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Devisenreport 23. Mai 2012
1 Im Fokus 1
1.1 US-Dollar: Nur als Fluchtwährung gefragt 2
Autor: 1.2 Britisches Pfund: Sicherer Anlagehafen Pfund Sterling? 3
Christian Apelt, CFA 1.3 Schweizer Franken: Kein Zurück für die SNB 5
Telefon: 0 69/91 32-47 26 1.4 Japanischer Yen: Vorerst eine Insel der Seligen 6
research@helaba.de 2 Kompakt: AUD, BRL und SEK 7
3 Helaba Währungsprognosen 8
Redaktion: 1 Im Fokus
Claudia Windt
Euro-Performance im Monatsvergleich
% gg. Euro im Vergleich zum Vormonat (vom 25.04. bis zum 22.05.2012)
Herausgeber:
Dr. Gertrud Traud 4,2 US-Dollar
6,0 Japanischer Yen
Chefvolkswirt/Leitung Research
1,6 Britisches Pfund
Landesbank Hessen-Thüringen
0,0 Schweizer Franken
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58 0,4 Kanadischer Dollar
60311 Frankfurt am Main -1,3 Australischer Dollar
Telefon: 0 69/91 32-20 24 -3,3 Neuseeland-Dollar
Telefax: 0 69/91 32-22 44 -2,2 Schwedische Krone
-0,4 Norwegische Krone
-2,2 Tschechische Krone
-4,0 Polnischer Zloty
-4,0 Ungarischer Forint
-2,5 Russischer Rubel
0,1 Türkische Lira
1,1 Koreanischer Won
2,9 Chinesischer Yuan
-1,8 Indische Rupie
-3,0 Südafrikanischer Rand
-6,3 Brasilianischer Real
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt -1,4 Mexikanischer Peso
bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und Prognosen zu
den gegenwärtigen und zukünftigen Markt-
verhältnissen. Die Angaben beruhen auf
■ Kernwährungen ■ Restliche G10 ■ Schwellenländerwährungen
Quellen, die wir für zuverlässig halten, für
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua-
lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön-
nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe-
nen Angaben dienen der Information. Sie
dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für
Anlageentscheidungen verstanden werden.
2. Devisenreport
1.1 US-Dollar: Nur als Fluchtwährung gefragt
Die politischen Unsicherheiten haben den Devisenmarkt erneut im Griff. In Griechenland scheiter-
te die Regierungsbildung. Damit wächst die Angst davor, dass nach den Neuwahlen sich eine neue
Regierung vom Sparkurs verabschiedet und Griechenland somit die Währungsunion verlassen
müsste. Die Sorgen vor einer Ansteckung auf andere Peripherieländer belasten den Euro. Zudem
schüren die Probleme im spanischen Bankensektor die Nervosität. Der Euro-Dollar-Kurs fiel auf
sein Jahrestief von 1,26. Der Japanische Yen sowie das Pfund Sterling legten ebenfalls gegenüber
dem Euro zu, die Rohstoffwährungen werteten hingegen ab.
Die wachsende Angst an den Finanzmärkten erhöht einmal mehr die Nachfrage nach dem ver-
meintlich sicheren Hafen US-Dollar. Der Zusammenhang von Euro-Dollar-Kurs und Risikoaver-
US-Wirtschaft strotzt
sion hat sich zuletzt wieder deutlich gefestigt. Die US-Konjunkturdaten hingegen stützen den
auch nicht vor Stärke
Greenback nur bedingt. Das Bruttoinlandsprodukt expandierte im ersten Quartal 2012 mit
annualisiert 2,2 % zur Vorperiode allenfalls solide. Der Beschäftigungszuwachs enttäuschte im
April, selbst wenn die Arbeitslosenquote leicht zurückging. Die Stimmungsindikatoren fielen
gemischt aus. Von einer spürbaren Wachstumsbeschleunigung ist vorerst nicht auszugehen. Die
US-Notenbank wird vermutlich weiter abwarten. Jedoch wird sich die Federal Reserve vor dem
Hintergrund der auch in den USA nervöseren Finanzmärkte die Tür für neue Wertpapierkaufpro-
gramme offen halten. Dies setzt dem Aufwertungspotenzial des US-Dollar Grenzen.
Euro-Dollar-Kurs nahe dem Jahrestief Hohe Short-Positionen der Spekulanten als Kontraindikator
US-$ Index US-$ Kontrakte in % am open interest
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Neben der Politik belasteten auch enttäuschende Stimmungsindikatoren den Euro. Allerdings
dürfte der Devisenmarkt eine schwächere Konjunktur in der Eurozone schon weitgehend in den
Euro-Dollar-Kurs findet
Kursen berücksichtigt haben, zumal die deutsche Wachstumslokomotive ihre Delle schon über-
Unterstützung
wunden hat. Selbst aus der Peripherie gibt es Hoffnungsschimmer: Die Leistungsbilanzdefizite –
ein Kennzeichen für die Ungleichgewichte in der Eurozone – in Spanien und Portugal schrumpfen
spürbar. Diese Entwicklung kann die Währungsunion langfristig stabilisieren. Ein Austritt Grie-
chenlands wäre wohl ein Sonderfall, der zwar kurzfristig den Euro belasten würde. Mittelfristig
wäre die Währungsunion aber ohne Griechenland wohl solider aufgestellt. Da die meisten griechi-
schen Parteien einen Verbleib im Euro favorisieren, ist ein solches Szenario derzeit ohnehin eher
unwahrscheinlich. Die Politik in der EU dreht sich etwas in Richtung Wachstumsimpulse, so dass
die Eurozone mit Rückenwind von der Weltwirtschaft ihre Rezession überwindet. Im Bereich von
1,25 bis 1,30 wird der Euro-Dollar-Kurs gemäß Kaufkraftparitäten und Zinsdifferenzen fundamen-
tal gut unterstützt. Zudem ist der Euro technisch überverkauft, die spekulativen Short-Positionen –
im Sinne der Kontraindikation – nähern sich den Rekordniveaus. Wenn die akuten Sorgen sich
legen, wird sich die Gemeinschaftswährung wieder spürbar erholen. Der Weg in Richtung eines
Euro-Dollar-Kurses von 1,35 bis 1,40 verläuft aber aktuell holpriger als erhofft.
Helaba Volkswirtschaft/Research · 23. Mai 2012· © Helaba 2
3. Devisenreport
1.2 Britisches Pfund: Sicherer Anlagehafen Pfund Sterling?
Sorgen und Ängste wegen der europäischen Schuldenkrise machen sich einmal mehr am Devi-
senmarkt bemerkbar. Der Euro leidet, die klassischen Fluchtwährungen wie US-Dollar und Japani-
Pfund Sterling stärkste
scher Yen profitieren – dank Notenbankinterventionen spielt der Schweizer Franken diese Rolle
Währung 2012
nicht mehr. Der klare Gewinner unter den wichtigsten Währungen 2012 ist jedoch bislang das
Britische Pfund. So fiel der Euro-Pfund-Kurs zeitweise unter 0,80. Während der globalen Finanz-
krise 2008/09 wertete die britische Währung in Phasen wachsender Risikoaversion an den Märkten
noch zumeist ab, auch gegenüber dem Euro. Im Zuge der europäischen Schuldenkrise änderte sich
das Bild nur teilweise. Wird das Pfund Sterling nun zum neuen Schweizer Franken?
Pfund Sterling hängt die Konkurrenz ab Sehr mäßiges Wachstum in UK
Handelsgewichtete Wechselkursindizes, 30.12.2011 = 100 % gg. Vorquartal, annualisiert Index
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Großbritannien mag zwar eine Insel sein, die ökonomische Entwicklung unterscheidet sich aber
kaum von der in Kontinentaleuropa. Schließlich sind die Probleme doch recht ähnlich: Nach einem
Rezessive Tendenzen
langjährigen Boom durchläuft die Wirtschaft eine Restrukturierung. Die Wohnimmobilienpreise
notieren deutlich unter ihren Höchstständen aus dem Jahr 2007. Die privaten Haushalte bauen ihre
zuvor enorm gewachsene Verschuldung ab. Die Unternehmen agieren in dem unsicheren Umfeld
sehr vorsichtig. Die Regierung versucht, das durch die Krise in die Höhe geschossene Haushalts-
defizit mit Sparmaßnahmen zu verringern. Deshalb erholt sich die britische Wirtschaft nach der
tiefen Rezession 2008/09 nur sehr mäßig, zumal die Konjunktur des wichtigsten Handelspartners –
der Eurozone – schwächelt. In Großbritannien schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im Winter-
halbjahr zwei Quartale in Folge, d.h. das Land befindet sich in einer technischen Rezession. Die
BIP-Zahlen sollten jedoch angesichts anderer widersprüchlicher Daten mit einer gewissen Vor-
sicht betrachtet werden. Insbesondere stark nachlassende Bauausgaben waren für den Rückgang
im ersten Quartal 2012 verantwortlich. Stimmungsindikatoren aus diesem Sektor, aber auch aus
anderen Bereichen zeigten ein wesentlich freundlicheres Konjunkturbild an. Die statistischen
Verwirrungen halten sogar weiter an: Dank des sechzigjährigen Kronjubiläums von Queen Eliza-
beth entfällt ein Arbeitstag im laufenden Quartal, was sich negativ in der Wachstumsrate bemerk-
bar machen wird. In der Folgeperiode könnten wiederum die Olympischen Spiele die Konjunktur
kurzfristig anfachen. Jenseits der Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt spiegeln womöglich die
Stimmungsindikatoren die wirtschaftliche Lage besser wider. Nach dem Anstieg im ersten Quartal
trübten sich zuletzt hiervon einige wieder ein. Immerhin ging die Arbeitslosigkeit etwas zurück.
Dies sollte die privaten Einkommen und damit den Konsum stützen. Insgesamt bleibt das zugrun-
de liegende Wachstum recht mäßig, das Bruttoinlandsprodukt dürfte 2012 um 0,5 % expandieren.
Konjunkturell läuft es also kaum besser als in der Eurozone.
Das Budgetdefizit Großbritanniens lag im Fiskaljahr 2011/12 bei 8,3 % am BIP, die Staatsver-
schuldung bei 84 %. Diese Zahlen entsprechen eher den Krisenländern der Euro-Peripherie als
Helaba Volkswirtschaft/Research · 23. Mai 2012· © Helaba 3
4. Devisenreport
soliden Schuldnern. Die Regierung setzt zwar grundsätzlich ihren Sparkurs fort. Aber ob bis
2016/17 tatsächlich das Haushaltsdefizit weitgehend verschwunden ist, kann durchaus infrage
gestellt werden. Eine merklich positive Leistungsbilanz kennzeichnen ebenfalls sichere Anlagehä-
fen am Devisenmarkt. Auch hier muss das Britische Pfund passen. 2011 wies die Leistungsbilanz
einen Fehlbetrag von knapp 2 % am BIP aus. Das Defizit hatte sich zwar von Werten über 3 %
verringert, dennoch zeichnen sich auf absehbare Zeit keine Überschüsse ab. Der hohe Fehlbetrag
im Warenaußenhandel kann durch die positiven Salden im Dienstleistungsgewerbe und bei der
Einkommensbilanz nicht kompensiert werden. Für Großbritannien als Zufluchtsort für Kapital
sprechen dagegen „weiche“ Faktoren. Nicht nur ist der Kapitalmarkt dort liquider als in vielen
anderen Staaten, dies gilt insbesondere auch für den Immobilienmarkt. Zudem ist die Rechtssi-
cherheit stark ausgeprägt – so hat selbst Griechenland ihre nach englischem Recht aufgelegten
Staatsanleihen gerade zurückgezahlt.
Inflation verlangsamt – neuer Spielraum für die BoE Expansivere Geldpolitik von der Bank of England
% gg. Vorjahr Bilanzsumme BoE vs. EZB GBP
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Im Gegensatz zu den einzelnen Euro-Staaten hat Großbritannien eine eigene Notenbank. Während
es bei der EZB nicht sicher – aber nicht unmöglich – ist, ob sie im Notfall als Staatsfinanzier ein-
springt, dürfte bei der Bank of England (BoE) wenig Zweifel bestehen. So hat die BoE im Rahmen
ihrer quantitativen geldpolitischen Maßnahmen fast 30 % der ausstehenden Staatsanleihen aufge-
kauft. Diesem geringeren Risiko eines Zahlungsausfalls steht aber das Risiko von Inflation bzw.
für ausländische Anleger einer Währungsabwertung gegenüber. Zwar fiel die britische Teuerung
im April auf 3,0 %. Angesichts der rezessiven Tendenzen ist die Inflation hoch und liegt auch über
der Rate in der Eurozone. Bei einem Leitzins von 0,5 % und sehr niedrigen Kapitalmarktrenditen –
unter 2 % bei zehnjährigen Gilts – ist damit die reale Verzinsung negativ.
Die BoE ließ im Mai ihr Wertpapierkaufprogramm zunächst auslaufen, was das Pfund begünstigte.
Im neuesten Inflationsbericht sah die Notenbank die Preisrisiken als weitgehend ausgeglichen an.
Expansive BoE als
Die Probleme im Zuge der europäischen Schuldenkrise, die schwächliche britische Konjunktur
mittelfristige Belastung
sowie sehr geringe Lohnanstiege könnten aber die Lage in Richtung Deflationsrisiken kippen. Eine
Wiederaufnahme der BoE-Käufe in den nächsten Monaten ist keineswegs unwahrscheinlich und
würde ihre Bilanzsumme ausweiten. Seit 2007 hat die BoE unter den führenden Notenbanken ihre
Bilanz am stärksten aufgebläht. Diese expansiven Maßnahmen dürften das Pfund Sterling im zwei-
ten Halbjahr belasten. Kurzfristig verhindern insbesondere die Sorgen um Griechenland eine Euro-
Aufwertung. Sollte die Gemeinschaftswährung diese Klippe umschiffen und die Schuldenkrise
insgesamt an Brisanz verlieren, wird der Euro-Pfund-Kurs wieder spürbar zulegen und könnte in
diesem Jahr bis 0,88 ansteigen. Sollte die Krisenentspannung ausbleiben, gäbe es sicherlich geeig-
netere Fluchtwährungen, da das Pfund die Kriterien eines sicheren Hafens –zumindest die ökono-
mischen – kaum erfüllt. Gegenüber dem US-Dollar hat das Pfund Sterling mehr Perspektiven.
Schließlich gelten die Kritikpunkte an der britischen Währung für den Greenback umso mehr. Der
Pfund-Dollar-Kurs wird vermutlich in Richtung 1,65 bis Ende 2012 ansteigen.
Helaba Volkswirtschaft/Research · 23. Mai 2012· © Helaba 4
5. Devisenreport
1.3 Schweizer Franken: Kein Zurück für die SNB
Die europäische Schuldenkrise hat sich wieder verschärft. Das potenzielle Fluchtkapital in die
Schweiz wächst damit. Könnte der Ansturm so groß werden, dass die SNB nachgibt und eine
SNB-Zielmarke hält
Aufwertung zulässt? Der Euro-Franken-Kurs klebt an der Marke von 1,20, unterschreitet sie aber
nicht. Die Schweizer Notenbank (SNB) greift anscheinend nur direkt an der Kursuntergrenze ein
und versucht nicht aktiv, einen höheren Wechselkurs durchzusetzen. Im April, als der Euro-
Franken-Kurs für einen Moment unter die Zielmarke fiel, ging der Bestand an Devisenreserven
sogar leicht zurück. Zwar verzerren Bewertungseffekte und womöglich spiegeln sich nicht alle
SNB-Maßnahmen in dieser Zahl wider. Dennoch halten sich offensichtlich die Devisenmarktinter-
ventionen in Grenzen.
Das Interesse der SNB an einem nicht zu starken Franken hält an. Die Abschwächung im Export
fiel zwar bislang nicht so stark wie befürchtet aus. Insgesamt ist das Wachstum aber sehr mäßig.
Das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal könnte geschrumpft sein. Die Frühindikatoren zeigten
sich uneinheitlich. Während der KOF-Index Anzeichen für eine positive Trendwende anzeigt, erlitt
der Einkaufsmanagerindex zuletzt einen spürbaren Rückschlag. Insgesamt schrammt die Schwei-
zer Wirtschaft am Rande einer Rezession. Die Preisentwicklung spricht ebenfalls für einen schwä-
cheren Franken. Die Verbraucherpreise lagen im April 1,0 % unter Vorjahresniveau, in der Kern-
rate sogar um 1,2 %. Die Importpreise notieren weiter tief im deflationären Terrain. Aufgrund von
Basiseffekten wird sich der Preisverfall in der zweiten Jahreshälfte spürbar abmildern bzw. sogar
leicht positiv werden. Dennoch bleibt die Inflation weit von der Zielrate entfernt.
Keine Anzeichen für hohe SNB-Interventionen Deflation dauert vorerst an
Mrd. CHF CHF % gg. Vorjahr % gg. Vorjahr
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die bislang nur begrenzten Interventionen sprechen für den Fortbestand der Kursuntergrenze: Je
weniger Euro die SNB aufkaufen muss, desto geringer sind die potenziellen Rückwirkungen der
Aufheben der Kursun- gegenwärtigen Strategie. Zwar wächst in der Schweiz die breite Geldmenge M3 mit 6,6 % gegen-
tergrenze derzeit sehr über Vorjahr spürbar. Eine weitere Beschleunigung zeichnet sich aber nicht ab. Ohnehin ist der
unwahrscheinlich Zusammenhang von Geldmenge und Inflation in der Vergangenheit kaum nachzuweisen. Zudem
ist die Schweizer Konjunktur trotz Nullzinsen weit von einer Überhitzung entfernt. Bilanzielle
Probleme hat die SNB nicht, solange die Untergrenze besteht. Daher sind die Risiken für die SNB
beherrschbar. Selbst erheblichen Devisenmarktinterventionen steht kaum etwas im Wege. Von der
Politik kamen ebenfalls keine kritischen Signale. Ein nachhaltiges Durchbrechen der Untergrenze
wäre sogar politisch das größere Problem, da die Glaubwürdigkeit der Notenbank schwer beschä-
digt wäre. Die Wahrscheinlichkeit eines nachhaltigen Unterschreitens der Zielmarke von 1,20 ist
für die absehbare Zukunft gering. Politisch wäre sogar eher eine Anhebung auf zumindest 1,25
erwünscht. Ob sich SNB dies im derzeit kritischen Umfeld traut, ist unsicher. Aber wenn sich die
Euro-Schuldenkrise wieder entspannt, könnte die SNB zuschlagen.
Helaba Volkswirtschaft/Research · 23. Mai 2012· © Helaba 5
6. Devisenreport
1.4 Japanischer Yen: Vorerst eine Insel der Seligen
Sicherheit ist an den Finanzmärkten wieder einmal gefragt, das bedeutet, dass am Devisenmarkt
der Yen aufwertet. Dieser Mechanismus ist intakt, so konnte der Yen seine seit Jahresanfang ange-
fallenen Verluste gegenüber dem Euro weiter reduzieren. Im Vergleich zum US-Dollar machte die
japanische Währung hingegen nur wenig Boden gut. Dies zeigt, dass der Yen vielleicht nicht mehr
ganz so positiv wie im Vorjahr beurteilt wird, was auch die jüngste Ratingabstufung von Fitch
untermauert.
Konjunkturell verbesserte sich die Situation in Japan. Im ersten Quartal 2012 wuchs das Bruttoin-
landsprodukt um 1,0 % zur Vorperiode. Positive Impulse kamen vom Außenhandel. Aber auch die
BIP wächst in Q1
Binnennachfrage kräftigte sich in Form von höheren privaten Konsumausgaben bzw. Unterneh-
um 1,0 %
mensinvestitionen. Teilweise kann das robuste Wachstum mit Nachholeffekten erklärt werden
– im Schlussquartal 2011 gab es Produktionsausfälle wegen des Hochwassers in Thailand. Die
Konjunkturdynamik wird sich deshalb wohl nicht so fortsetzen. Die Stimmungsindikatoren hellen
sich jedoch mehrheitlich auf, so dass die japanische Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf vermut-
lich solide wächst. Mittlerweile sind alle Atomkraftwerke in Japan abgestellt worden. Allerdings
gibt es erste, aber noch nicht bindende Beschlüsse für ein Widerhochfahren von Reaktoren. Sollte
tatsächlich die nukleare Energieproduktion wieder erhöht werden, würde sich das positiv im Au-
ßenhandel bemerkbar machen. Die Leistungsbilanz verbesserte sich zuletzt trotz der hohen Impor-
te von Energiegütern.
Japanische Wirtschaft erholt sich von der Rezession Yen sogar mit Renditevorteil gegenüber Euro
% gg. Vorjahr bzw. Vorquartal JPY %-Punkte
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die japanische Notenbank weitete im April noch einmal ihr Kaufprogramm leicht aus. Als ein-
schneidend ist diese Maßnahme sicherlich nicht zu werten, sie verpuffte folglich am Markt.
Binnenfaktoren derzeit
Grundsätzlich bleibt die Geldpolitik sehr expansiv, selbst wenn im März die Inflation mit 0,5 %
weniger relevant
gegenüber Vorjahr im positiven Bereich lag. Ohne Berücksichtigung von Energie und Nahrungs-
mittel hingegen verbleibt Japan in der Deflation. Auch wenn die japanische Geldpolitik den Yen
zuletzt kaum noch belastet hat und der Abwärtstrend in der Leistungsbilanz gestoppt wurde, so
sprechen diese Faktoren zumindest nicht für eine stärkere Währung. Kurzfristig werden die Yen-
Wechselkurse ohnehin von anderen Einflüssen bestimmt. Die europäische Schuldenkrise und die
damit einhergehende Risikoaversion an den Finanzmärkten könnten dem Yen noch begünstigen,
insbesondere gegenüber dem Euro. Allerdings würde hier schon eine leichte Krisenentspannung
eine Gegenbewegung auslösen. Zweijährige Bundesanleihen werden wohl kaum dauerhaft unter-
halb ihres japanischen Pendants rentieren. Mit geringeren Staatsschuldensorgen und etwas mehr
konjunkturellen Rückenwind sollte der Euro wieder einen Renditevorteil gegenüber dem Yen
gewinnen und entsprechend aufwerten. Gegenüber dem US-Dollar dürfte die japanische Währung
bis Jahresende ebenfalls an Boden verlieren, wenn auch weniger ausgeprägt.
Helaba Volkswirtschaft/Research · 23. Mai 2012· © Helaba 6
7. Devisenreport
2 Kompakt: AUD, BRL und SEK
Australischer Dollar korrigiert Überbewertung AUD
Index AUD Tendenz: Aufwertung gegenüber US-Dollar
Der Australische Dollar schwächte sich zuletzt spürbar ab.
Neben nachlassenden Rohstoffpreisen belastete eine über-
raschend deutliche Zinssenkung. Eine rückläufige Teuerung
gab der Notenbank Spielraum. Jedoch verläuft die Kon-
junktur solide, so dass weitere Zinsreduktionen nicht
zwangsläufig sind. Mit dem Kursrückgang hat der Australi-
sche Dollar seine Überbewertung teilweise korrigiert. Mit
einer global stärkeren Konjunktur und steigenden Rohstoff-
preisen dürfte sich der „Aussie“ von dem Rückschlag erho-
len und insbesondere gegenüber dem US-Dollar aufwerten.
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Zinssenkungen in Brasilien belasten Real BRL
BRL %-Punkte Tendenz: Mittelfristige Erholung gegenüber US-Dollar
Der Brasilianische Real war eine der schwächsten Währun-
gen 2012. Der Grund dafür war vor allem die brasilianische
Geldpolitik: Der Leitzins fiel von 11,0 % auf 9,0 %. Das
Wachstum hat sich ebenso wie die Inflation verlangsamt.
Die bisherige Real-Abwertung ist politisch gewollt. Aller-
dings birgt diese Entwicklung mittelfristig Inflationsgefah-
ren, so dass die Notenbank ihren Leitzins nur noch leicht
senken wird. Zusammen mit einer wachsenden Risikonei-
gung dürfte sich der Real im zweiten Halbjahr gegenüber
dem US-Dollar erholen, aber nicht in Relation zum Euro.
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Zinsvorteil der Schweden-Krone bleibt erhalten SEK
SEK %-Punkte Tendenz: Aufwertungspotenzial
In einem nervösen Marktumfeld hat die Schwedische Krone
auch gegenüber dem Euro nachgegeben, obwohl Schweden
wirtschaftlich und finanziell besser als die Eurozone dasteht.
Das schwedische Wachstum hat sich stark verlangsamt, die
Inflation ist relativ niedrig. Eine weitere Zinssenkung ist
nicht ganz ausgeschlossen. Die schwedische Konjunktur
dürfte sich aber wieder fangen, so dass mit Blick auf 2013
ein Zinserhöhungspotenzial besteht. Der Renditevorteil der
Krone wird sich im zweiten Halbjahr wohl wieder auswei-
ten, der Euro-Krone-Kurs dürfte auf 8,9 zurückgehen.
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Helaba Volkswirtschaft/Research · 23. Mai 2012· © Helaba 7
8. Devisenreport
3 Helaba Währungsprognosen
Veränderung seit aktueller Prognose Ende
30.12.11 25.04.12 Stand* Q2/2012 Q3/2012 Q4/2012 Q1/2013
gg. Euro (jew eils gg. Euro, %)
US-Dollar 2,2 4,2 1,27 1,35 1,40 1,45 1,45
Japanischer Yen -1,7 6,0 101 110 116 120 120
Britisches Pfund 3,5 1,6 0,80 0,82 0,85 0,88 0,87
Schweizer Franken 1,3 0,0 1,20 1,25 1,25 1,25 1,25
Kanadischer Dollar 2,3 0,4 1,29 1,32 1,36 1,38 1,36
Australischer Dollar -1,8 -1,3 1,29 1,31 1,35 1,38 1,37
Neuseeland-Dollar -0,9 -3,3 1,68 1,69 1,73 1,77 1,75
Schwedische Krone -1,9 -2,2 9,09 9,00 9,00 9,00 8,90
Norwegische Krone 2,0 -0,4 7,59 7,55 7,50 7,50 7,40
gg. US-Dollar (jew eils gg. USD, %)
Japanischer Yen -3,8 1,7 80 81 83 83 83
Schweizer Franken -0,9 -4,0 0,95 0,93 0,89 0,86 0,86
Kanadischer Dollar 0,1 -3,6 1,02 0,98 0,97 0,95 0,94
Schwedische Krone -3,9 -6,2 7,16 6,67 6,43 6,21 6,14
Norwegische Krone -0,2 -4,4 5,98 ,5 5,59 5,36 5,17 5,10
US-Dollar gg. … (jew eils gg. USD, %)
Britisches Pfund 1,4 -2,5 1,58 1,65 1,65 1,65 1,67
Australischer Dollar -3,9 -5,2 0,98 1,03 1,04 1,05 1,06
Neuseeland-Dollar -2,9 -7,3 0,75 0,80 0,81 0,82 0,83
*22.05.2012
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
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