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LOGISTIK
  HEUTE        TITEL

                                                                                          die Supply Chain komplexer zu machen.
                                                                                          Der Platzbedarf für Restbestände stieg mit
                                                                                          an. Dabei ist es in dieser Branche riskant,
                                                                                          Vorräte anzulegen. Kinderwünsche haben
                                                                                          oft nur eine kurze Halbwertszeit, deshalb
                                                                                          ist auch die Lebensdauer der meisten
                                                                                          Spielwaren begrenzt – speziell, wenn sie
                                                                                          auf Kinohits oder Videospiele zugeschnit-
                                                                                          ten sind.
                                                                                             Der Spielzeughersteller reagierte mit
                                                                                          einer auf sieben Jahre bis 2010 angelegten
                                                                                          radikalen Strategie des Wandels, in deren
                                                                                          Verlauf er bislang zum Beispiel die Ent-
                                                                                          wicklungszeiten halbierte, die Produktpa-
                                                                                          lette reduzierte und sich wieder verstärkt
                                                                                          auf Klassiker konzentrierte. Die geplante
                                                                                          Auslagerung der Produktion an Flextro-
                                                                                          nics wurde gestoppt und wieder zurück
                                                                                          ins eigene Haus geholt.
                                                                                             Besonders in der Logistik stand es nicht
                                                                                          zum Besten, als 2004 die „Survival“-Phase
                                                                                          der Strategie eingeleitet wurde, um das
                                                                                          Unternehmen für den Überlebenskampf
                                                                                          im 60 Mrd. Euro schweren Spielzeug-
                                                                                          markt zu stabilisieren.In Europa gab es ein
                                                                                          zentrales Distributionszentrum, das mit




                         Stein für Stein
    Neuanfang Die Lego
         Gruppe hat ihre
 komplette Supply Chain
   in einzelne Bausteine
                            zentralisiert    Lego Gruppe zwar viertgrößter Spiel- den Produktionswerken verbunden war,
                                             zeughersteller der Welt, steckte aber knie- dazu ein zentrales Lager, das ebenfalls von
       zerlegt, völlig neu                   tief in Schwierigkeiten. Sie schrieb Mil- sämtlichen Waren durchlaufen werden
    zusammengesetzt –                        lionenverluste, was Branchenkenner auf musste, sowie noch rund ein Dutzend re-
                                             verfehlte Produktstrategien, Konkurrenz gionale Distributionszentren, von denen
  und so den Turnaround                      von Videospielen und Billig-                             aus der Einzelhandel mit
                                             produkten sowie auf eine zu „Unsere                      Waren beliefert wurde.
               geschafft.                    teure Produktion und Logistik Performance                   „Wir haben jede Palette
                                             zurückführten. Immer neue war die                        drei Mal bewegt, bevor wir sie


J
       eder einzelne Mensch auf der Erde     Spielereien wurden entwi-                                an den Kunden verkauft
       besitzt im Durchschnitt 62 Steine,    ckelt, um im Wettbewerb um mieseste im                   haben“, erzählt Egil Møller
       das US-Magazin „Fortune“ und          die junge Zielgruppe am Ball ganzen Markt.“ Nielsen, der 2004 vom Mar-
der Britische Verband des Spielzeugfach-     zu bleiben: tollere Farben, pfif- Egil Møller Nielsen    kenartikelhersteller     Ecco
                                                                                                                                        Bilder: DHL; Lego; Pfeiffer; Prologis




handels kürten die bunten Klötzchen          figere Produkte, Märchenwel-                             Schuhe, wo er Group Vice
1999 zum „Spielzeug des Jahrhunderts“.       ten, Universen rund um Star Wars und President war, in die Position des Direk-
Und mit einer Nettogewinn-Entwick-           Technologien, die Kids zu Roboterkon- tor Global Distribution Logistics Strategie
lung von fast 30 Prozent Plus auf 1,4 Mrd.   strukteuren machten.                          zu Lego Systems A/S nach Billund wech-
Dänische Kronen (etwa 181 Mio. Euro)            Auf den schnellen Angebotswechsel selte. Jeder Standort agierte mit eigener
zählte die Lego Gruppe aus dem däni-         war die Lieferkette nicht ausgelegt. Und Bestandsführung, unterschiedlichen Ab-
schen Billund wohl zu den ganz großen        mit der ständig wachsenden Produktpa- läufen und Arbeitsweisen. Es gab weder
Gewinnern im Jahr 2008.                      lette schien sich das Unternehmen nicht Lieferrichtlinien noch einheitliche Vorga-
   Das war nicht immer so. 2004 war die      nur im Markt zu verzetteln, sondern auch ben, wie Bestellungen gehandelt werden

10                                                                                                        LOGISTIK HEUTE 3/2009
Das zentrale Distributionszentrum
       von Lego in Jirny bei Prag misst
     500 m in der Länge. DHL betreibt
     das von Prologis gemietete Ware-
          house als Kontraktlogistiker.


sollten. Bei den einen liefen die Orders
über den Customer Service, bei den an-
deren übers Key Account Management.

Alles lief falsch
„Die Performance unseren Kunden ge-           puncto Performance erreichte Lego 2004        Schritt: Ende 2005 beauftragte Lego die
genüber war die mieseste im ganzen            eine Kennzahl von nur etwa 90 Prozent         Deutsche-Post-Tochter DHL Exel Sup-
Markt, wir waren der schlechteste Anbie-      am Tag, heute sind es 99 Prozent pro Stun-    ply Chain im Rahmen eines Fünfjahres-
ter“, erinnert sich Egil Møller Nielsen,      de.                                           vertrages als Kontraktlogistiker für das
heute Vice President Global Distribution         Dafür hat ein Team aus Führungskräf-       Warehousing in dem neuen Verteilzen-
Logistics bei der Lego Systems A/S, an das    ten nach einer einjährigen Planungsphase      trum in Jirny bei Prag. Neben Inbound-
Ergebnis einer Erhebung mittels Balanced      bei Lego die Supply Chain einmal kom-         und Outbound-Logistik führt der Logis-
Scorecard. „Wir lieferten weder pünkt-        plett auseinandergenommen und dann            tikdienstleister im Lager auch Value
lich, noch das richtige Produkt oder in       von 2005 bis 2008 wie Bauklötze wieder        Added Services durch, wie beispielsweise
der entsprechenden Qualität. Auch unse-       völlig neu zusammengesetzt. „Uns ging es      das Labeling für Großkunden, Sorti-
re IT-Plattform war nicht in Ordnung.“        um Effizienz. Wir haben unseren Fokus         mentsverpackung sowie die Produktion
Selbst wenn Kunden nur um eine Be-            darauf gerichtet, alle Pozesse zu eliminie-   von Displays für den Point of Sale.
nachrichtigung des Versands der Lieferung     ren, die keinen Wert bringen“, sagt der
baten, also um eine ASN (Advanced Ship-       Däne. Eine seiner grundlegenden Ent-          Konsolidierung: 12 in 1
ping Notice). Møller Nielsen: „Dann           scheidungen: „Vor fünf Jahren haben wir
konnten wir nicht einmal das. Was auch        in der Logistik noch fast alles selbst ge-    Von Anfang an legte Lego die Zusam-
immer: Alles lief falsch. Man könnte es       macht. Aber das war einfach zu teuer.         menarbeit partnerschaftlich an, heißt es
durchaus ein Desaster nennen.“ Bis heute      Deshalb begannen wir, alles auszulagern,      heute unisono bei Møller Nielsen und
sei ihm nicht einmal der Anteil der Logis-    auch um Know-how und Erfahrung ein-           Felix Budik, dem Managing Director bei
tikkosten am Umsatz von 2004 bekannt.         zukaufen und Zugang zu globalen Kapa-         DHL Exel Supply Chain für die Tsche-
                                              zitäten zu erhalten.“ Für den Transport hat   chische Republik. Bei Prag sollte ein
Eine logistische Reise                        Lego beispielsweise Dienstleister wie         Kernstück der neuen Supply-Chain-
                                              Schenker und Hellmann verpflichtet.           Strategie entstehen, „die wohl größte
   An diesem Punkt begann, was Møller            Der strategisch einschneidendere           sichtbare Veränderung“ – die Zusam-
Nielsen inzwischen „unsere logistische
Reise“ nennt. Sie dauerte über drei Jahre     Der Spielzeughersteller
und sollte dem Unternehmen den Turn-          hat alle europäischen
around einbringen. So sah es auf jeden Fall   Verteilzentren im neuen
die Jury des European Supply Chain Ex-        zentralen Logistik-
                                              zentrum in Tschechien
cellence Awards 2008, den Lego kürzlich
                                              konsolidiert.
für die Kategorie „Logistics & Fulfilment“
aus London mit nach Billund nehmen
durfte.
   Für den Strategen Møller Nielsen grei-
fen die Änderungen in der Logistik nur als
ein Element unter vielen der Turna-
round-Aktivitäten von Lego. Seinen
Teil allerdings kann er mit ein-
drucksvollen Zahlen belegen:
rund 25 Prozent Einsparungen
bei den globalen Logistikkosten,
die heute etwa eine Billion Dä-
nische Kronen betragen. Das ent-
spricht 150 Mio. Euro. Der Anteil
der Logistikkosten am Umsatz
schmolz von über zwölf Pro-
zent im Jahr 2005 auf aktuell
9,2 Prozent für 2009, inklu-
sive Internet-Verkauf. In

LOGISTIK HEUTE 3/2009                                                                                                             11
LOGISTIK
 HEUTE        TITEL
                                                 LEGO
                                                Die Lego Gruppe hat ihren Hauptsitz         Nachkommen. Der Firmenname leitet
menlegung der zwölf regionalen Distri-          im dänischen Billund. Ihre Noppen-Bau-      sich aus dem dänischen „Leg godt“ ab,
butionszentren in ein einziges zentrales        steine und Lego-Welten werden nach          was auf deutsch „spiel gut“ bedeutet.
Logistikzentrum. Über das Lager werden          einer Interimsphase des Outsourcings           Während andere Traditionsmarken
– bis auf Amerika – fast sämtliche Orders       inzwischen wieder in eigenen Fabriken       wie beispielsweise Märklin im leicht
                                                in Dänemark, Ungarn, Tschechien und         schrumpfenden Spielzeugmarkt vor
weltweit direkt abgewickelt.
                                                Mexiko gefertigt und in über 130 Län-       dem Aus stehen, hat Lego 2008 seinen
   Eins nach dem anderen wurden nicht           dern in alle Welt verkauft. Klassische      Nettogewinn um fast 30 Prozent von
nur die Bestände, sondern auch das ope-         Spielthemen wie Lego City zählen auch       1,03 Mrd. Dänische Kronen (138 Mio.
rative Geschäft nach Tschechien über-           heute noch zu den wichtigsten Pro-          Euro) auf 1,35 Mrd. Dänische Kronen
führt. Jedes Distributionszentrum hatte         duktlinien.                                 (181 Mio. Euro) steigern können. Der
mit einem eigenen vollständigen Bestand            Begonnen hatte die Lego-Geschichte       Umsatz erhöhte sich auf 9,53 Mrd. Dä-
seinen Markt bedient, jedes auf seine ei-       1932, damals mit Holzspielzeug, das         nische Kronen (1,28 Mrd. Euro). Das
gene Art vereinnahmt, gelagert, verkauft        Tischlermeister Ole Kirk Christiansen       entspricht einem Plus von 18,7 Prozent
                                                herstellte. Das Unternehmen ist noch        im Vergleich zum Vorjahr.
und geliefert. Zunächst mussten die Pro-
                                                heute zu 100 Prozent im Besitz seiner
zesse überhaupt erst einmal definiert wer-
den. „Bevor wir konsolidieren konnten,
haben wir alles standardisiert.“ Jeden Pro-   im ersten Stock bucht ein Team aus Lego-      befördern, „dann teilen wir uns die zehn
zessschritt haben die Logistikentscheider     und DHL-Mitarbeitern die Trucks mit-          Sekunden Effizienz, fünf Sekunden für
neu geplant und KPIs entwickelt. Dann         hilfe eines Transportplanungs- und            jeden. Das motiviert beide Seiten, immer
zogen zunächst die Waren aus Flensburg,       Managementsystems bis auf die Minute          noch effizienter zu werden.“ Eine große
Lyon und Dünkirchen in die anfangs            genau ein. Zwei Stunden beträgt die           Planungswand namens „Visible Distribu-
65.000 m² große Anlage ein.                   Turnaround-Zeit, bis ein Fahrzeug einge-      tion“ hilft. Hier werden kontinuierlich die
   Inzwischen ist die Konsolidierung ab-      bucht ist. „Teilweise verlangen die Kun-      KPIs der verschiedenen Logistikbereiche
geschlossen und Lego ist Mitte 2008 in        den quer durch Europa eine Belieferung        der Anlage analysiert.
einen benachbarten, 500 m langen und          auf exakt 20 Minuten“, sagt Skinner. „Bei        Mittlerweile gibt es lediglich noch ei-
100.000 m² großen Neubau gezogen.             uns wird jede Minute Verspätung als Feh-      nige Subzentren weltweit in den USA,
Kontraktlogistiker DHL hat das elf Fuß-       ler gemessen.”                                Australien und Neuseeland. Nahezu jedes
ballfelder große Lager von Immobilien-           Ein weiterer gewichtiger Grund:Wenn        einzelne von Lego produzierte Steinchen
entwickler Prologis gemietet. „Ohne die       in nur drei Monaten vor Weihnachten           passiert den zentralen Standort bei Prag.
Kapitalbindung ist mehr Flexibilität gege-    zwei Drittel des Bruttoumsatzes erzielt       Nur in Mexiko hergestellte Legos werden
ben“, erläutert Kevin Skinner, Lego Con-      werden, haben Durchlaufzeiten und Lie-        über Dallas vertrieben. Von Jirny aus wer-
tract Operations Director bei DHL. Das        ferfristen enorm hohe Priorität. Kurz vor     den alle Bestellungen für mehr als 120 von
war auch einer der Gründe, warum Lego         der Hauptsaison beträgt die Auslastung        insgesamt 135 Ländern mit 14.000 Han-
fast vollständig auf Automation in der In-    der sechs Ebenen hohen Regale nahezu          delskunden weltweit direkt abgewickelt.
tralogistik verzichtet (siehe Interview).     100 Prozent, wobei die operative Kapazi-         Mit der Konsolidierung hat der däni-
   106 Tore hat die Anlage, in Spitzenzei-    tät des Lagers 105.800 Palettenstellplätze    sche Spielzeughersteller nicht nur Lager-
ten werden bis zu 158 Lkw täglich abge-       umfasst. „Ab Juli lagern wir zusätzlich       kosten gesenkt und die Lieferfristen für
fertigt. „Im sogenannten Carrier Room         auch am Boden“, erklärt Skinner, der          die Kunden minimiert, sondern auch den
                                              dann bis zu 450 Mitarbeiter beschäftigt.      Carbon Footprint drastisch reduziert. Im
                                                                                            Transport verzeichnet Lego heute 25 Pro-
                                              Boni für Sekunden                             zent weniger Volumen-Kilometer – ins-
                                                                                            gesamt fünf Millionen Volumen-Kilome-
                                              Kontraktlogistiker DHL garantiert seinem      ter weniger für die Umwelt pro Jahr. „Au-
                                              Auftraggeber Lego eine durchschnittliche      ßerdem haben wir viel Augenmerk auf die
                                              Performance von 99,25 Prozent im Be-          Ausnutzung der Lkw-Ladung gelegt. Da
                                              reich Outbound, für Inbound 95 Prozent.       konnten wir uns um zehn Prozent ver-
                                              „Bei besserer Leistung bekommen wir           bessern.“
                                              einen Bonus, bei schlechterer kassieren
                                              wir eine Vertragsstrafe“, so Skinner. Basis   Hilfe aus dem Design
                                              der Geschäftsbeziehung zwischen Lego
                                              und DHL ist neben Partnerschaftlichkeit       Und im eigenen modularen Baukasten
                                              auch eine Art Bonus-Zeit-System.              abgeschaut hat sich Lego die bessere Aus-
                                                 „Für jeden einzelnen Prozess im Ware-      nutzung der Paletten, die früher nur zu
                                              housing haben wir uns auf eine Normzeit       77,6 und heute zu 95 Prozent gefüllt sind.
                                              geeinigt, die in Sekunden gemessen wird“,     „Dabei hat das Produktdesign für uns ge-
                                              sagt Møller Nielsen. Dauere es beispiels-     arbeitet“, sagt der Stratege Møller Nielsen
                                              weise statt 120 nur 110 Sekunden, eine        lächelnd. Gemeinsam hat ein Team aus
                                              Palette zu empfangen und ins Regal zu         Marketing, Verkauf, den Kunden, der
                                                                                            Herstellung und der Logistik neue Pa-
                                              „Keep it simple“ heißt die Devise in          ckungsgrößen in einem Boxen-System
                                              der Supply Chain. Lego will auch im           entwickelt, aus denen sich wie bei den
                                              Lager möglichst flexibel bleiben.             Lego-Steinen immer aus zwei Schachteln

12                                                                                                          LOGISTIK HEUTE 3/2009
die nächste Größe ergibt. „Das hat unse-       unserem Verkaufsteam zu jedem Treffen        auf 49 reduzieren. Eine signifikante Ver-
re Lkw-Ladungen um etwa 25 Prozent             mit dem Kunden gehen. Dabei wird 98          änderung.“ Von ihr profitieren beide Sei-
reduziert.“                                    Prozent der Zeit über das Geschäft gere-     ten finanziell.
   Und Lego wäre nicht Lego, wenn der          det, aber zwei Prozent über Logistik. Und       Und so ist es auch kaum überraschend,
Spielzeughersteller nicht auch noch ein        diese zwei Prozent sind sehr wichtig für     dass nach den aktuellen Kunden-Ratings
paar neue Bausteine in seine Supply Chain      uns.” Die Abteilung Customer Logistics       unter den Spielzeugherstellern weltweit
eingefügt hätte. Beispielsweise die Abtei-     soll Empfehlungen aussprechen, die bei-      Lego und seine Logistik-Performance
lung „Customer Logistics Department“,          den Seiten nützt. Auch das habe schon viel   vom Schlusslicht weg und ganz nach
die die Prozesse zum Kunden unter die          Effizienz eingebracht. „Es gibt Beispiele,   vorne an die Spitze gerückt ist. Egil Møl-
Lupe nimmt. „Hier haben wir Logistik-          wo Kunden 13.000 oder 15.000 Bestel-         ler Nielsen: „Darauf bin ich ganz beson-
experten eingestellt, die gemeinsam mit        lungen pro Jahr tätigten, das konnten wir    ders stolz.“                            pf



„Kinder entscheiden die Logistik bei Lego“
LOGISTIK HEUTE : Die Logistikkosten                                                         schon sind die Figuren aus dieser Lego-
drastisch um 25 Prozent reduziert, fünf                                                     Serie wieder der Renner. Wer weiß, was
Millionen Volumen-Kilometer weniger                                                         in den Köpfen der Kinder vorgeht, die
pro Jahr – und gleichzeitig zweistellige                                                    beim Spielzeug entscheiden? Gestalten
Nettogewinne. Welches war die größ-                                                         wir die Abläufe zu komplex, können wir
te Veränderung in der Supply Chain, um                                                      auf diese Business Cases nicht schnell ge-
eine solche Effizienzsteigerung zu er-                                                      nug reagieren.
zielen?
   Egil Møller Nielsen: Ein sehr wichtiger                                                     Dann wird Ihre Logistik also eigent-
Schritt war die Installation der neuen Ab-                                                  lich von den Kids dominiert?
teilung „Costumer Logistics“, mit der wir                                                      (lacht). Ja. So funktioniert das wohl.
unseren Kunden effizientere Lösungen für                                                    Man könnte sagen, die Kinder entschei-
die Lieferkette vorschlagen, die uns bei-                                                   den die Logistik bei Lego.
den nützen. Viele Firmen tendieren dazu,
sich nur ihren Part anzuschauen. Wir ana-                                                      Was hat Ihnen auf Ihrer „logistischen
lysieren das als Projekt vom Lager bis zum                                                  Reise“ am meisten gefallen?
Verkaufsregal im Kaufhaus und zurück.                                                          Das Ergebnis. Vor allem zwei Dinge:
Welche Prozesse lassen sich eliminieren?         Egil Møller Nielsen, Vice President        die enorme Effizienzsteigerung und un-
Das sind reine Win-Win-Szenarien. Wir ha-        Global Distribution Logistics bei der      sere Spitzenposition im Kunden-Rating.
ben aber auch das Ordermanagement und            Lego Systems A/S in Billund
das Bestandsmanagement auf einer glo-                                                          Und was kommt als Nächstes?
balen Skala verändert. Die größte sicht-                                                       Jetzt machen wir Feintuning. Bei-
bare Maßnahme war sicherlich die Kon-          lich, wie es richtig geht. Das können Sie    spielsweise durchlaufen Jirny eine Mio.
solidierung der Distributionszentren in das    mir glauben (lacht). Ein Fehler war bei-     Paletten im Jahr. Wenn wir die Prozesse
neue zentrale Lager bei Prag, wofür wir erst   spielsweise, dass wir anfangs die schlech-   nur ein kleines bisschen optimieren, bei-
einmal alles standardisieren mussten.          ten Gewohnheiten mit umgezogen haben         spielsweise zwei Sekunden schneller wer-
                                               und erst in Jirny die neuen Prozesse in-     den, wären das zwei Mio. Sekunden, rich-
   Ist das nicht der Traum eines jeden         stallieren wollten. Aber wir merkten bald,   tig? Das ist signifikant. Genauso die Ab-
Supply Chain Managers?                         dass dies für die Mitarbeiter mental be-     läufe am Boden, wie können wir sie noch
   (lacht) Konsolidieren und standardisie-     deutete, gleich zweimal etwas ganz Neu-      schlanker gestalten? Das sind die Berei-
ren? Stimmt genau.                             es zu beginnen. Also haben wir erst die      che, in die wir dieses Jahr genauer schau-
                                               Produktions-Orders umgeleitet, dann die      en werden.
    Gestaltete sich die Zusammenlegung         Sales Orders. Und bevor wir umgezogen           Und natürlich steckt in maßgeschnei-
der zwölf Distributionszentren als ein         sind, haben wir die Prozesse vollständig     derten Lieferlösungen für die Kunden noch
fließender Prozess?                            bereinigt und die zukünftigen adaptiert.     viel Potenzial, etwa indem wir die Anzahl
    Ziemlich. Wir hatten uns verschiedene                                                   der Bestellung verändern oder die Spedi-
Lösungen angeschaut und dann ent-                  Keine automatischen Hochregallager       tion wechseln.
schieden, Land für Land beziehungswei-         oder Förderstrecken, das neue Zentral-
se Region für Region zu transferieren. Das-    lager funktioniert nach dem Motto „Keep         Sie tauschen gegebenenfalls auch die
selbe Team hat also den Umzug zwölfmal         it simple“. Welche Überlegung steckt         Transporteure aus?
gemacht, fast wie eine Art Transfer-Ma-        dahinter?                                       Manche Kunden bevorzugen vielleicht
schine. Das klappte zum Schluss wie am             Unser Geschäft verändert sich un-        einen anderen Anbieter. Das ist okay, wenn
Schnürchen.                                    glaublich schnell, von Woche zu Woche.       es Sinn macht und insgesamt gesehen ei-
                                               Werden heute die großen Baukästen als        nen zusätzlichen Wert für unsere Bezie-
   Klingt fast zu gut, sind gar keine Feh-     Bestseller abverkauft, sind es morgen mög-   hung bringt. Wir halten das möglichst sim-
ler passiert?                                  licherweise die kleinen Boxen. Es braucht    pel. Die Einfachheit ist für unser Geschäft
   Klar, zunächst waren die Umzüge Neu-        nur eine neue Werbekampagne zu starten.      wichtig.
land. Erst am Ende waren wir darin Ex-         Oder einer der Filme Star Wars wird wie-
perten, dann aber wusste das Team wirk-        derholt, der vielen Kids so gut gefällt –      Vielen Dank für das Gespräch.



LOGISTIK HEUTE 3/2009                                                                                                               13

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DHL/LEGO project in Prague(German)

  • 1. LOGISTIK HEUTE TITEL die Supply Chain komplexer zu machen. Der Platzbedarf für Restbestände stieg mit an. Dabei ist es in dieser Branche riskant, Vorräte anzulegen. Kinderwünsche haben oft nur eine kurze Halbwertszeit, deshalb ist auch die Lebensdauer der meisten Spielwaren begrenzt – speziell, wenn sie auf Kinohits oder Videospiele zugeschnit- ten sind. Der Spielzeughersteller reagierte mit einer auf sieben Jahre bis 2010 angelegten radikalen Strategie des Wandels, in deren Verlauf er bislang zum Beispiel die Ent- wicklungszeiten halbierte, die Produktpa- lette reduzierte und sich wieder verstärkt auf Klassiker konzentrierte. Die geplante Auslagerung der Produktion an Flextro- nics wurde gestoppt und wieder zurück ins eigene Haus geholt. Besonders in der Logistik stand es nicht zum Besten, als 2004 die „Survival“-Phase der Strategie eingeleitet wurde, um das Unternehmen für den Überlebenskampf im 60 Mrd. Euro schweren Spielzeug- markt zu stabilisieren.In Europa gab es ein zentrales Distributionszentrum, das mit Stein für Stein Neuanfang Die Lego Gruppe hat ihre komplette Supply Chain in einzelne Bausteine zentralisiert Lego Gruppe zwar viertgrößter Spiel- den Produktionswerken verbunden war, zeughersteller der Welt, steckte aber knie- dazu ein zentrales Lager, das ebenfalls von zerlegt, völlig neu tief in Schwierigkeiten. Sie schrieb Mil- sämtlichen Waren durchlaufen werden zusammengesetzt – lionenverluste, was Branchenkenner auf musste, sowie noch rund ein Dutzend re- verfehlte Produktstrategien, Konkurrenz gionale Distributionszentren, von denen und so den Turnaround von Videospielen und Billig- aus der Einzelhandel mit produkten sowie auf eine zu „Unsere Waren beliefert wurde. geschafft. teure Produktion und Logistik Performance „Wir haben jede Palette zurückführten. Immer neue war die drei Mal bewegt, bevor wir sie J eder einzelne Mensch auf der Erde Spielereien wurden entwi- an den Kunden verkauft besitzt im Durchschnitt 62 Steine, ckelt, um im Wettbewerb um mieseste im haben“, erzählt Egil Møller das US-Magazin „Fortune“ und die junge Zielgruppe am Ball ganzen Markt.“ Nielsen, der 2004 vom Mar- der Britische Verband des Spielzeugfach- zu bleiben: tollere Farben, pfif- Egil Møller Nielsen kenartikelhersteller Ecco Bilder: DHL; Lego; Pfeiffer; Prologis handels kürten die bunten Klötzchen figere Produkte, Märchenwel- Schuhe, wo er Group Vice 1999 zum „Spielzeug des Jahrhunderts“. ten, Universen rund um Star Wars und President war, in die Position des Direk- Und mit einer Nettogewinn-Entwick- Technologien, die Kids zu Roboterkon- tor Global Distribution Logistics Strategie lung von fast 30 Prozent Plus auf 1,4 Mrd. strukteuren machten. zu Lego Systems A/S nach Billund wech- Dänische Kronen (etwa 181 Mio. Euro) Auf den schnellen Angebotswechsel selte. Jeder Standort agierte mit eigener zählte die Lego Gruppe aus dem däni- war die Lieferkette nicht ausgelegt. Und Bestandsführung, unterschiedlichen Ab- schen Billund wohl zu den ganz großen mit der ständig wachsenden Produktpa- läufen und Arbeitsweisen. Es gab weder Gewinnern im Jahr 2008. lette schien sich das Unternehmen nicht Lieferrichtlinien noch einheitliche Vorga- Das war nicht immer so. 2004 war die nur im Markt zu verzetteln, sondern auch ben, wie Bestellungen gehandelt werden 10 LOGISTIK HEUTE 3/2009
  • 2. Das zentrale Distributionszentrum von Lego in Jirny bei Prag misst 500 m in der Länge. DHL betreibt das von Prologis gemietete Ware- house als Kontraktlogistiker. sollten. Bei den einen liefen die Orders über den Customer Service, bei den an- deren übers Key Account Management. Alles lief falsch „Die Performance unseren Kunden ge- puncto Performance erreichte Lego 2004 Schritt: Ende 2005 beauftragte Lego die genüber war die mieseste im ganzen eine Kennzahl von nur etwa 90 Prozent Deutsche-Post-Tochter DHL Exel Sup- Markt, wir waren der schlechteste Anbie- am Tag, heute sind es 99 Prozent pro Stun- ply Chain im Rahmen eines Fünfjahres- ter“, erinnert sich Egil Møller Nielsen, de. vertrages als Kontraktlogistiker für das heute Vice President Global Distribution Dafür hat ein Team aus Führungskräf- Warehousing in dem neuen Verteilzen- Logistics bei der Lego Systems A/S, an das ten nach einer einjährigen Planungsphase trum in Jirny bei Prag. Neben Inbound- Ergebnis einer Erhebung mittels Balanced bei Lego die Supply Chain einmal kom- und Outbound-Logistik führt der Logis- Scorecard. „Wir lieferten weder pünkt- plett auseinandergenommen und dann tikdienstleister im Lager auch Value lich, noch das richtige Produkt oder in von 2005 bis 2008 wie Bauklötze wieder Added Services durch, wie beispielsweise der entsprechenden Qualität. Auch unse- völlig neu zusammengesetzt. „Uns ging es das Labeling für Großkunden, Sorti- re IT-Plattform war nicht in Ordnung.“ um Effizienz. Wir haben unseren Fokus mentsverpackung sowie die Produktion Selbst wenn Kunden nur um eine Be- darauf gerichtet, alle Pozesse zu eliminie- von Displays für den Point of Sale. nachrichtigung des Versands der Lieferung ren, die keinen Wert bringen“, sagt der baten, also um eine ASN (Advanced Ship- Däne. Eine seiner grundlegenden Ent- Konsolidierung: 12 in 1 ping Notice). Møller Nielsen: „Dann scheidungen: „Vor fünf Jahren haben wir konnten wir nicht einmal das. Was auch in der Logistik noch fast alles selbst ge- Von Anfang an legte Lego die Zusam- immer: Alles lief falsch. Man könnte es macht. Aber das war einfach zu teuer. menarbeit partnerschaftlich an, heißt es durchaus ein Desaster nennen.“ Bis heute Deshalb begannen wir, alles auszulagern, heute unisono bei Møller Nielsen und sei ihm nicht einmal der Anteil der Logis- auch um Know-how und Erfahrung ein- Felix Budik, dem Managing Director bei tikkosten am Umsatz von 2004 bekannt. zukaufen und Zugang zu globalen Kapa- DHL Exel Supply Chain für die Tsche- zitäten zu erhalten.“ Für den Transport hat chische Republik. Bei Prag sollte ein Eine logistische Reise Lego beispielsweise Dienstleister wie Kernstück der neuen Supply-Chain- Schenker und Hellmann verpflichtet. Strategie entstehen, „die wohl größte An diesem Punkt begann, was Møller Der strategisch einschneidendere sichtbare Veränderung“ – die Zusam- Nielsen inzwischen „unsere logistische Reise“ nennt. Sie dauerte über drei Jahre Der Spielzeughersteller und sollte dem Unternehmen den Turn- hat alle europäischen around einbringen. So sah es auf jeden Fall Verteilzentren im neuen die Jury des European Supply Chain Ex- zentralen Logistik- zentrum in Tschechien cellence Awards 2008, den Lego kürzlich konsolidiert. für die Kategorie „Logistics & Fulfilment“ aus London mit nach Billund nehmen durfte. Für den Strategen Møller Nielsen grei- fen die Änderungen in der Logistik nur als ein Element unter vielen der Turna- round-Aktivitäten von Lego. Seinen Teil allerdings kann er mit ein- drucksvollen Zahlen belegen: rund 25 Prozent Einsparungen bei den globalen Logistikkosten, die heute etwa eine Billion Dä- nische Kronen betragen. Das ent- spricht 150 Mio. Euro. Der Anteil der Logistikkosten am Umsatz schmolz von über zwölf Pro- zent im Jahr 2005 auf aktuell 9,2 Prozent für 2009, inklu- sive Internet-Verkauf. In LOGISTIK HEUTE 3/2009 11
  • 3. LOGISTIK HEUTE TITEL LEGO Die Lego Gruppe hat ihren Hauptsitz Nachkommen. Der Firmenname leitet menlegung der zwölf regionalen Distri- im dänischen Billund. Ihre Noppen-Bau- sich aus dem dänischen „Leg godt“ ab, butionszentren in ein einziges zentrales steine und Lego-Welten werden nach was auf deutsch „spiel gut“ bedeutet. Logistikzentrum. Über das Lager werden einer Interimsphase des Outsourcings Während andere Traditionsmarken – bis auf Amerika – fast sämtliche Orders inzwischen wieder in eigenen Fabriken wie beispielsweise Märklin im leicht in Dänemark, Ungarn, Tschechien und schrumpfenden Spielzeugmarkt vor weltweit direkt abgewickelt. Mexiko gefertigt und in über 130 Län- dem Aus stehen, hat Lego 2008 seinen Eins nach dem anderen wurden nicht dern in alle Welt verkauft. Klassische Nettogewinn um fast 30 Prozent von nur die Bestände, sondern auch das ope- Spielthemen wie Lego City zählen auch 1,03 Mrd. Dänische Kronen (138 Mio. rative Geschäft nach Tschechien über- heute noch zu den wichtigsten Pro- Euro) auf 1,35 Mrd. Dänische Kronen führt. Jedes Distributionszentrum hatte duktlinien. (181 Mio. Euro) steigern können. Der mit einem eigenen vollständigen Bestand Begonnen hatte die Lego-Geschichte Umsatz erhöhte sich auf 9,53 Mrd. Dä- seinen Markt bedient, jedes auf seine ei- 1932, damals mit Holzspielzeug, das nische Kronen (1,28 Mrd. Euro). Das gene Art vereinnahmt, gelagert, verkauft Tischlermeister Ole Kirk Christiansen entspricht einem Plus von 18,7 Prozent herstellte. Das Unternehmen ist noch im Vergleich zum Vorjahr. und geliefert. Zunächst mussten die Pro- heute zu 100 Prozent im Besitz seiner zesse überhaupt erst einmal definiert wer- den. „Bevor wir konsolidieren konnten, haben wir alles standardisiert.“ Jeden Pro- im ersten Stock bucht ein Team aus Lego- befördern, „dann teilen wir uns die zehn zessschritt haben die Logistikentscheider und DHL-Mitarbeitern die Trucks mit- Sekunden Effizienz, fünf Sekunden für neu geplant und KPIs entwickelt. Dann hilfe eines Transportplanungs- und jeden. Das motiviert beide Seiten, immer zogen zunächst die Waren aus Flensburg, Managementsystems bis auf die Minute noch effizienter zu werden.“ Eine große Lyon und Dünkirchen in die anfangs genau ein. Zwei Stunden beträgt die Planungswand namens „Visible Distribu- 65.000 m² große Anlage ein. Turnaround-Zeit, bis ein Fahrzeug einge- tion“ hilft. Hier werden kontinuierlich die Inzwischen ist die Konsolidierung ab- bucht ist. „Teilweise verlangen die Kun- KPIs der verschiedenen Logistikbereiche geschlossen und Lego ist Mitte 2008 in den quer durch Europa eine Belieferung der Anlage analysiert. einen benachbarten, 500 m langen und auf exakt 20 Minuten“, sagt Skinner. „Bei Mittlerweile gibt es lediglich noch ei- 100.000 m² großen Neubau gezogen. uns wird jede Minute Verspätung als Feh- nige Subzentren weltweit in den USA, Kontraktlogistiker DHL hat das elf Fuß- ler gemessen.” Australien und Neuseeland. Nahezu jedes ballfelder große Lager von Immobilien- Ein weiterer gewichtiger Grund:Wenn einzelne von Lego produzierte Steinchen entwickler Prologis gemietet. „Ohne die in nur drei Monaten vor Weihnachten passiert den zentralen Standort bei Prag. Kapitalbindung ist mehr Flexibilität gege- zwei Drittel des Bruttoumsatzes erzielt Nur in Mexiko hergestellte Legos werden ben“, erläutert Kevin Skinner, Lego Con- werden, haben Durchlaufzeiten und Lie- über Dallas vertrieben. Von Jirny aus wer- tract Operations Director bei DHL. Das ferfristen enorm hohe Priorität. Kurz vor den alle Bestellungen für mehr als 120 von war auch einer der Gründe, warum Lego der Hauptsaison beträgt die Auslastung insgesamt 135 Ländern mit 14.000 Han- fast vollständig auf Automation in der In- der sechs Ebenen hohen Regale nahezu delskunden weltweit direkt abgewickelt. tralogistik verzichtet (siehe Interview). 100 Prozent, wobei die operative Kapazi- Mit der Konsolidierung hat der däni- 106 Tore hat die Anlage, in Spitzenzei- tät des Lagers 105.800 Palettenstellplätze sche Spielzeughersteller nicht nur Lager- ten werden bis zu 158 Lkw täglich abge- umfasst. „Ab Juli lagern wir zusätzlich kosten gesenkt und die Lieferfristen für fertigt. „Im sogenannten Carrier Room auch am Boden“, erklärt Skinner, der die Kunden minimiert, sondern auch den dann bis zu 450 Mitarbeiter beschäftigt. Carbon Footprint drastisch reduziert. Im Transport verzeichnet Lego heute 25 Pro- Boni für Sekunden zent weniger Volumen-Kilometer – ins- gesamt fünf Millionen Volumen-Kilome- Kontraktlogistiker DHL garantiert seinem ter weniger für die Umwelt pro Jahr. „Au- Auftraggeber Lego eine durchschnittliche ßerdem haben wir viel Augenmerk auf die Performance von 99,25 Prozent im Be- Ausnutzung der Lkw-Ladung gelegt. Da reich Outbound, für Inbound 95 Prozent. konnten wir uns um zehn Prozent ver- „Bei besserer Leistung bekommen wir bessern.“ einen Bonus, bei schlechterer kassieren wir eine Vertragsstrafe“, so Skinner. Basis Hilfe aus dem Design der Geschäftsbeziehung zwischen Lego und DHL ist neben Partnerschaftlichkeit Und im eigenen modularen Baukasten auch eine Art Bonus-Zeit-System. abgeschaut hat sich Lego die bessere Aus- „Für jeden einzelnen Prozess im Ware- nutzung der Paletten, die früher nur zu housing haben wir uns auf eine Normzeit 77,6 und heute zu 95 Prozent gefüllt sind. geeinigt, die in Sekunden gemessen wird“, „Dabei hat das Produktdesign für uns ge- sagt Møller Nielsen. Dauere es beispiels- arbeitet“, sagt der Stratege Møller Nielsen weise statt 120 nur 110 Sekunden, eine lächelnd. Gemeinsam hat ein Team aus Palette zu empfangen und ins Regal zu Marketing, Verkauf, den Kunden, der Herstellung und der Logistik neue Pa- „Keep it simple“ heißt die Devise in ckungsgrößen in einem Boxen-System der Supply Chain. Lego will auch im entwickelt, aus denen sich wie bei den Lager möglichst flexibel bleiben. Lego-Steinen immer aus zwei Schachteln 12 LOGISTIK HEUTE 3/2009
  • 4. die nächste Größe ergibt. „Das hat unse- unserem Verkaufsteam zu jedem Treffen auf 49 reduzieren. Eine signifikante Ver- re Lkw-Ladungen um etwa 25 Prozent mit dem Kunden gehen. Dabei wird 98 änderung.“ Von ihr profitieren beide Sei- reduziert.“ Prozent der Zeit über das Geschäft gere- ten finanziell. Und Lego wäre nicht Lego, wenn der det, aber zwei Prozent über Logistik. Und Und so ist es auch kaum überraschend, Spielzeughersteller nicht auch noch ein diese zwei Prozent sind sehr wichtig für dass nach den aktuellen Kunden-Ratings paar neue Bausteine in seine Supply Chain uns.” Die Abteilung Customer Logistics unter den Spielzeugherstellern weltweit eingefügt hätte. Beispielsweise die Abtei- soll Empfehlungen aussprechen, die bei- Lego und seine Logistik-Performance lung „Customer Logistics Department“, den Seiten nützt. Auch das habe schon viel vom Schlusslicht weg und ganz nach die die Prozesse zum Kunden unter die Effizienz eingebracht. „Es gibt Beispiele, vorne an die Spitze gerückt ist. Egil Møl- Lupe nimmt. „Hier haben wir Logistik- wo Kunden 13.000 oder 15.000 Bestel- ler Nielsen: „Darauf bin ich ganz beson- experten eingestellt, die gemeinsam mit lungen pro Jahr tätigten, das konnten wir ders stolz.“ pf „Kinder entscheiden die Logistik bei Lego“ LOGISTIK HEUTE : Die Logistikkosten schon sind die Figuren aus dieser Lego- drastisch um 25 Prozent reduziert, fünf Serie wieder der Renner. Wer weiß, was Millionen Volumen-Kilometer weniger in den Köpfen der Kinder vorgeht, die pro Jahr – und gleichzeitig zweistellige beim Spielzeug entscheiden? Gestalten Nettogewinne. Welches war die größ- wir die Abläufe zu komplex, können wir te Veränderung in der Supply Chain, um auf diese Business Cases nicht schnell ge- eine solche Effizienzsteigerung zu er- nug reagieren. zielen? Egil Møller Nielsen: Ein sehr wichtiger Dann wird Ihre Logistik also eigent- Schritt war die Installation der neuen Ab- lich von den Kids dominiert? teilung „Costumer Logistics“, mit der wir (lacht). Ja. So funktioniert das wohl. unseren Kunden effizientere Lösungen für Man könnte sagen, die Kinder entschei- die Lieferkette vorschlagen, die uns bei- den die Logistik bei Lego. den nützen. Viele Firmen tendieren dazu, sich nur ihren Part anzuschauen. Wir ana- Was hat Ihnen auf Ihrer „logistischen lysieren das als Projekt vom Lager bis zum Reise“ am meisten gefallen? Verkaufsregal im Kaufhaus und zurück. Das Ergebnis. Vor allem zwei Dinge: Welche Prozesse lassen sich eliminieren? Egil Møller Nielsen, Vice President die enorme Effizienzsteigerung und un- Das sind reine Win-Win-Szenarien. Wir ha- Global Distribution Logistics bei der sere Spitzenposition im Kunden-Rating. ben aber auch das Ordermanagement und Lego Systems A/S in Billund das Bestandsmanagement auf einer glo- Und was kommt als Nächstes? balen Skala verändert. Die größte sicht- Jetzt machen wir Feintuning. Bei- bare Maßnahme war sicherlich die Kon- lich, wie es richtig geht. Das können Sie spielsweise durchlaufen Jirny eine Mio. solidierung der Distributionszentren in das mir glauben (lacht). Ein Fehler war bei- Paletten im Jahr. Wenn wir die Prozesse neue zentrale Lager bei Prag, wofür wir erst spielsweise, dass wir anfangs die schlech- nur ein kleines bisschen optimieren, bei- einmal alles standardisieren mussten. ten Gewohnheiten mit umgezogen haben spielsweise zwei Sekunden schneller wer- und erst in Jirny die neuen Prozesse in- den, wären das zwei Mio. Sekunden, rich- Ist das nicht der Traum eines jeden stallieren wollten. Aber wir merkten bald, tig? Das ist signifikant. Genauso die Ab- Supply Chain Managers? dass dies für die Mitarbeiter mental be- läufe am Boden, wie können wir sie noch (lacht) Konsolidieren und standardisie- deutete, gleich zweimal etwas ganz Neu- schlanker gestalten? Das sind die Berei- ren? Stimmt genau. es zu beginnen. Also haben wir erst die che, in die wir dieses Jahr genauer schau- Produktions-Orders umgeleitet, dann die en werden. Gestaltete sich die Zusammenlegung Sales Orders. Und bevor wir umgezogen Und natürlich steckt in maßgeschnei- der zwölf Distributionszentren als ein sind, haben wir die Prozesse vollständig derten Lieferlösungen für die Kunden noch fließender Prozess? bereinigt und die zukünftigen adaptiert. viel Potenzial, etwa indem wir die Anzahl Ziemlich. Wir hatten uns verschiedene der Bestellung verändern oder die Spedi- Lösungen angeschaut und dann ent- Keine automatischen Hochregallager tion wechseln. schieden, Land für Land beziehungswei- oder Förderstrecken, das neue Zentral- se Region für Region zu transferieren. Das- lager funktioniert nach dem Motto „Keep Sie tauschen gegebenenfalls auch die selbe Team hat also den Umzug zwölfmal it simple“. Welche Überlegung steckt Transporteure aus? gemacht, fast wie eine Art Transfer-Ma- dahinter? Manche Kunden bevorzugen vielleicht schine. Das klappte zum Schluss wie am Unser Geschäft verändert sich un- einen anderen Anbieter. Das ist okay, wenn Schnürchen. glaublich schnell, von Woche zu Woche. es Sinn macht und insgesamt gesehen ei- Werden heute die großen Baukästen als nen zusätzlichen Wert für unsere Bezie- Klingt fast zu gut, sind gar keine Feh- Bestseller abverkauft, sind es morgen mög- hung bringt. Wir halten das möglichst sim- ler passiert? licherweise die kleinen Boxen. Es braucht pel. Die Einfachheit ist für unser Geschäft Klar, zunächst waren die Umzüge Neu- nur eine neue Werbekampagne zu starten. wichtig. land. Erst am Ende waren wir darin Ex- Oder einer der Filme Star Wars wird wie- perten, dann aber wusste das Team wirk- derholt, der vielen Kids so gut gefällt – Vielen Dank für das Gespräch. LOGISTIK HEUTE 3/2009 13