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Zyperns Ringen um Plan B - Eine Abwägung der aktuell diskutierten Lösungsvorschläge
1. IW policy paper · 3/2013
Zyperns Ringen um Plan B
Eine Abwägung der aktuell diskutierten
Lösungsvorschläge
Autor: Jürgen Matthes
Telefon: 0221 4981-754
matthes@iwkoeln.de
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1. Warum der Eigenanteil Zyperns am Hilfspaket gerechtfertigt ist
Zyperns Parlament hat die Blaupause für die Rettung des Landes abgelehnt und
sucht nun nach einem Plan B. Manche vermuten, hier würde hoch gepokert. Und in
der Tat sollte die Eurogruppe sich nicht erweichen lassen. Denn der Eigenanteil von
5,8 Milliarden Euro am Hilfspaket, den die Eurogruppe einfordert, ist vor allem aus
zwei Gründen gerechtfertigt:
- Ohne ihn würde der zypriotische Staat durch die nötige Bankenrettung
überschuldet sein. Der IWF würde sich dann verabschieden und eigentlich
dürften auch die Eurostaaten einem insolventen Staat keine Liquiditätshilfen
gewähren.
- Zypern hat sein Geschäftsmodell auf ein deutlich überdimensioniertes
Bankensystem aufgebaut und ist damit bewusst Risiken eingegangen. Wie bei
jeder Versicherung ist auch bei der Hilfe der Europartner eine Selbstbeteiligung
nötig.
Zwar sind die zypriotischen Banken nicht zuletzt durch den griechischen
Schuldenschnitt ins Wanken geraten. Doch wohl auch deshalb will die Eurogruppe
Zypern ja auch ein Hilfspaket gewähren, obwohl man begründete Zweifel an der
Systemrelevanz des Landes haben kann. Wenn die Finanzstabilität der Eurozone bei
einer Zypernkrise nicht als gefährdet angesehen werden muss, gäbe es eigentlich
auch keine Rechtfertigung für ein Hilfspaket. Zypern kann also eigentlich sehr froh
über das Entgegenkommen sein.
Die Europartner sollten auch deshalb hart bleiben, weil sie ansonsten die gesamte
Rettungsstrategie gefährden, die ja darauf aufbaut, dass Hilfen nur gegen sinnvoll
Auflagen vergeben werden. Wenn klar ist, dass man sich nur lange genug stur
stellen muss, bis die Eurogruppe einknickt, wäre das ein fatales Signal – und eine
Einladung an die anderen Krisenländern, diese Strategie auch zu verfolgen.
2. Wie kann ein Plan B aussehen?
Es ist nun höchste Zeit, einen Plan B zu entwickeln, mit dem Zypern an die 5,8
Milliarden Euro Eigenanteil kommt. Denn die Europäische Zentralbank kann ihre
Notkredite, auf die die zypriotischen Banken angewiesen sind, nur solange
aufrechterhalten, wie ein Hilfspaket für die Banken realistisch erscheint. Wenn es
ausbleibt, würde sie den Hahn zudrehen müssen und der Großteil des zypriotischen
Bankensystems wäre insolvent. Die Sparer würden dann wohl noch mehr Geld
verlieren als bei der ursprünglich angedachten Zwangsabgabe. Diese auch auf
Kleinsparer auszudehnen hat zu Recht viel Kritik auf sich gezogen, weil damit das
Versprechen der Einlagengarantie bis 100.000 Euro in der EU auch über Zypern
hinaus unglaubwürdig werden könnte.
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Es gibt durchaus alternative Lösungen. So wird eine ganze Reihe von Möglichkeiten
diskutiert: von Krediten aus Russland oder von der wohlhabenden zypriotischen
Kirche über die Befreiung von Kleinsparern von der Zwangsabgabe bis hin zu einer
Insolvenz der großen zypriotischen Banken.
2.1 Problematische Wege
Manche dieser Lösungen helfen nicht oder nur sehr begrenzt weiter.
- So würden Kredite aus Russland oder der zypriotischen Kirche an den Staat den
öffentlichen Schuldenstand erhöhen. Das widerspricht jedoch dem Ziel des
Eigenbeitrages, die Staatsverschuldung weiter tragfähig zu halten. Der IWF
würde bei einer solchen Lösung wohl von Bord gehen, was unbedingt zu
verhindern ist.
- Eine größere Erhöhung der Unternehmenssteuern – etwa auf 20 Prozent statt nur
auf 12,5 Prozent (von den jetzigen extrem niedrigen 10 Prozent) – wäre zwar
sinnvoll. Doch dürften die Einnahmen nicht ausreichen, nicht zuletzt wegen der
rezessiven Wirtschaftslage.
- Auch die Beteiligung von bevorrechtigten Bankgläubigern würde nach
Expertenmeinung bei weitem nicht ausreichen, weil es davon schlichtweg zu
wenige gibt. Außerdem würden davon ähnlich schädliche Wirkungen ausgehen,
wie von dem Bruch der Einlagensicherungsgarantie für Sparer bis 100.000 Euro.
- Privatisierungserlöse sind ohnehin schon im Hilfspaket eingeplant und lassen sich
in aller Regel nicht schnell erzielen.
- Die Verpfändung von zukünftigen Einnahmen aus Erdgasfeldern erscheint
rechtlich kaum verlässlich gestaltbar.
2.2. Gangbare, aber nicht ideale Wege
Einen idealen Plan B gibt es nicht, aber immerhin eine Reihe von Vorschlägen, die in
die richtige Richtung gehen, die allerdings auch unterschiedliche Nachteile haben:
- Kleinsparer mit Bankguthaben unter 100.000 Euro könnten komplett von der
Zwangsabgabe befreit und nur Großanleger für ihre Einlagen, die über diesen
Betrag hinausgehen, mit einem höheren Prozentsatz beteiligt werden. Experten
gehen davon aus, dass dabei eine Quote von rund 15 Prozent ausreichen sollte,
genaue Daten liegen hier aber nicht vor. Die Zwangsabgabe sollte dabei in
Bankanteile umgewandelt werden, die mit einer längeren Haltefrist versehen
werden. Damit könnte man zugleich die Eigenkapitalbasis der Banken stärken.
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Nachteil dieser Lösung ist – wie auch der bisherigen Zwangsabgabe, dass es zu
einem starken Bankrun kommen könnte, der das Bankensystem Zyperns auf
ungeordnete Weise in die Knie zwingen würde und die Situation eskalieren ließe.
- Daher gibt es auch den Vorschlag, die schwankenden Großbanken gleich in eine
geordnete Insolvenz gehen zu lassen. Damit käme man der Auflage, den
zypriotischen Bankensektor bis 2018 um rund die Hälfte schrumpfen zu lassen,
schnell sehr viel näher. Dem stemmt sich die Regierung aber offenbar entgegen.
Wohl auch, weil die Verluste für Großanleger in diesem Fall sehr viel größer
wären und das zypriotische Geschäftsmodell quasi über Nacht dahin wäre.
Gravierender noch ist, dass die mit dieser Lösung verbundenen Verluste der
Anleger bis 100.000 Euro aufgrund der Einlagengarantie vor allem vom
zypriotischen Staat aufzufangen wären - abgesehen von dem nationalen
Einlagensicherungsfonds der Banken, der bei weitem nicht ausreichen dürfte.
Wenn der Staat diese Garantie aufrechterhielte, würde das wegen der immensen
Höhe dieser Einlagen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung Zyperns wohl zur
Überschuldung führen – was ja mit dem Hilfspaket gerade verhindert werden soll.
Ein Schuldenschnitt wäre nötig, würde aber verhindern, dass die EZB weiterhin
zypriotische Staatsanleihen als Sicherheiten für die Refinanzierungskredite an die
zypriotischen Banken akzeptieren kann. Das würde das Bankensystem über
Nacht in die ungeordnete Insolvenz gleiten lassen.
- Um die Belastung der Großanleger durch eine Zwangsumwandlung eines Teils
ihrer Einlagen (in lang zu haltende Bankaktien) zu mindern, könnte auch auf die
Privatvermögen wohlhabender Zyprioten zurückgegriffen werden. Nach Angaben
von Eurostat war das konsolidierte Nettogeldvermögen im Vergleich zur
Wirtschaftsleistung im Jahr 2010 in Zypern mit rund 130 Prozent der
Wirtschaftsleistung sogar etwas höher als in Deutschland. Eine 10-prozentige
einmalige Vermögensabgabe, die ebenfalls in Bankanteile umgewandelt wird,
würde damit schätzungsweise immerhin gut 2,3 Milliarden Euro einbringen. Diese
Abgabe schnell umzusetzen, ist aber technisch nicht ganz einfach.
- Die wohl charmanteste Lösung – vorgebracht von Mitu Gulati und Lee C.
Buchheit – wäre die Schaffung von Einlagenzertifikaten in Kombination mit einer
Streckung der Rückzahlungsfristen der zypriotischen Staatsanleihen um fünf
Jahre. Bei den Einlagenzertifikaten würden sämtliche Einlagen über 100.000 Euro
in zinstragende Berechtigungsscheine mit einer (wählbaren) Mindestlaufzeit von
fünf oder zehn Jahren umgewandelt werden. Das Ziel dabei: die Abwanderung
dieser Gelder und damit die drohende Insolvenz der betroffenen Banken zu
verhindern. Diese Einlagenzertifikate könnten sogar frei handelbar sein, so dass
Anleger ihr Exposure vermindern können, wenn sie einen Käufer finden. Die
Streckung der Rückzahlungsfristen der Staatsanleihen hat das Ziel, den
Hilfskreditbedarf des ESM zu mindern. Zur technischen Umsetzung machen
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Gulati und Buchheit, die Experten für Staatsbankrotte sind, konkrete Vorschläge.
Zudem könnte die EZB - anders als bei einem Schuldenschnitt - die zypriotischen
Staatsanleihen weiter als Sicherheiten akzeptieren.