch technische Schwierigkeiten, z. B. beim Abspielen der Videos. Dadurch versäumten sie wichtige Hinweise, die sie in der Geschichte weiterbringen hätten sollen. Einer der Gründe, warum das Spiel frühzeitig endete, dürfte die Unterbrechung nach den Terror Attacken am 11. September 2001 gewesen sein. Der Grund dafür war, unnötige Belastungen für das nationale Telefonsystem zu vermeiden. Auch gab EA an, dass manche fiktionale Elemente der Geschichte zur Zeit nicht angemessen seien. Im November 2001 brachte EA eine CD-ROM mit den bisherigen 4 Episoden und der Einführungsepisode heraus. Viele Spieler sahen dies bereits als das Ende des Spiels und behielten damit auch recht, als am 19. Dezember Majestic eingestellt wurde. Einiges machten die Entwickler von EA richtig, vieles aber auch falsch. Eine der größten Errungenschaften von Majestic war, dass es die Spieler ermutigte, im Rahmen des ‚BIOS Programs‘, selbst Minigames, Fan-Fiction, Fan-Sites und kleine ARGs selbst zu entwickeln. (Szulborski 2005, pp.105–117) 46
  • 51. Kategorien Kategorien Ivan Askwith (2008, pp.22–27) unterteilte die ARGs in vier Kategorien: Promotional ARGs, Grassroots ARGs, Narrative Extension ARGs und Monetized ARGs. Ich möchte hier noch die Kategorie der Serious Games ergänzen, die seit 2007 an Bedeutung gewonnen haben. Ein Promotional ARG ist z. B. The Beast oder I Love Bees, die ein konkretes Produkt oder einen Kinofilm bewerben. Grassroots ARGs sind Spiele, die von unabhängigen Entwicklern produziert werden. Exocog zählt zum Beispiel dazu. Mit wenig personellen Ressourcen und beschränkten finanziellen Mitteln werden ARGs für gleichgesinnte Spieler geschaffen. Diese entstehen aus Begeisterung für dieses Spiele Genre oder als eine Art Fan Fiction, in der die Geschichte vorangegangener ARGs weiterentwickelt wird. Oft stehen diese Spiele den professionellen Vorbildern um nicht viel nach. Zu den Narrative Extension ARGs zählt z. B. Push Las Vegas, in dem die Geschichte der Fernsehserie vertieft und erweitert wird, und bei den Monetized ARGs ist Majestic das bekannteste Beispiel. Monetized ARGs sind wohl die problematischte Form von ARGs, da es den Entwicklern bisher nicht gelungen ist, dafür ein funktionierendes Modell auf die Beine zu stellen. Die meiner Meinung nach zukunftsträchtigste Kategorie sind aber die Serious Games, auf die ich in diesem Teil meiner Arbeit noch näher eingehen werde. Die kollektive Problemlösungsfähigkeit der Communities wird hierbei auf reale Probleme angewendet. Ein Einsatzzweck für solche ARGs wäre z. B. als Social Learning Tool. Die Einordnung von ARGs ist generell schwierig, da auf viele oft mehrere Kategorien zutreffen. The Beast ist z. B. ein Promotional ARG, aber ebenso ein Narrative Extension ARG, da es die Geschichte hinter dem Film vertieft. Diese Kategorisierung sollte daher lediglich beitragen, ein größtmögliches Abbild der Vielfalt zu schaffen und unterschiedliche Einsatzzwecke aufzuzeigen. 47
  • 52. Kategorien 1.8 Cloverfield Cloverfield (2008) ist ein Filmprojekt von Produzent J.J. Abrams, der durch Serien wie Lost, Felicity oder Alias bekannt wurde. Regie führte Matt Reeves und das Drehbuch stammt von Drew Goddard. Der Film selbst wurde im Dokumentarstil, mit einer ‚Handkamera‘ gedreht, und als ‚gefundenes‘ Videomaterial, ähnlich, wie bei The Blair Witch Project präsentiert, um die Authentizität zu verstärken. Der erste Teaser zu diesem Film wurde erstmals vor dem Kinofilm Transformers gezeigt. Allerdings ohne Titel. Es war lediglich ein Datum zu sehen (01-18-08 oder 18. Jänner 2008). Später stellte es sich heraus, dass dies das Datum des Kinostarts bzw. der Geschehnisse im Film ist. Da kein anderer Titel bis zum zweiten Trailer bekannt gegeben wurde, galt 01-18-08 auch als Arbeitstitel. Abbildung 21 Cloverfield Teaser 1-18-08 (Reeves 2007) Gezeigt werden wackelige Videoaufnahmen einer Abschiedsparty für einen jungen Mann namens Rob in einer New Yorker Wohnung. Plötzlich wird die Party von einem metallischen Dröhnen und einem Stromausfall unterbrochen. Es verbreitet sich Panik als brennende Objekte aus dem Himmel explodierend in die Straßen stürzen. Alles flüchtet, das wilde Gewackel der Kamera verzerrt Bild und Ton, als plötzlich der Kopf der Freiheitsstatue auf der Straße landet. Dann die Einblendung ‚IN THEATERS 1-18-08‘. Kein Titel, kein Star, keine Erklärung. (Reeves 2007) 48
  • 53. Kategorien Nur so viel lässt sich darüber in Erfahrung bringen: Es dreht sich um eine Monster- Attacke auf New York aus der Sicht einer Handvoll Menschen. Kurz darauf erschienen bereits die ersten mit Handy abgefilmten Kopien auf YouTube, und amerikanischen Fernsehstationen, die darüber berichten wollten, wurde eine Kopie des Teasers verweigert. Das Filmstudio Paramount leitete rechtliche Schritte ein und forderte YouTube auf die Clips zu löschen. Wenige Tage später wurde der Teaser auf Apples Quicktime Website veröffentlicht. Am 19. November 2007 erschien der erste offizielle Trailer zum Film, in dem der Titel Cloverfield offiziell vom Studio Paramount bestätigt wurde. Nicht nur die Geheimhaltung seitens Paramount und J.J.Abrams verhalf dem Film zu dem Hype, sondern auch das ARG, welches im Vorfeld zu Marketingzwecken stattfand. Mit einem geschätzen Budget von etwa $ 25 Millionen und einem Einspielergebnis von über $ 170 Millionen, kann der Film durchaus als Erfolg angesehen werden. (Wikipedia 2008) Der Film selbst konnte zudem mit keinen bekannten Stars aufwarten. Lediglich durch den Hype im Vorfeld konnte die hohe Erwartungshaltung geschürt werden. Produzent J.J. Abrams hatte bereits diese Form von Marketing benutzt, um zwei Lost-Staffeln zu überbrücken, und zwar mit dem Online-ARG The Lost Experience. Seine dadurch gesammelten Erfahrungen haben gezeigt, wie schnell Communities mit eigenen Theorien und Nachforschungen reagieren und für den Film Werbung machen. Und das vor allem sehr kostengünstig: „When the trailer hit the screens right before Transformers, people freaked out. Not necessarily because of the content of the trailer, but because it was a surprise—they knew nothing about it beforehand. That was the point: The intended effect was to make a teaser trailer that actually teased. It worked like gangbusters, all because we hadn't prepublicized the film on entertainment shows and in magazines. It was a small experiment that proved what most everyone knows: Having all the information isn't always better.” (J.J. Abrams 2009, p.2) 49
  • 54. Kategorien Im Fall von Cloverfield nutzte man die Möglichkeiten des Internets und eröffnete verschiedene Websites, die von den Fans nach und nach entdeckt wurden. Der Teaser/Trailer wurde von zahlreichen Usern Bild für Bild analysiert, um nach möglichen weiterführenden Hinweisen zu suchen. Manche analysierten sogar die Tonspur. Die Geheimnistuerei brachte den gewünschten Hype und führte zu einer Schnitzeljagd im World Wide Web. Es gab zahlreiche In-Game Websites, YouTube Videoclips, MySpace Profile der Hauptdarsteller und auch Mangas, welche die Vorgeschichte zu diesem Film erzählten. Details, die im Kinofilm selbst nicht vorkamen, und einen tieferen Einblick in die Geschichte ermöglichten. Selbst der Soundtrack wurde im Rahmen der TINAG Ästhetik als Rob’s Party Mix veröffentlicht. Es war das ‚Mixed-Tape‘ des Protagonisten Rob Hawkins, für den die Abschiedsparty im Film veranstaltet wurde. In Cloverfield selbst kam selbst, bis auf den Abspann, keine Musik vor. Abbildung 22 Rob’s Party Mix: iTunes Has the Cloverfield Soundtrack (djspankypants 2007) Daneben spielte der User Generated Content eine große Rolle. Dies waren Wikis, in denen die Spieler sämtliche Hinweise austauschten, aber auch Fan-Art, um z. B. das Aussehen des Monsters, welches das bestgehüteste Geheimnis des Films war, zu 50 rekonstruieren.
  • 55. Kategorien 1.8.1 In-Game Websites 1-18-08.com Dies gilt als die erste offizielle Seite. Unmittelbar nach Erscheinen des ersten Teasers wurde nach 01-18-08 gegoogelt und prompt diese Seite gefunden. Abbildung 23 Cloverfield Website (Cloverfield 2007) Sie stellt eine Fotosammlung mit Personen des Films dar, mit denen der Zuseher bereits aus dem Trailer vertraut ist. Die Fotos lassen sich per Mausklick drehen und wenden und auf geheimnisvolle Hinweise untersuchen. Alle Aufnahmen sind mit Datum- und Zeitangaben versehen und lassen sich chronologisch in zwei Kategorien einteilen: vor dem Monsterangriff und danach. Im ersten Fall zeigen die Fotos Partygäste mit persönlicher Botschaft an ‚Rob‘ auf der Rückseite. Die zweite Gruppe der Fotos zeigt den Verlauf der Monsterattacke. Das Monster selbst wird nicht gezeigt. Fast jeden Monat kam ein neues Foto hinzu. Obwohl von J.J. Abrams ‚01-18-08‘ als einzige offizielle Website genannt wird, sind eine Reihe von anderen Seiten entstanden, die die Vorgeschichte des Films erzählen. 51
  • 56. Kategorien MySpace.com Alle Hauptdarsteller des Films sind mit einem eigenen Profil im sozialen Netzwerk MySpace vertreten. Abbildung 24 Rob Hawkins MySpace Profil (Hawkins 2008) Es gibt zwar keine offizielle Bestätigung dieser Benutzerprofile, jedoch stellen hier die im Film mitwirkenden Schauspieler ihre Charaktere dar. Als Beweis gelten die jeweiligen Fotosammlungen der Charaktere. Die Charaktere führen nicht nur einen regen Gedankenaustausch untereinander und mit ihren Freunden. Die Besonderheit liegt in der Interaktivität dieser Profile. Fans haben die Möglichkeit sich mit diesen fiktionalen Personen zu unterhalten, ihre Tagebücher zu kommentieren und sogar an einer interaktiven Comic Geschichte gemeinsam zu schreiben. 52
  • 57. Kategorien Genau diese Interaktivität erlaubt es, die Hintergründe bzw. die Beziehungen zwischen den Charakteren kennenzulernen. Hinweise über das Monster sind keine zu finden, da die Erzählzeit der jetzigen Zeit, also der, vor der Katastrophe glich und der Angriff erst im Jänner 2008 stattfand. In seinem letzten Blogeintrag am 5. Jänner 2008 berichtet Rob Hawkins (2008) über seinen neuen Job als Marketing-Manager bei Slusho in Japan: „So I got a job offer, and it's everything I wanted. More money, more power, more creative freedom. I'd even have up to five people working under me, and you know how much I've always wanted underlings. One catch -- I need to move to freakin' JAPAN! The job is the V.P. of Marketing and Promotions for SLUSHO! brand "happy drink." […]” Seine Abschiedsparty ist der Beginn des Films Cloverfield. Sie findet am 18. Jänner 2008 statt (01-18-08) statt, also jenem Tag, an dem das Monster über New York herfällt. Im Teaser zu Cloverfield trägt er auch jenes ominöse T-Shirt mit dem Logo-Aufdruck von Slusho, einem der ersten wichtigen Hinweise des ARG. Slusho.jp Diese Seite wurde kurz nach Erscheinen des ersten Teasers entdeckt. Auf den ersten Blick steht diese in keiner direkten Verbindung zum Film. Es ist eine Werbung für das aus Japan stammende Getränk ‚Slusho!‘. Das Getränk wurde bereits in einer anderen J.J. Abrams Serien, wie Alias gesichtet. Auch in der Fernsehserie Fringe hat es schon einen Gastauftritt. Slusho ist zudem Rob Hawkins zukünftiger Arbeitsgeber, da sie am westlichen Markt Fuss fassen möchten. Zudem ist die Firma ein Tochterunternehmen von Sagruato, einem Erdölkonzern, der auch in dieser Geschichte eine bedeutende Rolle spielt. Die wichtigste Zutat diese Getränks ist der Seabed's Nectar (Kaitei no mitsu). Dieser wird nur am Boden des Ozeans gefunden, unter hohem Druck und sehr niedrigen Temperaturen. Zudem sollte das Getränk mit dem Slogan ‚You Can’t Drink Just Six.‘ stark süchtig machen, hat aber anscheinend ansonsten keine bedeutenden Nebenwirkungen. Daher wurde es auch von der American Food Association 53 zugelassen. (Cloverpedia 2007)
  • 58. Kategorien Abbildung 25 Slusho Website des fiktiven Getränkeherstellers (Slusho 2007) Auf der offiziellen Slusho Website konnten auch T-Shirts bestellt werden. Und zwar dieselben, die auch Rob Hawkins im Teaser trägt. Spieler berichten darüber, dass diese auch im japanischen Zeitungspapier eingepackt waren. Einige von ihnen glaubten, dass diese Zeitungsseiten auch eine bestimmte Bedeutung hatten. Lediglich verdeutlichten diese nur die Herkunft. Tagruato Tagruato ist eine Firma, die auf Tiefseebohrungen spezialisiert ist und ist zugleich Mutterkonzern der Getränkemarke Slusho. 2007 wurde eine neue Bohrinsel namens Chaui Station, in der Nähe von New York, eröffnet.In diesem Jahr schickte Tagruato auch deren ersten Satelliten ins All. Dieser hatte die Aufgabe den abgestürzten Satelliten ChimpanzII, der am Ende des Kinofilms Cloverfield kurz zu sehen ist, aufzuspüren. Zumindest dürfte dies der Vorwand dafür gewesen sein. Tatsächlich hatte er die Aufgabe, Aufnahmen von Tiefseegräben rund um die Bohrinsel Chaui Station zu machen. Dort dürften sie nicht nur den mysteriösen Seabed’s Nectar entdeckt haben, sondern auch das Monster, wie Sonar Bilder 54
  • 59. Kategorien beweisen. Diese hatte der ‚Whistle Blower‘, in Informat aus dem Tagruato HQ, einigen Spielern übermittelt. (Cloverpedia 2008a) Abbildung 26 Tagruato Firmenwebsite (Tagruato 2007) Am 27. Dezember 2007, also kurz vor dem Angriff in New York, wurde Chaui Station von einer mysteriösen Explosion zerstört. Auf YouTube berichteten zahlreiche Fernsehsender darüber. Diese bestanden aus fiktivem Videomaterial an Bord der Bohrinsel, sowie Luftaufnahmen. Diese Fernsehberichte wurden in zahlreichen Sprachen veröffentlicht. Die Spieler selbst 55
  • 60. Kategorien koordinierten sich untereinander und übersetzten diese Reportagen in deren Landessprache um etwaige zusätzliche Hinweise zu finden. Abbildung 27 Mysteriöse Explosion auf Ölplattform (26 Local 2008) Mit etwas Fantasie ist ein dunkler Schatten unter der Meeresoberfläche zu erahnen, der anscheinend das Cloverfield Monster sein dürfte. Die Schuld an diesem Unglück wurde anfangs einer militanten Umweltschutzgruppe namens TIDO zugewiesen, die den Anschlag verübt haben sollte. Tatsächlich handelte es sich um den ersten Angriff des Cloverfield Monsters. TIDO wave Einer der erbittertsten Gegner von Tagruato ist eine Umweltschutz Gruppe namens TIDO wave. Tagruato wird von ihnen beschuldigt durch ihre Bohraktivitäten die Ozeane zu zerstören. Auf ihrer Website verwendeten sie einen Geheimcode um untereinander zu kommunizieren. Sie hatten das Ziel herauszufinden, wo sich die, zunächst geheime, Chaui Station befindet, und welchen Zweck damit Tagruato verfolgte. (Cloverpedia 2008a) 56
  • 61. Kategorien Abbildung 28 T.I.D.O. WAVE (T.I.D.O. WAVE 2007) Manga Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieser Transmedia Story ist das Manga zu Cloverfield, welches monatlich online veröffentlicht wurde. Allerdings nur auf japanisch. Die Spieler koordinierten sich online, um die jeweiligen Ausgaben ins Englische zu übersetzen. So erfuhren sie mehr über die Vorgeschichte des Monsters und den dunklen Machenschaften von Sagruato. Zeitlich ist dieses vor dem Zwischenfall auf der Chaui Station einzuordnen. (Cloverpedia 2008b) 57
  • 62. Kategorien Abbildung 29 Cloverfield Manga (Togawa 2008) 1.8.2 Out of Game Der Begriff ‚Out of Game‘ (OOG) bezeichnet in der Terminologie von Alternate Reality Games die Websites, Quellen und Themen, die zunächst von den ARG- Teilnehmern in die Entwicklung der Hypothesen über die Alternate Reality miteinbezogen werden, sich jedoch später als, in keinem (oder im zufälligen) Zusammenhang stehende Elemente entpuppen. 58