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Beiträge zur Feministischen Ökonomie


Warum Gleichberechtigung indirekt zu Wohlstand führt

Drei Thesen zum Zusammenhang zwischen Wirtschaft und
Geschlechterdemokratie

 von Peter F. Jedlicka


Es gibt einen interessanten Zusammenhang in den internationalen Statistiken, die die
Vereinten Nationen (UNDP) jährlich über den Entwicklungsgrad aller Länder der Welt erstellt,
der in der Gender-Diskussion vielleicht noch zu wenig beachtet wurde, nämlich:
  Jene Länder, die den höchsten Lebensstandard haben (den höchsten quot;Human Development
Indexquot; 1) sind fast durchwegs auch die Staaten, die die Chancengleichheit zwischen Frauen
und Männern am besten umgesetzt haben (die höchsten Werte bei der quot;Gender Empowerment
Measurequot; 2 haben):
  Unter den Toppositionen in beiden Kategorien finden sich 2007/2008 (wie bereits in den
Jahren davor) Island, Norwegen, Australien, Kanada, Schweden, Finnland, die Niederlande,
Belgien und Dänemark. Diese Länder sind also weltweit sowohl die wohlhabendsten als auch
jene mit der erfolgreichsten Gleichstellungspolitik.
  Grund genug, diesen Zusammenhang auf seine Kausalität zu untersuchen: Führt eine gute
Wirtschaftslage automatisch zu Gleichberechtigung - oder führt Gleichberechtigung zu
Wirtschaftswachstum? Oder gibt es gar keinen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen
diesen zwei Statistiken - bestimmt ein anderer Faktor die statistische Ähnlichkeit?
 Ich möchte dazu eine dritte Kategorie in meine Überlegungen einbeziehen, den
Demokratiebegriff, auch deshalb, weil in der jüngsten Gender Diskussion im deutschen
Sprachraum dem Begriff Geschlechterdemokratie eine immer höhere Bedeutung zukommt.




1. Wirtschaft gedeiht in Demokratien deshalb am besten, weil das Prinzip der
Wahlfreiheit sowohl für die Wirtschaft als auch für Demokratien essentiell ist.


Gleich vorweg: es gibt bereits Publikationen, die sowohl eine kausale Relation zwischen
Demokratie und Wirtschaftswachstum (quot;Demokratie führt zu Wirtschaftswachstumquot;) als auch
umgekehrt (quot;Durch Wirtschaftsförderung unterstützt man in armen Ländern die Entwicklung der
Demokratiequot;) nicht bestätigen (eine gute Zusammenfassung liefert SUNDE 2006). Diese
Publikationen untersuchen jedoch meist Entwicklungen in Ländern mit bisher geringem
Lebensstandard, um Handlungsempfehlungen für die internationale Politik geben zu können.
  Meine Argumentationslinie bezieht sich nicht auf Entwicklungen, sondern auf den Status Quo
in den Ländern des oben genannten Rankings, in denen die Wirtschaft offensichtlich gut
funktioniert, und die offensichtlich Staaten mit sehr gut verankertem Demokratieverständnis
sind.
Sowohl für die Wirtschaft, als auch für Demokratien ist der Begriff Wahlfreiheit essentiell:
Demokratie bedeutet ja, dass die Bevölkerung die Wahlfreiheit zwischen mehreren Parteien hat
- und im Vorfeld von politischen Wahlen z.B. auch die Wahlfreiheit unter den Medien, in denen
sie sich über diese Parteien informieren kann.
  Auch für eine lebendige Wirtschaft ist die Wahlfreiheit Voraussetzung: Wirtschaft
funktioniert vor allem dann, wenn:
   •   Unternehmen die Freiheit haben, ihren Standort zu wählen, ihre Unternehmensform, die
       jeweils passendsten MitarbeiterInnen, die geeignetsten Zulieferfirmen, die geeignetste
       Finanzierungsform, etc., ...
   •   KonsumentInnen die Freiheit haben, Produkte aus einer größeren Produktpalette
       auszuwählen
   •   Einzelperson als Arbeitskraft die Freiheit haben, aus mehreren Jobangeboten
       auswählen zu können - oder die Freiheit hat, eine eigene Geschäftsidee umzusetzen
Man könnte vermutlich noch andere wirtschaftliche Dimensionen finden, für die die
Wahlfreiheit wichtig ist, aber es dürfte doch deutlich geworden sein, welch engen
Zusammenhang (ich stelle hier jedoch keine Ursache-Wirkung-Relation her) der Begriff
Wahlfreiheit für die beiden Systeme Wirtschaft und Demokratie herstellt.
 Meine zweite These baut auf diesem Gedanken auf:




2. Das Ausmaß der Chancengleichheit von Frauen und Männern ist der Prüfstein
für die Qualität jeder Demokratie, weil es zeigt, ob das Prinzip der Wahlfreiheit
sowohl für die weibliche als auch für die männliche Bevölkerung in einem Land
erreicht wurde.


Die Begriffe Gleichstellung und Emanzipation haben in der Vergangenheit möglicherweise
gerade unter Männern den wesentlichen gewünschten politischen Effekt nicht so gut dargestellt
wie der Begriff Geschlechterdemokratie:
  Es geht auch im Rahmen der Gender Politik - und im Rahmen der Gender Mainstreaming
Strategien - im Wesentlichen um um die konsequente Umsetzung des demokratischen Prinzips
der Wahlfreiheit: Sie muss für Frauen und für Männer in gleichem Ausmaß in Bezug auf alle
gesellschaftlichen Ressourcen gelten: für Arbeit, Einkommen, Bildung, Wohnungen, Sicherheit
usw. Und natürlich muss Männern z.B. die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familienarbeit
erleichtert werden, dort wo sie noch nicht möglich ist.
  So lange also Frauen nicht die gleiche Wahlfreiheit wie Männer beim Zugang zu diesen
gesellschaftlichen Bereichen haben (und auch der Zugang zu beruflich höheren Positionen ist ein
solcher quot;gesellschaftlicher Bereichquot;), ist das Ideal der Demokratie nur ungenügend
umgesetzt.
  Die Verwendung des Begriffes Geschlechterdemokratie kann speziell in der Kommunikation
mit männlichen Politikern (die sich nicht selten als glühende Demokraten darstellen, jedoch
zur Durchsetzung der demokratischen Wahlfreiheit für Frauen in den vordergründig quot;nicht
politischenquot; gesellschaftlichen Bereichen wenig beizutragen bereit sind) eingesetzt werden, um
die Zusammenhänge zwischen Demokratie und Chancengleichheit in Erinnerung zu rufen.
3. Länder mit höherer Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern sind
deshalb wirtschaftlich erfolgreicher, weil sie das Prinzip der Wahlfreiheit auch auf
die Akteurinnen und Akteure des Wirtschaftslebens anwenden: als
MitarbeiterInnen, KonsumentInnen, UnternehmerInnen und InvestorInnen


Gibt es also einen kausalen Zusammenhang zwischen einem hohen Lebensstandard und einer
erfolgreichen Gleichstellungspolitik - und welches der zwei ist Ursache, welches Wirkung?
  Meine These verneint zunächst beides: Weder führt eine gute Wirtschaft automatisch zu einer
Politik, die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern ermöglicht, noch führt eine
erfolgreiche Gender Mainstraming Strategie automatisch zum wirtschaftlichen Aufstieg eines
Landes.
  Es geht um die dritte Variable: die Wahlfreiheit als gesellschaftliches Paradigma. Dieses
kann meines Erachtens als Ursache für die beiden anderen statistischen Größen in einem Staat
angesehen werden: den Wohlstand und das Ausmaß der Gleichberechtigung von Männern und
Frauen.
  Wenn der Wert der Wahlfreiheit also Teil des Common Sense in einem Land geworden ist,
bedingt er damit die zwei anderen Themenbereiche, die hier diskutiert wurden:
    •    die Wirtschaft bekommt jene transparenten Rahmenbedingungen, die Basis für ein
         Wachstum und damit einen hohen Lebensstandard sind und
    •    die Geschlechterdemokratie wird laufend perfektioniert, weil sowohl Frauen als auch
         Männern die Möglichkeit gegeben wird, am Wirtschaftsleben aktiv teilzunehmen (ihre
         Ressourcen einzubringen und zu konsumieren).
Führt also Gleichberechtigung zum Wohlstand?
 Nicht direkt, aber indirekt: Über EntscheidungsträgerInnen, die die Wichtigkeit der
Wahlfreiheit in all ihren Dimensionen verstanden haben.




-------------------------------------

1) Human Development Index: http://hdr.undp.org/en/statistics/

2) Gender Empowerment Measure: http://hdrstats.undp.org/indicators/279.html

SUNDE, Uwe: quot;Wirtschaftliche Entwicklung und Demokratie: Ist Demokratie ein
Wohlstandsmotor oder ein Wohlstandsprodukt?quot;, IZA Discussion Papers No. 2244, 2006 -
http://ftp.iza.org/dp2244.pdf

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  • 1. Beiträge zur Feministischen Ökonomie Warum Gleichberechtigung indirekt zu Wohlstand führt Drei Thesen zum Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Geschlechterdemokratie von Peter F. Jedlicka Es gibt einen interessanten Zusammenhang in den internationalen Statistiken, die die Vereinten Nationen (UNDP) jährlich über den Entwicklungsgrad aller Länder der Welt erstellt, der in der Gender-Diskussion vielleicht noch zu wenig beachtet wurde, nämlich: Jene Länder, die den höchsten Lebensstandard haben (den höchsten quot;Human Development Indexquot; 1) sind fast durchwegs auch die Staaten, die die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern am besten umgesetzt haben (die höchsten Werte bei der quot;Gender Empowerment Measurequot; 2 haben): Unter den Toppositionen in beiden Kategorien finden sich 2007/2008 (wie bereits in den Jahren davor) Island, Norwegen, Australien, Kanada, Schweden, Finnland, die Niederlande, Belgien und Dänemark. Diese Länder sind also weltweit sowohl die wohlhabendsten als auch jene mit der erfolgreichsten Gleichstellungspolitik. Grund genug, diesen Zusammenhang auf seine Kausalität zu untersuchen: Führt eine gute Wirtschaftslage automatisch zu Gleichberechtigung - oder führt Gleichberechtigung zu Wirtschaftswachstum? Oder gibt es gar keinen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen diesen zwei Statistiken - bestimmt ein anderer Faktor die statistische Ähnlichkeit? Ich möchte dazu eine dritte Kategorie in meine Überlegungen einbeziehen, den Demokratiebegriff, auch deshalb, weil in der jüngsten Gender Diskussion im deutschen Sprachraum dem Begriff Geschlechterdemokratie eine immer höhere Bedeutung zukommt. 1. Wirtschaft gedeiht in Demokratien deshalb am besten, weil das Prinzip der Wahlfreiheit sowohl für die Wirtschaft als auch für Demokratien essentiell ist. Gleich vorweg: es gibt bereits Publikationen, die sowohl eine kausale Relation zwischen Demokratie und Wirtschaftswachstum (quot;Demokratie führt zu Wirtschaftswachstumquot;) als auch umgekehrt (quot;Durch Wirtschaftsförderung unterstützt man in armen Ländern die Entwicklung der Demokratiequot;) nicht bestätigen (eine gute Zusammenfassung liefert SUNDE 2006). Diese Publikationen untersuchen jedoch meist Entwicklungen in Ländern mit bisher geringem Lebensstandard, um Handlungsempfehlungen für die internationale Politik geben zu können. Meine Argumentationslinie bezieht sich nicht auf Entwicklungen, sondern auf den Status Quo in den Ländern des oben genannten Rankings, in denen die Wirtschaft offensichtlich gut funktioniert, und die offensichtlich Staaten mit sehr gut verankertem Demokratieverständnis sind.
  • 2. Sowohl für die Wirtschaft, als auch für Demokratien ist der Begriff Wahlfreiheit essentiell: Demokratie bedeutet ja, dass die Bevölkerung die Wahlfreiheit zwischen mehreren Parteien hat - und im Vorfeld von politischen Wahlen z.B. auch die Wahlfreiheit unter den Medien, in denen sie sich über diese Parteien informieren kann. Auch für eine lebendige Wirtschaft ist die Wahlfreiheit Voraussetzung: Wirtschaft funktioniert vor allem dann, wenn: • Unternehmen die Freiheit haben, ihren Standort zu wählen, ihre Unternehmensform, die jeweils passendsten MitarbeiterInnen, die geeignetsten Zulieferfirmen, die geeignetste Finanzierungsform, etc., ... • KonsumentInnen die Freiheit haben, Produkte aus einer größeren Produktpalette auszuwählen • Einzelperson als Arbeitskraft die Freiheit haben, aus mehreren Jobangeboten auswählen zu können - oder die Freiheit hat, eine eigene Geschäftsidee umzusetzen Man könnte vermutlich noch andere wirtschaftliche Dimensionen finden, für die die Wahlfreiheit wichtig ist, aber es dürfte doch deutlich geworden sein, welch engen Zusammenhang (ich stelle hier jedoch keine Ursache-Wirkung-Relation her) der Begriff Wahlfreiheit für die beiden Systeme Wirtschaft und Demokratie herstellt. Meine zweite These baut auf diesem Gedanken auf: 2. Das Ausmaß der Chancengleichheit von Frauen und Männern ist der Prüfstein für die Qualität jeder Demokratie, weil es zeigt, ob das Prinzip der Wahlfreiheit sowohl für die weibliche als auch für die männliche Bevölkerung in einem Land erreicht wurde. Die Begriffe Gleichstellung und Emanzipation haben in der Vergangenheit möglicherweise gerade unter Männern den wesentlichen gewünschten politischen Effekt nicht so gut dargestellt wie der Begriff Geschlechterdemokratie: Es geht auch im Rahmen der Gender Politik - und im Rahmen der Gender Mainstreaming Strategien - im Wesentlichen um um die konsequente Umsetzung des demokratischen Prinzips der Wahlfreiheit: Sie muss für Frauen und für Männer in gleichem Ausmaß in Bezug auf alle gesellschaftlichen Ressourcen gelten: für Arbeit, Einkommen, Bildung, Wohnungen, Sicherheit usw. Und natürlich muss Männern z.B. die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familienarbeit erleichtert werden, dort wo sie noch nicht möglich ist. So lange also Frauen nicht die gleiche Wahlfreiheit wie Männer beim Zugang zu diesen gesellschaftlichen Bereichen haben (und auch der Zugang zu beruflich höheren Positionen ist ein solcher quot;gesellschaftlicher Bereichquot;), ist das Ideal der Demokratie nur ungenügend umgesetzt. Die Verwendung des Begriffes Geschlechterdemokratie kann speziell in der Kommunikation mit männlichen Politikern (die sich nicht selten als glühende Demokraten darstellen, jedoch zur Durchsetzung der demokratischen Wahlfreiheit für Frauen in den vordergründig quot;nicht politischenquot; gesellschaftlichen Bereichen wenig beizutragen bereit sind) eingesetzt werden, um die Zusammenhänge zwischen Demokratie und Chancengleichheit in Erinnerung zu rufen.
  • 3. 3. Länder mit höherer Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern sind deshalb wirtschaftlich erfolgreicher, weil sie das Prinzip der Wahlfreiheit auch auf die Akteurinnen und Akteure des Wirtschaftslebens anwenden: als MitarbeiterInnen, KonsumentInnen, UnternehmerInnen und InvestorInnen Gibt es also einen kausalen Zusammenhang zwischen einem hohen Lebensstandard und einer erfolgreichen Gleichstellungspolitik - und welches der zwei ist Ursache, welches Wirkung? Meine These verneint zunächst beides: Weder führt eine gute Wirtschaft automatisch zu einer Politik, die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern ermöglicht, noch führt eine erfolgreiche Gender Mainstraming Strategie automatisch zum wirtschaftlichen Aufstieg eines Landes. Es geht um die dritte Variable: die Wahlfreiheit als gesellschaftliches Paradigma. Dieses kann meines Erachtens als Ursache für die beiden anderen statistischen Größen in einem Staat angesehen werden: den Wohlstand und das Ausmaß der Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Wenn der Wert der Wahlfreiheit also Teil des Common Sense in einem Land geworden ist, bedingt er damit die zwei anderen Themenbereiche, die hier diskutiert wurden: • die Wirtschaft bekommt jene transparenten Rahmenbedingungen, die Basis für ein Wachstum und damit einen hohen Lebensstandard sind und • die Geschlechterdemokratie wird laufend perfektioniert, weil sowohl Frauen als auch Männern die Möglichkeit gegeben wird, am Wirtschaftsleben aktiv teilzunehmen (ihre Ressourcen einzubringen und zu konsumieren). Führt also Gleichberechtigung zum Wohlstand? Nicht direkt, aber indirekt: Über EntscheidungsträgerInnen, die die Wichtigkeit der Wahlfreiheit in all ihren Dimensionen verstanden haben. ------------------------------------- 1) Human Development Index: http://hdr.undp.org/en/statistics/ 2) Gender Empowerment Measure: http://hdrstats.undp.org/indicators/279.html SUNDE, Uwe: quot;Wirtschaftliche Entwicklung und Demokratie: Ist Demokratie ein Wohlstandsmotor oder ein Wohlstandsprodukt?quot;, IZA Discussion Papers No. 2244, 2006 - http://ftp.iza.org/dp2244.pdf