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Interdisziplinärer Universitätslehrgang für Höhere
Lateinamerika-Studien
Chuquicamata und Pascua Lama
Zwei Fallbeispiele zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
des Bergbaus in Chile
Wintersemester 2012/2013 Modul Politik: Politische und gesellschaftliche
Transformationsprozesse in Lateinamerika: Erfolge, Grenzen, Möglichkeiten
Fachseminar 1: Sozialökologische Transformationsprozesse im Spannungsfeld zwischen
Demokratie, Verteilung und Extraktivismus
Leiterin: Bettina Köhler
Von
María Gabriela Altamirano Tinajero
Harald Klöckl
Wir erklären ausdrücklich, dass es sich bei dieser von uns eingereichten schriftlicher Arbeit
um eine von uns selbst und ohne unerlaubte Beihilfe sowie in eigenen Worten verfasste
Originalarbeit handelt.
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung ............................................................................................................................... 2
2. Gesetzliche Lage in Chile ...................................................................................................... 2
2.1 Wirtschaftliche Bedeutung und Auswirkungen des Bergbaus in Chile ........................... 3
2.2. Auswirkungen des Bergbaus auf Armut und Einkommensverteilung............................ 5
2.2.1. Antofagasta: Arbeitsmarkt und Einkommen............................................................ 6
2.2.2. Atacama: Arbeitsmarkt und Einkommen................................................................. 7
3. Die Bergbau-Projekte: Chuquicamata und Pascua-Lama...................................................... 7
3.1 Leben, Wirtschaft und Entwicklung der Bevölkerung..................................................... 9
3.1.1 Chuquicamata............................................................................................................ 9
3.1.2 Pascua Lama............................................................................................................ 10
3.2 Negativen Auswirkungen dieser Projekte...................................................................... 13
3.2.1 Chuquicamata.......................................................................................................... 13
3.2.2 Pascua-Lama ........................................................................................................... 13
4. Analyse und Diskussion....................................................................................................... 16
4.1 Unterschiede und Ähnlichkeiten der Projekte auf Basis theoretischer Überlegungen... 16
5. Schlusswort .......................................................................................................................... 19
Literatur.................................................................................................................................... 21
1
1. Einleitung
Chile gilt zum einen als Musterland des Neoliberalismus in Lateinamerika und als eine
volkswirtschaftliche Erfolgsgeschichte und ist zum anderen wohl auch jenes Land, das den
Bergbau auf industrieller Basis schon am längsten und am intensivsten am Kontinent betreibt.
In dieser Arbeit versuchen die Autoren mit dem Vergleich zweier unterschiedlicher Bergbau-
Projekte Chiles die Zusammenhänge und Korrelationen dieser Prämissen auf nationaler und
lokaler Ebene darzustellen, sowohl in wirtschaftlicher als auch in soziologischer und
ökologischer Hinsicht. Weiters wird versucht zu beantworten, ob die Politik des
Extraktivismus in Chile einer Transition oder Transformation unterliegt oder unterlag und
welche Rolle soziale Bewegungen bei den beiden Projekten spielten oder spielen. Ein
kritischer Vergleich mit den neo-extraktivistischen Praktiken und Realitäten in den Ländern
Lateinamerikas mit sogenannten progressiven Regierungen hätte den Rahmen dieser Arbeit
leider bei weitem gesprengt.
Die Autoren haben aber neben der angeführten wissenschaftlichen Literatur auf Basis der
Inhalte der Ringvorlesung „Politik“ im Master of Latin American Studies an der Universität
Wien im Wintersemester 2012/2013 und der theoretischen Grundlagen dafür, auch weitere
Quellen einbezogen, etwa Zeitungsartikel und Statistiken der chilenischen Behörden.
Nach einem kurzen Abriss über die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bergbaus folgt das
Kapitel zur wirtschaftlichen Bedeutung des Bergbaus für Chile, inklusive der sozialen
Auswirkungen auf möglichst lokaler Ebene, soweit eben aktuelle Daten verfügbar waren,
sowie die Beschreibung der beiden Orte des Geschehens, Chuquicamata und Pascua-Lama.
Aufgrund dieser Fakten erfolgt eine Analyse in Kapitel 4.
2. Gesetzliche Lage in Chile
In Chile sind seit 1971 sämtliche Minen im Besitz des Staates. Dies wurde auch nach dem
Pinochet-Putsch von 1973 so beibehalten, obwohl diese Verstaatlichung als ein Grund für den
US-geführten Putsch galt. Eine Ursache dafür ist, dass eine Privatisierung der Minen in der
Bevölkerung nicht durchsetzbar wäre und weil die staatliche Codelco einen großen,
unverzichtbaren Beitrag zu Chiles Budget liefert. Sie liefert Einkommenssteuer und
Dividenden sowie eine Exportsteuer von 10 Prozent des Werts der exportierten
Kupferprodukte, die jeweils zur Gänze an den Staat gehen.
In den 1990er Jahren setzten die führenden Bergbau-Länder Gesetze in Kraft, die Verstöße
gegen Umweltnormen sanktionieren und Umweltschäden verhindern sollen, so auch in Chile.
2
Vor 2005 gab es in Chile keinerlei Royalties (Konzessionsgebühren) auf die Extraktion von
nicht-erneuerbaren Ressourcen. Seit 2006 (Ley Minera 20.026) gibt es seine spezielle Steuer
bei Bergbau-Aktivitäten, die von der Fördermenge abhängt: unter 12.000 Tonnen
Jahresförderung fällt zum Beispiel keine Steuer an. Für den Abbau werden Konzessionen an
staatliche wie private Firmen vergeben. Jede natürliche und juristische Person kann sich um
eine Abbau-Konzession bewerben. Es gibt nun auch Umweltverträglichkeitsprüfungen, die
auch zur Ablehnung von Projekten führen könnten. Bergbaufirmen, die schon jahrelang in
Chile tätig waren, wurden mit dem Ley Minera 2006 aber gegenüber neuen Firmen meist
steuerlich benachteiligt, neue Investoren fanden beste Bedingungen vor, was zu einer
Vervielfachung der Explotation führte. Die privaten Minen (im Vergleich zur staatlichen
Codelco) lieferten zudem zum Beispiel schon zwischen 1999 und 2003 zwei Drittel des
gesamten Kupfers, lieferten aber nur ein Drittel der Steuern, die aus dem Kupferbergbau
kamen.
In der Realität und in der Summe der Regelungen haben ausländische Firmen jetzt sehr lange
steuerfreie Perioden, denn die Absetzmöglichkeiten sind sehr weit gefasst. Der Staat
subventioniert daher mit dieser und anderen Massnahmen insbesondere seit dem Jahr 2006
vor allem den privaten Bergbau großzügig. Eine Transformation der extraktivistischen Politik
oder der sonstigen Rahmenbedingungen ist in den letzten Jahrzehnten trotz der wechselnden
politischen Ausrichtung der Regierungen und der jüngsten legislativen Reformen im Bergbau
nicht erkennbar. Der Großteil der heute gültigen Gesetze, die den Bergbau betreffen, wurden
in den 1980er Jahren vom damaligen Arbeits- und dann Bergbau-Minister José Piñera
Echenique gestaltet, unter der Präsidentschaft von Augusto Pinochet. José Piñera ist ein
Bruder des heutigen Präsidenten Sebastián Piñera.
2.1 Wirtschaftliche Bedeutung und Auswirkungen des Bergbaus in
Chile
„El cobre es el sueldo de Chile“, das sagte Chiles Präsident Salvador Allende am 27. Oktober
1971 bei einer Diskussion im Teatro Sindical von Chuquicamata. Damals kamen 83 Prozent
der Exporterlöse aus dem Kupferbergbau, ein Viertel des Staatsbudgets wurde vom Kupfer
finanziert. Heute ist die Abhängigkeit vom Rohstoffabbau weit geringer, jedoch mit in
jüngster Zeit wieder stark steigender Tendenz. Allein die Kupferproduktion hat sich von 1990
von 360 Millionen Tonnen auf 3,91 Millionen Tonnen im Jahr 2010 verelffacht.
Das Wirtschaftswachstum Chiles beträgt seit 2003 konstant rund 4 Prozent oder mehr im Jahr.
Das Bruttoinlandsprodukt (GDP pro Kopf) lag laut Weltbank im Jahr 2011 bei 17.310 US-
Dollar, 2007 waren es 15.320 Dollar, 2003 10.095 Dollar und im Jahr 1998 8.812 Dollar.
3
Laut der Zeitschrift Mining Weekly von 11. Oktober 2012, die sich auf Zahlen der CEPAL
beruft, stieg der Anteil von Bergbau in Chiles Bruttoinlandsprodukt zwischen 2001 und 2011
von 5,2 Prozent auf 15,2 Prozent. Rund 80 bis 90 Prozent davon kommen aus dem
Kupferbergbau. Eine sprunghafte Entwicklung, wie sie in allen extraktivistischen Ökonomien
Lateinamerikas im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends zu beobachten ist. So stieg etwa laut
derselben Quelle Boliviens Bergbau-Anteil am BIP im selben Zeitraum von 6,3 auf 15,5
Prozent, und der Bergbau-Anteil am BIP von Venezuela belief sich im Jahr 2010 auf 27
Prozent, so viel wie nirgendwo sonst in Lateinamerika.
Zumindest in Chile dürfte die Entwicklung so weitergehen, denn das Land war etwa 2011
jenes mit den höchsten Investitionen (2,88 Milliarden US-Dollar) in Bergbau in
Lateinamerika und jenes mit den zweithöchsten weltweit, hinter Kanada. Allein die staatliche
Codelco will fünf weitere neue Bergbau-Projekte entwickeln: Für den Untertag-Bergbau der
Codelco-Kupfermine in Chuquicamata sind 418 Mio. Dollar an Investitionen vorgesehen. Bis
2020 will Codelco in Chuquicamata jährlich 2,1 Mio. Tonnen Kupfer abbauen und dann
16.200 Personen beschäftigen (2011 waren es knapp über 6.000). Insgesamt könnte Chile
dann pro Jahr 9 Millionen Tonnen Kupfer fördern.
Das Land verfügt über Reserven von 190 Millionen Tonnen Kupfer, 28 Prozent des Welt-
Kupfervorkommens. 89,5 Prozent des abgebauten Kupfers werden exportiert, dieser
Kupferexport ist somit für ein Drittel des Außenhandels verantwortlich (diese Quote lag
historisch aber bereits bei über 70 Prozent). 2010 machten Bergbau-Produkte 63,5 Prozent der
Export-Güter aus, allein 56,6 Prozent dieser Güter war Kupfer. In diesem genannten Jahr
gingen 61,7 Prozent der Kupfer-Exporte nach Asien (die Hälfte, nämlich 32,6 Prozent, nach
China). Weitere wichtige Exportmärkte sind Japan, die EU27, Brasilien und die USA (4,4
Prozent)
Im Jahr 2009 waren laut Eurostat 95.476 Personen in Chile in „Mineria y Cantera“,
beschäftigt, was damals 1,5 Prozent der Beschäftigten entsprach. In einzelnen Regionen ist
Bergbau aber der wichtigste Arbeitgeber, 2009 arbeiteten in den Regionen Antofagasta und
Atacama über 10 Prozent in diesem Sektor. Laut Consejo Minero (Zahlen von 2012)
beschäftigt der Bergbausektor in Chile hingegen deutlich mehr, nämlich rund 220.000
Menschen, die im Schnitt damit 2.133 Dollar im Monat, also 25.596 Dollar im Jahr verdienen.
Große Unternehmen zahlen im Schnitt 6.150 Dollar im Monat. Das Durchschnittseinkommen
in Chile (BIP/Kopf) beträgt knapp mehr als 17.000 Dollar pro Jahr.
4
Bei den großen Minen verhandeln die Gewerkschaften in Arbeitskonflikten oft Boni für die
Arbeiter von 25.000 Dollar/Person heraus. Im Dezember zahlte Codelco seinen Arbeitern in
Chuquicamata sogar einen Bonus von 35.000 Dollar pro Person.
2.2. Auswirkungen des Bergbaus auf Armut und
Einkommensverteilung
Dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem massiv intensivierten Bergbau und der
wachsenden Wirtschaftsleistung Chiles gibt, ist anzunehmen. Ob es eine direkte Kausalität zu
den – wenn auch geringen – Fortschritten Chiles bei Beseitigung von Armut und
Ungleichheiten und bei der Einkommensverteilung et cetera gibt, bleibt im Rahmen dieser
Arbeit offen. Dennoch gibt es offenbar gewisse Korrelationen, betrachtet man die Zahlen und
Daten jener beiden Regionen, in denen die hier geschilderten Bergbauprojekte liegen.
Armut und Ungleichheit in Chile
Laut PNUD, Programa de las Naciones Unidas para el Desarrollo, wurde der Prozentsatz der
Armen (Pobres) und „sehr Armen“ (Indigentes) zwischen dem Jahr 1990 und 2011 sehr
deutlich reduziert. Demnach zählten im Land im Jahr 1990 38,4 Prozent zu den Pobres und
12,8 Prozent zu den Indigentes. 2011 beliefen sich diese Quoten auf 14,4 Prozent (Pobres)
und 2,8 Prozent (Indigentes). Die relativ größte Reduktion der Armut geschah zwischen den
Jahren 1990 und 1996. Die Entwicklung bei der Armutsreduktion ist insgesamt kontinuierlich,
einzig von 2006 auf 2009 stieg der Prozentsatz beider Gruppen (Pobres, Indigentes) jeweils
leicht an. Die Werte von 2011 sind jeweils die niedrigsten im Erhebungszeitraum 1990 bis
2011.
PNUD hat auch diverse Ungleichheits- bzw. Einkommensverteilungsindices im selben
Erhebungszeitraum angeführt, die Verbesserung ist aber weitaus geringer als bei den oben
angeführten Zahlen zur Armut. Der Gini-Index in Chile belief sich 1990 auf 0,56, die größte
Ungleichheit wird im Jahr 2000 mit 0,58 gemessen, seither sank der Index auf 0,52 im Jahr
2011.
Armut und Ungleichheit speziell in den Regionen Antofagasta und Atacama
Da es in diesem Kapitel speziell um die wirtschaftliche Auswirkungen des Bergbaus geht, ist
ein Blick auf die entsprechenden Statistiken nach Regionen, speziell jenen, in denen der
Bergbau dominiert, notwendig. Chuquicamata liegt in der Region 2 (Antofagasta), Pascua
Lama liegt in der Region 3 (Atacama). Die Studie „Estratificación social en regiones: que
oportunidades ofrecen las regiones en Chile?“ des Proyecto Desigualdades (Emmanuelle
5
Barozet et al., Dezember 2009) hat Ungleichheit, Human Development Index und vieles mehr
nach den 15 Regionen Chiles aufgeschlüsselt. Die jüngsten Angaben zum Gini-Index
stammen in dieser Studie allerdings aus dem Jahr 2006.
Bei einem landesweit durchschnittlichen Index von 0,509 weist die Region 2, Antofagasta,
den zweitbesten aller Werte in den 15 Regionen auf, nämlich 0,432. Die Region 3, Atacama,
hat einen Index von 0,445, was landesweit Rang vier in Sachen Gleichheit entspricht (zum
Vergleich: Aisén hat mit 0,423 die geringste Ungleichheit, die Region Metropolitana die
größte, 0,528).
Bei einem Vergleich des Indice de Desarrollo Humano (Human Development Index HDI) in
den Jahren 1994 bis 2003 schneiden die Bergbauregionen 2 und 3 eher im Mittelfeld ab, die
Werte entsprechen in etwa jeweils dem Landesdurchschnitt.
Bei der Dauer der formellen Bildung liegen die Regionen 2 und 3 hingegen wieder im
Spitzenfeld (jeweils über 10 Jahre Dauer der formalen Bildung), nur in der Region
Metropolitana und in der Region 15 gehen die Kinder länger zur Schule als in Antofagasta
und Atacama (Quelle: Encuesta CASEN, Módulo Educacion, 1990-2006).
Laut eigener Erhebung der Autoren des Proyecto Desigualdades belegt etwa die Region
Antofagasta jeweils einen der vier ersten Plätze (im positiven Sinn) unter den 15 Regionen bei
den folgenden Indikatoren: Gini-Koeffizient, HDI, Armut, Arbeitslosigkeit, Dauer der
Schulbildung, Wettbewerbsfähigkeit.
Die INE 2009, Encuesta Nacional de Empleo warf für die beiden Bergbauregionen jeweils
Arbeitslosenquoten unter dem Landesschnitt von 7,5 Prozent aus. In der Region Antofagasta
lag diese 2009 bei 5,2 Prozent, in Atacama bei 6,2 Prozent. Die Regionen hatten damit 2009
die viert- bzw. siebentgeringste Arbeitslosigkeit aller 15 Regionen. Die jüngsten Zahlen zu
Beschäftigung und Arbeitslosigkeit (Quellen: Boletín Informativo del Instituto Nacional de
Estadísticas, 31.1.2013 und Nueva Encuesta Suplementaria de Ingresos 2011, Instituto
Nacional de Estadisticas INE, Dezember 2012) sehen wie folgt aus:
2.2.1. Antofagasta: Arbeitsmarkt und Einkommen
-Die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,5 Prozent (1,2 Prozentpunkte weniger als im
Vergleichzeitraum) und somit unter dem Landesschnitt von 6,1 Prozent. Für die Stadt
Antofagasta wurde eine Arbeitslosigkeit von 4,9 Prozent erhoben, für die Stadt Calama 7,1
Prozent. 270.950 Personen über 15 Jahre ist die Fuerza de Trabajo der Region, zu 65,5
Prozent sind es Männer. Der Sektor „Explotacion de minas y canteras“ beschäftigt mit 59.460
Personen mit Abstand die meisten Menschen in der Region. Zweitwichtigste Erwerbsquelle
ist „Handel, Reparatur von Fahrzeugen et cetera“ mit 42.950 Beschäftigten.
- Das Durchschnittseinkommen der Beschäftigten in der Region Antofagasta beträgt per
6
Dezember 2012 520.497 chilenische Pesos (814 Euro), um 9,4 Prozent mehr als ein Jahr
zuvor. Frauen verdienten im Schnitt 367.700 (575 Euro), Männer 627.007 Pesos (980 Euro).
Zum Vergleich: Das Durchschnittseinkommen landesweit beläuft sich auf 390.365 Pesos (610
Euro) monatlich. Die Beschäftigten in der Region Antofagasta haben hinter der Region
Magallanes (619.000 Pesos) das zweithöchste Einkommen der Regionen Chiles. Im Vergleich
der Einkommen nach 17 Sektoren in der Region Antofagasta verdient man in „Mineria y
Canteras“ mit Abstand am besten (836.605 Pesos), das zweitbeste Durchschnittseinkommen
in der Region wird in der öffentlichen Verwaltung (Administracion Publica) erzielt, 559.771
Pesos.
2.2.2. Atacama: Arbeitsmarkt und Einkommen
- Die Arbeitslosigkeit liegt bei 6,1 Prozent (1 Prozentpunkt höher als im Vergleichzeitraum)
und somit genau im Landesschnitt. Für die Stadt Coplapo wurde eine Arbeitslosigkeit von 6,6
Prozent erhoben, für die Stadt Vallenar 9,8 Prozent. 135.420 Personen über 15 Jahre ist die
Fuerza de Trabajo der Region. Der Sektor „Explotacion de minas y canteras“ beschäftigt mit
21.740 Personen die zweitmeisten Menschen in der Region. Wichtigste Erwerbsquelle ist
„Handel, Reparatur von Fahrzeugen et cetera“ mit 24.960 Beschäftigten.
- Das Durchschnittseinkommen der Beschäftigten in der Region Atacama beträgt per
Dezember 2012 426.400 chilenische Pesos (776 Euro), um 15,1 Prozent mehr als ein Jahr
zuvor. Frauen verdienten im Schnitt 327.495 (510 Euro), Männer 496.079 Pesos (780 Euro).
Zum Vergleich: Das Durchschnittseinkommen landesweit beläuft sich auf 390.365 Pesos (610
Euro) monatlich. Die Beschäftigten in der Region Atacama haben das fünfthöchste
Einkommen der 15 Regionen Chiles.
Im Vergleich der Einkommen nach 17 Sektoren in der Region Atacama verdient man in
„Mineria y Canteras“ am zweitbesten (756.904 Pesos), das beste Durchschnittseinkommen in
der Region wird mit „Actividad inmobiliaria, empresarial y de alquiler“ erzielt, 884.858 Pesos.
3. Die Bergbau-Projekte: Chuquicamata und Pascua-Lama
Chuquicamata: Im Salpeterkrieg (Guerra del Pacifico 1879 bis 1894) gewann Chile von
Bolivien und Peru die heutigen chilenischen Regionen Tarapaca und Atacama. Salpeter wurde
in diesen Regionen großflächig abgebaut und war bis in die 1920er Jahre wichtigstes
Exportprodukt Chiles. In diesen Regionen entwickelten sich Siedlungen mit teilweise bis zu
mehreren 10.000 Einwohnern, die defacto den dort tätigen Firmen gehörten. Als Folge des
Bergbaus blühte die Hafenstadt Antofagasta auf, von dort aus führten Eisenbahnlinien ins
Landesinnere. 1886 reiste ein Gesandter des Innenministeriums in die Region, um das
landwirtschaftliche und das Bergbau-Potenzial des Hinterlandes zu erkunden. Er hielt damals
7
unter anderem die handwerkliche Kupferbergbau-Aktivität fest, in Chuquicamata, auf 2.800
Meter Höhe. Wegen der damals geringen Kupferpreise, fehlender Subventionen für private
Investition und der Abgeschiedenheit der Lagerstätten entwickelte sich vorerst keine
Produktion im großen Stil.
Erst mit der Kupfernachfrage aus Europa und Nordamerika wegen der wachsenden
Elektrifizierung traten ab der Jahrhundertwende Investoren auf, vor allem aus den USA,
namentlich unter anderem die Guggenheim Brothers. Ab den 1920er Jahren wurden die
Lagerstätten industriell ausgebeutet und wechselten mehrmals die Besitzer. Das Gestein in
Chuquicamata galt mit seinem 2-Prozent-Kupferanteil als das ertragreichste der Welt.
Um die Mine existierten drei Dörfer, Placilla de Chuquicamata, Punta de Rieles und Branco
Drummond. Rund um die Mine entstanden Enklavensiedlungen, eine zur allgemeinen
Industrialisierung gegenläufige Entwicklung, denn bei dieser siedelten die Menschen in
bereits bestehende und wachsende Städte. Die Enklavensiedlungen wurden in den USA
designt und in der Wüste errichtet. Konflikte zwischen Arbeitern, Investoren und chilenischer
Regierung wurden häufiger, Arbeitskampfe führten zu einer steigen Verbesserung der
Infrastruktur, zu höheren Löhnen, mehr Sicherheit und kürzeren Arbeitszeiten.
Chuquicamata ist heute, nachdem die Bewohner wegen der Umweltzerstörung bis 2004
umsiedeln mussten, eine Geisterstadt. Das 15 Kilometer entfernte Calama hat heute 130.000
Einwohner und beherbergt in eigenen Vierteln die Minenarbeiter von Chuquicamata. Das
Abbau-Gebiet liegt etwa 1.600 Kilometer nördlich von Santiago, 16 Kilometer nördlich der
Stadt Calama, in der Atacama Wüste in der Region Antofagasta. Die Kupfermine hat eine
Länge von etwa 4,5, eine Breite von 3 und eine Tiefe von bis zu 1 Kilometer. Von 1915 bis
2005 wurden in Chuquicamata insgesamt 2,3 Mrd. Tonnen Mineralien abgebaut. Ein neues
Projekt sieht einen Untertage-Abbau von Kupfer vor. Codelco, die Eigentümerin der Mine,
hat allein 2012 für Studien vor Ort zum Untertage-Abbau 234 Mio. Dollar investiert. 850
Mio. wurden dafür schon ausgegeben. Die Mine produziert aktuell im Tagbau etwa 1,5
Millionen Tonnen Kupfer im Jahr.
Pascua-Lama: Das Pascua-Lama Projekt ist das erste binationale Bergbauprojekt der Welt.
Das Projektgebiet liegt auf 5.000 Meter über Meer, oberhalb des Huasco-Tals an der Grenze
zwischen Chile und Argentinien. Das Projekt dehnt sich bis an den äußersten Rand der
Atacamawüste aus. Das Abbaugebiet liegt zu 80% in Chile und zu 20% in Argentinien. Die
kanadische Firma Barrick, bislang der größter Goldproduzent der Welt, wird ab 2014
gemeinsam mit ihrer Tochterfirma Empresa Nevada mit der Produktion im Tagebau
beginnen. Durch die Benutzung moderner Satellitentechnik wurden größte
8
Goldkonzentrationen im Gestein gefunden. Die Firma wird in dieses Projekt ca. 1,6
Milliarden Dollar investieren. Dieses wird ungefähr 750 Hektar auf dem chilenischen Land in
Anspruch nehmen, wo sich auch drei kleine, aber wichtige Gletscher (Toro 1, Toro 2 y
Esperanza) befinden. Barrick wird in der Pascua-Lama Mine Silber (30 Millionen Unzen),
Kupfer (500 Tonnen) und vor allem Gold fördern (man rechnet mit 17,4 Millionen Goldunze,
das entspricht ca. 500 Tonnen). Es wird erwartet, dass Pascua-Lama der zweitgrößte
Goldtagebau in Südamerika wird1
. Die Nutzungsdauer beträgt voraussichtlich 21 Jahre
(Gordon, Webber 2008: 74-75).
Barrick führte für dieses Projekt zwei Umweltverträglichkeitsprüfungen durch. In der Folge
wurde das Projekt 2006 genehmigt. Gemäß Barrick werden zum Schutz der Umwelt nur die
besten Technologien angewandt. Die Problematik bezüglich der Gletscher wurde mehrmals
mit Experten analysiert. Gemäss Barrick werden keine Aktivitäten unternommen, die eine
Gefahr für die drei Gletscher darstellen. Die Firma spricht auf ihrer Internetseite über ihre
soziale Verantwortung und erwähnt, ihren Erfolg mit der Bevölkerung der Region zu teilen.
Barrick möchte Teil der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region sein und
spricht über positive Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung sowie die Schaffung neuer
Arbeitsplätze, Gesundheitszentren, Bildungsinstitutionen und Infrastruktur (Barrick 2012).
Dieses Projekt erfordert den Bau einer Materialdeponie, einer Zerkleinerungsmaschine, eine
Anlage für Maschinenaufbewahrung und eine Pulverkammer vor Ort. Diese Infrastruktur wird
für die Extraktion von fünfzehn Millionen Tonnen Mineralien benötigt, welche nachher durch
einen Tunnel von 2,7 Kilometer Länge nach Argentinien transportiert werden, wo dieses
Material verarbeitet werden muss. Ein anderes Merkmal dieses Projekts ist der
Wasserverbrauch. Man erwartet einen Verbrauch von ca. 37 Liter pro Sekunde. Das Wasser
stammt neben den Flüssen in Chile auch vom Fluss Las Taguas in Argentinien (OLCA 2012).
Pascua-Lama liegt sehr nahe der Atacama-Wüste, der trockensten Region der Welt, am
Oberlauf des Fluss Huasco. Für die indigenen Kommune von Alto del Carmen ist das
Schmelzwasser der drei Gletscher im Fluss Huasco die einzige Wasserquelle in der
Trockenzeit (Urkidi 2008: 68).
3.1 Leben, Wirtschaft und Entwicklung der Bevölkerung
3.1.1 Chuquicamata
Seit vorkolonialer Zeit wurde in Chuquicamata Kupfer handwerklich abgebaut. Vor der
Ankunft der Spanier gab es drei Siedlungen. Mit dem rasanten Aufstieg des Kupferbergbaus
und der benötigten Arbeitskräfte sowie der ständig verbesserten Infrastruktur der Siedlungen
1
Die grösste Goldtagebau-Mine in Südamerika ist Yanacocha in Peru.
9
mutierten die Arbeiter von bloßen Beschäftigten bei der Mine zu Bürgern von Industrie-
Städten in einem der trockensten und lebensfeindlichsten Platze der Welt. Der Ort Placilla de
Chuquicamata wurde zur grösßten Enklave.
Die grösßten infrastrukturellen Probleme waren und sind dabei die Versorgung mit Energie
und Wasser, beide werden aus einer Entfernung von bis zu 100 Kilometern zur Verfügung
gestellt, aus dem Rio Loa. Die Konflikte zwischen den Unternehmen der Region und den
indigenen Kommunen in San Pedro, Conchi, Chiu Chiu, Lasana und Ayquina dauern bis
heute an und werden in Chuquicamata und anderen Regionen wohl noch intensiver werden:
Laut Portal Minero von 24.10.2012 werden im Bergbau in Chile von 2012 bis 2020 44.000
zusätzliche Arbeitskräfte benötigt, was eine Steigerung bei der Beschäftigung in dieser
Industrie von 60 Prozent bedeuten würde.
Chuquicamata kann wohl als eines der erste Projekte der Globalisierung im sogenannten
Süden bezeichnet werden: Es ist eine Enklave in der unwirtlichen Atacama-Wüste, für den
Rohstoff-Abbau vor Ort werden Rohstoffe und Ausrüstung aus mehreren Ländern gebraucht
(Erdöl aus den USA, Kohle aus Chile selbst, Maschinen aus der Schweiz, aus Deutschland
und aus England). Die Arbeiter und Ingenieure der Mine kommen, angezogen von den sehr
hohen Löhnen, auch aus Skandinavien, Kroatien, Rumänien und natürlich aus Südamerika.
Das Produkt, Kupfer, wird in erster Linie in die USA und nach Asien verkauft, und der Preis
des Produktes unterliegt ausschließlich den Entwicklungen am Weltmarkt.
3.1.2 Pascua Lama
Das Pascua-Lama Projekt befindet sich in einer Region mit einer der höchsten
Arbeitslosenrate Chiles. Die Bevölkerung lebt von Tourismus und Landwirtschaft. Das
Projekt wird neben lokalen Auswirkungen im Huasco-Tal auch Effekte auf die anliegenden
Gebiete haben (Babel 2005: 1). In der Region um die Pascua-Lama Mine leben drei
Kommunen (Vallenar, Freirina und Alto del Carmen), welche zusammen ca. 70’000
Einwohner zählen. In Vallenar leben ca. 44.000 Personen und in Alto del Carmen ungefähr
5.000 (Franks 2009: 6). Wir beziehen uns in dieser Arbeit vor allem an die Kommune Alto
del Carmen. Diese Zone leidet unter den Klimaphänomenen „El Niño“ und „La Niña“, welche
starke Klimaschwankungen im Jahresvergleich mit sich bringen. Dank dem Schmelzwasser
der Gletscher sowie der Grundwasservorräte waren die Entwicklung der Agrikultur und die
Beibehaltung der wichtigen vaskulären Flora und Fauna in dieser Zone möglich. Um die
ökologische Wichtigkeit des Tals beizubehalten, müssen die Feuchtigkeit der Berge geschützt
werden. Dank der Agrikultur und der Bewässerungsaktivitäten ist die Vegetation nicht nur auf
die Flussufer beschränkt. 1995 wurde ein Staudamm gebaut, dank welchem auch in der
Trockenzeit genügend Wasserreserven für die Bewässerung vorhanden sind (Urkidi 2007: 35-
10
37).
In der Kommune Alto del Carmen leben Angehörige der Ethnie Diaguita. Diese wurde erst im
Jahr 2006 durch die Regierung offiziell anerkannt. Sie haben wie andere Ethnien kollektive
Rechte über ihr angestammtes Land und das Wasser. Zudem gilt auf ihrem Land die indigene
Rechtssprechung. Viele Aspekte ihre Kultur wie die Spiritualität und Sprache sind verloren
gegangen. Trotzdem haben sie traditionelle Agrikultur und Viehzucht beibehalten.
Die Bewohner verfügen über Rebberge, wo sie Trauben für den Export produzieren. In den
wärmeren Teilen des Tals pflanzen die Einwohner Bananen, Avocado, Mangos und
Passionsfrucht an. Ein Teil der Produkte sind für den Export, der Rest für den Eigenbedarf
bestimmt. Die Viehzucht konzentriert sich auf das Weiden von Maultieren und Ziegen. In den
Gebirgszügen der Anden finden sich in den warmen Jahreszeiten viele Plätze, die sich als
Weideplätze anbieten und von den Bewohnern in Form der Transhumanz
(Fernweidewirtschaft) bewirtschaftet werden. Zudem sind die Einwohner von Alto del
Carmen im handwerklichen Bergbau und in der Jagd tätig. Das führt zu einer hohen
Beschäftigungsrate in dieser Kommune (dies stellt somit eine Ausnahme für die Region des
Pascua-Lama dar). Sie benutzen alle ökologischen und natürlichen Ressourcen, die auf ihrem
Land existieren, wodurch ein kultureller, sozialer und ökonomischer Raum konstruiert wird
(Yánez 2005: 3-5). Es existieren jedoch Probleme mit dem hohen Einsatz vom Pestiziden,
welcher durch die mangelnde Diversifizierung der Landwirtschaft seit den neunziger Jahre
notwendig wurde.
Neben der Landwirtschaft, welche 50% der erwerbstätigen Personen in der Kommune Alto
del Carmen Arbeit bietet, sind der Handel sowie das Reparatur-, Bau- und Bildungswesen
weitere Erwerbsquellen. Jüngst versuchen die Bewohner von Alto del Carmen auch, den
Tourismus zu fördern, um der Abhängigkeit von der Landwirtschaft zu entkommen.
Die Armutsrate in Alto del Carmen ist im Vergleich mit der nationale Rate wie auch der Rate
in der Kommune Vallenar niedrig (Vallenar weist eine Armutsrate von 22% auf). Im Fall der
Arbeitslosigkeitsrate verhält es sich gleich. In Alto del Carmen ist sie relativ niedrig, während
Vallenar eine der höchsten Raten in ganz Chile aufweist (14% im Jahr 2007) (Urkidi 2007:
37-38). Wie bereits erwähnt, wird das Projekt Pascua-Lama die Kommune Alto del Carmen
direkt betreffen. Die Einwohner haben Angst, dass durch den Tagbau ihre Territorium zerstört
und ihre Aktivitäten negativ beeinflusst werden. Daher haben sich die Menschen dieser
Region mobilisiert und wehren sich gegen die Realisierung dieses Projektes.
Die Kommune suchte in ihrem Kampf nicht nur den Schutz der chilenischen Regierung,
sondern versuchte über nationale und internationale Bündnisse auf die sozio-ökologischen
Auswirkungen, die das Projekt für die Region haben wird, aufmerksam zu machen.
11
Die erste Umweltverträglichkeitsprüfung von Barrick und die erwarteten negativen Effekte
(sie werden in Teil 3.2 dieser Arbeit erwähnt) führten im Jahr 2000 zur Mobilisierung der
Einwohner der Kommune Alto del Carmen, sowie von Teilen der Politik, der Bauern und der
Kirche. Einige dieser oppositionellen Gruppen nahmen Kontakt mit NGOs in Santiago de
Chile auf, welche ihnen technische, ökologische und juristische Unterstützung gaben. Zur
Beginn wurden die Einwohner der Kommune vor allem von religiösen Gruppen unterstützt.
Im Jahr 2001 wurde die Umweltverträglichkeitsprüfung von der Regierung gebilligt. Barrick
fing jedoch nicht mit der Produktion an, führten jedoch intensive „soziale“ Tätigkeiten im Tal
durch2
. Erst mit der Abgabe der zweiten Umweltverträglichkeitsprüfung im Jahr 2004 wurde
die Mobilisierung intensiver. Die Gegner des Projekts gründeten die „Koordination für den
Schutz von Alto del Carmen“ sowie den „Verteidigerrat von Vallenar“. Dadurch wurde der
Widerstand auf regionaler und nationaler Ebene bekannter.
2005 gelang es Barrick, den vereinten Widerstand der betroffenen Kommunen zu brechen,
indem die Gemeinschaften gespalten wurden. Zentrales Ereignis dazu war ein Vertrag
zwischen Barrick und der „Junta de Vigilancia del Huasco“. Die Junta de Vigilancia del
Huasco ist eine Institution, die die Wasserressourcen im Huasco-Tal verwaltet und wird in der
Regel von den wohlhabendsten Bewohnern kontrolliert. Im Vertrag sichert die Junta Barrick
ihre Zustimmung zum Projekt zu, ohne die Einwohner der drei Kommunen konsultiert zu
haben. Das führte zur Änderung der ökonomischen Machtbeziehungen in der Region. Die
Unterstützung für das Pascua-Lama Projekt seitens der Junta war durch die Hoffnung
motiviert, mit dem Bergbau die Arbeitslosigkeit und Armut in Vallenar zu bekämpfen. Die
negativen Auswirkungen des Projekts würden hingegen vorwiegend die Bewohner von Alto
del Carmen treffen.
Nichtsdestotrotz verbreiteten sich die Proteste weiter, und dank der Zusammenarbeit mit
NGOs und durch das Internet gewann dieser Kampf auf nationaler und internationaler Ebene
an Bedeutung. Ungeachtet der erstarkenden sozialen Bewegungen gegen das Projekt wurde
2006 die zweite Umweltverträglichkeitsprüfung wiederum seitens der Regierung akzeptiert
(Urkidi 2008: 70-72).
Urkidi (2008) analysiert das Verhalten der verschiedenen Gruppe, die in dieses Projekt
involviert waren. Auf der einen Seite sieht er die mächtigen Bauern der „Junta de Vigilancia
del Huasco“, welche wenig Vertrauen in die soziale Bewegungen hatten. Sie hatten primär
eine ökonomische Sichtweise, welche das ganze Projekt als eine Kosten-Nutzen-Rechnung
betrachtete. Sie beachteten dabei allerdings nur die ökonomischen Aspekte. Auf der anderen
2
Dazu gehörten Aktivitäten wie: Geschenke, Versprechen an lokale Institutionen sowie Zahlung an
verschiedene politische Akteure.
12
Seite haben wir die Einwohner von Alto del Carmen, welche sich gegen das Projekt stellen.
Urkidi benutzt dazu das Konzept der „Ökologie der Armen“ von Martínez-Alier und Guha
(1997), da hier eine Gruppe gegen die Zerstörung ihres Lebensraums kämpft. Dieser Kampf
zur Bewahrung des eigenen Lebensraums muss nicht nur materialistisch gesehen werden,
sondern berücksichtigt auch die sozialen und spirituellen Beziehungen der Betroffenen zur
Natur. Weiter ist es wichtig, die Internationalisierung des Kampfes zu erwähnen. Dunlap
(2008) erklärt die Internationalisierung des Widerstands als ein Phänomen, welches besonders
dann stattfindet, wenn die Umweltschäden global „sichtbar“ werden, und sich somit die
Betroffenheit auf viele Länder ausbreitet, unabhängig von den sozio-ökologischen
Auswirkungen auf die lokalen Bewohner. Durch die Tatsache, dass bei Pascua-Lama Projekt
Gletscher betroffen sind, welche Symbole des globalen Klimawandels sind, wurde die
Internationalisierung des Widerstands begünstigt.
3.2 Negativen Auswirkungen dieser Projekte
3.2.1 Chuquicamata
Nachdem Chile internationalen Umweltabkommen beigetreten ist, und schon seit den 1980er
Jahren Probleme mit der Gesundheit der Arbeiter aufgetaucht waren, wurden die Bewohner
der Bergbausiedlungen in Chuquicamata bis 2004 nach Calama umgesiedelt. Die
zurückgebliebene Geisterstadt ist seither hermetisch abgeriegelt. Die Arbeiter müssen in
Calama für ihre Unterkünfte bezahlen, in Chuquicamata wurden diese noch unentgeltlich zur
Verfügung gestellt. Der bei der Kupfergewinnung entstehende Feinstaub ist mitverantwortlich
für Krankheiten wie Asthma, Staublungen und einige Krebsarten. Arsen und andere
Chemikalien wurden jahrelang direkt in der Wüste entsorgt. Erst in jüngster Zeit wird ein Teil
des Abwassers aufbereitet, denn Wasser ist in der Wüste sehr teuer. Codelco deponierte 60
Jahre lang mehrere Millionen Tonnen hochgiftigen Schlamm in der Bucht von Chañaral, wo
nunmehr sechs Kilometer Strand zerstört, der Hafen nicht mehr benutzbar und Fische und
Meeresfrüchte wegen des hohen Arsengehalts nicht mehr genießbar sind. Beim Tagebau
entstehen auch gewaltige Abraumhalden aus taubem Gestein, denn aus 1.000 Tonnen Gestein
werden nur rund 5 Tonnen Kupfer gewonnen. So entstand in Chuquicamata ein riesiger Berg,
der unter dem Namen La Torta bekannt ist.
3.2.2 Pascua-Lama
Die Firma Barrick musste zwei Umweltverträglichkeitsprüfungen für das Projekt vorlegen.
Gemäß diesen Studien werde der Tagebau keine direkten oder indirekten negativen Effekte
haben. Barrick versicherte, für dieses Projekt die beste Technologie zu verwenden, wodurch
keine Umweltschäden entstehen würden. Obwohl diese Resultate von der chilenischen
13
Regierung akzeptiert wurden, fürchteten die Einwohner des Huasco-Tals und viele andere
nationale und internationale Akteure um ihr Leben beziehungsweise die Umwelt.
Diese Firma hat ein Teil des Landes gekauft, welches Angehörigen der Ethnie Diaguita gehört
(Chollay o Charñacillo). Die Regierung verkaufte dieses Land, ohne die Einwohner um
Erlaubnis zu bitten oder zu konsultieren. Hier ist das Problem der Deterritorialisierung zu
beobachten, welches bei Bergbauprojekten oft der Fall ist. Diese Indigenen haben eine starke
Bindung zum Land, wo ihre Vorfahren schon vor der Kolonialisierung gewohnt haben. Ihre
Sozialstruktur artikuliert sich auf Basis der Besetzung dieses Territorium und der Entwicklung
produktiver Aktivitäten darauf. Als Folge des Verkaufs des Landes durch die Regierung an
Barrick wurde ein Teil des Landes eingezäunt, und die Indigenen können ihr Weiderecht dort
nicht mehr wahrnehmen. Ein weiteres Problem ist, dass sich in diesem Ort archäologische
Sektoren dieser Ethnie befinden, die durch die Firma nicht geschützt und anerkannt werden
(Yánez 2005: 3-8).
Bei den Bergbauprojekten ist bekannt, dass der Wasserverbrauch ein sehr hohes Niveau
erreicht. Daher sind die Einwohner der Region besorgt, dass durch diesen hohen Bedarf der
Mine nicht mehr genügend Wasser für die Landwirtschaft übrig sein werde und die Flüsse
allgemein weniger Wasser führen werden. Obwohl in den chilenischen Gesetze steht, dass
alle Personen ein Recht auf Wasser haben und es für das Konsum geschützt ist, werden in
diesem Fall die Rechte und Sorgen der Kommune Alto del Carmen nicht berücksichtigt.
Barrick versprach jedoch, dass sie eine neue Technologie entwickeln haben, dank welcher der
Wasserkonsum in der Trockenzeit von 42 auf 31 Liter pro Sekunde gesenkt werde. Trotz
dieser Maßnahme bleibt der Wasserkonsum sehr hoch (Pérez 2008: 418-421).
Der exzessive Wasserkonsum ist nicht das einzige Problem. Die mögliche Verseuchung des
Wassers ist ebenfalls Grund zur Sorge für die lokale Bevölkerung. Zur Gewinnung der
Metalle aus dem Erz müssen alle Bergbauprojekte Chemikalien wie Zyanid, Ammoniak und
Quecksilber verwenden. Diese Chemikalien werden Kontakt mit dem Wasser haben und
können somit die Wasserwege und das Grundwasser verseuchen (Fields 2006: 538). Auch
wenn Barrick immer von der hohen Sicherheit der neuen Technologie spricht, kritisieren
Experten ihre Aussagen. Die Firma behauptet, dass jeder Tropfen Wasser in einem
geschlossenen System zur Wiederverwendung aufbereitet werde. Da Pascua-Lama jedoch auf
5.000 Meter Höhe liegt, und die Flüsse nach nur 100 Kilometer bereits ins Meer münden, ist
die Kontrolle schwierig, und die Folgen sind im Falle einer Verschmutzung besonders
verheerend. Aus diesem Grund sind die Einwohner besorgt. Wenn das Wasser fehlen oder
verschmutzt würde, können sie nicht mehr in der Agrikultur arbeiten und ihr Leben und jenes
der Kommune wären in Gefahr (Stratenwerht 2007: 1-2).
14
Die internationale Mobilisierung gegen dieses Projekt hat sich unter anderen entwickelt, da
ein Teil der Metalle, die ausgebeutet werden sollten, sich unter den drei oben genannten
Gletschern befindet. Zu Beginn wollte die Firma Barrick diese Gletscher entfernen und an
einem anderen Ort platzieren, ohne Schaden zu verursachen. Dies wurde aber nicht bewilligt.
Die Genehmigung kam erst nach der zweiten Umweltverträglichkeitsprüfung, jedoch mit der
Bedingung, dass diese Gletscher nicht berührt werden sollen. Was aber nicht bedeutet, dass
andere, kleinerer Gletscher wie Estrecho-B auch unberührt bleiben werden. Dieser soll nach
fünf Produktionsjahren als eine Mülldeponie gebraucht werden. Somit wird doch einige
Eisfläche zerstört und verschmutzt (Brenning/Azócar 2010: 153). Die Gletscher werden nicht
nur auf direktem Weg beschädigt. Durch die Benutzung von Sprengstoffen werden die
Gletscher schneller schmelzen und verschmutzt, was auch auf das Wasser einen negativen
Effekt hat (Krüger 2008: 2).
Wie man aus Erfahrung von anderen Bergbauprojekten weiss, wird die Pascua-Lama Mine
auch auf das Ökosystem der Region einen Einfluss haben. Durch den hohen Wasserverbrauch
und die Verschmutzung ist die einzigartige Flora und Fauna bedroht. In der Andenregion auf
der chilenischen Seite des Pascua-Lama gibt es einen hohen Grad an genetischem
Endemismus. Zusätzlich ist diese Region Heimat von Vikunja-Populationen, welche vom
Aussterben bedroht sind. Das größte Problem bei dieser Art von Ökosystemen ist, dass die
Fortpflanzung auf dieser Höhe sehr langsam ist, wodurch im Falle einer Zerstörung die
Erholungsphase entsprechend schwierig ist (Villagrán 2006: 11-12).
Gleich wie in Chuquicamata wird in diesem Projekt viel Erde bewegt. Das führt zu einem
Anstieg der geologischen Risiken und zur Veränderung der regionalen Landschaft. Der Bau
neuer Straßen wird den Verkehr in dieser Zone steigern, da die gewonnenen Rohstoffe
abtransportiert werden müssen.
Bei extraktivistischen Projekten werden oft Enklaven gebildet, wo die Arbeiter in eigens
geschaffenen Siedlungen wohnen. Dieses Phänomen wird auch hier erwartet. Die Firma
Barrick und die chilenische Regierungen betonen oft die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Man
muss aber beachten, dass von den 3000 Personen, die bei der Konstruktionphase der Mine
eingestellt werden, nur 750 aus Chile kommen. Für die folgende Operationsphase werden
1500 Arbeiter benötigt, lediglich 500 davon werden aus Chile sein (Urkidi 2008: 70). Das
heisst, dass dieses Projekt nicht sehr viele Arbeitsplätze für Chilenen schaffen wird.
15
4. Analyse und Diskussion
4.1 Unterschiede und Ähnlichkeiten der Projekte auf Basis
theoretischer Überlegungen
Wenn man die zwei in dieser Arbeit behandelten Projekte vergleicht, stellt man fest, dass
beide trotz zeitlicher Distanz zu ähnlichen Veränderungen in den jeweiligen Regionen
führten.
Brand (2012) unterscheidet im Kontext der gegenwärtigen multiplen Krisen die Begriffe
Transition und Transformation. Den Begriff Transition versteht er im normativen Sinn und
benutzt ihn für politische Bemühungen, um ungewünschten Entwicklungen durch politische
Massnahmen entgegenzuwirken. Transformation hingegen benutzt er als analytischen und
deskriptiven Begriff zur Beschreibung umfassender sozialer und wirtschaftlicher Prozesse des
Wandels. Sowohl beim relativ neuen Projekt Pascua-Lama als auch beim Projekt
Chuquicamata, welches seit fast 100 Jahre existiert, beobachten wir keine Transformation
(und somit kein umfassender sozialer und wirtschaftlicher Wandel) bezüglich der
Bergbaugesetze, der Behandlung der betroffenen Bevölkerung und der Umwelt. Eine
Transition ist jedoch sichtbar, da die angewandten Technologien stetig verbessert wurden.
Sowohl bei Pascua-Lama als auch den neuen Plänen für Chuquicamata müssen die Firmen
umweltpolitische Auflagen erfüllen. Die Ausbeutung durch nationale und internationale
Firmen ist an die Bedingung geknüpft, dass sie die neusten Technologien verwenden und die
Umwelt nicht oder nur wenig zerstören.
Chile wird von Thwaites (2010) als ein Musterland des Neoliberalismus betrachtet, und
unterscheidet sich folglich von vielen anderen Ländern Lateinamerikas, welche seit Ende der
neunziger Jahre eine Transformation weg vom Neoliberalismus erleben. Chile verfolgt
weiterhin eine Politik der liberalen Märkte und der freien Kapitalmobilität, mit dem Ziel,
globales Kapital anzulocken. Das kann man auch bei der Entwicklung der Projekte sehen.
Chuquicamata wurde bis 1971 von einer amerikanischen Firma betrieben, welche sehr wenig
an den Staat zahlen musste. Das gleiche trifft für die Pascua-Lama-Mine zu. Die kanadische
Firma Barrick hat die Bewilligung für den Abbau unter sehr ähnlichen Bedingungen erhalten.
Die Firma muss praktisch nichts ihrer Gewinne dem Staat abliefern. Obwohl oft von der
zentralen Bedeutung des Bergbaus für die chilenische Wirtschaft gesprochen wird, hat selbst
die Weltbank eine negative Korrelation zwischen der relativen Größe des Bergbausektors in
der nationalen Ökonomie und dem BIP-Wachstum festgestellt.
Bei Chuquicamata konnten wir sehen, wie sich der Lebensstandard der drei kleinen Dörfer
mit dem Beginn des Projekts sehr stark verschlechtert hat, und die Dörfer schlussendlich
16
durch das Bergbauprojekt geschluckt wurden. Die drei Dörfer litten unter einer hohen Rate
an Alkoholismus, Drogenkonsum, AIDS und Prostitution. Das gleiche könnte auch in der
Kommune Alto del Carmen und sogar bei den anderen zwei Kommunen passieren. Auf
sozialer Ebene kann beobachtet werden, dass in Bergbauzone solche Probleme häufig
auftauchen und mit der Zeit die soziale Realität dominieren (Pegg 2006: 378-379).
Es ist bemerkenswert, wie das westliche Entwicklungsparadigma, welches auch von Juan
Pablo Orrego erwähnt wurde (vgl. Ringvorlesung 14. November 2012), auch im Fall des
Bergbaus in Chile zu beobachten ist. Oberstes Ziel ist es weiterhin, das Wirtschaftwachstum
nach Vorbild der westlichen Länder zu maximieren, während die negativen Auswirkungen
auf die Natur und die lokale Bevölkerung immer diesem Ziel untergeordnet sind. Während
westliche Bergbauunternehmen in den reichen Ländern des Nordens die hohen
Umweltstandards erfüllen müssen, sind die gleichen Konzerne (in unserem Fall aus den USA
und Kanada) in Lateinamerika für die Schädigung der Umwelt und der Bevölkerung
verantwortlich. Die Regierung in Chile strebt weiter nach einer wirtschaftlichen Entwicklung,
ohne aber eine wirklich nachhaltige Entwicklungspolitik zu verfolgen, welche sowohl soziales
Wohlergehen als auch den Erhalt der Umwelt berücksichtigten sollte.
Der Hegemoniebegriff von Gramsci kann im Kontext des Bergbaus in Chile ebenfalls
angewandt werden. Die herrschende Eliten haben es geschafft, dass die extraktivistischen
Aktivitäten vom größten Teil der Bevölkerung unterstütz werden. Aufgrund der dominanten
Logik des stetigen Wachstums sehen viele den Bergbau als etwas Gutes für die Entwicklung
Chiles und folglich für den eigenen Wohlstand. Dies hat zur Folge, dass viele Leute, die
teilweise auch negativ vom Bergbau betroffen sind, diesen dennoch unterstützen, ohne dass
die Regierung dazu Zwang anwenden muss (vgl. Gramsci 1991ff.: 499, 6: 783, 13: 1560ff.).
Das kann man auch bei der Reaktion der „Junta de Vigilancia del Huasco“ sehen. Sie
betrachtet den Pascua-Lama als etwas Notwendiges für die Entwicklung ihrer Region und
unterstützt dieses Projekt weiter, obwohl die Erfahrung zeigt, dass Bergbau für die Anwohner
von Minen nur selten zu einer nachhaltigen Verbesserung des Lebensstandards führt. Beim
Projekt Chuquicamata war dies auch der Fall, da es während fast 100 Jahren kaum Opposition
seitens der lokalen Bevölkerung gegen die Existenz des Projektes gab.
Um dieses Kapitel zu beenden, möchten wir noch kurz die sozialen Bewegungen im Fall
Pascua-Lama betrachten. Bezüglich der Fragen der Mobilisierung lässt sich das Konzept
Scale anwenden. Für die Frage nach dem Erfolg der sozialen Bewegungen werden wir uns auf
Einsichten der Debatte zu „political culture“ beziehen.
Das Konzept Scale (vgl. Ringvorlesung von Bettina Köhler vom 7. November 2012) weist auf
die Problematik hin, aus welcher Perspektive Naturprobleme betrachtet werden. Eine
17
Verlagerung der Perspektive kann dabei politische Implikationen haben. Es macht
beispielsweise einen großen Unterschied in der Problemdefinition, ob die Gletscher auf dem
Gebiet des Pascua-Lama nur als Teil des Lebensraum der Kommune Alto del Carmen
gesehen werden, oder ob sie als Teil der durch den Klimawandel bedrohten globalen Eisdecke
gesehen werden. Bei Pascua-Lama konnten wir beobachten, dass durch die globale
Sensibilisierung für den Klimawandel die Gefahr für die Gletscher sich positiv auf die
internationale Mobilisierung auswirkte. Im Falle von Cuquicamata war dies anders, da die
sozio-ökologischen Auswirkungen bis jetzt „nur“ die lokale (Camala), regionale (Tocopilla3
)
und nationale Ebene betrafen, ohne dass dabei die Umweltveränderungen im globalen
Umweltdiskurs auf Resonanz gestossen sind. Die Interessen, welche sich aus einer globalen
Perspektive auf dieses Bergbauprojekt herleiten, müssen sich jedoch nicht mit den lokalen
Interessen decken, und stellen somit neben der Mobilisierungshilfe auch ein Risiko in der
Lösungsfindung dar.
Der Erfolg sozialer Bewegungen wird oft nur auf der Ebene der institutionellen Politik
betrachtet und gemessen. Das heisst, man spricht nur von Erfolg, wenn die Forderungen von
offiziellen politischen Institutionen aufgenommen wurden. Dieser Auffassung liegt eine
spezifische soziale Konstruktion zu Grunde, was in der Gesellschaft als politisch gilt (die
sogenannte „political culture“). Sekler (2009) weist auf die Relevanz der Verschiebung von
diesen spezifischen sozialen Konstruktionen „des Politischen“ hin. Ziel der „cultural politics“
ist es, alternative Definitionen von dem, was als politisch gilt, durchzusetzen. Obwohl das
Projekt Pascua-Lama gebilligt wurde, und die politischen Forderungen der sozialen
Bewegungen folglich auf formal-institutioneller Ebene erfolglos blieben, muss dies nicht
heißen, dass die sozialen Bewegungen keinen politischen Erfolg hatten. Durch den
Widerstand haben die sozialen Bewegungen viele Leute auf lokaler, regionaler, nationaler und
internationaler Ebene mobilisiert und somit für die Problematik der sozio-ökologischen
Risiken des Bergbaus sensibilisiert. Dadurch verbreiteten sie alternative Diskurse und
Praktiken, die in der Gesellschaft eine Wirkung haben können und in Zukunft zu einer
sozialen, ökologischen und sogar wirtschaftlichen Transformation beitragen könnten. Ihr
Erfolg mag kurzfristig nicht sichtbar sein. Dies bedeutet aber nicht, dass ihre Mobilisierung
uneffektiv war.
3
Aufgrund der hohen Nachfrage nach Strom in Chuquicamata wurden in Tocopilla mehrere Wasserkraftwerke
gebaut, um die Chuquicamata-Mine mit Strom zu versorgen.
18
5. Schlusswort
In dieser Arbeit versuchten wir durch die Beschreibung zweier Projekte aufzuzeigen, welchen
Einfluss die extraktivistischen Aktivitäten des Bergbaus in Chile auf die Wirtschaft sowie die
sozio-ökologische Situation auf lokaler, regionaler, nationaler und sogar internationaler Ebene
hat.
Die gesetzliche Situation in Chile begünstigt den Bergbau, und sowohl staatliche als auch
internationale Unternehmen sind in diesem Sektor tätig. Trotz einigen Anpassungen der
Gesetze in den letzten Jahren profitieren die internationalen Firmen weiterhin von
Subventionen, während sie kaum Abgaben an den Staat leisten müssen. Der Bergbau war
zwischen 1995 und 2000 zwar für 5,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich, trug
im selben Zeitraum aber nur 1,9 Prozent zum Steueraufkommen bei. Chile bleibt weiterhin
vom Export der Bergbauprodukte abhängig und verdankt auch sein seit Jahren anhaltendes
wirtschaftliches Wachstum der Intensivierung der Ausbeutung von Mineralen. In diesen Sinn
beobachtete man keine Transformation in der Politik der Extraktivismus. Die Prämisse der
Notwendigkeit des Bergbaus zur Steigerung der nationalen Wirtschaftsleistung hat sich nicht
geändert. Hingegen ist mit den intensivierten Umweltschutzbemühungen und der
Entwicklung neuer Technologien eine Transition in Brands Sinne beobachtbar.
Obwohl der Bergbau in den Regionen von Antofagasta und Atacama die Armut und
Ungleichheiten statistisch gesehen gesenkt haben, müssen für eine umfassende Betrachtung
auch die sozio-ökologischen Veränderung, welche die Projekte Chuquicamata und Pascua-
Lama mit sich bringen, betrachtet werden. Dabei wird deutlich, dass diese Projekte
bedeutende negative Auswirkungen (im Bereich Gesundheit, soziale Struktur und
Wirtschaftsweise) auf die lokale Bevölkerung hatten. In Gebiet Chuquicamata haben die
Bergbauaktivitäten trotz negativer Auswirkungen auf die Gesundheit und die Bildung der
Bewohner kaum zu sozialem Widerstand und der Bildung Sozialer Bewegungen geführt. Das
Gegenteil passierte beim Pascua-Lama Projekt. Der Aufbau dieses Projekts führte nicht nur
zur Mobilisierung der direkt betroffenen Einwohner, sondern auch internationaler
Gruppierungen. Ein Grund dafür war, dass die negativen Effekte des Projektes globale
Beachtung fanden.
Abschliessend lässt sich feststellen, dass die Bergbauaktivitäten in Chile sowohl positive wie
negative Auswirkungen haben. Chile Bergbaupolitik befindet sich weiterhin in einem
Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Wachstums dank der Ausbeutung natürlicher
Ressourcen und der negativen sozialen und gesundheitlichen Folgen für die Menschen und
die Umwelt in den Fördergebieten. Für die nahe Zukunft ist davon auszugehen, dass durch
die Internationalisierung des Widerstands gegen schädliche Bergbaupraktiken und ungleiche
19
Verteilung des Reichtums mit einer Zunahme der sozio-ökologischen Konflikten zu rechnen
ist.
20
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La legislación minera en chile:
http://www.eumed.net/libros-
gratis/2010b/677/LA%20LEGISLACION%20MINERA%20EN%20CHILE.htm)
23

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Chuquicamata und Pascua Lama

  • 1. Interdisziplinärer Universitätslehrgang für Höhere Lateinamerika-Studien Chuquicamata und Pascua Lama Zwei Fallbeispiele zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Bergbaus in Chile Wintersemester 2012/2013 Modul Politik: Politische und gesellschaftliche Transformationsprozesse in Lateinamerika: Erfolge, Grenzen, Möglichkeiten Fachseminar 1: Sozialökologische Transformationsprozesse im Spannungsfeld zwischen Demokratie, Verteilung und Extraktivismus Leiterin: Bettina Köhler Von María Gabriela Altamirano Tinajero Harald Klöckl Wir erklären ausdrücklich, dass es sich bei dieser von uns eingereichten schriftlicher Arbeit um eine von uns selbst und ohne unerlaubte Beihilfe sowie in eigenen Worten verfasste Originalarbeit handelt.
  • 2. Inhaltverzeichnis 1. Einleitung ............................................................................................................................... 2 2. Gesetzliche Lage in Chile ...................................................................................................... 2 2.1 Wirtschaftliche Bedeutung und Auswirkungen des Bergbaus in Chile ........................... 3 2.2. Auswirkungen des Bergbaus auf Armut und Einkommensverteilung............................ 5 2.2.1. Antofagasta: Arbeitsmarkt und Einkommen............................................................ 6 2.2.2. Atacama: Arbeitsmarkt und Einkommen................................................................. 7 3. Die Bergbau-Projekte: Chuquicamata und Pascua-Lama...................................................... 7 3.1 Leben, Wirtschaft und Entwicklung der Bevölkerung..................................................... 9 3.1.1 Chuquicamata............................................................................................................ 9 3.1.2 Pascua Lama............................................................................................................ 10 3.2 Negativen Auswirkungen dieser Projekte...................................................................... 13 3.2.1 Chuquicamata.......................................................................................................... 13 3.2.2 Pascua-Lama ........................................................................................................... 13 4. Analyse und Diskussion....................................................................................................... 16 4.1 Unterschiede und Ähnlichkeiten der Projekte auf Basis theoretischer Überlegungen... 16 5. Schlusswort .......................................................................................................................... 19 Literatur.................................................................................................................................... 21 1
  • 3. 1. Einleitung Chile gilt zum einen als Musterland des Neoliberalismus in Lateinamerika und als eine volkswirtschaftliche Erfolgsgeschichte und ist zum anderen wohl auch jenes Land, das den Bergbau auf industrieller Basis schon am längsten und am intensivsten am Kontinent betreibt. In dieser Arbeit versuchen die Autoren mit dem Vergleich zweier unterschiedlicher Bergbau- Projekte Chiles die Zusammenhänge und Korrelationen dieser Prämissen auf nationaler und lokaler Ebene darzustellen, sowohl in wirtschaftlicher als auch in soziologischer und ökologischer Hinsicht. Weiters wird versucht zu beantworten, ob die Politik des Extraktivismus in Chile einer Transition oder Transformation unterliegt oder unterlag und welche Rolle soziale Bewegungen bei den beiden Projekten spielten oder spielen. Ein kritischer Vergleich mit den neo-extraktivistischen Praktiken und Realitäten in den Ländern Lateinamerikas mit sogenannten progressiven Regierungen hätte den Rahmen dieser Arbeit leider bei weitem gesprengt. Die Autoren haben aber neben der angeführten wissenschaftlichen Literatur auf Basis der Inhalte der Ringvorlesung „Politik“ im Master of Latin American Studies an der Universität Wien im Wintersemester 2012/2013 und der theoretischen Grundlagen dafür, auch weitere Quellen einbezogen, etwa Zeitungsartikel und Statistiken der chilenischen Behörden. Nach einem kurzen Abriss über die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bergbaus folgt das Kapitel zur wirtschaftlichen Bedeutung des Bergbaus für Chile, inklusive der sozialen Auswirkungen auf möglichst lokaler Ebene, soweit eben aktuelle Daten verfügbar waren, sowie die Beschreibung der beiden Orte des Geschehens, Chuquicamata und Pascua-Lama. Aufgrund dieser Fakten erfolgt eine Analyse in Kapitel 4. 2. Gesetzliche Lage in Chile In Chile sind seit 1971 sämtliche Minen im Besitz des Staates. Dies wurde auch nach dem Pinochet-Putsch von 1973 so beibehalten, obwohl diese Verstaatlichung als ein Grund für den US-geführten Putsch galt. Eine Ursache dafür ist, dass eine Privatisierung der Minen in der Bevölkerung nicht durchsetzbar wäre und weil die staatliche Codelco einen großen, unverzichtbaren Beitrag zu Chiles Budget liefert. Sie liefert Einkommenssteuer und Dividenden sowie eine Exportsteuer von 10 Prozent des Werts der exportierten Kupferprodukte, die jeweils zur Gänze an den Staat gehen. In den 1990er Jahren setzten die führenden Bergbau-Länder Gesetze in Kraft, die Verstöße gegen Umweltnormen sanktionieren und Umweltschäden verhindern sollen, so auch in Chile. 2
  • 4. Vor 2005 gab es in Chile keinerlei Royalties (Konzessionsgebühren) auf die Extraktion von nicht-erneuerbaren Ressourcen. Seit 2006 (Ley Minera 20.026) gibt es seine spezielle Steuer bei Bergbau-Aktivitäten, die von der Fördermenge abhängt: unter 12.000 Tonnen Jahresförderung fällt zum Beispiel keine Steuer an. Für den Abbau werden Konzessionen an staatliche wie private Firmen vergeben. Jede natürliche und juristische Person kann sich um eine Abbau-Konzession bewerben. Es gibt nun auch Umweltverträglichkeitsprüfungen, die auch zur Ablehnung von Projekten führen könnten. Bergbaufirmen, die schon jahrelang in Chile tätig waren, wurden mit dem Ley Minera 2006 aber gegenüber neuen Firmen meist steuerlich benachteiligt, neue Investoren fanden beste Bedingungen vor, was zu einer Vervielfachung der Explotation führte. Die privaten Minen (im Vergleich zur staatlichen Codelco) lieferten zudem zum Beispiel schon zwischen 1999 und 2003 zwei Drittel des gesamten Kupfers, lieferten aber nur ein Drittel der Steuern, die aus dem Kupferbergbau kamen. In der Realität und in der Summe der Regelungen haben ausländische Firmen jetzt sehr lange steuerfreie Perioden, denn die Absetzmöglichkeiten sind sehr weit gefasst. Der Staat subventioniert daher mit dieser und anderen Massnahmen insbesondere seit dem Jahr 2006 vor allem den privaten Bergbau großzügig. Eine Transformation der extraktivistischen Politik oder der sonstigen Rahmenbedingungen ist in den letzten Jahrzehnten trotz der wechselnden politischen Ausrichtung der Regierungen und der jüngsten legislativen Reformen im Bergbau nicht erkennbar. Der Großteil der heute gültigen Gesetze, die den Bergbau betreffen, wurden in den 1980er Jahren vom damaligen Arbeits- und dann Bergbau-Minister José Piñera Echenique gestaltet, unter der Präsidentschaft von Augusto Pinochet. José Piñera ist ein Bruder des heutigen Präsidenten Sebastián Piñera. 2.1 Wirtschaftliche Bedeutung und Auswirkungen des Bergbaus in Chile „El cobre es el sueldo de Chile“, das sagte Chiles Präsident Salvador Allende am 27. Oktober 1971 bei einer Diskussion im Teatro Sindical von Chuquicamata. Damals kamen 83 Prozent der Exporterlöse aus dem Kupferbergbau, ein Viertel des Staatsbudgets wurde vom Kupfer finanziert. Heute ist die Abhängigkeit vom Rohstoffabbau weit geringer, jedoch mit in jüngster Zeit wieder stark steigender Tendenz. Allein die Kupferproduktion hat sich von 1990 von 360 Millionen Tonnen auf 3,91 Millionen Tonnen im Jahr 2010 verelffacht. Das Wirtschaftswachstum Chiles beträgt seit 2003 konstant rund 4 Prozent oder mehr im Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt (GDP pro Kopf) lag laut Weltbank im Jahr 2011 bei 17.310 US- Dollar, 2007 waren es 15.320 Dollar, 2003 10.095 Dollar und im Jahr 1998 8.812 Dollar. 3
  • 5. Laut der Zeitschrift Mining Weekly von 11. Oktober 2012, die sich auf Zahlen der CEPAL beruft, stieg der Anteil von Bergbau in Chiles Bruttoinlandsprodukt zwischen 2001 und 2011 von 5,2 Prozent auf 15,2 Prozent. Rund 80 bis 90 Prozent davon kommen aus dem Kupferbergbau. Eine sprunghafte Entwicklung, wie sie in allen extraktivistischen Ökonomien Lateinamerikas im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends zu beobachten ist. So stieg etwa laut derselben Quelle Boliviens Bergbau-Anteil am BIP im selben Zeitraum von 6,3 auf 15,5 Prozent, und der Bergbau-Anteil am BIP von Venezuela belief sich im Jahr 2010 auf 27 Prozent, so viel wie nirgendwo sonst in Lateinamerika. Zumindest in Chile dürfte die Entwicklung so weitergehen, denn das Land war etwa 2011 jenes mit den höchsten Investitionen (2,88 Milliarden US-Dollar) in Bergbau in Lateinamerika und jenes mit den zweithöchsten weltweit, hinter Kanada. Allein die staatliche Codelco will fünf weitere neue Bergbau-Projekte entwickeln: Für den Untertag-Bergbau der Codelco-Kupfermine in Chuquicamata sind 418 Mio. Dollar an Investitionen vorgesehen. Bis 2020 will Codelco in Chuquicamata jährlich 2,1 Mio. Tonnen Kupfer abbauen und dann 16.200 Personen beschäftigen (2011 waren es knapp über 6.000). Insgesamt könnte Chile dann pro Jahr 9 Millionen Tonnen Kupfer fördern. Das Land verfügt über Reserven von 190 Millionen Tonnen Kupfer, 28 Prozent des Welt- Kupfervorkommens. 89,5 Prozent des abgebauten Kupfers werden exportiert, dieser Kupferexport ist somit für ein Drittel des Außenhandels verantwortlich (diese Quote lag historisch aber bereits bei über 70 Prozent). 2010 machten Bergbau-Produkte 63,5 Prozent der Export-Güter aus, allein 56,6 Prozent dieser Güter war Kupfer. In diesem genannten Jahr gingen 61,7 Prozent der Kupfer-Exporte nach Asien (die Hälfte, nämlich 32,6 Prozent, nach China). Weitere wichtige Exportmärkte sind Japan, die EU27, Brasilien und die USA (4,4 Prozent) Im Jahr 2009 waren laut Eurostat 95.476 Personen in Chile in „Mineria y Cantera“, beschäftigt, was damals 1,5 Prozent der Beschäftigten entsprach. In einzelnen Regionen ist Bergbau aber der wichtigste Arbeitgeber, 2009 arbeiteten in den Regionen Antofagasta und Atacama über 10 Prozent in diesem Sektor. Laut Consejo Minero (Zahlen von 2012) beschäftigt der Bergbausektor in Chile hingegen deutlich mehr, nämlich rund 220.000 Menschen, die im Schnitt damit 2.133 Dollar im Monat, also 25.596 Dollar im Jahr verdienen. Große Unternehmen zahlen im Schnitt 6.150 Dollar im Monat. Das Durchschnittseinkommen in Chile (BIP/Kopf) beträgt knapp mehr als 17.000 Dollar pro Jahr. 4
  • 6. Bei den großen Minen verhandeln die Gewerkschaften in Arbeitskonflikten oft Boni für die Arbeiter von 25.000 Dollar/Person heraus. Im Dezember zahlte Codelco seinen Arbeitern in Chuquicamata sogar einen Bonus von 35.000 Dollar pro Person. 2.2. Auswirkungen des Bergbaus auf Armut und Einkommensverteilung Dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem massiv intensivierten Bergbau und der wachsenden Wirtschaftsleistung Chiles gibt, ist anzunehmen. Ob es eine direkte Kausalität zu den – wenn auch geringen – Fortschritten Chiles bei Beseitigung von Armut und Ungleichheiten und bei der Einkommensverteilung et cetera gibt, bleibt im Rahmen dieser Arbeit offen. Dennoch gibt es offenbar gewisse Korrelationen, betrachtet man die Zahlen und Daten jener beiden Regionen, in denen die hier geschilderten Bergbauprojekte liegen. Armut und Ungleichheit in Chile Laut PNUD, Programa de las Naciones Unidas para el Desarrollo, wurde der Prozentsatz der Armen (Pobres) und „sehr Armen“ (Indigentes) zwischen dem Jahr 1990 und 2011 sehr deutlich reduziert. Demnach zählten im Land im Jahr 1990 38,4 Prozent zu den Pobres und 12,8 Prozent zu den Indigentes. 2011 beliefen sich diese Quoten auf 14,4 Prozent (Pobres) und 2,8 Prozent (Indigentes). Die relativ größte Reduktion der Armut geschah zwischen den Jahren 1990 und 1996. Die Entwicklung bei der Armutsreduktion ist insgesamt kontinuierlich, einzig von 2006 auf 2009 stieg der Prozentsatz beider Gruppen (Pobres, Indigentes) jeweils leicht an. Die Werte von 2011 sind jeweils die niedrigsten im Erhebungszeitraum 1990 bis 2011. PNUD hat auch diverse Ungleichheits- bzw. Einkommensverteilungsindices im selben Erhebungszeitraum angeführt, die Verbesserung ist aber weitaus geringer als bei den oben angeführten Zahlen zur Armut. Der Gini-Index in Chile belief sich 1990 auf 0,56, die größte Ungleichheit wird im Jahr 2000 mit 0,58 gemessen, seither sank der Index auf 0,52 im Jahr 2011. Armut und Ungleichheit speziell in den Regionen Antofagasta und Atacama Da es in diesem Kapitel speziell um die wirtschaftliche Auswirkungen des Bergbaus geht, ist ein Blick auf die entsprechenden Statistiken nach Regionen, speziell jenen, in denen der Bergbau dominiert, notwendig. Chuquicamata liegt in der Region 2 (Antofagasta), Pascua Lama liegt in der Region 3 (Atacama). Die Studie „Estratificación social en regiones: que oportunidades ofrecen las regiones en Chile?“ des Proyecto Desigualdades (Emmanuelle 5
  • 7. Barozet et al., Dezember 2009) hat Ungleichheit, Human Development Index und vieles mehr nach den 15 Regionen Chiles aufgeschlüsselt. Die jüngsten Angaben zum Gini-Index stammen in dieser Studie allerdings aus dem Jahr 2006. Bei einem landesweit durchschnittlichen Index von 0,509 weist die Region 2, Antofagasta, den zweitbesten aller Werte in den 15 Regionen auf, nämlich 0,432. Die Region 3, Atacama, hat einen Index von 0,445, was landesweit Rang vier in Sachen Gleichheit entspricht (zum Vergleich: Aisén hat mit 0,423 die geringste Ungleichheit, die Region Metropolitana die größte, 0,528). Bei einem Vergleich des Indice de Desarrollo Humano (Human Development Index HDI) in den Jahren 1994 bis 2003 schneiden die Bergbauregionen 2 und 3 eher im Mittelfeld ab, die Werte entsprechen in etwa jeweils dem Landesdurchschnitt. Bei der Dauer der formellen Bildung liegen die Regionen 2 und 3 hingegen wieder im Spitzenfeld (jeweils über 10 Jahre Dauer der formalen Bildung), nur in der Region Metropolitana und in der Region 15 gehen die Kinder länger zur Schule als in Antofagasta und Atacama (Quelle: Encuesta CASEN, Módulo Educacion, 1990-2006). Laut eigener Erhebung der Autoren des Proyecto Desigualdades belegt etwa die Region Antofagasta jeweils einen der vier ersten Plätze (im positiven Sinn) unter den 15 Regionen bei den folgenden Indikatoren: Gini-Koeffizient, HDI, Armut, Arbeitslosigkeit, Dauer der Schulbildung, Wettbewerbsfähigkeit. Die INE 2009, Encuesta Nacional de Empleo warf für die beiden Bergbauregionen jeweils Arbeitslosenquoten unter dem Landesschnitt von 7,5 Prozent aus. In der Region Antofagasta lag diese 2009 bei 5,2 Prozent, in Atacama bei 6,2 Prozent. Die Regionen hatten damit 2009 die viert- bzw. siebentgeringste Arbeitslosigkeit aller 15 Regionen. Die jüngsten Zahlen zu Beschäftigung und Arbeitslosigkeit (Quellen: Boletín Informativo del Instituto Nacional de Estadísticas, 31.1.2013 und Nueva Encuesta Suplementaria de Ingresos 2011, Instituto Nacional de Estadisticas INE, Dezember 2012) sehen wie folgt aus: 2.2.1. Antofagasta: Arbeitsmarkt und Einkommen -Die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,5 Prozent (1,2 Prozentpunkte weniger als im Vergleichzeitraum) und somit unter dem Landesschnitt von 6,1 Prozent. Für die Stadt Antofagasta wurde eine Arbeitslosigkeit von 4,9 Prozent erhoben, für die Stadt Calama 7,1 Prozent. 270.950 Personen über 15 Jahre ist die Fuerza de Trabajo der Region, zu 65,5 Prozent sind es Männer. Der Sektor „Explotacion de minas y canteras“ beschäftigt mit 59.460 Personen mit Abstand die meisten Menschen in der Region. Zweitwichtigste Erwerbsquelle ist „Handel, Reparatur von Fahrzeugen et cetera“ mit 42.950 Beschäftigten. - Das Durchschnittseinkommen der Beschäftigten in der Region Antofagasta beträgt per 6
  • 8. Dezember 2012 520.497 chilenische Pesos (814 Euro), um 9,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Frauen verdienten im Schnitt 367.700 (575 Euro), Männer 627.007 Pesos (980 Euro). Zum Vergleich: Das Durchschnittseinkommen landesweit beläuft sich auf 390.365 Pesos (610 Euro) monatlich. Die Beschäftigten in der Region Antofagasta haben hinter der Region Magallanes (619.000 Pesos) das zweithöchste Einkommen der Regionen Chiles. Im Vergleich der Einkommen nach 17 Sektoren in der Region Antofagasta verdient man in „Mineria y Canteras“ mit Abstand am besten (836.605 Pesos), das zweitbeste Durchschnittseinkommen in der Region wird in der öffentlichen Verwaltung (Administracion Publica) erzielt, 559.771 Pesos. 2.2.2. Atacama: Arbeitsmarkt und Einkommen - Die Arbeitslosigkeit liegt bei 6,1 Prozent (1 Prozentpunkt höher als im Vergleichzeitraum) und somit genau im Landesschnitt. Für die Stadt Coplapo wurde eine Arbeitslosigkeit von 6,6 Prozent erhoben, für die Stadt Vallenar 9,8 Prozent. 135.420 Personen über 15 Jahre ist die Fuerza de Trabajo der Region. Der Sektor „Explotacion de minas y canteras“ beschäftigt mit 21.740 Personen die zweitmeisten Menschen in der Region. Wichtigste Erwerbsquelle ist „Handel, Reparatur von Fahrzeugen et cetera“ mit 24.960 Beschäftigten. - Das Durchschnittseinkommen der Beschäftigten in der Region Atacama beträgt per Dezember 2012 426.400 chilenische Pesos (776 Euro), um 15,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Frauen verdienten im Schnitt 327.495 (510 Euro), Männer 496.079 Pesos (780 Euro). Zum Vergleich: Das Durchschnittseinkommen landesweit beläuft sich auf 390.365 Pesos (610 Euro) monatlich. Die Beschäftigten in der Region Atacama haben das fünfthöchste Einkommen der 15 Regionen Chiles. Im Vergleich der Einkommen nach 17 Sektoren in der Region Atacama verdient man in „Mineria y Canteras“ am zweitbesten (756.904 Pesos), das beste Durchschnittseinkommen in der Region wird mit „Actividad inmobiliaria, empresarial y de alquiler“ erzielt, 884.858 Pesos. 3. Die Bergbau-Projekte: Chuquicamata und Pascua-Lama Chuquicamata: Im Salpeterkrieg (Guerra del Pacifico 1879 bis 1894) gewann Chile von Bolivien und Peru die heutigen chilenischen Regionen Tarapaca und Atacama. Salpeter wurde in diesen Regionen großflächig abgebaut und war bis in die 1920er Jahre wichtigstes Exportprodukt Chiles. In diesen Regionen entwickelten sich Siedlungen mit teilweise bis zu mehreren 10.000 Einwohnern, die defacto den dort tätigen Firmen gehörten. Als Folge des Bergbaus blühte die Hafenstadt Antofagasta auf, von dort aus führten Eisenbahnlinien ins Landesinnere. 1886 reiste ein Gesandter des Innenministeriums in die Region, um das landwirtschaftliche und das Bergbau-Potenzial des Hinterlandes zu erkunden. Er hielt damals 7
  • 9. unter anderem die handwerkliche Kupferbergbau-Aktivität fest, in Chuquicamata, auf 2.800 Meter Höhe. Wegen der damals geringen Kupferpreise, fehlender Subventionen für private Investition und der Abgeschiedenheit der Lagerstätten entwickelte sich vorerst keine Produktion im großen Stil. Erst mit der Kupfernachfrage aus Europa und Nordamerika wegen der wachsenden Elektrifizierung traten ab der Jahrhundertwende Investoren auf, vor allem aus den USA, namentlich unter anderem die Guggenheim Brothers. Ab den 1920er Jahren wurden die Lagerstätten industriell ausgebeutet und wechselten mehrmals die Besitzer. Das Gestein in Chuquicamata galt mit seinem 2-Prozent-Kupferanteil als das ertragreichste der Welt. Um die Mine existierten drei Dörfer, Placilla de Chuquicamata, Punta de Rieles und Branco Drummond. Rund um die Mine entstanden Enklavensiedlungen, eine zur allgemeinen Industrialisierung gegenläufige Entwicklung, denn bei dieser siedelten die Menschen in bereits bestehende und wachsende Städte. Die Enklavensiedlungen wurden in den USA designt und in der Wüste errichtet. Konflikte zwischen Arbeitern, Investoren und chilenischer Regierung wurden häufiger, Arbeitskampfe führten zu einer steigen Verbesserung der Infrastruktur, zu höheren Löhnen, mehr Sicherheit und kürzeren Arbeitszeiten. Chuquicamata ist heute, nachdem die Bewohner wegen der Umweltzerstörung bis 2004 umsiedeln mussten, eine Geisterstadt. Das 15 Kilometer entfernte Calama hat heute 130.000 Einwohner und beherbergt in eigenen Vierteln die Minenarbeiter von Chuquicamata. Das Abbau-Gebiet liegt etwa 1.600 Kilometer nördlich von Santiago, 16 Kilometer nördlich der Stadt Calama, in der Atacama Wüste in der Region Antofagasta. Die Kupfermine hat eine Länge von etwa 4,5, eine Breite von 3 und eine Tiefe von bis zu 1 Kilometer. Von 1915 bis 2005 wurden in Chuquicamata insgesamt 2,3 Mrd. Tonnen Mineralien abgebaut. Ein neues Projekt sieht einen Untertage-Abbau von Kupfer vor. Codelco, die Eigentümerin der Mine, hat allein 2012 für Studien vor Ort zum Untertage-Abbau 234 Mio. Dollar investiert. 850 Mio. wurden dafür schon ausgegeben. Die Mine produziert aktuell im Tagbau etwa 1,5 Millionen Tonnen Kupfer im Jahr. Pascua-Lama: Das Pascua-Lama Projekt ist das erste binationale Bergbauprojekt der Welt. Das Projektgebiet liegt auf 5.000 Meter über Meer, oberhalb des Huasco-Tals an der Grenze zwischen Chile und Argentinien. Das Projekt dehnt sich bis an den äußersten Rand der Atacamawüste aus. Das Abbaugebiet liegt zu 80% in Chile und zu 20% in Argentinien. Die kanadische Firma Barrick, bislang der größter Goldproduzent der Welt, wird ab 2014 gemeinsam mit ihrer Tochterfirma Empresa Nevada mit der Produktion im Tagebau beginnen. Durch die Benutzung moderner Satellitentechnik wurden größte 8
  • 10. Goldkonzentrationen im Gestein gefunden. Die Firma wird in dieses Projekt ca. 1,6 Milliarden Dollar investieren. Dieses wird ungefähr 750 Hektar auf dem chilenischen Land in Anspruch nehmen, wo sich auch drei kleine, aber wichtige Gletscher (Toro 1, Toro 2 y Esperanza) befinden. Barrick wird in der Pascua-Lama Mine Silber (30 Millionen Unzen), Kupfer (500 Tonnen) und vor allem Gold fördern (man rechnet mit 17,4 Millionen Goldunze, das entspricht ca. 500 Tonnen). Es wird erwartet, dass Pascua-Lama der zweitgrößte Goldtagebau in Südamerika wird1 . Die Nutzungsdauer beträgt voraussichtlich 21 Jahre (Gordon, Webber 2008: 74-75). Barrick führte für dieses Projekt zwei Umweltverträglichkeitsprüfungen durch. In der Folge wurde das Projekt 2006 genehmigt. Gemäß Barrick werden zum Schutz der Umwelt nur die besten Technologien angewandt. Die Problematik bezüglich der Gletscher wurde mehrmals mit Experten analysiert. Gemäss Barrick werden keine Aktivitäten unternommen, die eine Gefahr für die drei Gletscher darstellen. Die Firma spricht auf ihrer Internetseite über ihre soziale Verantwortung und erwähnt, ihren Erfolg mit der Bevölkerung der Region zu teilen. Barrick möchte Teil der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region sein und spricht über positive Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze, Gesundheitszentren, Bildungsinstitutionen und Infrastruktur (Barrick 2012). Dieses Projekt erfordert den Bau einer Materialdeponie, einer Zerkleinerungsmaschine, eine Anlage für Maschinenaufbewahrung und eine Pulverkammer vor Ort. Diese Infrastruktur wird für die Extraktion von fünfzehn Millionen Tonnen Mineralien benötigt, welche nachher durch einen Tunnel von 2,7 Kilometer Länge nach Argentinien transportiert werden, wo dieses Material verarbeitet werden muss. Ein anderes Merkmal dieses Projekts ist der Wasserverbrauch. Man erwartet einen Verbrauch von ca. 37 Liter pro Sekunde. Das Wasser stammt neben den Flüssen in Chile auch vom Fluss Las Taguas in Argentinien (OLCA 2012). Pascua-Lama liegt sehr nahe der Atacama-Wüste, der trockensten Region der Welt, am Oberlauf des Fluss Huasco. Für die indigenen Kommune von Alto del Carmen ist das Schmelzwasser der drei Gletscher im Fluss Huasco die einzige Wasserquelle in der Trockenzeit (Urkidi 2008: 68). 3.1 Leben, Wirtschaft und Entwicklung der Bevölkerung 3.1.1 Chuquicamata Seit vorkolonialer Zeit wurde in Chuquicamata Kupfer handwerklich abgebaut. Vor der Ankunft der Spanier gab es drei Siedlungen. Mit dem rasanten Aufstieg des Kupferbergbaus und der benötigten Arbeitskräfte sowie der ständig verbesserten Infrastruktur der Siedlungen 1 Die grösste Goldtagebau-Mine in Südamerika ist Yanacocha in Peru. 9
  • 11. mutierten die Arbeiter von bloßen Beschäftigten bei der Mine zu Bürgern von Industrie- Städten in einem der trockensten und lebensfeindlichsten Platze der Welt. Der Ort Placilla de Chuquicamata wurde zur grösßten Enklave. Die grösßten infrastrukturellen Probleme waren und sind dabei die Versorgung mit Energie und Wasser, beide werden aus einer Entfernung von bis zu 100 Kilometern zur Verfügung gestellt, aus dem Rio Loa. Die Konflikte zwischen den Unternehmen der Region und den indigenen Kommunen in San Pedro, Conchi, Chiu Chiu, Lasana und Ayquina dauern bis heute an und werden in Chuquicamata und anderen Regionen wohl noch intensiver werden: Laut Portal Minero von 24.10.2012 werden im Bergbau in Chile von 2012 bis 2020 44.000 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt, was eine Steigerung bei der Beschäftigung in dieser Industrie von 60 Prozent bedeuten würde. Chuquicamata kann wohl als eines der erste Projekte der Globalisierung im sogenannten Süden bezeichnet werden: Es ist eine Enklave in der unwirtlichen Atacama-Wüste, für den Rohstoff-Abbau vor Ort werden Rohstoffe und Ausrüstung aus mehreren Ländern gebraucht (Erdöl aus den USA, Kohle aus Chile selbst, Maschinen aus der Schweiz, aus Deutschland und aus England). Die Arbeiter und Ingenieure der Mine kommen, angezogen von den sehr hohen Löhnen, auch aus Skandinavien, Kroatien, Rumänien und natürlich aus Südamerika. Das Produkt, Kupfer, wird in erster Linie in die USA und nach Asien verkauft, und der Preis des Produktes unterliegt ausschließlich den Entwicklungen am Weltmarkt. 3.1.2 Pascua Lama Das Pascua-Lama Projekt befindet sich in einer Region mit einer der höchsten Arbeitslosenrate Chiles. Die Bevölkerung lebt von Tourismus und Landwirtschaft. Das Projekt wird neben lokalen Auswirkungen im Huasco-Tal auch Effekte auf die anliegenden Gebiete haben (Babel 2005: 1). In der Region um die Pascua-Lama Mine leben drei Kommunen (Vallenar, Freirina und Alto del Carmen), welche zusammen ca. 70’000 Einwohner zählen. In Vallenar leben ca. 44.000 Personen und in Alto del Carmen ungefähr 5.000 (Franks 2009: 6). Wir beziehen uns in dieser Arbeit vor allem an die Kommune Alto del Carmen. Diese Zone leidet unter den Klimaphänomenen „El Niño“ und „La Niña“, welche starke Klimaschwankungen im Jahresvergleich mit sich bringen. Dank dem Schmelzwasser der Gletscher sowie der Grundwasservorräte waren die Entwicklung der Agrikultur und die Beibehaltung der wichtigen vaskulären Flora und Fauna in dieser Zone möglich. Um die ökologische Wichtigkeit des Tals beizubehalten, müssen die Feuchtigkeit der Berge geschützt werden. Dank der Agrikultur und der Bewässerungsaktivitäten ist die Vegetation nicht nur auf die Flussufer beschränkt. 1995 wurde ein Staudamm gebaut, dank welchem auch in der Trockenzeit genügend Wasserreserven für die Bewässerung vorhanden sind (Urkidi 2007: 35- 10
  • 12. 37). In der Kommune Alto del Carmen leben Angehörige der Ethnie Diaguita. Diese wurde erst im Jahr 2006 durch die Regierung offiziell anerkannt. Sie haben wie andere Ethnien kollektive Rechte über ihr angestammtes Land und das Wasser. Zudem gilt auf ihrem Land die indigene Rechtssprechung. Viele Aspekte ihre Kultur wie die Spiritualität und Sprache sind verloren gegangen. Trotzdem haben sie traditionelle Agrikultur und Viehzucht beibehalten. Die Bewohner verfügen über Rebberge, wo sie Trauben für den Export produzieren. In den wärmeren Teilen des Tals pflanzen die Einwohner Bananen, Avocado, Mangos und Passionsfrucht an. Ein Teil der Produkte sind für den Export, der Rest für den Eigenbedarf bestimmt. Die Viehzucht konzentriert sich auf das Weiden von Maultieren und Ziegen. In den Gebirgszügen der Anden finden sich in den warmen Jahreszeiten viele Plätze, die sich als Weideplätze anbieten und von den Bewohnern in Form der Transhumanz (Fernweidewirtschaft) bewirtschaftet werden. Zudem sind die Einwohner von Alto del Carmen im handwerklichen Bergbau und in der Jagd tätig. Das führt zu einer hohen Beschäftigungsrate in dieser Kommune (dies stellt somit eine Ausnahme für die Region des Pascua-Lama dar). Sie benutzen alle ökologischen und natürlichen Ressourcen, die auf ihrem Land existieren, wodurch ein kultureller, sozialer und ökonomischer Raum konstruiert wird (Yánez 2005: 3-5). Es existieren jedoch Probleme mit dem hohen Einsatz vom Pestiziden, welcher durch die mangelnde Diversifizierung der Landwirtschaft seit den neunziger Jahre notwendig wurde. Neben der Landwirtschaft, welche 50% der erwerbstätigen Personen in der Kommune Alto del Carmen Arbeit bietet, sind der Handel sowie das Reparatur-, Bau- und Bildungswesen weitere Erwerbsquellen. Jüngst versuchen die Bewohner von Alto del Carmen auch, den Tourismus zu fördern, um der Abhängigkeit von der Landwirtschaft zu entkommen. Die Armutsrate in Alto del Carmen ist im Vergleich mit der nationale Rate wie auch der Rate in der Kommune Vallenar niedrig (Vallenar weist eine Armutsrate von 22% auf). Im Fall der Arbeitslosigkeitsrate verhält es sich gleich. In Alto del Carmen ist sie relativ niedrig, während Vallenar eine der höchsten Raten in ganz Chile aufweist (14% im Jahr 2007) (Urkidi 2007: 37-38). Wie bereits erwähnt, wird das Projekt Pascua-Lama die Kommune Alto del Carmen direkt betreffen. Die Einwohner haben Angst, dass durch den Tagbau ihre Territorium zerstört und ihre Aktivitäten negativ beeinflusst werden. Daher haben sich die Menschen dieser Region mobilisiert und wehren sich gegen die Realisierung dieses Projektes. Die Kommune suchte in ihrem Kampf nicht nur den Schutz der chilenischen Regierung, sondern versuchte über nationale und internationale Bündnisse auf die sozio-ökologischen Auswirkungen, die das Projekt für die Region haben wird, aufmerksam zu machen. 11
  • 13. Die erste Umweltverträglichkeitsprüfung von Barrick und die erwarteten negativen Effekte (sie werden in Teil 3.2 dieser Arbeit erwähnt) führten im Jahr 2000 zur Mobilisierung der Einwohner der Kommune Alto del Carmen, sowie von Teilen der Politik, der Bauern und der Kirche. Einige dieser oppositionellen Gruppen nahmen Kontakt mit NGOs in Santiago de Chile auf, welche ihnen technische, ökologische und juristische Unterstützung gaben. Zur Beginn wurden die Einwohner der Kommune vor allem von religiösen Gruppen unterstützt. Im Jahr 2001 wurde die Umweltverträglichkeitsprüfung von der Regierung gebilligt. Barrick fing jedoch nicht mit der Produktion an, führten jedoch intensive „soziale“ Tätigkeiten im Tal durch2 . Erst mit der Abgabe der zweiten Umweltverträglichkeitsprüfung im Jahr 2004 wurde die Mobilisierung intensiver. Die Gegner des Projekts gründeten die „Koordination für den Schutz von Alto del Carmen“ sowie den „Verteidigerrat von Vallenar“. Dadurch wurde der Widerstand auf regionaler und nationaler Ebene bekannter. 2005 gelang es Barrick, den vereinten Widerstand der betroffenen Kommunen zu brechen, indem die Gemeinschaften gespalten wurden. Zentrales Ereignis dazu war ein Vertrag zwischen Barrick und der „Junta de Vigilancia del Huasco“. Die Junta de Vigilancia del Huasco ist eine Institution, die die Wasserressourcen im Huasco-Tal verwaltet und wird in der Regel von den wohlhabendsten Bewohnern kontrolliert. Im Vertrag sichert die Junta Barrick ihre Zustimmung zum Projekt zu, ohne die Einwohner der drei Kommunen konsultiert zu haben. Das führte zur Änderung der ökonomischen Machtbeziehungen in der Region. Die Unterstützung für das Pascua-Lama Projekt seitens der Junta war durch die Hoffnung motiviert, mit dem Bergbau die Arbeitslosigkeit und Armut in Vallenar zu bekämpfen. Die negativen Auswirkungen des Projekts würden hingegen vorwiegend die Bewohner von Alto del Carmen treffen. Nichtsdestotrotz verbreiteten sich die Proteste weiter, und dank der Zusammenarbeit mit NGOs und durch das Internet gewann dieser Kampf auf nationaler und internationaler Ebene an Bedeutung. Ungeachtet der erstarkenden sozialen Bewegungen gegen das Projekt wurde 2006 die zweite Umweltverträglichkeitsprüfung wiederum seitens der Regierung akzeptiert (Urkidi 2008: 70-72). Urkidi (2008) analysiert das Verhalten der verschiedenen Gruppe, die in dieses Projekt involviert waren. Auf der einen Seite sieht er die mächtigen Bauern der „Junta de Vigilancia del Huasco“, welche wenig Vertrauen in die soziale Bewegungen hatten. Sie hatten primär eine ökonomische Sichtweise, welche das ganze Projekt als eine Kosten-Nutzen-Rechnung betrachtete. Sie beachteten dabei allerdings nur die ökonomischen Aspekte. Auf der anderen 2 Dazu gehörten Aktivitäten wie: Geschenke, Versprechen an lokale Institutionen sowie Zahlung an verschiedene politische Akteure. 12
  • 14. Seite haben wir die Einwohner von Alto del Carmen, welche sich gegen das Projekt stellen. Urkidi benutzt dazu das Konzept der „Ökologie der Armen“ von Martínez-Alier und Guha (1997), da hier eine Gruppe gegen die Zerstörung ihres Lebensraums kämpft. Dieser Kampf zur Bewahrung des eigenen Lebensraums muss nicht nur materialistisch gesehen werden, sondern berücksichtigt auch die sozialen und spirituellen Beziehungen der Betroffenen zur Natur. Weiter ist es wichtig, die Internationalisierung des Kampfes zu erwähnen. Dunlap (2008) erklärt die Internationalisierung des Widerstands als ein Phänomen, welches besonders dann stattfindet, wenn die Umweltschäden global „sichtbar“ werden, und sich somit die Betroffenheit auf viele Länder ausbreitet, unabhängig von den sozio-ökologischen Auswirkungen auf die lokalen Bewohner. Durch die Tatsache, dass bei Pascua-Lama Projekt Gletscher betroffen sind, welche Symbole des globalen Klimawandels sind, wurde die Internationalisierung des Widerstands begünstigt. 3.2 Negativen Auswirkungen dieser Projekte 3.2.1 Chuquicamata Nachdem Chile internationalen Umweltabkommen beigetreten ist, und schon seit den 1980er Jahren Probleme mit der Gesundheit der Arbeiter aufgetaucht waren, wurden die Bewohner der Bergbausiedlungen in Chuquicamata bis 2004 nach Calama umgesiedelt. Die zurückgebliebene Geisterstadt ist seither hermetisch abgeriegelt. Die Arbeiter müssen in Calama für ihre Unterkünfte bezahlen, in Chuquicamata wurden diese noch unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der bei der Kupfergewinnung entstehende Feinstaub ist mitverantwortlich für Krankheiten wie Asthma, Staublungen und einige Krebsarten. Arsen und andere Chemikalien wurden jahrelang direkt in der Wüste entsorgt. Erst in jüngster Zeit wird ein Teil des Abwassers aufbereitet, denn Wasser ist in der Wüste sehr teuer. Codelco deponierte 60 Jahre lang mehrere Millionen Tonnen hochgiftigen Schlamm in der Bucht von Chañaral, wo nunmehr sechs Kilometer Strand zerstört, der Hafen nicht mehr benutzbar und Fische und Meeresfrüchte wegen des hohen Arsengehalts nicht mehr genießbar sind. Beim Tagebau entstehen auch gewaltige Abraumhalden aus taubem Gestein, denn aus 1.000 Tonnen Gestein werden nur rund 5 Tonnen Kupfer gewonnen. So entstand in Chuquicamata ein riesiger Berg, der unter dem Namen La Torta bekannt ist. 3.2.2 Pascua-Lama Die Firma Barrick musste zwei Umweltverträglichkeitsprüfungen für das Projekt vorlegen. Gemäß diesen Studien werde der Tagebau keine direkten oder indirekten negativen Effekte haben. Barrick versicherte, für dieses Projekt die beste Technologie zu verwenden, wodurch keine Umweltschäden entstehen würden. Obwohl diese Resultate von der chilenischen 13
  • 15. Regierung akzeptiert wurden, fürchteten die Einwohner des Huasco-Tals und viele andere nationale und internationale Akteure um ihr Leben beziehungsweise die Umwelt. Diese Firma hat ein Teil des Landes gekauft, welches Angehörigen der Ethnie Diaguita gehört (Chollay o Charñacillo). Die Regierung verkaufte dieses Land, ohne die Einwohner um Erlaubnis zu bitten oder zu konsultieren. Hier ist das Problem der Deterritorialisierung zu beobachten, welches bei Bergbauprojekten oft der Fall ist. Diese Indigenen haben eine starke Bindung zum Land, wo ihre Vorfahren schon vor der Kolonialisierung gewohnt haben. Ihre Sozialstruktur artikuliert sich auf Basis der Besetzung dieses Territorium und der Entwicklung produktiver Aktivitäten darauf. Als Folge des Verkaufs des Landes durch die Regierung an Barrick wurde ein Teil des Landes eingezäunt, und die Indigenen können ihr Weiderecht dort nicht mehr wahrnehmen. Ein weiteres Problem ist, dass sich in diesem Ort archäologische Sektoren dieser Ethnie befinden, die durch die Firma nicht geschützt und anerkannt werden (Yánez 2005: 3-8). Bei den Bergbauprojekten ist bekannt, dass der Wasserverbrauch ein sehr hohes Niveau erreicht. Daher sind die Einwohner der Region besorgt, dass durch diesen hohen Bedarf der Mine nicht mehr genügend Wasser für die Landwirtschaft übrig sein werde und die Flüsse allgemein weniger Wasser führen werden. Obwohl in den chilenischen Gesetze steht, dass alle Personen ein Recht auf Wasser haben und es für das Konsum geschützt ist, werden in diesem Fall die Rechte und Sorgen der Kommune Alto del Carmen nicht berücksichtigt. Barrick versprach jedoch, dass sie eine neue Technologie entwickeln haben, dank welcher der Wasserkonsum in der Trockenzeit von 42 auf 31 Liter pro Sekunde gesenkt werde. Trotz dieser Maßnahme bleibt der Wasserkonsum sehr hoch (Pérez 2008: 418-421). Der exzessive Wasserkonsum ist nicht das einzige Problem. Die mögliche Verseuchung des Wassers ist ebenfalls Grund zur Sorge für die lokale Bevölkerung. Zur Gewinnung der Metalle aus dem Erz müssen alle Bergbauprojekte Chemikalien wie Zyanid, Ammoniak und Quecksilber verwenden. Diese Chemikalien werden Kontakt mit dem Wasser haben und können somit die Wasserwege und das Grundwasser verseuchen (Fields 2006: 538). Auch wenn Barrick immer von der hohen Sicherheit der neuen Technologie spricht, kritisieren Experten ihre Aussagen. Die Firma behauptet, dass jeder Tropfen Wasser in einem geschlossenen System zur Wiederverwendung aufbereitet werde. Da Pascua-Lama jedoch auf 5.000 Meter Höhe liegt, und die Flüsse nach nur 100 Kilometer bereits ins Meer münden, ist die Kontrolle schwierig, und die Folgen sind im Falle einer Verschmutzung besonders verheerend. Aus diesem Grund sind die Einwohner besorgt. Wenn das Wasser fehlen oder verschmutzt würde, können sie nicht mehr in der Agrikultur arbeiten und ihr Leben und jenes der Kommune wären in Gefahr (Stratenwerht 2007: 1-2). 14
  • 16. Die internationale Mobilisierung gegen dieses Projekt hat sich unter anderen entwickelt, da ein Teil der Metalle, die ausgebeutet werden sollten, sich unter den drei oben genannten Gletschern befindet. Zu Beginn wollte die Firma Barrick diese Gletscher entfernen und an einem anderen Ort platzieren, ohne Schaden zu verursachen. Dies wurde aber nicht bewilligt. Die Genehmigung kam erst nach der zweiten Umweltverträglichkeitsprüfung, jedoch mit der Bedingung, dass diese Gletscher nicht berührt werden sollen. Was aber nicht bedeutet, dass andere, kleinerer Gletscher wie Estrecho-B auch unberührt bleiben werden. Dieser soll nach fünf Produktionsjahren als eine Mülldeponie gebraucht werden. Somit wird doch einige Eisfläche zerstört und verschmutzt (Brenning/Azócar 2010: 153). Die Gletscher werden nicht nur auf direktem Weg beschädigt. Durch die Benutzung von Sprengstoffen werden die Gletscher schneller schmelzen und verschmutzt, was auch auf das Wasser einen negativen Effekt hat (Krüger 2008: 2). Wie man aus Erfahrung von anderen Bergbauprojekten weiss, wird die Pascua-Lama Mine auch auf das Ökosystem der Region einen Einfluss haben. Durch den hohen Wasserverbrauch und die Verschmutzung ist die einzigartige Flora und Fauna bedroht. In der Andenregion auf der chilenischen Seite des Pascua-Lama gibt es einen hohen Grad an genetischem Endemismus. Zusätzlich ist diese Region Heimat von Vikunja-Populationen, welche vom Aussterben bedroht sind. Das größte Problem bei dieser Art von Ökosystemen ist, dass die Fortpflanzung auf dieser Höhe sehr langsam ist, wodurch im Falle einer Zerstörung die Erholungsphase entsprechend schwierig ist (Villagrán 2006: 11-12). Gleich wie in Chuquicamata wird in diesem Projekt viel Erde bewegt. Das führt zu einem Anstieg der geologischen Risiken und zur Veränderung der regionalen Landschaft. Der Bau neuer Straßen wird den Verkehr in dieser Zone steigern, da die gewonnenen Rohstoffe abtransportiert werden müssen. Bei extraktivistischen Projekten werden oft Enklaven gebildet, wo die Arbeiter in eigens geschaffenen Siedlungen wohnen. Dieses Phänomen wird auch hier erwartet. Die Firma Barrick und die chilenische Regierungen betonen oft die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Man muss aber beachten, dass von den 3000 Personen, die bei der Konstruktionphase der Mine eingestellt werden, nur 750 aus Chile kommen. Für die folgende Operationsphase werden 1500 Arbeiter benötigt, lediglich 500 davon werden aus Chile sein (Urkidi 2008: 70). Das heisst, dass dieses Projekt nicht sehr viele Arbeitsplätze für Chilenen schaffen wird. 15
  • 17. 4. Analyse und Diskussion 4.1 Unterschiede und Ähnlichkeiten der Projekte auf Basis theoretischer Überlegungen Wenn man die zwei in dieser Arbeit behandelten Projekte vergleicht, stellt man fest, dass beide trotz zeitlicher Distanz zu ähnlichen Veränderungen in den jeweiligen Regionen führten. Brand (2012) unterscheidet im Kontext der gegenwärtigen multiplen Krisen die Begriffe Transition und Transformation. Den Begriff Transition versteht er im normativen Sinn und benutzt ihn für politische Bemühungen, um ungewünschten Entwicklungen durch politische Massnahmen entgegenzuwirken. Transformation hingegen benutzt er als analytischen und deskriptiven Begriff zur Beschreibung umfassender sozialer und wirtschaftlicher Prozesse des Wandels. Sowohl beim relativ neuen Projekt Pascua-Lama als auch beim Projekt Chuquicamata, welches seit fast 100 Jahre existiert, beobachten wir keine Transformation (und somit kein umfassender sozialer und wirtschaftlicher Wandel) bezüglich der Bergbaugesetze, der Behandlung der betroffenen Bevölkerung und der Umwelt. Eine Transition ist jedoch sichtbar, da die angewandten Technologien stetig verbessert wurden. Sowohl bei Pascua-Lama als auch den neuen Plänen für Chuquicamata müssen die Firmen umweltpolitische Auflagen erfüllen. Die Ausbeutung durch nationale und internationale Firmen ist an die Bedingung geknüpft, dass sie die neusten Technologien verwenden und die Umwelt nicht oder nur wenig zerstören. Chile wird von Thwaites (2010) als ein Musterland des Neoliberalismus betrachtet, und unterscheidet sich folglich von vielen anderen Ländern Lateinamerikas, welche seit Ende der neunziger Jahre eine Transformation weg vom Neoliberalismus erleben. Chile verfolgt weiterhin eine Politik der liberalen Märkte und der freien Kapitalmobilität, mit dem Ziel, globales Kapital anzulocken. Das kann man auch bei der Entwicklung der Projekte sehen. Chuquicamata wurde bis 1971 von einer amerikanischen Firma betrieben, welche sehr wenig an den Staat zahlen musste. Das gleiche trifft für die Pascua-Lama-Mine zu. Die kanadische Firma Barrick hat die Bewilligung für den Abbau unter sehr ähnlichen Bedingungen erhalten. Die Firma muss praktisch nichts ihrer Gewinne dem Staat abliefern. Obwohl oft von der zentralen Bedeutung des Bergbaus für die chilenische Wirtschaft gesprochen wird, hat selbst die Weltbank eine negative Korrelation zwischen der relativen Größe des Bergbausektors in der nationalen Ökonomie und dem BIP-Wachstum festgestellt. Bei Chuquicamata konnten wir sehen, wie sich der Lebensstandard der drei kleinen Dörfer mit dem Beginn des Projekts sehr stark verschlechtert hat, und die Dörfer schlussendlich 16
  • 18. durch das Bergbauprojekt geschluckt wurden. Die drei Dörfer litten unter einer hohen Rate an Alkoholismus, Drogenkonsum, AIDS und Prostitution. Das gleiche könnte auch in der Kommune Alto del Carmen und sogar bei den anderen zwei Kommunen passieren. Auf sozialer Ebene kann beobachtet werden, dass in Bergbauzone solche Probleme häufig auftauchen und mit der Zeit die soziale Realität dominieren (Pegg 2006: 378-379). Es ist bemerkenswert, wie das westliche Entwicklungsparadigma, welches auch von Juan Pablo Orrego erwähnt wurde (vgl. Ringvorlesung 14. November 2012), auch im Fall des Bergbaus in Chile zu beobachten ist. Oberstes Ziel ist es weiterhin, das Wirtschaftwachstum nach Vorbild der westlichen Länder zu maximieren, während die negativen Auswirkungen auf die Natur und die lokale Bevölkerung immer diesem Ziel untergeordnet sind. Während westliche Bergbauunternehmen in den reichen Ländern des Nordens die hohen Umweltstandards erfüllen müssen, sind die gleichen Konzerne (in unserem Fall aus den USA und Kanada) in Lateinamerika für die Schädigung der Umwelt und der Bevölkerung verantwortlich. Die Regierung in Chile strebt weiter nach einer wirtschaftlichen Entwicklung, ohne aber eine wirklich nachhaltige Entwicklungspolitik zu verfolgen, welche sowohl soziales Wohlergehen als auch den Erhalt der Umwelt berücksichtigten sollte. Der Hegemoniebegriff von Gramsci kann im Kontext des Bergbaus in Chile ebenfalls angewandt werden. Die herrschende Eliten haben es geschafft, dass die extraktivistischen Aktivitäten vom größten Teil der Bevölkerung unterstütz werden. Aufgrund der dominanten Logik des stetigen Wachstums sehen viele den Bergbau als etwas Gutes für die Entwicklung Chiles und folglich für den eigenen Wohlstand. Dies hat zur Folge, dass viele Leute, die teilweise auch negativ vom Bergbau betroffen sind, diesen dennoch unterstützen, ohne dass die Regierung dazu Zwang anwenden muss (vgl. Gramsci 1991ff.: 499, 6: 783, 13: 1560ff.). Das kann man auch bei der Reaktion der „Junta de Vigilancia del Huasco“ sehen. Sie betrachtet den Pascua-Lama als etwas Notwendiges für die Entwicklung ihrer Region und unterstützt dieses Projekt weiter, obwohl die Erfahrung zeigt, dass Bergbau für die Anwohner von Minen nur selten zu einer nachhaltigen Verbesserung des Lebensstandards führt. Beim Projekt Chuquicamata war dies auch der Fall, da es während fast 100 Jahren kaum Opposition seitens der lokalen Bevölkerung gegen die Existenz des Projektes gab. Um dieses Kapitel zu beenden, möchten wir noch kurz die sozialen Bewegungen im Fall Pascua-Lama betrachten. Bezüglich der Fragen der Mobilisierung lässt sich das Konzept Scale anwenden. Für die Frage nach dem Erfolg der sozialen Bewegungen werden wir uns auf Einsichten der Debatte zu „political culture“ beziehen. Das Konzept Scale (vgl. Ringvorlesung von Bettina Köhler vom 7. November 2012) weist auf die Problematik hin, aus welcher Perspektive Naturprobleme betrachtet werden. Eine 17
  • 19. Verlagerung der Perspektive kann dabei politische Implikationen haben. Es macht beispielsweise einen großen Unterschied in der Problemdefinition, ob die Gletscher auf dem Gebiet des Pascua-Lama nur als Teil des Lebensraum der Kommune Alto del Carmen gesehen werden, oder ob sie als Teil der durch den Klimawandel bedrohten globalen Eisdecke gesehen werden. Bei Pascua-Lama konnten wir beobachten, dass durch die globale Sensibilisierung für den Klimawandel die Gefahr für die Gletscher sich positiv auf die internationale Mobilisierung auswirkte. Im Falle von Cuquicamata war dies anders, da die sozio-ökologischen Auswirkungen bis jetzt „nur“ die lokale (Camala), regionale (Tocopilla3 ) und nationale Ebene betrafen, ohne dass dabei die Umweltveränderungen im globalen Umweltdiskurs auf Resonanz gestossen sind. Die Interessen, welche sich aus einer globalen Perspektive auf dieses Bergbauprojekt herleiten, müssen sich jedoch nicht mit den lokalen Interessen decken, und stellen somit neben der Mobilisierungshilfe auch ein Risiko in der Lösungsfindung dar. Der Erfolg sozialer Bewegungen wird oft nur auf der Ebene der institutionellen Politik betrachtet und gemessen. Das heisst, man spricht nur von Erfolg, wenn die Forderungen von offiziellen politischen Institutionen aufgenommen wurden. Dieser Auffassung liegt eine spezifische soziale Konstruktion zu Grunde, was in der Gesellschaft als politisch gilt (die sogenannte „political culture“). Sekler (2009) weist auf die Relevanz der Verschiebung von diesen spezifischen sozialen Konstruktionen „des Politischen“ hin. Ziel der „cultural politics“ ist es, alternative Definitionen von dem, was als politisch gilt, durchzusetzen. Obwohl das Projekt Pascua-Lama gebilligt wurde, und die politischen Forderungen der sozialen Bewegungen folglich auf formal-institutioneller Ebene erfolglos blieben, muss dies nicht heißen, dass die sozialen Bewegungen keinen politischen Erfolg hatten. Durch den Widerstand haben die sozialen Bewegungen viele Leute auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene mobilisiert und somit für die Problematik der sozio-ökologischen Risiken des Bergbaus sensibilisiert. Dadurch verbreiteten sie alternative Diskurse und Praktiken, die in der Gesellschaft eine Wirkung haben können und in Zukunft zu einer sozialen, ökologischen und sogar wirtschaftlichen Transformation beitragen könnten. Ihr Erfolg mag kurzfristig nicht sichtbar sein. Dies bedeutet aber nicht, dass ihre Mobilisierung uneffektiv war. 3 Aufgrund der hohen Nachfrage nach Strom in Chuquicamata wurden in Tocopilla mehrere Wasserkraftwerke gebaut, um die Chuquicamata-Mine mit Strom zu versorgen. 18
  • 20. 5. Schlusswort In dieser Arbeit versuchten wir durch die Beschreibung zweier Projekte aufzuzeigen, welchen Einfluss die extraktivistischen Aktivitäten des Bergbaus in Chile auf die Wirtschaft sowie die sozio-ökologische Situation auf lokaler, regionaler, nationaler und sogar internationaler Ebene hat. Die gesetzliche Situation in Chile begünstigt den Bergbau, und sowohl staatliche als auch internationale Unternehmen sind in diesem Sektor tätig. Trotz einigen Anpassungen der Gesetze in den letzten Jahren profitieren die internationalen Firmen weiterhin von Subventionen, während sie kaum Abgaben an den Staat leisten müssen. Der Bergbau war zwischen 1995 und 2000 zwar für 5,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich, trug im selben Zeitraum aber nur 1,9 Prozent zum Steueraufkommen bei. Chile bleibt weiterhin vom Export der Bergbauprodukte abhängig und verdankt auch sein seit Jahren anhaltendes wirtschaftliches Wachstum der Intensivierung der Ausbeutung von Mineralen. In diesen Sinn beobachtete man keine Transformation in der Politik der Extraktivismus. Die Prämisse der Notwendigkeit des Bergbaus zur Steigerung der nationalen Wirtschaftsleistung hat sich nicht geändert. Hingegen ist mit den intensivierten Umweltschutzbemühungen und der Entwicklung neuer Technologien eine Transition in Brands Sinne beobachtbar. Obwohl der Bergbau in den Regionen von Antofagasta und Atacama die Armut und Ungleichheiten statistisch gesehen gesenkt haben, müssen für eine umfassende Betrachtung auch die sozio-ökologischen Veränderung, welche die Projekte Chuquicamata und Pascua- Lama mit sich bringen, betrachtet werden. Dabei wird deutlich, dass diese Projekte bedeutende negative Auswirkungen (im Bereich Gesundheit, soziale Struktur und Wirtschaftsweise) auf die lokale Bevölkerung hatten. In Gebiet Chuquicamata haben die Bergbauaktivitäten trotz negativer Auswirkungen auf die Gesundheit und die Bildung der Bewohner kaum zu sozialem Widerstand und der Bildung Sozialer Bewegungen geführt. Das Gegenteil passierte beim Pascua-Lama Projekt. Der Aufbau dieses Projekts führte nicht nur zur Mobilisierung der direkt betroffenen Einwohner, sondern auch internationaler Gruppierungen. Ein Grund dafür war, dass die negativen Effekte des Projektes globale Beachtung fanden. Abschliessend lässt sich feststellen, dass die Bergbauaktivitäten in Chile sowohl positive wie negative Auswirkungen haben. Chile Bergbaupolitik befindet sich weiterhin in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Wachstums dank der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und der negativen sozialen und gesundheitlichen Folgen für die Menschen und die Umwelt in den Fördergebieten. Für die nahe Zukunft ist davon auszugehen, dass durch die Internationalisierung des Widerstands gegen schädliche Bergbaupraktiken und ungleiche 19
  • 21. Verteilung des Reichtums mit einer Zunahme der sozio-ökologischen Konflikten zu rechnen ist. 20
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