2. Einleitende Bemerkungen
Das Ritual als Gegenstand empirischer Bildungs- und Sozialforschung
Forschungstraditionen und -linien
D er„perform ati turn“ al Forschungsperspekti
ve s ve
Methodologische und methodische Aspekte
Qualitative Bildungs- und Sozialforschung als multiperspektivisches
Unternehmen
D as Ri forschungsproj des SFB „Kul
tual ekt turen des Perform ativen“
Feldzugänge
Erhebungsmethoden
Transkription und Analysemethoden
3. Aktualität der Ritualforschung
z.B. Soeffner 1992, Belliger/Krieger 1998,
Schäfer/Wimmer 1998, Wulf/Zirfas 2003
Sonderforschungsberei SFB 485 „N orm und Ri “
che tual
(Konstanz) SFB 619 „Ri dynam i ( ei berg)
; tual k“ H del
Modernisierungsfolgen – status quo:
Desintegration, Werteverfall, Entsolidarisierung
Legi m ati
ti on/ Chancen des Ri begri …
tual ffs:
4. „D erRekurs aufden Ri begri fi
tual ff ndet seine
Legi m ati … dari di A l
ti on n, e ternati zw ive schen
einer forcierten Autonomisierung der Subjekte und
der Restitution einer rituell abgesicherten
normativen Kommunität zu verlassen, um das
Verhältnis des modernen Subjekts zu seinem
Anderen als ein stets problematisch bleibendes
hervortreten zu sehen“.
5. Wie werden – geschlechtliche, kulturelle, soziale,
generationale etc. – Differenzen in (post-) modernen
Gesellschaften ausgehandelt?
Wie stellen sich angesichts sozialer Desintegration
(Honneth 1998) Gemeinschaften
„differenzübergrei fend“ her?
Wie gestalten sich Selbstverhältnisse und
Identitätsbildungsprozesse in postmodernen
Gesellschaften?
etc.… ( el
W tverhäl sse,Transzendenz,M acht,
tni
M edi … )
en,
6. Genealogische Perspektive: Begründungsverhältnis
von Religion und Mythos (z.B. Mircea Eliade,
Sigmund Freud, René Girard)
Strukturelle und funktionale Perspektive (z.B. Émile
Durkheim, Marcel Mauss, van Gennep)
Hermeneutische Perspektive: Ritual als Text und
Symbolsystem (Claude Lévy-Strauss, Clifford
Geertz)
Praktische und performative Perspektive: Handlung,
Aufführung, Inszenierung (Erving Goffman, Pierre
Bourdieu, Catherine Bell)
7. Das Konzept des Performativen
Inszenierungsbegriff aus der Theaterwissenschaft
performance (Kunst)
„perform ati A kte“ iS.derSprechakttheori John
ve . e
Austins (Handlungsaspekt, Instaurationsaspekt)
8. Strukturmerkmale des Performativen
Inszenierungs- und Aufführungscharakter (Aufführung
z:B. sozialer symbolischer Ordnungen)
Sozialität (Inszenierung für… )
Erzeugungscharakter (Erzeugung neuer sozialer
Wirklichkeiten, z.B. durch Initiation; Erzeugung bzw.
Transformation von Raum- und Zeitstrukturen, etc.)
Körperlichkeit, Mimesis (Inkorporation, Expressivität
Ereignischarakter)
9. rituelle Inszenierungen von Gemeinschaft
(Schulgemeinschaft, Familie, Peergroup,
Onlinecommunity,… )
rituelle Differenzbearbeitungen (Generation, ethnische
Differenzen, doing gender,… )
rituelle Bearbeitungen von Alterität und Identität
Machtstrukturen in Ritualen und Ritualisierungen
rituelle Gestaltung von pädagogischen Situationen (z.B.
Lehr-Lern-Arrangements) und ihre symbolischen bzw.
normativen Implikationen
Symbolische und transzendente Vollzüge im Ritualen und
alltäglichen Ritualisierungen
11. de facto herrscht Methodenvielfalt im Rahmen der
qualitativen Sozialforschung aufgrund differenter
Zugänge und Traditionen (Ethnographie, Cultural
Studies, Symbolischer IA, Organisationsanalyse,
Bildhermeneutik, Tiefenhermeneutik, objektive
Hermeneutik)
charakteristisch ist (in jedem Fall) der Wechsel von
der Was- zur Wie-Ebene.
Der Form (z.B. von Inszenierungsakten) wird gegenüber
den Inhalten eine dominante Bedeutung zugesprochen
Eine bloße Inhaltsanalyse würde diese Aspekte verfehlen
12. Methodenvielfalt erzeugt differente
Perspektiven.
Si konsti ert dam i ei
e tui t nen „kom pl exen
G egenstand“
Sie ermöglicht/proviziert den Vergleich von
Forschungsergebnissen und damit eine kritische
Reflexion
13. Zu große paradigmatische Differenzen wirken
sich negativ auf Vergleichbarkeit von
Forschungsbeiträgen bzw. deren Validität aus
Zudem weicht die Definition des Gegenstands
(Ritualbegriff) notwendig auf
14. Ti „D i H ervorbri
tel e ngung des Sozi en i
al n
Ri en und Ri i erungen“
tual tualsi
Leitung: Prof. Dr. Christoph Wulf
Projektphasen/Schwerpunkte:
1999-2001: Gemeinschaftsbildung (Wulf e.a.: Das
Soziale als Ritual. Opladen 2001)
2002-2004: Bildung und Ritualtransformation (Wulf
e.a.: Bildung im Ritual. Wiesbaden 2005)
2005-2007: Rituelle Lernkulturen
15. Perspektive des Rituals als Forschungsimpuls
Sozialisationsfelder Schule, Familie, Jugend(kultur),
Medien als Ordnungsprinzip (realisiert in vier
Unterprojekten)
konkrete Forschungsfelder:
eine Grundschule in einem Berliner Innenstadtbezirk
Mehrere Familien von Schülern der Schule
verschiedene Peergroups (teilweise nicht an die Schule
angebunden, jedoch im gleichen Bezirk)
verschiedene medienbezogene Events und Kontexte
17. Ziel: reicher Informationsgehalt der Transkripte
Audio- und Videotranskriptionen in Anlehnung
an die TS-Regeln der Dokumentarischen
Methode, wo sinnvoll
Anpassung durch Beschreibung von Gesten und
Bewegungen
18. GRUPPENDISKUSSION CLAN „MATRICKS“, PASSAGE GEMEINSCHAFTSSINN
((Ein weiteres Clanmitglied (Em), das an der Gruppendiskussion teilnehmen will, bewegt sich auf den auf
einem Sessel sitzenden Dm zu und begutachtet die Armlehne))
Im: Ach=so ( ) nimmst Du den (da)? ((zeigt auf einen freien Stuhl außerhalb der Sitzgruppe))
Dm: Er wird eigentlich (gesucht) (2)
((Am, Cm lachen))
?: Jaja
If: Oder du kannst (1) (ach so)
hier nimm den ((Im nimmt den freien Stuhl und ist
Im: Äh
dabei, ihn zwischen Gm und If hinzustellen))
Em: Ich brauch kein-n Stuhl ( )
Cm: Der passt da noch zwischen ((zeigt auf eine freie Stelle auf dem zweisitzigen Sofa
Im: Ne?
) (1) dem (zappel),
Cm: zwischen Am und Bm)) oder (nimmt) (
((Em setzt sich auf die Armlehne D m ’s))
Wir zeigen Jemeinschafts-
Dm: (genau)
sinn (1)
((Dm und Em legen sich gegenseitig die Arme um die Schultern))
sind wir ja (1)
Cm: So
Am: ähm (.) muss (ich) uns jetzt outen,
((Am, Cm, Dm, Em, Fm, Gm lachen))
Dm: Wir sind (eigentlich jarkeen @Counterstrikeclan@)
Am: @(.)@
((Am, Bm, Cm, Dm, Em, Fm, Gm lachen kurz))
19. H err H ild ebrand sag t lau t „S o“, wendet sich von Claudine ab, dreht sich nach
links, schaut in Richtung der Bildschirme von Ali, Hanna und Karla und geht
d rei S chritte n ach link s „w enn ihr P od est 0 1 h abt“; er h ält ku rz in n e und sag t in
n orm aler L au tstärk e „Umb M o m en t, M o m en t,“ g eh t drei w eitere S ch ritte n ach
link s h in ter H an n a und A li; K arla sag t d erw eilen „ich h ab public of podest 01 “.
Hanna dreht kurz ihren Kopf nach rechts hinten/oben und schaut Herrn
H ild ebrand an , d er sag t „b itte n ich t einfach w ild ru m k lick en . S on st b rau ch en w ir
w ied er so lan ge w ie letztes M al“. M ario n sag t „k an n ich sch on U n terrich t
k lick en?“ H err H ild ebran d g eh t w ied er drei S chritte n ach rech ts, sag t „so , public
of podest 01 .“ E r b leib t h in ter C lau din e stehen , tipp t ihr m it sein er rech ten H and
auf d ie S chu lter u nd sag t „D u m u st erstm al no ch auf public w eiterg eh en“.
Claudine greift daraufhin ihre Maus und klickt, auf ihrem Bildschirm öffnen sich
n eu e F en ster. N ach drei S eku nd en sag t H err H ild ebran d „S o! D a.“
Währenddessen sprechen Ali und Hanna wieder miteinander, bis Herr
H ild ebrand sagt „A li w as is nu?“, w ieder drei S ch ritte n ach link s zu H ann a un d
Ali geht, auf Hannas Bildschirm schaut – auf den auch Ali sowie Karla und
C lau d in e sch auen u nd sag t „N ee, public of podest 01 (.) klicklick (.) jawoll, da
w artet“. E r h ebt b ei h erun terhängenden Armen leicht die Hände nach außen.
20. Das Projekt wendet Auswertungsmethoden
flexibel an.
differenztheoretisch abgewandeltes
Kodierparadigma nach Glaser/Strauss
(Materialauswahl, Segmentierung,
offenes/axiales/selektives Kodieren, Ermittlung
von Kernkategorien bzw. generativen
Leitdifferenzen)
21. Dokumentarische Methode (Auffinden von
Fokussierungsmetaphern, formulierende
Interpretation, reflektierende Interpretation,
Komparative Analyse, Typenbildung)
Dichte Beschreibung (C. Geertz; Rekonstruktion
handlungsleitender Vorstellungsstrukturen auf
der Ebene kultureller Bedeutungen und
Verdichtung im Rahmen e. analytischen
Begriffssystems)
22. Kodierparadigma der Grounded Theory:
Interaktionen, Handlungen und Prozesse
Dokumentarische Methode: Konjunktive
Erfahrungsräume, gemeinschafts- und
Milieuspezifische Habitus und Handlungspraxen
Dichte Beschreibung: (sub)kulturelle
Bedeutungsebenen, subjektive
Bedeutungsaspekte