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Mittwoch, 7. Oktober 2015
Digitalisierung: Keine Zeit für Schlafmützen!
Ein Plädoyer für die stärkere Integration von IT und Fachbereich
Geschrieben von Matthias Hanitsch, Leader’s Mind
Photo: Matthias Hanitsch
Wer glaubt, Digitalisierung sei alter Wein in neuen Schläuchen, der irrt. Betrafen wichtige
Innovationen in der Vergangenheit oft nur einzelne Marktsegmente, so ist Digitalisierung heute ein
Massenphänomen mit dem Potenzial, alle Branchen und Märkte zu revolutionieren. Integriertes
Denken und Handeln sind wesentliche Voraussetzungen, um in der digitalen Welt zu bestehen.
Doch die Realität in deutschen Unternehmen sieht meist ganz anders aus.
Was ist eigentlich Digitalisierung?
Der Wikipedia-Eintrag zu „Digitalisierung“ ist deutlich umfangreicher als der zu „Kernspaltung“, die
Bundesregierung benötigt sogar 32 Seiten Text zur Deutung. Offensichtlich ein komplexes Thema.
Damit wir nicht aneinander vorbeireden, vorab der Versuch einer etwas kürzeren Erklärung:
Digitalisierung beschreibt die Veränderung von Prozessen, Medien, Kommunikationsformen,
Geschäftsmodellen und der Gesellschaft durch die zunehmende Verbreitung und Nutzung digitaler
Technologien. Kurz gesagt: Weil jetzt alle ein Smartphone haben und damit Fotos schießen, ging
Kodak den Bach runter. Oder: Weil so viele Teenies Musik aus der Cloud im Abo hören, muss Justin
Bieber ständig auf Tournee gehen, um richtig Geld zu verdienen.
Markteintrittshürden waren noch nie so niedrig
Dass Unternehmen sich veränderten Rahmenbedingungen anpassen müssen, ist ja grundsätzlich
nichts Neues: Die Automobilindustrie hat Pferdefuhrwerke verdrängt und mit dem Aufkommen der
ersten elektrischen Kühlschränke hatten die Produzenten von Eisblöcken eine schwere Zeit. Die
Digitalisierung zeichnet sich jedoch durch mindestens drei Besonderheiten aus:
1. Digitale Technologien sind universell einsetzbare, für alle Branchen nutzbare Werkzeuge.
2. Die Verbreitung dieser Technologien geschieht rasend schnell.
3. Die neuen Technologien sind für jedermann erschwinglich und nutzbar.
Ergo: Markteintrittshürden waren noch nie so niedrig wie heute. Neue Player verändern in
Rekordzeit und mit überschaubarem Budget tradierte Geschäftsmodelle. Uber, Airbnb, Paypal,
2
Napster, Kickstarter, Whatsapp, Tesla, usw. – junge Unternehmen revolutionieren Branchen und
verdrängen langjährige Platzhirschen. Von den Big 3, Google, Apple und Amazon, ganz zu schweigen.
Neue Lover hat das Land
Das Verhältnis zwischen Kunde und Unternehmen ist wie eine etwas angestaubte Liebesbeziehung:
Man hat sich arrangiert. Nur, sobald der gut aussehende Italiener im Sommerurlaub der eigenen
Freundin mit Prosecco und exotischen Blumen schöne Augen macht, werden die Karten neu
gemischt. Einst sicher geglaubte Territorien müssen wieder erobert werden. Als Kunden gewöhnen
wir uns schnell an bisher nicht gekannte Annehmlichkeiten – und setzen sie zukünftig als Standard
voraus. Wer da nicht mithalten kann und neue Trends verschläft, läuft Gefahr, in der Versenkung zu
verschwinden. Siehe Kodak & Co.
Die Grenzen der Marktführer
Unternehmen, die auch zukünftig die Nase vorne haben wollen, benötigen tiefes Kundenverständnis,
hohe Technologiekompetenz, Visionskraft und Schnelligkeit. Idealerweise in Kombination. Und da
stoßen die heutigen Marktführer, in der Regel große Unternehmen, an ihre Grenzen.
Wer den Alltag in deutschen Konzernen kennt, weiß, dass IT, Marketing und Vertrieb meist klar
voneinander abgegrenzte Bereiche sind, die gerne auch in verschiedenen Vorstandsressorts liegen.
Die tägliche Arbeit wird oft durch endlose Abstimmungsorgien, fehlendes Verständnis und unklare
Verantwortlichkeiten geprägt. Denkbar schlechte Rahmenbedingungen für das digitale
Wettbewerbsumfeld, in dem die enge Verzahnung von Geschäftsstrategie und Technologie
erfolgskritisch ist. Und das auch nur, wenn dabei mit großer Geschwindigkeit vorgegangen wird.
Der Vertriebsexperte, der keinen Schimmer von den Möglichkeiten und Zwängen der IT hat, ist ein
Relikt aus den 2000er Jahren. Genauso wie der IT-Architekt, für den der Business Case eine
irrelevante Größe ist. Und wenn ein solches Rollenverständnis per Aufbauorganisation zementiert ist,
liegen die Hürden für eine Neuausrichtung sehr hoch.
Start-ups als Vorbild
Der nachhaltige, geschäftliche Erfolg von Start-ups ist, wie allgemein bekannt, die große Ausnahme.
Dabei wird jedoch schnell übersehen, dass viele junge Unternehmen zumindest in Bezug auf
integriertes Vorgehen und Schnelligkeit Benchmarks setzen. Dafür sind unter anderem die folgenden
Faktoren ursächlich:
1. Alle Mitarbeiter teilen die gleichen, ambitionierten Ziele und Visionen.
2. Arbeitsqualität und persönlicher Einsatz haben einen unmittelbaren Bezug zum erwarteten
geschäftlichen Erfolg (und damit zur eigenen Entlohnung).
3. Die Teams arbeiten interdisziplinär.
4. Zeit und Geld sind allgemein anerkannte Mangelware.
5. Entscheidungen werden schnell getroffen.
6. Die Kultur ist teamorientiert und unpolitisch.
Aller Anfang ist leicht
An diesen Prinzipien sollten sich auch etablierte Unternehmen orientieren, wenn sie die digitale
Transformation ernst nehmen. Nun lässt sich ein Großkonzern vielleicht nicht von heute auf morgen
komplett umkrempeln, es gibt jedoch einfache Initiativen, mit denen die ersten Schritte auf diesem
Weg gegangen werden können. Dazu gehören beispielsweise interdisziplinäre Projektteams (über
den gesamten (!) Projektlebenszyklus), gemeinschaftliche Verantwortlichkeiten, übergreifende Think
Tanks, wettbewerbsorientierte Innovationsteams, alternative Kommunikationswege und neue Ziel-
und Incentivestrukturen.
3
Falls Ihnen die Ideen ausgehen - jetzt kommt ein wenig Werbung in eigener Sache: Ich unterstütze
gerne beim Brainstorming. Und allem, was danach zu tun ist.
Über den Autor
Als Coach und Sparringspartner begleitet Matthias Hanitsch Führungskräfte und bringt kritische
Projekte wieder auf Kurs. In über 20 Jahren hat er als Partner und Vice President in renommierten
Beratungshäusern Projekte mit hohen Millionenbudgets geleitet, Manager in Linienpositionen der
Top-Führungsebene unterstützt und erfolgreich große Abteilungen geführt. Zu seinen Klienten
gehörten Unternehmen wie BMW, Daimler, Siemens, Gillette, SAP, BASF und die Deutsche Telekom.
Leader’s Mind
Matthias Hanitsch | Antonienstraße 3 | 80802 München
hanitsch@leadersmind.de | +49 (0) 157 5297 2227 | www.leadersmind.de
Das Original dieses Artikels finden sie unter
http://www.leadersmind.de/blog/item/68-digitalisierung.

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Digitalisierung - Keine Zeit für Schlafmützen

  • 1. 1 Mittwoch, 7. Oktober 2015 Digitalisierung: Keine Zeit für Schlafmützen! Ein Plädoyer für die stärkere Integration von IT und Fachbereich Geschrieben von Matthias Hanitsch, Leader’s Mind Photo: Matthias Hanitsch Wer glaubt, Digitalisierung sei alter Wein in neuen Schläuchen, der irrt. Betrafen wichtige Innovationen in der Vergangenheit oft nur einzelne Marktsegmente, so ist Digitalisierung heute ein Massenphänomen mit dem Potenzial, alle Branchen und Märkte zu revolutionieren. Integriertes Denken und Handeln sind wesentliche Voraussetzungen, um in der digitalen Welt zu bestehen. Doch die Realität in deutschen Unternehmen sieht meist ganz anders aus. Was ist eigentlich Digitalisierung? Der Wikipedia-Eintrag zu „Digitalisierung“ ist deutlich umfangreicher als der zu „Kernspaltung“, die Bundesregierung benötigt sogar 32 Seiten Text zur Deutung. Offensichtlich ein komplexes Thema. Damit wir nicht aneinander vorbeireden, vorab der Versuch einer etwas kürzeren Erklärung: Digitalisierung beschreibt die Veränderung von Prozessen, Medien, Kommunikationsformen, Geschäftsmodellen und der Gesellschaft durch die zunehmende Verbreitung und Nutzung digitaler Technologien. Kurz gesagt: Weil jetzt alle ein Smartphone haben und damit Fotos schießen, ging Kodak den Bach runter. Oder: Weil so viele Teenies Musik aus der Cloud im Abo hören, muss Justin Bieber ständig auf Tournee gehen, um richtig Geld zu verdienen. Markteintrittshürden waren noch nie so niedrig Dass Unternehmen sich veränderten Rahmenbedingungen anpassen müssen, ist ja grundsätzlich nichts Neues: Die Automobilindustrie hat Pferdefuhrwerke verdrängt und mit dem Aufkommen der ersten elektrischen Kühlschränke hatten die Produzenten von Eisblöcken eine schwere Zeit. Die Digitalisierung zeichnet sich jedoch durch mindestens drei Besonderheiten aus: 1. Digitale Technologien sind universell einsetzbare, für alle Branchen nutzbare Werkzeuge. 2. Die Verbreitung dieser Technologien geschieht rasend schnell. 3. Die neuen Technologien sind für jedermann erschwinglich und nutzbar. Ergo: Markteintrittshürden waren noch nie so niedrig wie heute. Neue Player verändern in Rekordzeit und mit überschaubarem Budget tradierte Geschäftsmodelle. Uber, Airbnb, Paypal,
  • 2. 2 Napster, Kickstarter, Whatsapp, Tesla, usw. – junge Unternehmen revolutionieren Branchen und verdrängen langjährige Platzhirschen. Von den Big 3, Google, Apple und Amazon, ganz zu schweigen. Neue Lover hat das Land Das Verhältnis zwischen Kunde und Unternehmen ist wie eine etwas angestaubte Liebesbeziehung: Man hat sich arrangiert. Nur, sobald der gut aussehende Italiener im Sommerurlaub der eigenen Freundin mit Prosecco und exotischen Blumen schöne Augen macht, werden die Karten neu gemischt. Einst sicher geglaubte Territorien müssen wieder erobert werden. Als Kunden gewöhnen wir uns schnell an bisher nicht gekannte Annehmlichkeiten – und setzen sie zukünftig als Standard voraus. Wer da nicht mithalten kann und neue Trends verschläft, läuft Gefahr, in der Versenkung zu verschwinden. Siehe Kodak & Co. Die Grenzen der Marktführer Unternehmen, die auch zukünftig die Nase vorne haben wollen, benötigen tiefes Kundenverständnis, hohe Technologiekompetenz, Visionskraft und Schnelligkeit. Idealerweise in Kombination. Und da stoßen die heutigen Marktführer, in der Regel große Unternehmen, an ihre Grenzen. Wer den Alltag in deutschen Konzernen kennt, weiß, dass IT, Marketing und Vertrieb meist klar voneinander abgegrenzte Bereiche sind, die gerne auch in verschiedenen Vorstandsressorts liegen. Die tägliche Arbeit wird oft durch endlose Abstimmungsorgien, fehlendes Verständnis und unklare Verantwortlichkeiten geprägt. Denkbar schlechte Rahmenbedingungen für das digitale Wettbewerbsumfeld, in dem die enge Verzahnung von Geschäftsstrategie und Technologie erfolgskritisch ist. Und das auch nur, wenn dabei mit großer Geschwindigkeit vorgegangen wird. Der Vertriebsexperte, der keinen Schimmer von den Möglichkeiten und Zwängen der IT hat, ist ein Relikt aus den 2000er Jahren. Genauso wie der IT-Architekt, für den der Business Case eine irrelevante Größe ist. Und wenn ein solches Rollenverständnis per Aufbauorganisation zementiert ist, liegen die Hürden für eine Neuausrichtung sehr hoch. Start-ups als Vorbild Der nachhaltige, geschäftliche Erfolg von Start-ups ist, wie allgemein bekannt, die große Ausnahme. Dabei wird jedoch schnell übersehen, dass viele junge Unternehmen zumindest in Bezug auf integriertes Vorgehen und Schnelligkeit Benchmarks setzen. Dafür sind unter anderem die folgenden Faktoren ursächlich: 1. Alle Mitarbeiter teilen die gleichen, ambitionierten Ziele und Visionen. 2. Arbeitsqualität und persönlicher Einsatz haben einen unmittelbaren Bezug zum erwarteten geschäftlichen Erfolg (und damit zur eigenen Entlohnung). 3. Die Teams arbeiten interdisziplinär. 4. Zeit und Geld sind allgemein anerkannte Mangelware. 5. Entscheidungen werden schnell getroffen. 6. Die Kultur ist teamorientiert und unpolitisch. Aller Anfang ist leicht An diesen Prinzipien sollten sich auch etablierte Unternehmen orientieren, wenn sie die digitale Transformation ernst nehmen. Nun lässt sich ein Großkonzern vielleicht nicht von heute auf morgen komplett umkrempeln, es gibt jedoch einfache Initiativen, mit denen die ersten Schritte auf diesem Weg gegangen werden können. Dazu gehören beispielsweise interdisziplinäre Projektteams (über den gesamten (!) Projektlebenszyklus), gemeinschaftliche Verantwortlichkeiten, übergreifende Think Tanks, wettbewerbsorientierte Innovationsteams, alternative Kommunikationswege und neue Ziel- und Incentivestrukturen.
  • 3. 3 Falls Ihnen die Ideen ausgehen - jetzt kommt ein wenig Werbung in eigener Sache: Ich unterstütze gerne beim Brainstorming. Und allem, was danach zu tun ist. Über den Autor Als Coach und Sparringspartner begleitet Matthias Hanitsch Führungskräfte und bringt kritische Projekte wieder auf Kurs. In über 20 Jahren hat er als Partner und Vice President in renommierten Beratungshäusern Projekte mit hohen Millionenbudgets geleitet, Manager in Linienpositionen der Top-Führungsebene unterstützt und erfolgreich große Abteilungen geführt. Zu seinen Klienten gehörten Unternehmen wie BMW, Daimler, Siemens, Gillette, SAP, BASF und die Deutsche Telekom. Leader’s Mind Matthias Hanitsch | Antonienstraße 3 | 80802 München hanitsch@leadersmind.de | +49 (0) 157 5297 2227 | www.leadersmind.de Das Original dieses Artikels finden sie unter http://www.leadersmind.de/blog/item/68-digitalisierung.