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Mozart der Briefeschreiber                                                       © Janien Benaets 2006
Ein MiniLernProgramm im interaktiven Workshop präsentiert
Mit zwei Briefebeilagen1 , zwei Informationen2, eine PPt-Präsentation3 und welche Bilder4

Intro

Das Konzept
Das Thema Mozart ins Klassenzimmer bringen ist nie so leicht gewesen. Was könnten wir noch
hinzufügen, das interessanter, anregender, heiterer oder ernster, oder noch besser konzipiert und
professioneller erarbeitet wäre als die wundervollen Lerneinheiten und Unterrichtsprojekte und
viele andere interessante Materialien im Internet?! Im Kontrast zu diesem Füllhorn zeigt sich das
MiniLernProgramm über Mozart der Briefeschreiber als 'klassisch', langsam und beschränkt.

Die Zielsetzung
Deutsch lernen zum Vergnügen: wir begegnen Mozart in seinem wirklichen Leben, über das er
Auskunft gibt. Wir entdecken ihn als 'Wortkünstler'. In der Intimität, in die wir Einblicke
bekommen, versuchen wir die Emotionen, die zum Ausdruck kommen, zu benennen.
quot;Er schreibt wortreich, spontan, witzig, bildhaft.quot; (Claus Spahn, Die Zeit, 08-12-2005)

Die Didaktik
Klassisch
*die bewährte Lese- und Sprechübung, die einfache Hörübung, die unerlässliche Sucharbeit,
harmlose Lexikonerwerbung, bewährte Gruppenarbeit.

Langsam
*das Lesen, Hören und Verstehen von alten Briefen in Originalfassung, die Observierung von
Gefühlen, der Versuch zur Empathie, der Ausdruck von Emotionen, die Entdeckung einer
Künstlerpersönlichkeit.

Beschränkt
*die Materialien, wie die Auswahl von ein paar Briefen aus den Hunderten, die Erarbeitung
dieser Briefe in einem anspruchslosen didaktischen Entwurf, der Einsatz von nur
einer Audio-CD, einem Webradio, einer digitalen Bibliothek, zwei Videobriefen von Jan Boon,
einigen Abbildungen, einer Vokabelnreihe, einem Ausstellungsrundgang dhm.de.

Das MiniLernProgramm
Das Mozartprogramm zeigt sieben Phasen auf, die in zwei oder drei Deutschstunden verlaufen
können. In einer Stunde z.B. können Phasen 1 + 2 durchlaufen werden.
1 Das Briefepuzzle
2 Brandauer liest Mozart
3 Die Bäsle-Briefe in Originalfassung
4 Sprachspiele und Obszönitäten
5 Der Ausdruck von Emotionen
6 quot;Frulla Baasquot;5: korrespondierende Briefe-Vorträge

1
  Zum Zerschneiden fürs Briefepuzzle (MiniLernProgramm 1).
2
  Uwe Friedrich, www.mdr.de, 23-01-2006 und www.ditzi.com.
3
  Mit herzlichem Dank an meine Kinder JP und MB.
4
  Mit herzlichem Dank an meinen Kollegen Filip De Nys für Dokumentationen und Jan Ceulemans für Fotos.
5
  Mit herzlichem Dank an Jan Boon für die DVD mit zwei Filmausschnitten in Exklusivität für den Tag der
deutschen Sprache und Kultur, CNO-Universiteit Antwerpen, quot;Frulla Baas. Versie Janien Benaetsquot;, 2006.


                                                               Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   1
7 Der Ausstellungsrundgang: W.A. in Prechtls Welttheater.

Das MiniLernProgramm Mozart der Briefeschreiber
1 Das BriefePuzzle
1.1 Zwei zerschnittene Mozartbriefe werden in Gruppenarbeit möglichst schnell wieder
zusammengesetzt.
Plenum: an wen adressierte Mozart diese Briefe? Worüber schrieb er?
(1) 'an den Vater' bei Gelegenheit der Geburt seines Sohnes und
(2) 'ans Bäsle', seine Cousine, einen Liebesbrief. (Texte ard.de)

1.2 Vergleich: die Gestaltung eines Briefes damals und jetzt.
Zum Mozartbrief gehören wie zu modernen Briefen:
Absender - Datum - Anrede - Text - Gruβzeile - Unterschrift.


2 Brandauer liest Mozart
Wir hören den Brief an den Vater (1), vorgelesen vom Schauspieler Klaus Maria Brandauer.
(Audio-CD).


3 Die Bäsle-Briefe in Originalfassung
Das Bäsle, seine Cousine Maria Anna Thekla Mozart, war laut vielen Biographen, Mozarts erste
groβe Liebe. In der digitalen Bibliotheka Augustana finden wir in der Harsch-Kollektion alle
Bäsle-Briefe in Originalfassung und eine Biographie von Maria Anna Thekla.
Sucharbeit
- Wieviele Briefe schrieb Mozart ans Bäsle?
- Wie alt war Mozart, als er die Briefe schrieb und wo lebte er zur Zeit?
- Wie war sein Verhältnis zu seiner Cousine?
(Internetsuche)


4 Sprachspiele und Obszönitäten
Am 5.November 1777 schrieb W.A. aus Mannheim einen sehr berühmten Brief ans Bäsle, in
dem die derbe Sprache auffällt. Zahlreiche Psychologen, auch Schriftsteller und Philosophen
haben sich mit dem Text auseinandergesetzt: Leidenschaft - Koprolalie - Analerotik - Tourette-
Syndrom - sind sehr häufig genannte Erklärungen für die derbe Sprache eines musikalischen
Genies.

Oder hat das Spielen mit der Sprache Mozart nur viel Spaβ gemacht! Es gibt Reimspiele,
Synonymenspiele, das Spiel mit Satzverdrehungen, Stottern, das Spiel mit
Alltagsgesprächwiederholungen, mit Briefschreibkonventionen. (Manfred Jobst im Marburger
Forum, Jg. 7, 2006.)

Observierendes Lesen
Wir suchen Beispiele für Sprachspiele und Obszönitäten in Ausschnitten aus Bäsle-Briefen.
(Textmaterial aus quot;War das Bäsle schwanger von Mozart?quot; von Uwe Friedrich, www.mdr.de,
Mitteldeutscher Rundfunk Leipzig, Manuskript zur Reihe, 23. Januar 2006.)




                                                        Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   2
5 Der Ausdruck von Emotionen
quot;Neulich war ich übels Humors, da schrieb ich schön, gerade und ernsthaft; heute bin ich gut
aufgereimt, da schreib ich wild, krumm und lustig.quot; (Mozart in einem Bäsle-Brief)
Als Selbstzeugnisse eignen Briefe sich zum Ausdruck von Emotionen.

Vorbereitung: Kleines Lexikon der Emotionen
- Ordne in Gruppenarbeit den Abbildungen die 6 Grundemotionen zu: 1 Freude (Glück,
Begeisterung, Genuss, Spaβ, Lust, Vergnügen, Zufriedenheit, Euforie, Schwärmen, gute Laune,
Aufgeräumtheit,...), 2 Traurigkeit (Unglück, Bitterkeit, Leid, Schwermut, Sehnsucht,
Melancholie, Trübsinn, Wehmut, Verzweiflung, Unzufriedenheit... ), 3 Angst (...), 4 Furcht,
5 Ekel, 6 Überraschung.
Andere: Liebe, Interesse, Schuldgefühl,...
(Material: Abbildungen von P. Ekman)

'Wechselbad der Gefühle'
- Welche Emotionen (Freude / Traurigkeit) hören wir in den vorgelesenen Texten von Mozart?
Brandauer liest Mozart (Audio-CD oder der Brief des Tages auf ard.de, 2006)


6 quot;Frulla Baasquot;: korrespondierende Briefe-Vorstellung
Videobriefe von Jan Boon* mit Maaike Neuville (das Bäsle) und Michaël Pas (Mozart) werden
live begleitet von Jan Vermeulen am Walter Pianoforte mit Mozart (ein 'musikalischer
Briefumschlag' für die Videobriefe), eine Produktion von Jeugd en Muziek Brussel + vzw
Kontekst: so feiert man in Flandern mit quot;Frulla Baasquot; Mozart und seine Bäsle-Briefe im
internationalen Mozartjahr 2006.

Korrespondierende Briefe-'Lesung'
Zwei Schauspieler, Klaus Maria Brandauer und Michaël Pas, mal Deutsch, mal Niederländisch,
in der Haut von Mozart.
Wir hören (und sehen) uns an: Mannheim, 3 december 1777 und Mannheim, 3. Dezember 1777
quot;Ma très chère Cousine...quot;

*Mit herzlichem Dank an Jan Boon für die DVD mit zwei Filmausschnitten in Exklusivität für
den Tag der deutschen Sprache und Kultur, CNO-Universiteit Antwerpen, quot;Frulla Baas. Versie
Janien Benaetsquot;, 2006.


7 Der Ausstellungsrundgang: W.A. in Prechtls Welttheater
Michael Prechtl, berühmter deutscher Graphiker und Buchillustrator, hat sich auch an Mozarts
Bäsle-Briefen inspiriert in seinem imaginären Welttheater von Geschichts- und Literaturbildern.
Sprechen:
- wir präsentieren diese Abbildungen und fragen die Links zu den gelesenen und gehörten Bäsle-
Briefen anzudeuten,
- bzw. den fünf Aquarellzeichnungen Zitate aus den gelesenen Texten beizulegen.




Janien Benaets

                                                        Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   3
Beilagen
18. Juni 1783

 Mon trés cher Pére!


 Ich gratuliere, Sie sind Gros-Papa!



 – Gestern früh den 17. um halb 7 uhr ist mein liebes Weib
 glücklich mit einem großen, Starken und kugelrunden Buben
 entbunden worden;



 – um halb 2 uhr Nachts fiengen die Schmerzen an – und um
 halb 7 uhr war alles verbey.
 Mein liebes Weib befindet sich, so viel es diese umstände
 zulassen, recht gut.



 – Ich hoffe zu Gott, daß, da sie sich gut hält, sie ihr kindbett
 auch glücklich überstehen wird. –




 Auf das Milchfieber habe ich Sorge! – Denn sie hat ziemliche
 Brüste! – Nun hat das Kind wieder meinen Willen, und doch mit
 meinem Willen eine Säug-Amme bekommen!




                                         Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   4
– Meine Frau sie seye es im Stande oder nicht, sollte
niemalen ihr kind stillen das war immer mein fester Vorsaz! –
Allein, einer andern Milch solle Mein kind auch nicht
hineinschlucken! – Sondern bey Wasser, wie meine Schwester
und ich, will ich es aufziehen.



– Allein – die Hebamme, meine Schwiegermutter, und die
meisten leute hier haben mich ordentlich gebeten ich sollte das
nicht thun,




nur aus dieser ursache weil hier die meisten kinder beym
Wasser darauf gehen, indemm die leute hier nicht damit
umgehen können – das hat mich nun bewegt – nachzugeben –
denn – ich möchte mir nicht gerne einen Vorwurf machen
lassen. –




gehorsamste kinder




Wolfgang Amadé et Constanze Mozart




                                      Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   5
10. Mai 1780




 Liebstes, bestes, schönstes, liebenswürdigstes, reizendstes, –
 blass mir hint´ aini – von einem unwürdigen Vetter in Harnisch
 gebrachtes – gut ists – bässchen – wohl bekomms. – oder
 Violoncellchen!



 Ob ich Joannes Chrisostomus Sigismundus Amadeus
 Wolfgangus Mozartus wohl im stande seyn werden, den ihre
 reizende schönheit |: visibilia und invisibilia :| gewis um einen
 guten Pantofel-absatz erhöhenden Zorn zu stillen, mildern,
 oder besänftigen will so viel sagen, als Jemand in seiner sänfte
 sanft tragen



 – ich bin von natur aus sehr sanft, und einen senf esse ich
 auch gern, besonders zu dem Rindfleisch.




 Ja mein liebes violoncellchen! So geht und steht es auf der
 Welt, einer hat den beutel, und der andere hat das geld, und
 wer beydes nicht hat, hat nichts, und nichts ist so viel als sehr
 wenig, und wenig ist nicht viel,




                                         Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   6
folglich ist nichts immer weniger als wenig, und wenig immer
mehr als nicht viel, und viel immer mehr als wenig, und – so ist
es, so war es, und so wird es seyn.




Mach ein End dem Brief, schliess ihn zu,




und schick ihn fort an ort und End – feigele:




dero gehorsamster unterthänigster diener




mein arsch ist kein Wiener




Adieu




Wolfgang Amadé Mozart




                                       Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   7
Serie | FIGARO

War das Bäsle schwanger von Mozart?
Manuskript zur Reihe
von Uwe Friedrich



Maria Anna Thekla Mozart eignet sich aber auch zu gut als sexuelle
Projektionsfläche für unterbeschäftigte Mozartforscher. Wir wissen
kaum etwas über sie, außer dass Cousin Wolfgang Amadé im Jahr 1777
viel Zeit mit ihr verbracht hat. Was die beiden genau taten, entzieht
sich komplett unserer Kenntnis, denn weder Maria Anna Thekla,
genannt quot;das Bäslequot; hat sich detailliert darüber geäußert, noch
Wolfgang. Das hat Mozart-Biographen nicht gehindert, von Mozarts
erster Liebe zu schreiben und von seinem sexuellen Erwachen. Da war
er immerhin schon 21 Jahre alt. Die Briefe geben das eigentlich nicht
her, auch wenn sie einigermaßen obszön sind:


quot;Jetzt wünsch ich eine gute Nacht, scheißen sie in Bett,
das es kracht; schlafens gesund, reckens den Arsch
zum Mund; ich gehe jetzt nach schlaraffen, und tue ein
wenig schlafen. Morgen werden wir uns gescheit
sprechen brechen. Ich sage ihnen eine Sache Menge zu
haben, sie glauben es nicht gar können; aber hören sie
morgen es schon werden. Leben sie wohl unterdessen,
ach mein Arsch brennt mich wie Feuer! Was muss das
nicht bedeuten. Vielleicht will Dreck heraus. Ja, ja,
Dreck, ich kenne dich, sehe dich, und, was ist das?
Ist’s möglich? Ihr Götter! Mein Ohr, betrügst du mich
nicht? Nein, es ist schon so, welch langer, trauriger
Ton!quot;

Aus einem Mozartbrief


Dass der geniale Komponist Mozart gleichzeitig eine solch pubertäre
Freude an Tabubrüchen hatte, ließ die Musikwissenschaftler bis heute
nicht ruhen. Zuletzt hat Rudolf Reiser in seinem Buch quot;Mozart in
Bayernquot; nachzuweisen versucht, dass es sich auch bei den Obszönitäten
um einen Geheimcode handele. Mozart habe befürchtet, Cousine Maria
Anna Thekla sei möglicherweise schwanger von ihm. Mittels einer
komplizierten Verschlüsselungstechnik habe er in seinen Briefen ein
Hausmittel zur Verhütung und Abtreibung empfohlen und schließlich im
nächsten Brief seiner Freude über die verhinderte Schwangerschaft
Ausdruck verliehen.

                                           Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   8
quot;Ma très chere Cousine!
Bevor ich ihnen schreibe, muss ich aufs Häusel gehen.
Jetzt ist’s vorbei! Ach! Nun ist mir wieder leichter ums
Herz! Jetzt ist mir ein Stein von Herzen, nun kann ich
doch wieder schmausen! Nu, nu, wenn man sich
haltausgeleert hat, ist’s noch so gut leben. Ich hätte
dero Schreiben vom 25. November richtig erhalten,
wenn Sie nicht geschrieben hätten, dass Sie Kopf-,
Hals- und Armschmerzen gehabt hätten, und dass Sie
jetzt nun, dermalen, alleweil, den Augenblick keine
Schmerzen mehr haben, so habe ich dero Schreiben
vom 26. November richtig erhalten. Ja, ja, meine
allerliebste Jungfrau Baas, so geht es auf der Welt;
einer hat den Beutel, der andere das Geld, mit was
halten sie es?quot;

Mozart an seine Cousine Maria Anna Thekla


Ob das Bäsle 1777 schwanger war, ob sie überhaupt je schwanger hätte
werden können von dem, was sie mit ihrem Cousin Wolfgang gemacht
hat, wir werden es wohl nie verlässlich erfahren. Vielleicht stand in
ihren Briefen, was wir heute so dringend wissen wollen, aber die sind
nunmal verschollen. Was wir aber genau wissen ist, dass der
offenherzige Tonfall in der gesamten Familie Mozart gepflegt wurde.
Auch Mutter und Vater äußern sich in ihren Briefen mitunter detailliert
über ihre Verdauung. Auch hier fällt der Apfel nicht weit vom Ross,
wenn der Kalauer ausnahmsweise mal erlaubt ist. Und immerhin stellte
er seine Cousine vor die Wahl, welche Art Briefe sie in Zukunft erhalten
wollte.

quot;Neulich war ich übels Humors, da schrieb ich schön, gerade und
ernsthaft; heute bin ich gut aufgereimt, da schreib ich wild,
krumm und lustig; jetzt kommt’s nur drauf an, was ihnen lieber
ist. Unter den beiden müssen sie wählen, denn ich hab kein
Mittel. Schön oder wild, grad oder krumm, ernsthaft oder lustig.
Die ersten drei Wörter oder die letzten. Ich erwarte ihren
Entschluss in dem nächsten Brief. Mein Entschluss ist gefasst.
Wenn mir Not ist, so gehe ich, doch nachdem die Umstände sind,
wenn ich das laxieren habe, so lauf ich und wenn ich gar nicht
mehr halten kann, so scheiß ich in die Hosen.quot;
In seinen Briefen schrieb Mozart gerne sehr deftig und unverblümt.

                                                           Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   9
Mozart Das kranke Genie
Dass Wolfgang Amadeus Mozart am Tourette-Syndrom litt, galt lange Zeit
schon als Vermutung, heute gilt es als bewiesen. Das geht aus einer
Dokumentation des britischen Senders Channel 4 hervor.

Bei seinen vielen Gastspielen bei Hofe war es Mozart nicht möglich,
längere Zeit still zu sitzen. Man schrieb seine Bewegungszwänge aber dem
Temperament zu und übersah es großmütig. Über eine mögliche
Nervenkrankheit wurde freilich damals schon gemunkelt, denn Mozart fiel
auch durch andere quot;Eigenheitenquot; auf. So wählte er zum Beispiel gerne eine
schockierend unpassende Ausdrucksweise in seinen Briefen, und
wechselte vom umgänglichen Plauderton in sinnlose Reimereien und
befremdende Grußworte, deren bekanntestes in einem Brief an seine
Cousine Maria Anna Thekla Mozart (quot;Bäslequot;) belegt ist. Selbst in dem
derben Stil, in dem die Liebesbriefe geschrieben waren, befremdet der
quot;Abschiedgrußquot; , für den er die Worte quot;Herzlichst Ihr Süssmaier
Scheißdreckquot; wählte.

Tics und Zwänge, Grimassieren und verbale Obszönitäten sind typische
Merkmale der Störung, unter der unzählige Menschen weltweit leiden, und
man vermutet, dass das bizarre Verhalten der Betroffenen bisweilen zu
außerordentlicher Kreativität befähigt.


Im Falle Mozarts ist durch die Arbeit von Ludwig von Köchel, der im
sogenannten quot;Köchel-Verzeichnisquot; viele Fakten über Mozart niederschrieb
und seine Werke in chronologischer Reihenfolge nummerierte, der
krankheitstypische Fleiß nahezu bewiesen. Das Köchelverzeichnis beweist,
dass Mozart zumindest 626 Werke (darunter 22 große Bühnenwerke)
geschrieben hatte, obwohl er mit nur 35 Jahren gestorben ist.

Von Tourette-Kranken weiß man, dass sie ihre Zwangsimpulse bei
automatisierten Handlungen wie etwa dem Musizieren unterdrücken
können.
War die unglaubliche Schaffenskraft Mozarts also eine intuitive
Selbsttherapie ?




nach www.ditzi.com

                                           Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber   10

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  • 1. Mozart der Briefeschreiber © Janien Benaets 2006 Ein MiniLernProgramm im interaktiven Workshop präsentiert Mit zwei Briefebeilagen1 , zwei Informationen2, eine PPt-Präsentation3 und welche Bilder4 Intro Das Konzept Das Thema Mozart ins Klassenzimmer bringen ist nie so leicht gewesen. Was könnten wir noch hinzufügen, das interessanter, anregender, heiterer oder ernster, oder noch besser konzipiert und professioneller erarbeitet wäre als die wundervollen Lerneinheiten und Unterrichtsprojekte und viele andere interessante Materialien im Internet?! Im Kontrast zu diesem Füllhorn zeigt sich das MiniLernProgramm über Mozart der Briefeschreiber als 'klassisch', langsam und beschränkt. Die Zielsetzung Deutsch lernen zum Vergnügen: wir begegnen Mozart in seinem wirklichen Leben, über das er Auskunft gibt. Wir entdecken ihn als 'Wortkünstler'. In der Intimität, in die wir Einblicke bekommen, versuchen wir die Emotionen, die zum Ausdruck kommen, zu benennen. quot;Er schreibt wortreich, spontan, witzig, bildhaft.quot; (Claus Spahn, Die Zeit, 08-12-2005) Die Didaktik Klassisch *die bewährte Lese- und Sprechübung, die einfache Hörübung, die unerlässliche Sucharbeit, harmlose Lexikonerwerbung, bewährte Gruppenarbeit. Langsam *das Lesen, Hören und Verstehen von alten Briefen in Originalfassung, die Observierung von Gefühlen, der Versuch zur Empathie, der Ausdruck von Emotionen, die Entdeckung einer Künstlerpersönlichkeit. Beschränkt *die Materialien, wie die Auswahl von ein paar Briefen aus den Hunderten, die Erarbeitung dieser Briefe in einem anspruchslosen didaktischen Entwurf, der Einsatz von nur einer Audio-CD, einem Webradio, einer digitalen Bibliothek, zwei Videobriefen von Jan Boon, einigen Abbildungen, einer Vokabelnreihe, einem Ausstellungsrundgang dhm.de. Das MiniLernProgramm Das Mozartprogramm zeigt sieben Phasen auf, die in zwei oder drei Deutschstunden verlaufen können. In einer Stunde z.B. können Phasen 1 + 2 durchlaufen werden. 1 Das Briefepuzzle 2 Brandauer liest Mozart 3 Die Bäsle-Briefe in Originalfassung 4 Sprachspiele und Obszönitäten 5 Der Ausdruck von Emotionen 6 quot;Frulla Baasquot;5: korrespondierende Briefe-Vorträge 1 Zum Zerschneiden fürs Briefepuzzle (MiniLernProgramm 1). 2 Uwe Friedrich, www.mdr.de, 23-01-2006 und www.ditzi.com. 3 Mit herzlichem Dank an meine Kinder JP und MB. 4 Mit herzlichem Dank an meinen Kollegen Filip De Nys für Dokumentationen und Jan Ceulemans für Fotos. 5 Mit herzlichem Dank an Jan Boon für die DVD mit zwei Filmausschnitten in Exklusivität für den Tag der deutschen Sprache und Kultur, CNO-Universiteit Antwerpen, quot;Frulla Baas. Versie Janien Benaetsquot;, 2006. Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 1
  • 2. 7 Der Ausstellungsrundgang: W.A. in Prechtls Welttheater. Das MiniLernProgramm Mozart der Briefeschreiber 1 Das BriefePuzzle 1.1 Zwei zerschnittene Mozartbriefe werden in Gruppenarbeit möglichst schnell wieder zusammengesetzt. Plenum: an wen adressierte Mozart diese Briefe? Worüber schrieb er? (1) 'an den Vater' bei Gelegenheit der Geburt seines Sohnes und (2) 'ans Bäsle', seine Cousine, einen Liebesbrief. (Texte ard.de) 1.2 Vergleich: die Gestaltung eines Briefes damals und jetzt. Zum Mozartbrief gehören wie zu modernen Briefen: Absender - Datum - Anrede - Text - Gruβzeile - Unterschrift. 2 Brandauer liest Mozart Wir hören den Brief an den Vater (1), vorgelesen vom Schauspieler Klaus Maria Brandauer. (Audio-CD). 3 Die Bäsle-Briefe in Originalfassung Das Bäsle, seine Cousine Maria Anna Thekla Mozart, war laut vielen Biographen, Mozarts erste groβe Liebe. In der digitalen Bibliotheka Augustana finden wir in der Harsch-Kollektion alle Bäsle-Briefe in Originalfassung und eine Biographie von Maria Anna Thekla. Sucharbeit - Wieviele Briefe schrieb Mozart ans Bäsle? - Wie alt war Mozart, als er die Briefe schrieb und wo lebte er zur Zeit? - Wie war sein Verhältnis zu seiner Cousine? (Internetsuche) 4 Sprachspiele und Obszönitäten Am 5.November 1777 schrieb W.A. aus Mannheim einen sehr berühmten Brief ans Bäsle, in dem die derbe Sprache auffällt. Zahlreiche Psychologen, auch Schriftsteller und Philosophen haben sich mit dem Text auseinandergesetzt: Leidenschaft - Koprolalie - Analerotik - Tourette- Syndrom - sind sehr häufig genannte Erklärungen für die derbe Sprache eines musikalischen Genies. Oder hat das Spielen mit der Sprache Mozart nur viel Spaβ gemacht! Es gibt Reimspiele, Synonymenspiele, das Spiel mit Satzverdrehungen, Stottern, das Spiel mit Alltagsgesprächwiederholungen, mit Briefschreibkonventionen. (Manfred Jobst im Marburger Forum, Jg. 7, 2006.) Observierendes Lesen Wir suchen Beispiele für Sprachspiele und Obszönitäten in Ausschnitten aus Bäsle-Briefen. (Textmaterial aus quot;War das Bäsle schwanger von Mozart?quot; von Uwe Friedrich, www.mdr.de, Mitteldeutscher Rundfunk Leipzig, Manuskript zur Reihe, 23. Januar 2006.) Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 2
  • 3. 5 Der Ausdruck von Emotionen quot;Neulich war ich übels Humors, da schrieb ich schön, gerade und ernsthaft; heute bin ich gut aufgereimt, da schreib ich wild, krumm und lustig.quot; (Mozart in einem Bäsle-Brief) Als Selbstzeugnisse eignen Briefe sich zum Ausdruck von Emotionen. Vorbereitung: Kleines Lexikon der Emotionen - Ordne in Gruppenarbeit den Abbildungen die 6 Grundemotionen zu: 1 Freude (Glück, Begeisterung, Genuss, Spaβ, Lust, Vergnügen, Zufriedenheit, Euforie, Schwärmen, gute Laune, Aufgeräumtheit,...), 2 Traurigkeit (Unglück, Bitterkeit, Leid, Schwermut, Sehnsucht, Melancholie, Trübsinn, Wehmut, Verzweiflung, Unzufriedenheit... ), 3 Angst (...), 4 Furcht, 5 Ekel, 6 Überraschung. Andere: Liebe, Interesse, Schuldgefühl,... (Material: Abbildungen von P. Ekman) 'Wechselbad der Gefühle' - Welche Emotionen (Freude / Traurigkeit) hören wir in den vorgelesenen Texten von Mozart? Brandauer liest Mozart (Audio-CD oder der Brief des Tages auf ard.de, 2006) 6 quot;Frulla Baasquot;: korrespondierende Briefe-Vorstellung Videobriefe von Jan Boon* mit Maaike Neuville (das Bäsle) und Michaël Pas (Mozart) werden live begleitet von Jan Vermeulen am Walter Pianoforte mit Mozart (ein 'musikalischer Briefumschlag' für die Videobriefe), eine Produktion von Jeugd en Muziek Brussel + vzw Kontekst: so feiert man in Flandern mit quot;Frulla Baasquot; Mozart und seine Bäsle-Briefe im internationalen Mozartjahr 2006. Korrespondierende Briefe-'Lesung' Zwei Schauspieler, Klaus Maria Brandauer und Michaël Pas, mal Deutsch, mal Niederländisch, in der Haut von Mozart. Wir hören (und sehen) uns an: Mannheim, 3 december 1777 und Mannheim, 3. Dezember 1777 quot;Ma très chère Cousine...quot; *Mit herzlichem Dank an Jan Boon für die DVD mit zwei Filmausschnitten in Exklusivität für den Tag der deutschen Sprache und Kultur, CNO-Universiteit Antwerpen, quot;Frulla Baas. Versie Janien Benaetsquot;, 2006. 7 Der Ausstellungsrundgang: W.A. in Prechtls Welttheater Michael Prechtl, berühmter deutscher Graphiker und Buchillustrator, hat sich auch an Mozarts Bäsle-Briefen inspiriert in seinem imaginären Welttheater von Geschichts- und Literaturbildern. Sprechen: - wir präsentieren diese Abbildungen und fragen die Links zu den gelesenen und gehörten Bäsle- Briefen anzudeuten, - bzw. den fünf Aquarellzeichnungen Zitate aus den gelesenen Texten beizulegen. Janien Benaets Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 3
  • 4. Beilagen 18. Juni 1783 Mon trés cher Pére! Ich gratuliere, Sie sind Gros-Papa! – Gestern früh den 17. um halb 7 uhr ist mein liebes Weib glücklich mit einem großen, Starken und kugelrunden Buben entbunden worden; – um halb 2 uhr Nachts fiengen die Schmerzen an – und um halb 7 uhr war alles verbey. Mein liebes Weib befindet sich, so viel es diese umstände zulassen, recht gut. – Ich hoffe zu Gott, daß, da sie sich gut hält, sie ihr kindbett auch glücklich überstehen wird. – Auf das Milchfieber habe ich Sorge! – Denn sie hat ziemliche Brüste! – Nun hat das Kind wieder meinen Willen, und doch mit meinem Willen eine Säug-Amme bekommen! Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 4
  • 5. – Meine Frau sie seye es im Stande oder nicht, sollte niemalen ihr kind stillen das war immer mein fester Vorsaz! – Allein, einer andern Milch solle Mein kind auch nicht hineinschlucken! – Sondern bey Wasser, wie meine Schwester und ich, will ich es aufziehen. – Allein – die Hebamme, meine Schwiegermutter, und die meisten leute hier haben mich ordentlich gebeten ich sollte das nicht thun, nur aus dieser ursache weil hier die meisten kinder beym Wasser darauf gehen, indemm die leute hier nicht damit umgehen können – das hat mich nun bewegt – nachzugeben – denn – ich möchte mir nicht gerne einen Vorwurf machen lassen. – gehorsamste kinder Wolfgang Amadé et Constanze Mozart Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 5
  • 6. 10. Mai 1780 Liebstes, bestes, schönstes, liebenswürdigstes, reizendstes, – blass mir hint´ aini – von einem unwürdigen Vetter in Harnisch gebrachtes – gut ists – bässchen – wohl bekomms. – oder Violoncellchen! Ob ich Joannes Chrisostomus Sigismundus Amadeus Wolfgangus Mozartus wohl im stande seyn werden, den ihre reizende schönheit |: visibilia und invisibilia :| gewis um einen guten Pantofel-absatz erhöhenden Zorn zu stillen, mildern, oder besänftigen will so viel sagen, als Jemand in seiner sänfte sanft tragen – ich bin von natur aus sehr sanft, und einen senf esse ich auch gern, besonders zu dem Rindfleisch. Ja mein liebes violoncellchen! So geht und steht es auf der Welt, einer hat den beutel, und der andere hat das geld, und wer beydes nicht hat, hat nichts, und nichts ist so viel als sehr wenig, und wenig ist nicht viel, Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 6
  • 7. folglich ist nichts immer weniger als wenig, und wenig immer mehr als nicht viel, und viel immer mehr als wenig, und – so ist es, so war es, und so wird es seyn. Mach ein End dem Brief, schliess ihn zu, und schick ihn fort an ort und End – feigele: dero gehorsamster unterthänigster diener mein arsch ist kein Wiener Adieu Wolfgang Amadé Mozart Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 7
  • 8. Serie | FIGARO War das Bäsle schwanger von Mozart? Manuskript zur Reihe von Uwe Friedrich Maria Anna Thekla Mozart eignet sich aber auch zu gut als sexuelle Projektionsfläche für unterbeschäftigte Mozartforscher. Wir wissen kaum etwas über sie, außer dass Cousin Wolfgang Amadé im Jahr 1777 viel Zeit mit ihr verbracht hat. Was die beiden genau taten, entzieht sich komplett unserer Kenntnis, denn weder Maria Anna Thekla, genannt quot;das Bäslequot; hat sich detailliert darüber geäußert, noch Wolfgang. Das hat Mozart-Biographen nicht gehindert, von Mozarts erster Liebe zu schreiben und von seinem sexuellen Erwachen. Da war er immerhin schon 21 Jahre alt. Die Briefe geben das eigentlich nicht her, auch wenn sie einigermaßen obszön sind: quot;Jetzt wünsch ich eine gute Nacht, scheißen sie in Bett, das es kracht; schlafens gesund, reckens den Arsch zum Mund; ich gehe jetzt nach schlaraffen, und tue ein wenig schlafen. Morgen werden wir uns gescheit sprechen brechen. Ich sage ihnen eine Sache Menge zu haben, sie glauben es nicht gar können; aber hören sie morgen es schon werden. Leben sie wohl unterdessen, ach mein Arsch brennt mich wie Feuer! Was muss das nicht bedeuten. Vielleicht will Dreck heraus. Ja, ja, Dreck, ich kenne dich, sehe dich, und, was ist das? Ist’s möglich? Ihr Götter! Mein Ohr, betrügst du mich nicht? Nein, es ist schon so, welch langer, trauriger Ton!quot; Aus einem Mozartbrief Dass der geniale Komponist Mozart gleichzeitig eine solch pubertäre Freude an Tabubrüchen hatte, ließ die Musikwissenschaftler bis heute nicht ruhen. Zuletzt hat Rudolf Reiser in seinem Buch quot;Mozart in Bayernquot; nachzuweisen versucht, dass es sich auch bei den Obszönitäten um einen Geheimcode handele. Mozart habe befürchtet, Cousine Maria Anna Thekla sei möglicherweise schwanger von ihm. Mittels einer komplizierten Verschlüsselungstechnik habe er in seinen Briefen ein Hausmittel zur Verhütung und Abtreibung empfohlen und schließlich im nächsten Brief seiner Freude über die verhinderte Schwangerschaft Ausdruck verliehen. Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 8
  • 9. quot;Ma très chere Cousine! Bevor ich ihnen schreibe, muss ich aufs Häusel gehen. Jetzt ist’s vorbei! Ach! Nun ist mir wieder leichter ums Herz! Jetzt ist mir ein Stein von Herzen, nun kann ich doch wieder schmausen! Nu, nu, wenn man sich haltausgeleert hat, ist’s noch so gut leben. Ich hätte dero Schreiben vom 25. November richtig erhalten, wenn Sie nicht geschrieben hätten, dass Sie Kopf-, Hals- und Armschmerzen gehabt hätten, und dass Sie jetzt nun, dermalen, alleweil, den Augenblick keine Schmerzen mehr haben, so habe ich dero Schreiben vom 26. November richtig erhalten. Ja, ja, meine allerliebste Jungfrau Baas, so geht es auf der Welt; einer hat den Beutel, der andere das Geld, mit was halten sie es?quot; Mozart an seine Cousine Maria Anna Thekla Ob das Bäsle 1777 schwanger war, ob sie überhaupt je schwanger hätte werden können von dem, was sie mit ihrem Cousin Wolfgang gemacht hat, wir werden es wohl nie verlässlich erfahren. Vielleicht stand in ihren Briefen, was wir heute so dringend wissen wollen, aber die sind nunmal verschollen. Was wir aber genau wissen ist, dass der offenherzige Tonfall in der gesamten Familie Mozart gepflegt wurde. Auch Mutter und Vater äußern sich in ihren Briefen mitunter detailliert über ihre Verdauung. Auch hier fällt der Apfel nicht weit vom Ross, wenn der Kalauer ausnahmsweise mal erlaubt ist. Und immerhin stellte er seine Cousine vor die Wahl, welche Art Briefe sie in Zukunft erhalten wollte. quot;Neulich war ich übels Humors, da schrieb ich schön, gerade und ernsthaft; heute bin ich gut aufgereimt, da schreib ich wild, krumm und lustig; jetzt kommt’s nur drauf an, was ihnen lieber ist. Unter den beiden müssen sie wählen, denn ich hab kein Mittel. Schön oder wild, grad oder krumm, ernsthaft oder lustig. Die ersten drei Wörter oder die letzten. Ich erwarte ihren Entschluss in dem nächsten Brief. Mein Entschluss ist gefasst. Wenn mir Not ist, so gehe ich, doch nachdem die Umstände sind, wenn ich das laxieren habe, so lauf ich und wenn ich gar nicht mehr halten kann, so scheiß ich in die Hosen.quot; In seinen Briefen schrieb Mozart gerne sehr deftig und unverblümt. Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 9
  • 10. Mozart Das kranke Genie Dass Wolfgang Amadeus Mozart am Tourette-Syndrom litt, galt lange Zeit schon als Vermutung, heute gilt es als bewiesen. Das geht aus einer Dokumentation des britischen Senders Channel 4 hervor. Bei seinen vielen Gastspielen bei Hofe war es Mozart nicht möglich, längere Zeit still zu sitzen. Man schrieb seine Bewegungszwänge aber dem Temperament zu und übersah es großmütig. Über eine mögliche Nervenkrankheit wurde freilich damals schon gemunkelt, denn Mozart fiel auch durch andere quot;Eigenheitenquot; auf. So wählte er zum Beispiel gerne eine schockierend unpassende Ausdrucksweise in seinen Briefen, und wechselte vom umgänglichen Plauderton in sinnlose Reimereien und befremdende Grußworte, deren bekanntestes in einem Brief an seine Cousine Maria Anna Thekla Mozart (quot;Bäslequot;) belegt ist. Selbst in dem derben Stil, in dem die Liebesbriefe geschrieben waren, befremdet der quot;Abschiedgrußquot; , für den er die Worte quot;Herzlichst Ihr Süssmaier Scheißdreckquot; wählte. Tics und Zwänge, Grimassieren und verbale Obszönitäten sind typische Merkmale der Störung, unter der unzählige Menschen weltweit leiden, und man vermutet, dass das bizarre Verhalten der Betroffenen bisweilen zu außerordentlicher Kreativität befähigt. Im Falle Mozarts ist durch die Arbeit von Ludwig von Köchel, der im sogenannten quot;Köchel-Verzeichnisquot; viele Fakten über Mozart niederschrieb und seine Werke in chronologischer Reihenfolge nummerierte, der krankheitstypische Fleiß nahezu bewiesen. Das Köchelverzeichnis beweist, dass Mozart zumindest 626 Werke (darunter 22 große Bühnenwerke) geschrieben hatte, obwohl er mit nur 35 Jahren gestorben ist. Von Tourette-Kranken weiß man, dass sie ihre Zwangsimpulse bei automatisierten Handlungen wie etwa dem Musizieren unterdrücken können. War die unglaubliche Schaffenskraft Mozarts also eine intuitive Selbsttherapie ? nach www.ditzi.com Janien Benaets Mozart der Briefeschreiber 10